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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zeitaufwand für experimentelle Arbeit



MrPepe
19.04.2004, 20:06
Hallo,

ich bin jetzt im 4. Semester und muss deshalb auch im Herbst erst mal das Physikum bestehen :) hab aber trotzdem schon einige Fragen zur Doktorarbeit...

Da ich wirklich total an Forschung interessiert bin habe ich in den letzten Semesterferien ein 8 Wochen Praktikum im Biochemischen Institut meiner Uni gemacht und bin da in der Arbeitsgruppe von einem (biochemisch) doch recht bekannten Prof gelandet gelandet, der auch schon Science Nature Paper veröffentlicht hat. Das ganze hat super geklappt ich hatte ein eigenes Kleinprojekt mit Aussicht auf Co-Autorschaft und hab außerdem viele Techniken gelernt (Zellkultur, SDS-Page, IP, Co-IP, Immunoblot, e. Coli Zeugs, GST-Sachen, etc) Da ich mich auch scheinbar net ganz dumm angestellt habe will mich der Prof auch gerne für ne Doktorarbeit haben....

Nun meine Frage an diejenigen die hier auch ne experimentelle Arbeit machen:
Ich hab während dem Praktikum 50 Std die Woche gearbeitet und das erschien mir selbst manchmal zu wenig... (wenn man einmal vom Virus infiziert ist :-), wie bewältigt man einen solchen Aufwand neben dem klinischen Studium.
Ist es überhaupt möglich eigene Projekte mit Erstautorschaft durchzuziehen oder wird man da von anderen Vollzeitforschern überholt???

Ich hab nochn paar Fragen... Wäre cool wenn sich mal jemand melden würde der da schon seine Erfahrungen gemacht hat...

Gruß
Pepe

Sorpresa
20.04.2004, 08:12
hi, also du scheinst ja sehr fleißig zu sein...
also ich hab eine experimentelle dr. arbeit in der neurologie/pharmakologie gemacht. hat super spaß gemacht und ich war nach 4 monaten fertig. dann haben wir publiziert und mein dr. vater hat mir auch die erstautorschaft überlassen. hab aber gehört, dass viele profs auch selber auf die erstautorschaft bestehen, auch wenn der löwenanteil von dir ist. frag den prof doch einfach mal wie das dann wird. was die zeit angeht hatte ich wohl ziemlich glück. hab das gut nebenbei geschafft und 4 monate sind ja net soooo lange. wenn es ein sehr aufwendiges thema ist, verlangen manche profs dass du ein oder zwei semester aussetzt... aber da kannst du ja auch noch mal fragen.. er kann vielleicht auch am besten einschätzen, ob du es nebenbei schaffst oder eher net...
aber wenn du die techniken alle schon kennst hast du ja schonmal nen großen vorteil,da mußt du net erst ein praktikum zur einarbeitung machen...
und ich finde es auch sehr wichtig dass du spaß dabei hast... man is ja schließlich ne weile damit beschäftigt...
und es ist manchmal auch besser sich erst an mehreren instituten umzuhören, ehe man was fest macht... und schau dich mal nach älteren doktoranden um, die können dir auch oft viele tips geben...
also alles gute schonmal für deine entscheidung... :-top

MrPepe
20.04.2004, 12:17
Hallo nochmal,

das mit dem Prof fragen ist so ne Sache, da der Prof erst seit 1 jahr in Deutschland ist hat er relativ wenig ahnung über das Medizinstudium hierzulande...

gruß
Pepe

Phage
20.04.2004, 12:54
Das mit dem Zeitaufwand ist so eine Sache, insbesondere wenn man experimentell taetig wird.
Normalerweise bekommt man die besten Informationen ueber die Glaubwuerdigkeit und Erfolgsrate des Profs bei den Vor-Doktoranden - dass scheint ja bei dir auszuscheiden, oder?

Ich habe auch eine experimentelle Arbeit gemacht (und vor dem Physikum damit angefangen), und konnte die Zeit, die mein Prof veranschlagt hat, getrost mal verdoppeln - und das hat dann einigermassen gestimmt. Es geht halt doch einiges schief, manchmal hat man auch keine Zeit wegen Pruefungen und Klausuren, etc.

