PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zwangs-OP



Froschkönig
25.11.2002, 22:05
Hab da mal eine rechtliche Frage :

Ich weiß, daß man laut BSeuchG Patienten gegen deren Willen in Quarantäne stecken darf, wenn Sie eine der im entsprechenden Paragraphen angeführten Krankheiten haben.

Aber darf man Leute gegen Ihren willen auch Operieren ?
Ich denke an Dinge wie Zwangscholektomie bei Dauerausscheidern etc... hat da jemand Ahnung

Danke, Frosch

Sebastian1
25.11.2002, 23:11
Ich kenne die Antwort auf die Frage zwar nicht zu 100%, aber das Thema ist schon sehr interessant! mich würde mal sehr interessieren, wie Ihr anderen dazu steht: Zwangs-OP.
Natürlich beziehe ich mich nicht auf Dinge, die man schnell damit assoziieren könnte, wie Euthanasie, Menschenexperimente und zwangssterilisationen im dritten Reich durch die Nazis, sondern auf Fälle, in denen der Patient nicht selbst einwilligen kann, aber auch kein Vormund bestimmt wurde. Was ist dann mit Entscheidungen durch Angehörige? Was, wenn keine da sind? Was ist in Notfällen?
Wenn ich richtig informiert bin, muss, ausser im Notfall, ein Vormund richterlich benannt werden, der die Entscheidung trifft. Wie siehts in dem Fall aus mit Patientenverfügungen? Zählt im Notfall der "mutmaßliche Wille" des Patienten?

Gruß,
Sebastian

hobbes
25.11.2002, 23:49
Eine Operation ist per gesetzlicher Definition Körperverletzung. Sie darf nur dann durchgeführt werden, wenn sich der Patient ausdrücklich oder mutmasslich einverstanden erklärt. Der Arzt hat dem Patient gegenüber dabei eine Aufklärungspflicht. Ist der Patient nicht einverstanden, kann ich mir nur noch den Weg über die Ernennung eines Vormundes vorstellen. Doch ich denke nicht, dass dies praktikabel ist.

Froschkönig
26.11.2002, 00:32
@hobbes :
Was Du sagst, beantwortet zumindest Seb´s Frage nach dem "Mutmaßlichen Einverständnis". Klar, der Polytraumatisierte wird operiert, ohne vorher eine Einwilligung zu suchen, da er das wahrscheinlich ja auch will !


Meine Frage zielt aber mehr auf Ausnahmefälle !!!
Wer sein Karzinom nicht operieren lassen will, den kann man nicht zwingen !
Aber wenn jemand für seine Umgebung eine gesundheitliche Gefahr darstellt (Dauerausscheider, Hirntumor, der zu aggresiven tendenzen führt (ok, weiter hergeholt :-D) usw...), darf ich ihn dann per gerichtsbeschluß ohne seinen Willen operieren ?

Also :
Richter sagen : Gallenblase raus
Patient sagen : NÖ !
Ich sagen : SCHNIPP !!!

Wobei mir in diesem Zusammenhang auch folgende Frage als interessant erscheint :

Kind : Gut operabler Tumor,
ohne : OP Ex in 6 Monaten
Mit OP : wahrscheinlich Jahre bis Jahrzehnte
Vormund : NÖ !

Was nun ?

hobbes
26.11.2002, 00:39
Im Beispiel mit dem Kind verletzt der Vormund sicherlich Fürsorgepflicht für das Kind, falls die Eltern so entscheiden, die elterliche Fürsorge. Es gibt solche Fälle, dann müssen die Behörden u.U. gerichtlich die elterliche Fürsorge entziehen, bzw. den Vormund absetzen und die OP durchsetzen. Es gilt hier ja der mutmassliche Wille des Kindes, bzw. das was mutmassliche das Beste für den Mündel ist.

beim aggressiven Hirntumorpatienten und beim Daueraus-scheider sehe ich gesetzlich allerdings schwarz für eine Zwangsoperation. Viel eher kommt es dann zu einer Verwahrung dieser Patienten zum Schutz der Umgebung.

Froschkönig
26.11.2002, 00:51
Wobei die Cholektomie der Dauerverwahrung vorzuziehen wäre...aber im ernst, ich habe diese Frage gestellt, weil ich irgendwo im Hinterkopf düster einen Paragraphen mit diesem Thema rumhüpfen hab. Ich hab nix dagegen, daß ethisch auszudiskutieren, aber hätte gerne mal eine definitive bestätigung/verwerfung der Frage !

Rico
26.11.2002, 23:25
Original geschrieben von Froschkönig
Kind : Gut operabler Tumor,
ohne : OP Ex in 6 Monaten
Mit OP : wahrscheinlich Jahre bis Jahrzehnte
Vormund : NÖ !

