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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #25226
    Toastbrot im Regen
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    Mein volll gestilltes Mädchen hat jetzt schon (12 Wochen) atopische Dermatitis. Der KiA meinte, ich könne mal versuchen potente Nahrungsmittelallergene (Soja, Weizen, Milch, Eier) wegzulassen. Das möchte ich in jedem Fall probieren, zumal ich selbst seit der Entbindung einen gewaschenen Ekzemschub habe, der ohne Cortison nicht wirklich besser wird, jedoch frage ich mich, wie ich als "quasi-Vegetarier" (Fisch gibts aus Baby-gesundheitlichen Gründen regelmäßig) unseren Proteinbedarf decken soll und was mit anderen potenten Allergenen ist (ich Frühstücke derzeit bspweise Quark mit Äpfeln und Nüssen).
    Ich wäre dankbar über (www)Literaturtipps!



  2. #25227
    wieder an Bord :-) Avatar von Muriel
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    Oh je, das hört sich nicht wirklich spaßig an... Ich weiß zwar, dass eine Freundin genau das Gleiche mit ihrem Sohn durch hat, aber was sie wie letztendlich noch gegessen hatte, weiß ich nicht.



  3. #25228
    Diamanten Mitglied Avatar von annekii
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    Zur atopischen Dermatitis und Nahrungsmittelallergien hat sich in den letzten Jahren viel getan. Auslassdiäten werden meines Wissens nicht mehr empfohlen, bis auf einen einzelnen Versuch, die Milchprodukte wegzulassen, um eine Kuhmilcheiweißallergie festzustellen.
    3 Monate ist leider nicht "schon", sondern das ganz typische, geradezu klassische Alter für den Beginn einer atopischen Dermatitis! Daher auch die fehlerhafte Schlussfolgerung von Impfgegnern, die die Impfung mit 2 Monaten als Auslöser sehen. Es ist aber lediglich ein zeitlicher, kein kausaler Zusammenhang.

    Lange hat man gedacht, dass Kinder mit Allergien die AD bekommen, es ist aber andersrum. Kinder mit AD haben durch die gestörte Hautbarriere die Eintrittspforten nicht nur für Keime, sondern auch für Allergene. Gemerkt hat man es dadurch, dass auch Kinder, die niemals Erdnuss gegessen haben, eine Erdnussallergie bekommen haben. Grund: im Hausstaub ist fast immer Erdnuss drin und das dringt über die Haut ein.
    Über den Darm scheint die Toleranz zu entstehen, daher muss man es schaffen, vor Entwicklung einer Allergie über die Haut dem Darm alle Allergene zuzuführen, um Toleranz zu entwickeln (LEAP-Studie).

    Ich gehe so vor:
    An erster und oberster Stelle steht die Hautpflege und die Wiederherstellung der Hautbarriere. Dabei richten wir uns nach Prof. Högers Empfehlungen https://link.springer.com/article/10...112-014-3168-8 Akut mit 5-6x tgl. UEA, und dazu gehört oft auch Cortison, aber eben bei Babys eine Rezeptur mit 0,08% Prednicarbat. Dieses wird bei uns erstmal eine Woche täglich, 1 Woche umtägig, 3. Woche 2x pro Woche und 4. Woche Schluss, ggf. jede Woche um eine verlängernd möglich beim raschen Rezidiv.
    Wenn die Haut schön ist, ist immer 2x am Tag komplettes Cremen notwendig. Diese dann nicht mehr mit UEA, sondern z.B. mit der Anmischung "subakut" aus dem Artikel. Magistralrezepturen haben keine Zusätze und sind komplett über GKV bezahlt beim Kind mit atopischer Dermatitis.

    Dazu erhalten die Eltern Informationen schriftlich von uns und am Anfang auch teilweise 2x wöchentlich Kontrolle, im Verlauf dann 1x wöchentlich und zu den Us und Impfungen, die ja in dem Zeitraum eh viel stattfinden.