Da du den Prof ja jetzt kennst und offenbar auch Spass an der Arbeit dort hast, wuerde ich einfach mal offen mit ihm ueber das Problem sprechen - vielleicht kannst du einschaetzen, wie glaubwuerdig seine Aussagen sind.
Wichtig sind meines Erachtens eine klare und praezise Fragestellung, ein uebersichtliches, schon-laenger beforschtes Themengebiet und um Gottes Willen nicht tausend verschiedene Techniken in deiner Arbeit. Gut etablierte Arbeitsmethoden sind ebenfalls hilfreich, die Methoden sollten auch im Institut schon laenger bekannt sein, um unnoetige Versuche zu minimieren. Das schlimmste ist eine zu offene Fragestellung mit schlecht etablierten Techniken und mit im Institut unbekannten Methoden - dann kannst du nicht mal jemanden fragen, wenn was nicht klappt.
Es ist natuerlich reizvoll, bei einem bekannten und beruehmten Forscher mitzuarbeiten - aber lass dich davon nicht zu sehr beeindrucken. Das wichtigste ist naemlich, dass DU am Ende auch mit einer Doktorarbeit dastehst. Dabei ist es voellig unbedeutend, ob du ein Paper veroeffentlicht hast oder nicht - das ist Beiwerk (wenn auch sehr schoenes...). Sonst machst du naemlich nur die Arbeit fuer das Paper von deinem Prof - und nicht deine eigene Doktorarbeit.

Hoffe das hilft irgendwie...

Die Niere
20.04.2004, 14:28
Phage hat eigentlich schon sehr gut zusammen gefasst, was auch ich Dir ans Herz legen würde.

Ich habe ebenfalls eine experimentelle Dr-Arbeit gemacht und hatte einfach das Glück, dass mein Betreuer ziemlich realistisch einschätzen konnte, wie lange das dauert...kam ganz gut hin...war ca. 1.5 Jahre und für mich genau richtig.

War in der Zeit an 3 Papern beteiligt.

Mein riesiger Vorteil war jedoch, dass ich zum einen einen Biologen als Dr.Vater habe - d.h. bedeutet er hat immer für mich Zeit gehabt, wenn ich Fragen und Probleme hatte, zum anderen einen direkten Betreuer, der sein AiP im Labor und zum Ende hin, einen Stock tiefer auf Station gemacht und und wirklich immer da war, wenn ich ihn brauchte (selbst um 23:00 betrunken vorm MAX, als wir dann gemeinsam morgens noch betrunkener wieder nach hause gelatscht sind) und zu guter letzt hatte ich den Vorteil, dass jeder Doktorand bei ihm, den ich gefragt habe, in vernünftiger Zeit seinen "Dieter" bekommen hat.

Leider ist dies auch der wichtigste Tip, den man Dir geben kann - aus Erfahrungen von ehem. Doktoranden lernen ist das A und O. Der zweitbeste Tip ist der, den Phage bereits schon angesprochen hat: Nur bekannte Methoden benutzen und eine klare Vorgehensweise vorgesetzt bekommen,.

gruesse, die niere

Lisa
20.04.2004, 17:49
Original geschrieben von Sorpresa
hat super spaß gemacht und ich war nach 4 monaten fertig. dann haben wir publiziert und mein dr. vater hat mir auch die erstautorschaft überlassen. ACHTUNG : Diese Beschreibung ist für eine experimentelle Arbeit NICHT repräsentativ!!!

Ich mein, freut mich natürlich, dass es auch dermaßen mutmachende Positivbeispiele gibt, aber rechne besser mit dem Gegenteil!

MrPepe
20.04.2004, 21:22
Hallo nochmal,

wie schon gesagt eine oder am besten mehrere Paper wären schon sehr cool, da ich für mich noch nicht entschieden habe ob überhaupt mal als praktischer Arzt tätig seien will... Ich will mir zumindest den Weg in die Forschung erhalten, ebnen und das ist nach meine jetzigen Ansicht wohl mit einer statistischen 6 Monats Dr-Arbeit schlecht bis gar nicht möglich.