Was nun ? In dem Fall kann man den Eltern/Vormund das Sorgerecht (vorrübergehend) entziehen lassen, denn die Eltern haben vor allem eine Fürsorgepflicht und diese wird gröbstens verletzt, wenn sie dem Kind eine sinnvolle Behandlung verweigern.
Die Rechtslage ist da laut unseren Pädiatern so eindeutig, daß man das auch Sonntag Nacht ohne vorherige richterliche Einwilligung machen kann, weil man die Monatg morgen problemlos nachgeliefert bekommt.
Gilt auch wenn z.B. Zeugen Jehovas eine lebensrettende Bluttransfusion für ihr Kind verweigern.

1234556
27.11.2002, 19:10
Original geschrieben von hobbes
Eine Operation ist per gesetzlicher Definition Körperverletzung. Sie darf nur dann durchgeführt werden, wenn sich der Patient ausdrücklich oder mutmasslich einverstanden erklärt. Der Arzt hat dem Patient gegenüber dabei eine Aufklärungspflicht. Ist der Patient nicht einverstanden, kann ich mir nur noch den Weg über die Ernennung eines Vormundes vorstellen. Doch ich denke nicht, dass dies praktikabel ist.

Ein Artz darf sich über den (und nicht nur den mutmasslichen sondern auch den klar an Ort geäusserten) Willen des Pat. hinwegsetzen, und auch dann wenn der Pat. voll einwilliligungsfähig ist, aber "er die Situation nicht richtig einschätzen kann". Dann brauche ich kraft der mir von Gott und meinem weissen Kittel wie auch derm Gesetz gegeben Autorität keine einwilligung des Pat. Ein Suizid ist nicht zwagsläufig jemand nach PsychKrankenG, veleicht manche haben gute Gründe für nen Suizid. Einer der seinen Porsche vor die Wand setzt und dem der Porsche so wichtig ist dass er nicht von der Feuerwehr herausgeschnitten wird etc. Die Rechtsgrunlage bildet glaub ich das BGB der § "Geschäftsführung ohne Auftrag" d.h,. ich darf deine Interessen wahrnehmen auch ohne dass Du mich dazu ermächtigt hast, zur Not auch ohne gegen deinen Willen...so ist z.B. die DNR=Do Not Rescucitate in D rechtlich unwirksam, und der Arzt der ihr folgt ist in einer rechtlichen grua bis scharzzone (also mit anderthalb Beinen im Knast und nicht wie sonst mit einem)

Pascal
02.12.2002, 08:12
Mal meine 2 cent dazu.

Was die Zwangsops im allgemeinen angeht. Ich denke Nein. Es müßte in diesem Fall der Pat schon einen Vormund bekommen, und damit erklärt dieser den Willen des Pat. Was die Situation mit dem Dauerausscheider angeht. Selbst da glaube ich nicht, das es möglich ist. Er kann dann halt nicht in bestimmten Berufen arbeiten und es ist selbst dann noch ziemlicher Dreck, aber ich bezweifle das es möglich ist gegen seinen Willen.

Was die Sache von 1234556 angeht. Nicht so einfach. So lange der Pat bei klarem verstand ist und man ihm alles erklärt hat kann der auf ne OP verzichten. Da hilft mir mein weißer Kittel gar nix. Und was den Suizid angeht. Doch die Unterbringung geht dann immer und nur durch Psych KG oder das entsprechende im jeweiligen Bundesland. Heist in Hessen z.B. anders auch wenn ich gerade nicht drauf komme. Und auch das kann kein Arzt. Ein arzt kann nur empfehlungen und beurteilungen machen. Unterbringung kann nur duch Polizei oder Ordnungsamt für 24h angeordnet werden, und danach durch Richter für längere Zeit.

Was DNR angeht. Meinst du damit wirkliche Entscheidungen von Patienten und angehörigen? Ich brauche in D nicht auf Teufel komm raus jeden reanimieren oder über Jahre an der Beatmung hengen lassen. Ich kann mich wohl gegen maximale Intensivmedizinische Versorgung verweigern. Was nix wert ist, sind lustige Aufkleber die man sich irgendwo hinklebt ich will nicht reanimiert werden, oder auch sehr lustig und früher mal beliebt bei Motorradfahrern: "Helm im Falle eines Unfalls nur durch Notarzt abnehmen lassen." Wenn die wüßten was sie sich da wirklich zumuten wollten.

