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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Meningitis bei Kind nicht rechtzeitig erkannt



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Ehemaliger User 20130505
24.12.2007, 01:09
Hab das gerade beim Surfen zufällig gefunden:

In Australien ist letzte Woche ein Junge an Meningitis gestorben, obwohl ihn die Mutter in den Tagen davor mehrmals ins Krankenhaus bzw. in eine Ambulanz gebracht hatte. Man hatte ihn immer wieder mit einer falschen Diagnose nach Hause geschickt.

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,525137,00.html

alive
24.12.2007, 10:03
Ja, das passiert auch hier immer wieder. Hatten dieses Jahr einen Fall im Uni-Klinikum, bei dem ein 2-jähriger von einer/einem Assistenzärztin/Assistenzarzt nicht mit Menigitis diagnostiziert wurde und 8h später im Frühdienst verstarb.
Um meinen Mikrobio-Prof. glücklich zu machen:
Lieber einmal zu oft auf Verdacht mit dem richtigen Antibiotikum aggressiv therapieren und daneben liegen, als ab zu warten...

Logo
24.12.2007, 15:12
Ob man "auf Verdacht" gleich ne Antibiose draufschüttet - nun ja, nicht jetzt meine Philosophie. Habe ich so auch nicht gelernt bis jetzt. Aber vielleicht hat euer Prof ja mehr prakt. Klinikerfahrung als unsere Lehrkörper :-)

Allerdings meine ich mich zu erinnern, daß man mit ein bißchen Labor-Diagnostik (Liquor. Glucose runter, Leukos rauf usw.) eigentlich schon zügig eine sichere Diagnose stellen kann.
Und wenn der Junge beim 2. Mal vorstellig wird, plus geschilderte B-Symptomatik, läuten eigentlich schon die Alarmglocken und man könnte evtl. doch ein wenig mehr Diagnostik (bspw. Liquor) betreiben, auch wenn klass. Meningitis-Sympt. laut Artikel ja nicht erkennbar gewesen sein sollen...

Anyway - man weiß eh nicht so ganz, wieviel an der Geschichte gedreht wurde.
Bleibt immer zu hoffen, daß wenigstens jemand draus gelernt hat und einige Kinder weniger in Zukunft sterben- so beschissen sowas klingt...

*Zum Anlaß nehm und nachlesen geht bis der Weihnachtsmann kommt*
Gruß LOGO

test
24.12.2007, 16:30
Bei V.a. Meningitis bei einem Kind wird sofort nach Liquorpunktion die Antibiose begonnen, man wartet nicht auf die Ergebnisse!
Wenn erst erhöhter Hirndruck durch CT ausgeschlossen werden muß, wird die Antibiose schon vor CT und evtl. Punktion begonnen.

flok
24.12.2007, 16:54
Heftig - wenn das richtig ist, was in den News gesagt wird. Vielleicht kann hier ja jemand was zu Erfahrungen mit dem australischen Gesundheitssystem in PJ/Famulatur sagen. Ich dachte bislang, dass es ein ganz gutes wäre, aber wenn jemand mit Symptomen wie partiellen Lähmungen (bei Entlassung angeblich unfähig zu laufen), rasenden Kopfschmerzen, Bluterbrechen nach Hause geschickt wird :no:

Symptome laut Spiegel:

- Fieber
- Schwindelgefühl
- Erbrechen (später auch Hämatemesis)
- Dehydrierung
- Kopfschmerzen (anfangs leicht, später rasend)
- zeitweise Lähmung der Beine
- bei Krankenhausentlassung nicht in der Lage zu laufen
- weitere neurologische Auffälligkeit: Augen werden unkontrolliert nach oben gedreht
- dramatische AZ-Verschlechterung

Angeblich unauffällige Blutwerte. Keine Angabe zur Prüfung von Meningismuszeichen.

Es ist nicht der erste Skandal des dortigen Gesundheitswesens, das wie alle seine Pendants in der industrialisierten Welt unter zunehmender Kritik steht: Immer schlechter werde es, immer durchrationalisierter, mit immer knapperen Ressourcen - das alles kommt auch uns bekannt vor.

Der Junge habe keine Symptome der Krankheit gezeigt, an der er schließlich starb.

Für mich ist da ein Haufen an Meningitissymptomen dabei (u.a. Fieber, Erbrechen, rasende Kopfschmerzen und vor allem neurologische Ausfälle (Meningoenzephalitis)).