Das mit den 4 Monaten für ne experimentelle Arbeit kommt mir auch extrem wenig vor. Gerade bei Dr-Arbeiten in denen tierexperimentelle Methoden eine Rolle spielen, das wäre bei mir auch eventuell der Fall, dürfte das wohl deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Ich hab auch schon mit anderen Biochemie med. Doktoranden gesprochen und die haben als Zeitbedarf doch schon eher 2-3 Jahre angegeben und das bei nicht unerheblichen Arbeitsaufwand pro Woche/Tag...

Und gerade in meinem Fall muss ich mir das echt nochmal überlegen... Die nicht med Doktoranden und Postdocs bei dem Prof bei dem ich war haben oft 14 Std udn mehr pro Tag gearbeitet und das dann min. 6 Tage in der Woche... Das LAbor / der Prof sind in dieser hinsicht sowieso etwas amok... enorm hoher Arbeitsaufwand aber eben auch enorm hoher Paper-Output. Außerdem hat das Labor auch im Vergleich zu anderen viel Geld...

Also danke schon mal für eure Tips... Ich hoffe es folgen noch mehr...

Gruß
Pepe

Sorpresa
21.04.2004, 10:25
lisa hat schon recht... meine zeitangaben sind net wirklich repräsentativ...
wenn ich sehe wie lange manche schon an ihren experimenten hängen...
ich glaub ich habe einfach riesen- glück gehabt mit der wahl meiner dr. arbeit...
aber man kann ja auch mal etwas optimismus verbreiten... :-top
ich hab übrigens auch mit tieren verhaltensexperimente gemacht und gehirne untersucht...
um was geht es denn bei dir genau, pepe?

Phage
21.04.2004, 14:59
Original geschrieben von MrPepe
... Ich will mir zumindest den Weg in die Forschung erhalten, ebnen und das ist nach meine jetzigen Ansicht wohl mit einer statistischen 6 Monats Dr-Arbeit schlecht bis gar nicht möglich

...das kommt doch ganz darauf an, welchen Weg du in die Forschung nehmen moechtest!
Wenn du nicht gerade die VIP-Stelle in einem grossen Konzern haben moechtest (bei der du uebrigens auch gegen Biologen, Pharmazeuten, Chemiker, etc. bei der Stellenvergabe antreten musst, die bekanntermassen weit mehr fuer ihren DR getan haben) - dann kannst du vielleicht einfach nur deinen Weg in ein klinisch-theoretisches oder vorklinisches Fachgebiet finden, und dafuer braucht man teilweise gar keine Doktorarbeit. Und als Facharzt fuer Biochemie oder Physiologie kann man dann auch ganz wunderbar in die Konzernforschung gehen, wenn man dass will.
Du solltest dir meines Erachtens jetzt noch keinen so grossen Kopf um diese Frage machen - noch dazu, wo du dir noch nicht sicher erscheinst. Wenn du dein Studium abgeschlossen hast, und als Dr.med. dich irgendwo bewirbst, dann wirst du meist nicht nur nach dem Thema deiner Doktorarbeit bewertet (auch in der Forschung). Relax! Mach dein Studium und such dir ne schoene uebersichtliche experimentelle Arbeit, und dann steht dir die Welt offen!

MrPepe
21.04.2004, 21:53
Alsooo,

erstmal danke für alle Antworten. Hat mir zum Teil echt zu neuen Erkenntnissen verholfen. Ich wußte z.B. vorher gar net, dass es einen Facharzt für Biochemie gibt...

Ich werd noch mal in Ruhe über alles nachdenken und mich jetzt sowieso erstmal aufs Physikum konzentrieren. Das stellt nämlich selbst für nen kommenden Nobelpreisträger ne gewisse Hürde dar ;-)

Außerdem sollte neben dem Studium sicher auch die Freizeit net zu kurz kommen...

Also in diesem Sinne

Gruß
Pepe