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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Leberzirrhose



Florian-Koeln
22.04.2003, 18:25
echt ein klasse thema (trainingscenter) aber doch schon ziemlich viel, wenn man alles am stück liest. Zu dem vorigen Fall kann man glaub ich nichts mehr hinzufügen, oder?
Ich weiß, dass ich nichts gelöst hab, aber nach der leserei brennt´s mir ein wenig unter den findernägeln:) also:

RTW wird von der leitstelle zu einem (vermutlich) internistischen Einsatz in den 16. Stock eines heruntergekommen Hochhauses gerufen. Das Innere der Wohnug bestätigt den ersten Eindruck. Der ca 60 jährige, wegen einer Leberzerose bettlägrige Patient klagt seit gestern über massive Brustschmerzen und Atemnot. Der gerufene Hausarzt, der den RD allamierte aber bereits über alle berge ist, hat auf die einweisung V.a. Herzinfarkt geschrieben.

RS-USER-Schädelspalter
22.04.2003, 21:18
Na, gut, Florian-Koeln, wir können Dich ja nicht so hängen lassen ;)
Vitalparameter: Herzfrequenz, RR, SpO2, Atemgeräusche und -frequenz, Bewußtsein, Pupillen?
"massive Brustschmerzen": wo, wie schnell aufgetreten, ausstrahlend, atem- oder belastungsabhängig?
Einen Zugang sollte er haben und EKG anzulegen schadet auch nicht.
welche sonstigen Vorerkrankungen?
Erbrochen? Teerstuhl? Sturz?

In zweiter Linie interessiert mich: wer hat eigentlich die Tür aufgemacht (bettlägerig), wer ist sonst noch da und wie eingeschränkt ist der Mann? Wann zuletzt Alkohol (naja, fragen kann man...), Medikamente?

Ist schon ein NA unterwegs?
Die Differentialdiagnosen "Thoraxschmerz" sind ja zahlreich und reichen von harmlosen bis lebensgefährlichen Erkrankungen. Bei Alkoholikern denkt man irgendwie immer an Mallory-Weiß-Syndrom, Boerhaeve-Syndrom (hoffenlich richtig geschrieben :o ) oder Traumata (Sturz). Vielleicht hat er auch nur Sodbrennen, begünstigt durch einen Mords-Aszites, aber wenn der HA den Verdacht auf einen Myokardinfarkt hatte, sollte jemand dabei sein, der sich mit sowas auskennt (notfalls auch der HA, aber der mußte ja zum Golf ;) ).
Aber ich komme ins Reden: wir wollen Fakten, Fakten, Fakten :D

RS-USER-Feuerblick
22.04.2003, 21:39
Hallo Blinder!

Also, Kreuzblut haben wir mit der Polizei losgeschickt. Unser Doc hat versucht, mit den auf dem chirurgischen Besteck vorhandenen Klemmen, die Blutung wenigstens ein bißchen eizudämmen, damit wir erst mal diese Treppe runterkommen, auf der Komprimieren einfach nicht drin war. Hat aber nur solange gut gehalten, bis der Pat. anfing, gegen den Tubus zu würgen. Danach hats dann wieder ohne Ende gesuppt. Also haben wir den Menschen so ins Auto verladen, Richtung Uni gefahren, wo er dann auch unter Rea ankam und schnell verstorben ist.
Meine Frage wäre gewesen: Hättest Du (als einer, dessen Materie hier ja betroffen war) mehr machen können? Besser Klemmen setzen oder (sofern Nahtmaterial vorhanden) irgendwie die Blutung eindämmen können? Wir haben uns ziemlich hilflos gefühlt, weil wir nichts machen konnten, aber wußten, daß der Pat. so, wie wir ihn versorgen konnten, das nicht überleben würde...

Feuerblick

DerBlinde
22.04.2003, 21:56
Hmmm...
Ich schreibe das mal nicht als PM, da es vielleicht jetzt noch mehr interessieren könnte...
Das chirurgische Besteck auf den Wägen ist meist nicht für solche Fälle geeignet. Wirklich versorgen kann man das vor Ort IMHO nicht. Wahllos Klemmen irgendwo rein zu setzen halte ich auch nicht für sonderlich gut. Da es massiv blutet und man "unter Wasser" arbeitet, ist die Gefahr sehr, sehr groß, daß man mit den Klemmen mehr Schaden anrichtet als hilft. Da die Klemmen dann gerne Venen weiter auf- oder gar ausreissen. Und so ein Riß kann auch mal bis zur Subclavia runter gehen oder sogar bis zur Anonyma. Und dann ist die Kacke wirklich am Dampfen! Von neurologischen Schäden ganz zu schweigen! Durch die ganzen Manipulationen macht man die Ausgangsituation für den Operatuer nur wesentlich schwieriger! Die OP wäre eh nicht einfach gewesen, da durch die "unsachmäßige" Schnippselei sicher die anatomischen Strukturen nicht gut darstelbar waren. Nähen vor Ort auf keinen Fall! Denn hier braucht der Patient eine Rekonstruktion (entweder mit Venenmaterial oder Teflon/Dacron-Patch) Wenn also ohne Sicht da wild drin "rumgenäht" wird, kann es sein, daß eine Rekonstruktion nicht möglich wird, wichtige Gefäße (mit resultierenden Folgeschäden) abgehängt werden und vielleicht sogar noch irgendwelche Embolien (primär arterielle) verursacht werden.
Summa summarum: Ernster Fall mit schlechter Prognose (die sich ja auch bewahrheitet hat). Präklinisch außer einem wirklich raschen Transport nicht viel zu machen. Reinkippen, was rausläuft.... und viel Beten.

