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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #6
    Kinder-Fraktion Avatar von THawk
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    Hey Nessiemoo,
    das ist eine der Gebiete in der Pädiatrie, in dem m.E. die größte Diskrepanz zwischen Leitlinie und klinischer Praxis existiert. Bei uns kam es auf den Assistenz-/Facharzt an, was der machen wollte.
    Wie du schon sagst, altes Verfahren war bei uns Blutabnehmen, dabei Flexüle legen und dann Tagesbedarf als Teilelektrolyt + 5% Glucose laufen lassen. Dazu trinken wie toleriert. Das wurde auch sehr von den Schwestern favorisiert. "Neues" Vorgehen: klinische Diagnose der Dehydration, zu verabreichendes Volumen für die nächsten 4h festlegen, das entweder in kleinen Mengen (und hier muss man die Eltern aufklären, dass das auch mal löffelweise alle 1-2min sein kann für den Anfang!) p.o. oder per NG-Sonde. Wenn nicht ausreichend toleriert, dann sekundär IV-Rehydrierung. Problem der Schwestern: Die Kinder (> 1 J.) tolerieren die Magensonde nicht. Wobei ich immer noch nicht verstehe wieso das bei i.v.-Zugang besser klappen soll... Bei PO/NGT braucht man kein Blut abnehmen!
    Aus meiner Sicht die häufigsten Missverständnisse bei dem Thema:
    Um den Schweregrad der Dehydrierung festzulegen brauche ich eine Blutabnahme -> falsch, Dehydrierung ist eine klinische Diagnose.
    i.v. ist schonender für das Kind als Magensonde -> die Flexüle wird vielleicht(!) besser toleriert, aber Länge des KH-Aufenthalts, Komplikationen, Todesfälle(!) sind seltener mit PO/MS.
    p.o. klappt doch eh nicht, dann muss ich das kind in 4h nochmal ärgern -> nur in 4% der Kinder war in Studien ein Umschwenken auf i.v. notwendig.

    Ein Problem ist, glaube ich, dass die wenigsten Kinderkliniken in Deutschland eine kurzstationäre Therapie machen können (4-5h um zu sehen, das es funktioniert, dann Entlassung nach Hause). Wie es hier in Kanada gehandhabt wird muss ich mal fragen. Ich muss ja zum Glück hier nicht im Emergency Department arbeiten
    "Wir hatten Zeit. Er, weil er alt, ich, weil ich jung war."
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  2. #7
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    Ja, das mit kurzstationär ist in der Tat problematisch in Deutschland.. Vielen Dank für die Erklärung!



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  3. #8
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    Zitat Zitat von THawk Beitrag anzeigen
    Um den Schweregrad der Dehydrierung festzulegen brauche ich eine Blutabnahme -> falsch, Dehydrierung ist eine klinische Diagnose.
    Wurde bei uns häufig gemacht, um die Schwere noch mit ner BGA einzuschätzen (Base Excess, pH, E-Lyte, Glucose).. Und: Kann ja immer mal auch n Diabetes dabei sein, oder? Sonst bitte um Aufklärung ;)



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  4. #9
    Kinder-Fraktion Avatar von THawk
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    Vorneweg gesagt: Ich rede hier von Dehydration bei infektiöser Gastroenteritis (dazu gibt es die Leitlinie, das ist der häufigste Fall in der Ambulanz). Wie gesagt - es wurde bei uns auch häufig so gemacht wie von dir beschrieben. Aber brauchst du es wirklich? Leitlinie sagt klar nein. Natürlich verändert sich die BGA mit zunehmender Dehydration, das wurde auch in Studien gezeigt. Kennst du aber eine Studie die dir zeigt, dass du damit die Kinder identifizieren kannst, bei denen eine p.o. Rehydrierung nicht funktioniert? Und wenn der AZ kacke ist nimmst du das Kind doch auch auf wenn der BE nur -3 ist, oder?
    Elektrolyte: Brauchst du nicht solange du nichts i.v. gibst. Wenn du mit i.v. anfängst, dann brauchst du auch deine Elektrolyte.
    Glukose: Okay. Wenn du den Verdacht auf die Diabetes Erstmanifestation hast solltest du den natürlich testen. Aber ein Diabetes manifestiert normalerweise nicht mit Durchfall.

    Was ich sagen will: Bei klassischer Anamnese für eine Gastroenteritis machen wir im Krankenhaus häufig eine Überdiagnostik. Vielleicht mögen sich aber auch die niedergelassenen Kinderärzte mal dazu äußern, wie die mit den Durchfall-Kindern umgehen (die haben ja i.d.R. kein BGA Gerät im nächsten Zimmer stehen).
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  5. #10
    Diamanten Mitglied Avatar von annekii
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    Hier eine Niedergelassene Ich handele aber an der Stelle auch nicht nach Leitlinie, vermute ich. Ich werde sie mir aber nochmal zu Gemüte führen und schauen, was ich abändern müsste/möchte.

    Meiner Erfahrung nach wird die orale Rehydratationslösung meist verweigert. Da ich die Kinder ja wieder heimschicke, habe ich keine Möglichkeit, das zu kontrollieren. Oft gebe ich Oralpädon oder Infectodiarrstop als einzelne Beutel mit und bestelle mir die Kinder kurzfristig wieder, nenne aber auch schon die Methoden ohne die Lösung. Ich behaupte, dass 90% das Zeug verweigern.
    Viel besser funktioniert meiner Meinung nach Tee mit Traubenzucker und Salzstangen. Davon trinken sie einfach mehr und dazu ein paar Salzstangen ist zwar keine bilanzierte Rehydratationslösung, aber es ist alles im Kind statt verweigert oder erbrochen. Dazu gibt es die Empfehlung, im Verlauf aber bald auch normale Lebensmittel zu geben, aber eher wenig Fett, Milch und Säure haltigen Sachen und konkrete Vorschläge, was man an richtigem Essen dann auch gleich wieder geben kann, z.B. Kartoffeln und Karotten, mageres Fleisch, wenn schon wieder Appetit da, geriebenen Apfel und "geklepperte" Banane. Da staune ich immer, dass die Eltern oft froh um die Vorschläge sind, weil sie das nicht wissen. Sind die Kinder mit Großeltern da, muss ich das nie erklären. Die wissen das alle. Das gilt alles nur für ausreichend guten AZ.

    Ist ein Kind schlecht dran, gebe ich meist Mengen an Rehydratationslösung/Flüssigkeit vor und bestelle kurzfristig wieder ein, z.B. auch abends, wenn ich ein Kind morgens gesehen habe oder halt am nächsten Tag gleich morgens. Antworten die Eltern nur mit "nimmt er mir sowieso nicht ab" oder "verweigert alles" oder wirken sie nicht zuverlässig, dann weise ich ein.

    In der Praxis eine Magensonde legen und es verabreichen wäre sicher möglich, aber bisher nicht getan.
    Ein Standpunkt ist kein Grund, sich nicht zu bewegen.



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