He-Man
24.12.2007, 17:45
Tragischer Vorfall + Spiegel-Online + pseudodokumentarische Berichterstattung + öffentlicher Skandal = alle medialen Alarmglocken schrillen. Ich glaube kein einziges Wort von dem, was da drin steht.

Im Allgemeinen habe ich es in Deutschland in den pädiatrischen Kursen und dem Blockpraktikum so erlebt, daß die Verdachtsdiagnose Meningitis immer sehr weit oben auf der DD-Liste stand.

SchwesterStefanie
24.12.2007, 18:21
deleted

He-Man
24.12.2007, 18:35
Du hast recht, ich bin bekehrt und glaube alles. Wie soll man aber auch vernünftig die DD-Liste abarbeiten, wenn überall Kakerlaken herumlaufen? Laufen beim Spiegel auch Kakerlaken herum? Oder warum machen die so einen schlechten Journalismus?

SchwesterStefanie
24.12.2007, 19:02
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test
24.12.2007, 19:24
Sehr qualifiziert finde ich auch die Aussage in den australischen Artikeln, dass man im Blut keinen Hinweis auf einen viralen Infekt gefunden habe. :-wow

SchwesterStefanie
24.12.2007, 19:32
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He-Man
24.12.2007, 19:35
Danke für Deine Mühe. Ich bin immer noch sehr vorsichtig, was diesen Fall angeht, aber allgemein kann man sicherlich folgendes sagen: wenn man sich nicht an das von test beschriebene Vorgehen hält (Kopfschmerzen + Fieber --> Lumbalpunktion), ist das ein schwerer Fehler. Was aber in diesem konkreten Fall vorlag, würde ich mir aus Zeitungsmeldungen allein nicht zusammenschustern wollen. Dafür sind mir solche Fälle medial einfach zu aufgeladen.

SchwesterStefanie
24.12.2007, 19:38
deleted

He-Man
24.12.2007, 19:45
Medienkritik soll - ja muß - gerade auch am Weihnachtsabend seinen Ort haben. :-))

SchwesterStefanie
24.12.2007, 19:51
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egyptianprincess
24.12.2007, 20:53
Dass der sagt, man könnte nicht bei jedem Kind, das mit mit solchen Symptiomen ins KH käme, eine LP machen, finde ich schon heftig.

In einigen Jahren, wenn du mal selbst klinisch tätig warst und Horden von fiebernden Kindern/hysterischen Eltern behandelt hast, dann wirst du ihm zustimmen.

Ich habe erst unlängst eine Meningitis bei einer jungen Frau diagnostiziert, Stunden nachdem ein extrem erfahrener Professor sie mit einem Erysipel nach Hause schicken wollte. Mit dem klinischen Status und den Daten, die der Professor zu seinem Untersuchungszeitpunkt zur Verfügung hatte, wär mir eine Meningitis aber auch nicht in den Sinn gekommen, zumal sie nur eine leichte Rötung am Unterschenkel hatte. Seit dem weiß ich, daß man auch mit einem normalen CRP eine -am nächsten Tag durch eine positive Blutkultur bestätigte - Meningokokkensepsis haben kann.

Und wenn man die genaue klinische Situation/Umstände nicht bis ins allerletzte Detail kennt, sollte man sich sowieso mit Kommentaren sehr zurückhalten. Speziell im 1. Semester.

test
24.12.2007, 21:03
ALso ich hatte immer den Eindruck, dass zumindest hier die Hemmschwelle bei einem Kind mit unklarem Fieber, Erbrechen und Kopfschmerzen eine LP zu machen relativ niedrig ist.
Aber mal sehen, was die klinisch tätigen Pädiater hier dazu meinen. Würdet ihr bei einem Kind mit den drei Symptomen und keinem sonstigen Infektfokus punktieren oder eher noch von anderen Dingen abhängig machen?

Fino
24.12.2007, 21:43
ALso ich hatte immer den Eindruck, dass zumindest hier die Hemmschwelle bei einem Kind mit unklarem Fieber, Erbrechen und Kopfschmerzen eine LP zu machen relativ niedrig ist.
Aber mal sehen, was die klinisch tätigen Pädiater hier dazu meinen. Würdet ihr bei einem Kind mit den drei Symptomen und keinem sonstigen Infektfokus punktieren oder eher noch von anderen Dingen abhängig machen?