DerBlinde
22.04.2003, 22:04
Da fält mir gerade eine Anekdote ein, die ich kurz zwischenschiebe... Zu unsachgemäßer Versorgung durch Personal, daß sich nicht wirklich damit auskennt...
Disco-Streit mit Messerstecherei auf dem Land. MIt dem Ergebnis, daß einer der Streithähne plötzlich ein Messer im linken Ventrikel hatte. Die Allgemeinchirurgen aus dem nächsten Kreiskrankenhaus fühlten sich stark genug, das selber zu versorgen. Dem Patienten ging es super. Dennoch haben die zum Glück uns damals zwei Tage später angerufen, stolz wie Oskar. Wahrscheinlich wollten sie nur ein wenig prahlen ;) Doch dann wurde der Patient eiligst zu uns überwiesen und revidiert. Warum? Die netten Kollegen hatten dummerweise resorbierbares Material verwendet, um den Ventrikel zu nähen! Aua! :D
So bekam er von uns eine filzgestütze (was die Kollegen auch nicht gemacht hatten!) Naht ((nicht resorbierbar!) und zsätzlich noch einen Perikard-Patch!

Florian-Koeln
22.04.2003, 22:17
die tür wurde natürlich von der frau geöffnet, die euch auf nachfrage auch irgendwas von thromben oder trauben oder so erzählt. RR ist bei 150/90, 90er Puls, die Sättigung liegt bei 93%, keine Atemgeräusch. der Patient gibt an wegen der schmerzen langsamer zu atmen.
der patient beginnt zu schwitzen und hat immer noch schmerzen.
der notarzt ist bereits alamiert und wird in fünf minuten da sein

RS-USER-Schädelspalter
22.04.2003, 22:27
@ Der Blinde: Machen die auch Gefäßprothesen? Hoffentlich nicht - was für eine Sauerei das geben könnte...
In meiner Heimatstadt geht so eine Legende (?) um von einem Mann, der ins Taxi steigt und in Krhs will. Er hatte da vor kurzem eine Gefäßprothese (Aorta & Iliaca) bekommen und jetzt wurde das plötzlich so dick und tut weh. Die kurz darauf sichtbare Blutung muß den Taxifahrer so erschreckt haben, daß er mit dem Taxi IN die Notaufnahme fuhr...

Zum Fallbeispiel: ein paar mehr Infos wären nett (besonders zu den Schmerzen). Woher hat die Frau denn das mit den Thromben (zählt ja nicht bei allen zum aktiven Wortschatz ;) )?

Oh, ich muß jetzt weg, bis später!

Florian-Koeln
22.04.2003, 22:37
Während die ehefrau nach dem alten ärztebrief sucht, erzählt der Pat, dass er jeden abend eine spritze bekommen hatte. Nach einiger Zeit hätten sie damit aber ein wenig geschludert.
Die Brustschmerzen sind atemabhängig, halsvenen leicht gestaut. Auf Ringer und betreuung geht der puls auf 70 und der Blutdrcuk auf 140/80.
Während die Frau gesteht in der Aufregung der Brief nicht finden zu können, trifft der notarzt ein

DerBlinde
22.04.2003, 22:53
@Spalter: Ne, die machen ganz normale "Feld-Wald-und-Wiesen-Chirurgie" Keine Gefäße. :D

Nun, Arbeitsdiagnose vorerst die Lungenembolie, wobei auch das restliche umfangreiche Spektrum des thorakalen Scherzes nicht ganz vergessen werden sollte (btw: Wenn die Leber so schlecht ist... wieso hat der dann noch Gerinnung?? :D)
So bekommt er 5.000 IE Heparin als Bolus und einen netten Perfusor (20.000 IE/50) auf 2,0 (wer unbedingt 25.000/50 haben will, der darf ihn dann erstmal auf 1,8 laufen lassen ;)). Auch bei HI nicht verkehrt ;) 4l O2 über die Nase. Haben wir eine Maximal-Klinik in der Nähe? (Wegen Diagnostik, etc.)

RS-USER-Schädelspalter
22.04.2003, 23:01
*argh, nein. Habe gerade geantwortet, einen langen, ausführlichen Text geschrieben und dann meinte das Skript, ich sei nicht eingelogged. Schon wieder zu spät.

Na dann gute Fahrt - wie ein rohes (Oster-) Ei in die Klinik (Fahrstuhl gibt es ja hoffentlich :D ). Dort dann definitive Diagnose, hämodynamisch stabil ist er ja - also los.
Folgende Checkliste sollte man noch abfragen:
Immobilisation eines Beines? Bettlägerigkeit? OP kurz zuvor? Malignom? Schwellung, Rötung, Schmerz eines Beines? Dilatierte Beinvenen? Trauma? Ödem?

Gute Nacht

Florian-Koeln
23.04.2003, 10:33
lungenembolie war genau richtig!
Er hatte durch die Bettlägerigkeit eine Beinvenetrombose und dadurch die Embolie bekommen . war vermutlich zu leicht :)