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  1. #56
    -= Harnverhalter =- Avatar von Die Niere
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    Eine Verdachtsdiagnose eines "fachfremden Kollegen" wird grundsätzlich erst mal in Zweifel gezogen.
    Ich würde es nicht so krass ausdrücken, sondern halte es eher für eine sinnvolle Vorsicht vor vorgefertigten Diagnosen. Sich mit Scheuklappen auf eine genannte Diagnose zu stürzen ist nämlich genau das falscheste, das man machen kann (mein obiges rupturiertes BAA wurde als inkarzerierte Inguinalhernie eingewiesen). Es ist sinnvoll, die Differentialdiagnosen im Kopf zu behalten ohen dabei einen Kollegen für unfähig zu halten und in der Folge geht es darum entweder diese Diagnose zu bestätigen oder vielleicht einer Fehldiagnose auf die Spur zu kommen.

    Auf der einen Seite beschweren sich hier viele Rettungsdienstler, dass sie von vielen ärztlichen Kollegen nicht geschätzt werden und voreilig als "unwissend" abgestempelt werden, auf der anderen Seite, macht ihr genau das gleiche mit den ärztlichen Kollegen. Und wenn ich höre, dass ein ärztlicher Kollege, der nicht regelmässig mit euch auf dem NEF/NAW (und wie all die Abkürzungen heissen) mitfährt, euch sowieso nicht verstehen kann und darin schon der Unmut des Willens herausblickt, sich aneinander mittels adäquater Kommunikation anzunähern, dan wurdet mich ehrlich gesagt nicht mehr viel.

    Nun ja, was sich mir jetzt nicht so wirklich erschließt ist, was in diesem Artikel das "leben" aussagt. Auch ein Patient mit einem RR von 40/20 "lebt" ja noch, und aus Erfahrung weiß ich, dass er das gerne auch mal mehrere Stunden bis Tage tut. ==> Totgesagte leben länger...
    Der Artikel äussert sich dazu sehr genau! 2 Stunden nach Eintritt lebten noch 49 Patienten (88%) und nur 4 hatten einen syst. RR von <80mmHg.

    Mir geht es hier nicht darum, recht zu haben, sondern einfach darum, dass es immer unglaublich einfach ist, über bestimmte Entscheidungen anderer Fachrichtungen zu urteilen, wenn man sich nicht mit der zweiten Seite der Medaille beschäftigt.

    gruesse, die niere
    “Don't waste your time on jealousy. Sometimes you're ahead, sometimes you're behind. The race is long, and in the end, it's only with yourself” - Mary Schmich (Chicago Tribune)



  2. #57
    Alter Sack Avatar von pillchen
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    Zitat Zitat von Die Niere Beitrag anzeigen
    Es ist sinnvoll, die Differentialdiagnosen im Kopf zu behalten ohen dabei einen Kollegen für unfähig zu halten und in der Folge geht es darum entweder diese Diagnose zu bestätigen oder vielleicht einer Fehldiagnose auf die Spur zu kommen
    Moin,

    das ist natürlich richtig...
    Aber die (erlebte) Wirklichkeit zeigt zu häufig, daß man "die Worte wohl hört, allein der Glaube daran fehlt"...

    Mich stören dann immer die "üblichen Vorgehensweisen", die eben alles, was aus 'ne anderen Ecke kommt, außer acht läßt.

    Ich würde nicht sagen, daß die Behandlung dadurch schlechter wird, eher liegen für mich die Probleme in der Effizienz, wie z.B. unnötiger doppelter Diagnoseverfahren.

    Was anderes:
    Es wäre vllt der Sache dienlich, die "Rettungswache" als eigenes Unterforum neben den Unterforen (Verwaltung, Schreibkram und Co – Facharzt-Forum) einzurichten, anstelle sich im Themenbaum der aufstrebenden "Jung"-Ärzte wiederzufinden......
    Grüße Thilo



  3. #58
    verfressen & bergsüchtig Avatar von Evil
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    Zitat Zitat von pillchen Beitrag anzeigen
    Es ist doch immer wieder erstaunlich, daß das gleiche Phänomen ubiquitär vorkommt:
    Eine Verdachtsdiagnose eines "fachfremden Kollegen" wird grundsätzlich erst mal in Zweifel gezogen.
    Das würde ich nicht unbedingt nur auf mangelhafte Kommunikation schieben, sondern eher als "Persönlichkeitsmerkmal" sehen.

    Da wir uns ja in der Rettungswache (bzw. dem RTW / NEF), und nicht in der Klinik befinden, lösen manche Verhaltensweisen der ärztl. Kollegen aus der Klinik bei der Patientenübergabe immer wieder Erstaunen aus.
    Das ist ein wenig zu kurz gedacht. Warum, will ich Dir an zwei Beispielen erläutern:

    Fall 1: ich war der diensthabende Internist, der Notarzt bringt mir eine 75jährige Patientin mit V.a. Apoplex, weil sie seit dem Vormittag zunehmend verwirrt und schläfrig ist.
    Anstatt sie sofort ins CCT zu schieben, habe ich mir trotzdem die Zeit genommen, sie nochmal in Ruhe körperlich zu untersuchen; dabei gab es außer Schläfrigkeit und Verwirrtheit keine fokalen neurologischen Auffälligkeiten, keine Exsikkose, nix wirklich Zielführendes, dafür eine Temperatur von 38,5° (wobei sie sich nicht fiebrig oder schwitzig anfühlte).
    Daraufhin hab ich erstmal auf das Labor gewartet und danach ein Abdomen-Sono durchgeführt, weil sich das ganze letztlich als Cholangiosepsis herausstellte - allerdings ohne Bauchschmerzen.
    Nach Antibiotikagabe und Notfall-ERCP war die Patientin wieder völlig klar, bis zum nächsten Tag hätte sie aber wahrscheinlich nicht überlebt.

