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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kälteagglutinine, Kryoglobuline und paar weitere Fragen der Immunologie



Tse Tse
12.03.2006, 13:45
Hi,
es ist ein ganzer Haufen Mist an Fragen. Ich hoffe, dass es trotzdem einigermaßen übersichtlich bleibt. Ich wollte nicht hunderttausend Freds aufmachen.

In einem Text von Nydegger/Fontana über Immunkomplexe heißt es:
"[…] Kälteagglutinine (Antikörper, die z.B. gegen das erythrozytäre P-Antigen gerichtet sind) binden sich bei 20 oder 30°C an die Erythrozyten, fixieren dort auch Komplement und springen, sobald der Erythrozyt wieder in die Körpertemperatur von 36°C übertritt, wieder ab."
In der Folge kann es zu einer Lyse kommen.

- welche Körpertemperatur hat man denn normalerweise so in der Peripherie?
- wo zum Teufel kommen diese Kälteagglutinine her?
Sind die immer im Blut vorhanden, auch bei mir? Und wann spielen die eine
Rolle, bei Erkrankungen/Transfusion von Plasma (Zimmertemperatur?)
- was ist dieses P-Antigen der Erythrozyten? Gibt's das auf allen Blutgruppen?
Und gegen welche Strukturen können Kälteagglutinine noch gerichtet sein?

Und sinngemäß heißt es weiter im Text, dass im Gegensatz zu den Kälteagglutininen (nur AK's), Kryoglobuline (die fallen in vitro bei <20°C aus) einen Immunkomplex aus Antikörper und Antigen darstellen, sich in Blutgefäßen ablagern können (Niere) oder an Oberflächen haften.

- worauf beruht denn dieses an Oberflächen haften. Geht das von dem im
Immunkomplex gebundenen Antikörper oder vom Antigen aus. Und ist das
Zufall welches Gewebe betroffen ist oder spielt da der Organtropismus des
Antigens/Erregers eine Rolle (worauf beruht der eigentlich)?
- wie ist das beim Rheumafaktor? Ist das auch ein Immunkomplex?
Wenn ja, was ist dabei das gebundene Antigen? Welche Temperatur hat
denn die Synovialflüssigkeit?

Mir sind trotz Immunologie-Kapitel im Mikrobio- oder Anatomiebuch einige Basics überhaupt nicht klar.
- Wie lange ist eigentlich die Verweildauer von Immunglobulinen im Blut? Die
werden doch sicher auch mal abgebaut?
- sezernieren Gedächtniszellen kontinuierlich Antikörper oder nur bei einem
erneuten Kontakt mit dem Antigen??
- Gedächtniszellen haben doch bestimmt auch nur eine begrenzte
Lebensdauer. Aber wie geben sie ihre Information weiter. Überhaupt nicht
oder können die sich im Blut noch teilen?

Vielleicht hat ja jemand Lust sich einen Punkt vorzuknöpfen. :-nix
Tse.

Doctöse
12.03.2006, 15:26
Ich versuchs mal:




-wo zum Teufel kommen diese Kälteagglutinine her?Sind die immer im Blut vorhanden, auch bei mir? Und wann spielen die eine
Rolle, bei Erkrankungen/Transfusion von Plasma (Zimmertemperatur?)


- Wie lange ist eigentlich die Verweildauer von Immunglobulinen im Blut? Die
Also, Kälteagglutinine sind irreguläre AK der IgM-Klasse......Immunglobuline werden von B-Lymphozyten gebildet. Die biologische Halbwertzeit liegt bei 1-3 Wochen (laut spärlicher Literatur :-nix )
Hämolytische Transfusionsreaktionen werden zumeist durch wärmewirksame Alloantikörper (meist IgG) verursacht.


- welche Körpertemperatur hat man denn normalerweise so in der Peripherie?
Bei angenehmer Umgebungstemperatur beträgt die mittlere Hauttemperatur 33 - 34° C, meine Hände sind aber derzeit deutlich kälter :-nix


- wie ist das beim Rheumafaktor? Ist das auch ein Immunkomplex?
Die Spezifität der Rheumafaktoren richtet sich im Gegensatz zu anderen Antikörpern gegen den Fc-Teil von Immunglobulinen. Die wichtigste Untergruppe der Rheumafaktoren sind diejenigen vom Typ IgM. Sie wirken als Agglutinatoren und können nach Immunkomplexbildung mit oberflächengebundenem Immunglobulin G die Komplementkaskade aktivieren. Dabei kann ein entzündlich-degenerativer Prozess wie z.B. die rheumatoide Arthritis ausgelöst werden.


Hoffe, ich konnte etwas weiterhelfen. Ich mag Immunologie ;-)

Doctöse
12.03.2006, 16:34
Ok, weiter gehts :-))


- was ist dieses P-Antigen der Erythrozyten? Gibt's das auf allen Blutgruppen?
Hm, das P-Antigen ist Blutgruppenunspezifisch. Das ist ja eine Antigendeterminante auf den Erys, mit der diese Kälte-AK reagieren. 75% der Menschen tragen dieses Antigen, bei 25 % fehlt es.


Und gegen welche Strukturen können Kälteagglutinine noch gerichtet sein?
Das P-Antigen befindet sich an der Oberfläche von Erythrozyten, Erythroblasten, Megakaryozyten und Endothelzellen, sowie an Plazenta- und an fetalen Leber- und Herzzellen. Vielleicht können die Kälteagglutinine auch an einigen dieser Zellen was anrichten. Da IgG aber als einzige planzentagängig sind, und die Kälteagglutinine i.d.R. IgM sind, werden die da wohl nichts bewirken können *spekulier*
Aber es bleiben ja noch die Ery-Vorläufer und die Endothelzellen :-)) :-oopss

Tse Tse
13.03.2006, 18:19
Herzlichen Dank, Doctöse.
Mir ist jetzt einiges klarer geworden was die Immunkomplexe angeht.

Das andere Thema mit der Halbwertszeit der Immunglobuline -
dabei ist mir peinlicherweise bewusst geworden, dass ich zwar etwas über Infektionen und Impfungen weiß, aber nicht wie eine Immunität mitunter ein Leben lang aufrecht erhalten werden kann.
Z.B. bei Masern, da müssten doch nach einigen Halbwertszeiten sämtliche Antikörper abgebaut worden sein, trotzdem besteht wohl ein lebenslanger Schutz vor einer Reinfektion.

Aber vielleicht ist da die AK-Konzentration auch einfach von Anfang an nur so hoch, dass es 237 Jahre brauchen würde bis alle aus dem Blut verschwunden sind - oder ich mache an irgendeiner Stelle einen Denkfehler. :-oopss