    Wir haben hier in der Nähe eine Klinik, die ausschließlich ohne Kortison und Calcineurininhibitoren arbeitet und alles über Auslassdiäten macht. Die IgEs, die diese Kinder haben, sind gigantisch (4stellig) und ihre Reaktionen ohne jede Toleranzbildung auch oft sehr bei Diätfehlern. Die Uniklinik hatte da große Mühe, diese komplexen Diäten, die dazu führten, dass die Eltern noch das Mittagessen für Kindergarten und Schule komplett vorkochten, diese wieder einem normalen Leben ohne massive Einschränkungen zuzuführen.

    Ich betreue seit ca. seinem 3. Geburtstag ein Kind, das mit 5 Din-A-Seiten getesteten Immunologie-CAPs von dort kam und alles, was mindestens CAP1 hatte, nicht bekam. Wir haben es über 1,5 Jahre nach und nach aufgelöst und geblieben ist eine echte Dorschallergie und leichte Hautreaktionen bei rohem Ei. Gebackenes Ei ist unproblematisch. Die Haut ist dank Pflege wunderbar und das Kind kann an fast allen Gemeinschaftssachen in der KiTa problemlos teilnehmen. Und das IgE sinkt!
    Ein Standpunkt ist kein Grund, sich nicht zu bewegen.



  4. #25229
    Toastbrot im Regen
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    Wow annekii, lieben Dank für die ausführlichen Informationen! Im Moment sind die Hautveränderungen sehr mild und kaum entzündet und gute Basispflege sicherlich das wichtigste. Ansonsten werde Ich mich die Tage mal informieren wie die Evidenz ist die Auslassdiät betrifft.
    Ich erinnere mich, dass der Juckreiz und später auch die kosmetischen Aspekte durchaus belastend waren und hatte gehofft das meinem kind ersparen zu können.



  5. #25230
    Diamanten Mitglied Avatar von annekii
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    Das klingt für den Anfang super! Dann sofort 2x tgl. cremen, ggf. einmal ersetzen mit einem Bad, z.B. Neuroderm oder Linola.

    Dauertherapie am besten mit einer Rezeptur. Falls du es nicht aufgeschrieben bekommst: Sanacutan, Linola Fett, oder schau mal hier: https://www.deutsche-apotheker-zeitu...-neurodermitis

    Gute finde ich auch die Neuroderm-Reihe. Dauerpflege mit der Pflegecreme, akut eher Lotio, im Winter ggf. auch die Lipo, bei akuten Juckzeiten Repair. Aber davon ist nur das Ölbad erstattungsfähig.

    Wenn Juckreiz da ist, stimmt die aktuelle Therapie nicht. Daher musst du vorher dran arbeiten. Es ist leider eine chronische Erkrankung mit täglichem Handlungsbedarf. Die optimale Therapie ist aber wie in vielen Bereichen individuell und braucht Zeit. In der Regel hat man aber eine Besserung gegen Ende des 2. Lebensjahrs und dann nur noch bestimmte Stellen, die Aufmerksamkeit brauchen.

    Das klingt alles so plakativ, aber genau so habe ich die Kinderdermatologen immer wieder auf den Fortbildungen erlebt und wenn die Eltern es so umsetzen und auch bei Misserfolg zurückkommen und wir anderes ausprobieren, finden wir immer wieder zu einer sehr guten Situation mit seltenen Phasen von topischen Steroiden oder Calcineurininhibitoren.

    Falls Kortison notwendig wird, NIE ins Gesicht, Windelbereich und Hautfalten. Dafür nehmen wir in der Regel offlabel Elidel, was ich auch schon 3x auf Antrag von der Kasse unter 2 Jahren genehmigt bekam. (aber auch schon abgelehnt)
    Ein Standpunkt ist kein Grund, sich nicht zu bewegen.



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