    Fall 2: ich wurde als Notarzt zu einer ca 50jährigen Patientin in deren Betrieb gerufen, wo sie sich vor Schmerzen auf dem Boden wand.
    Anamnestisch waren Nierenkoliken bekannt, es bestand ein eindeutiger Bauch-/Flankenschmerz in den Rücken ausstrahlend, dabei war die Patientin grenzwertig vom Druck her.
    Also erstmal Analgesie, angesichts des grenzwertigen Kreislaufes und der doch sehr starken Schmerzen mit vorsichtiger Gabe von Dipi (fraktioniert 3,75mg), was die Schmerzen verbesserte und den Kreislauf nur ein wenig beeinträchtigte (RR 80/50). Unter Volumengabe dann die nächste Klinik angesteuert und die Patientin mit V.a. Nierenkolik übergeben.
    Die aufnehmende Kollegin rief mich am nächsten Tag an, weil sich nach genauer Anamneseerhebung, Untersuchung und Laborwerten als anaphylaktische Reaktion herausstellte: die Patientin hatte frühmorgens etwas Rückenschmerzen verspürt und daraufhin (erstmalig in ihrem Leben!) Ibuprofen eingenommen, worauf es ihr dann aber erst richtig schlecht ging. Die Anaphylaxie äußerte sich einzig als Bauchschmerzen mit Hypotonie, was mich "draußen" in die Irre geführt hatte, die aufnehmende (sorgfältige!) Kollegin aber nicht.

    Diese 2 Beispiele verdeutlichen sehr schön, daß sich vermeintlich eindeutige Situationen im Rettungsdienst (oder auch in der Praxis) ganz anders erweisen können, wenn man dann nochmal genauer (und professioneller, ein Bauchchirurg sollte von BAAs mehr verstehen als ich!) nachschaut. Daher halte ich eine gewisse Skepsis für absolut adäquat; das als rechthaberische Besserwisserei abzutun, spricht eher für gekränkte Eitelkeit und wirft die Frage auf, wer hier wirklich in seinem Mikrokosmus festsitzt.
    Weil er da ist!
    George Mallory auf die Frage, warum er den Everest besteigen will



  4. #59
    Administrator Avatar von Brutus
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    Zitat Zitat von Die Niere Beitrag anzeigen
    Auf der einen Seite beschweren sich hier viele Rettungsdienstler, dass sie von vielen ärztlichen Kollegen nicht geschätzt werden und voreilig als "unwissend" abgestempelt werden, auf der anderen Seite, macht ihr genau das gleiche mit den ärztlichen Kollegen. Und wenn ich höre, dass ein ärztlicher Kollege, der nicht regelmässig mit euch auf dem NEF/NAW (und wie all die Abkürzungen heissen) mitfährt, euch sowieso nicht verstehen kann und darin schon der Unmut des Willens herausblickt, sich aneinander mittels adäquater Kommunikation anzunähern, dan wurdet mich ehrlich gesagt nicht mehr viel.
    Aha, machen wir es denn anders? Vielleicht sollten beide Seiten mal mit etwas mehr Verständnis aufeinander zugehen. Und mit ein bißchen Interesse am Beruf des Anderen wird man auch in die Geheimnisse der Abkürzungswelt der Brandpatschen eingeweiht.
    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Rettungsdienstler sehr wohl Interessen an dem täglichen Geschehen in den Krankenhäusern haben. Wenn man mal während deren Fortbildungsstunden in den Krankenhäusern zusammengearbeitet hat, wird man feststellen, wieviel von den alltäglichen Patientenfällen in deren Köpfen gespeichert wird. Aber dazu muss man eben auch den Willen haben, hier mal etwas weitergeben zu wollen...

    Mir geht es hier nicht darum, recht zu haben, sondern einfach darum, dass es immer unglaublich einfach ist, über bestimmte Entscheidungen anderer Fachrichtungen zu urteilen, wenn man sich nicht mit der zweiten Seite der Medaille beschäftigt.

    gruesse, die niere
    Akzeptiert! Es ist nur müßig, wenn man sich für die andere Seite der Medaille interessiert, selbst aber feststellen muss, dass für die eigene Münze kein Verständnis vorliegt.
    I'm a very stable genius!



  5. #60
    -= Harnverhalter =- Avatar von Die Niere
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    Zitat Zitat von Brutus Beitrag anzeigen
    Akzeptiert! Es ist nur müßig, wenn man sich für die andere Seite der Medaille interessiert, selbst aber feststellen muss, dass für die eigene Münze kein Verständnis vorliegt.
    Einer muss ja anfangen
    “Don't waste your time on jealousy. Sometimes you're ahead, sometimes you're behind. The race is long, and in the end, it's only with yourself” - Mary Schmich (Chicago Tribune)



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