Was Kinder angeht. Da kann man sich getrost über die Anweisungen von Zeugen Jehovas und anderen Fanatikern hinwegsetzen wenn sie die Gesundheit und das Leben von Kindern gefärden. Wäre ja auch noch schöner. Wenn ein Zeuge gerne selber verbluten will, bitte. Ich halte es zwar für sinnlos, aber er ist Erwachsen und es ist sein gutes Recht. Aber Kinder sollen sie bitte da raus lassen.

Neanderthal_Man
17.12.2002, 20:31
Tut mir leid, auch ich kann nur meine Meinung sagen, nichts rechtlich fundiertes. Immerhin, solange man ein Gewissen hat...

In Sachen "Zwangs"-OP: Ich denke nicht, das das möglich ist! Ich kann mir einfach keine OP vorstellen, die ein Problem lösen kann, dass sich durch Isolation nicht in den Griff kriegen läßt. Ok, ein Dauerauscheider könnte z.B. da er ja häufig völlig fit ist, einfach seine Isolation verlassen oder so. In dem Fall kann man sicher gesetzlich dagegen vorgehen, aber geschnippelt wird auch dann nicht.
Krasseres Beispiel: Ein Triebtäter, der in Serie mehrere Kinder vergewaltigt hat, wird ja auch nicht "Zwangs"-Sterilisiert oder ähhh, sagt man Testektomiert? Der Eingriff in den Hormonhaushalt (Testosteron macht ja bewiesenermaßen aggressiv, zumindest in Überdosis) würde dies sicher rechtfertigen...Aber richtig sit es trotzdem nicht.

Eine OP ist eben einfach eine irreversible Maßnahme, in den meisten Fällen. Angenommen, man hat für jemanden, der Dauerausscheider ist, in 10 Jahren ein wirksamen Chemotherapeutikum gefunden...das wäre wohl nicht zu rechtfertigen, oder?

hobbes
18.12.2002, 15:56
Original geschrieben von Neanderthal_Man
Krasseres Beispiel: Ein Triebtäter, der in Serie mehrere Kinder vergewaltigt hat, wird ja auch nicht "Zwangs"-Sterilisiert oder ähhh, sagt man Testektomiert?

Orchiektomie heisst das Ding. Nein nicht das ist sicherlich nicht mehr der Fall. Will heissen, dass das früher durchaus durchgeführt wurde, inbesonders bei Geistesbehinderten. In Schweden wurden Kommunisten zur Zeit des kalten Krieges einer Kommissurenfasertrennung (o.ä.?) unterzogen. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei.

1234556
22.12.2002, 20:56
Also: Ich darf in einer Akutsiuation jemanden zu seinen Glück zwingen, obwohl er voll einwilligungsföhig ist! (und meine infos korrekt...)
Wenn Du dir eine teure Haustür gekauft hast und Dir brennt Deine Bude nur etwas und Du sagst Dir im vollbesitz Deiner geistigen Kräfte: der Schaden durch das Feuer ist geringer als die Kosten der Tür, darf ich selbst als Privatman trotzdem die Tür aufbrechen und dein Feuer löschen, und brauche die NICHT zu bezahlen: die Rechstgrundlage dafür bildet die folgende feststellung: Ich handle zwar gegen Deinen Willen aber zu Deinen Gunsten und damit gilt das Bürgerliche Getzgebung mit folgenden §§§: gechäftsführung ohne Auftrag", "Geschäftsführung gegen den Willen" und "Geschäftführung zur Gefahrenabwehr" und ich glaube bin mir aber nicht sicher das auch die Gesunheitsfürsoge ein Geschäft in diesem Sinne ist, also bist Du zwar voll einwilligunsfähig bist aber nur aufgrund des mangelden Fachwissens nicht in der Lage dieses Geschäft zu führen, und ob Du das nötige Fachwissen hast darüber entscheide ich als Arzt, d.h. wenn Deine Entscheidung !offenkundig nur! auf mengeldes Wissen zurückzuführen ist, und davon auszugehen ist dass ein sog. Objektiver Dritter der Heilbehandlung zugestimmt hätte, wenn er alle fakten hätte, dann ist eine solche Entscheidung unwirksam.

Dies gilt aber nur für akute Fälle also eher die Blutung als der Tumor,
Zur Gefahrenabwehr: Gefahr im Verzuge d.h. die Zeit muss die kritische Komponente sein und es muss ein schwerer und nicht anders abzuwendender Schaden für Leib, Leben, Gesundheit oder andere hohe Rechtsgüter nach der (( mit der (der Gefahrensitation Sitation) angemessen Sorgfalt durchgeführten)) Inaugenscheinahmne zu erwarten sein, und die Entscheidun der zuständiegen !!!Oberigkeit!!! (Bismarks JuristenDeutsch hat die Demokratie in Deutschland noch nicht bemerkt zu haben) kann wg des Zeitdrucks nicht abgewartet werden.