Natürlich muß man bei so einem Kind an Meningitis denken, aber für mich leitet sich daraus nicht automatiach ab, auch eine LP durchzuführen. Auch die Art der Kopfschmerzen muß man mit in die Überlegung ziehen, das Alter des Patienten und andere klinische Parameter. Es ist aber sicher richtig, daß man im Zweifel lieber einmal zu oft als zu selten punktieren sollte. Bei uns kam es aber bei solchen Fällen durchaus schon vor, dass die Kinder erst mal stationär aufgenommen wurden zur engmaschigen Beobachtung. Wenn dann eine erfahrene Schwester +/- Arzt keine baldige Besserung oder gar eine Verschlechterung feststellen, kann man immer noch punktieren und ABx starten. Achtung: ich rede hier vom Verdacht auf Meningitis nicht Meningokokkensepsis!
Generell gilt:
ein fieberndes Kind <6 Monate sollte tunlichst mindestens vom Altassi gesehen werden. Zwischen 6 Monaten und 1 Jahr kann auch ein "normaler" Assi ran, sollte aber Rücksprache mit einem erfahreneren Kollegen halten. Auch sollte man bedenken, dass gerade Säuglinge gar kein Fieber haben können, sondern nur durch Trinkunlust, Gereiztheit, Tachypnö oder auffälligges Weinen auffallen können - man muß daran denken!!
CTs werden bei uns nicht zum Ausschluß von evetuell erhöhtem Hirndruck gemacht, weil man ihn damit nicht ausschliessen kann. Das muß schon klinisch entschieden werden. Wenn das Kind bewußtseinsgetrübt oder cardiorespiratorisch instabil ist, nicht punktieren! Man muß dann mit der medikamentösen Therapie beginnen und später punktieren - gut machbar in Zeiten von PCR!
Ich habe ehrlich gesagt meine Zweifel an dem Spiegel-Artikel.

test
24.12.2007, 21:53
Natürlich muß man bei so einem Kind an Meningitis denken, aber für mich leitet sich daraus nicht automatiach ab, auch eine LP durchzuführen. Auch die Art der Kopfschmerzen muß man mit in die Überlegung ziehen, das Alter des Patienten und andere klinische Parameter. Es ist aber sicher richtig, daß man im Zweifel lieber einmal zu oft als zu selten punktieren sollte. Bei uns kam es aber bei solchen Fällen durchaus schon vor, dass die Kinder erst mal stationär aufgenommen wurden zur engmaschigen Beobachtung. Wenn dann eine erfahrene Schwester +/- Arzt keine baldige Besserung oder gar eine Verschlechterung feststellen, kann man immer noch punktieren und ABx starten. Achtung: ich rede hier vom Verdacht auf Meningitis nicht Meningokokkensepsis!
Generell gilt:
ein fieberndes Kind <6 Monate sollte tunlichst mindestens vom Altassi gesehen werden. Zwischen 6 Monaten und 1 Jahr kann auch ein "normaler" Assi ran, sollte aber Rücksprache mit einem erfahreneren Kollegen halten. Auch sollte man bedenken, dass gerade Säuglinge gar kein Fieber haben können, sondern nur durch Trinkunlust, Gereiztheit, Tachypnö oder auffälligges Weinen auffallen können - man muß daran denken!!
CTs werden bei uns nicht zum Ausschluß von evetuell erhöhtem Hirndruck gemacht, weil man ihn damit nicht ausschliessen kann. Das muß schon klinisch entschieden werden. Wenn das Kind bewußtseinsgetrübt oder cardiorespiratorisch instabil ist, nicht punktieren! Man muß dann mit der medikamentösen Therapie beginnen und später punktieren - gut machbar in Zeiten von PCR!
Ich habe ehrlich gesagt meine Zweifel an dem Spiegel-Artikel.

Danke für den Beitrag.
Wird in GB generell kein CT bei Meningitis/vor LP bei V.a. Meningitis gemacht oder ist das nur auf Kinder beschränkt?
Es ist klar, dass der V.a. auf erhöhten Hirndruck klinisch gestellt wird, aber in Deutschland wird in so einem Fall, zumindest wurde mir das so von den Pädiatern gesagt und steht so in der Leitlinie der DGN für Erwachsene, nach Beginn von Steroid und Ab ein CT gefahren wird und bei Fehlen von sichtbaren KI im CT dann die Punktion durchgeführt. :-nix

SchwesterStefanie
24.12.2007, 22:10
deleted.