PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Opioidrotation



Seiten : [1] 2 3 4

Syringa
26.06.2018, 07:43
Moin,

ich brauch mal Hilfe. Ich betreue als Hausärztin folgenden Pat:

Alter Herr, > 80, übliche Multimorbität (VHF, NOAK, Hyperurikämie, kleinere Vitien, beginnende Demenz, Hypertonus, riesige eigentlich OP-pflichtige Hiatushernie), sehr schlank (ca 68 kg auf 178 cm) ist bei "Rückenschmerzen" zum Chirurgen marschiert und mit einem Buprenorphin-TTS zurück gekommen.

Im nativen Rö Osteochondrose. Auch unter Analgesie sehr starker Schmerz, im CT dann frische Fraktur LWK 4 ohne Hinterkantenbeteiligung. Buprenorphin von 5 µg schrittweise immer weiter gesteigert, jetzt 15 µg/h als TTS, ändert aber nichts an der Schmerzstärke.

Ich würde nun gern auf eine orale Gabe rotieren, weil ich denke, dass auch durch das fehlende Fett die Aufnahme bei TTS schlecht ist, und ich zudem eine Akutmedi brauche. Buprhenorphin hat s.l. ja eher einen langsamen Wirkeintritt?

NSAR verbieten sich, unter NVS Leukopenie mit Neutropenie (milde, aber ich habe abgesetzt).

Rotieren würde ich gern auf Oxycodon.In der Literatur finden sich nun verschiedene Berechnungen, die sich zum Teil um den Faktor 100 unterscheiden.

Hat jemand hier ein "Strickmuster" und vielleicht noch eine zündende Idee? Pat kommt vor Schmerz kaum aus dem Bett. (Korsett wird abgelehnt)

Danke für Input,

Gruß Syringa

Bille11
26.06.2018, 07:53
Wenn Oxycodon: Ich würde bei einer solchen Anamnese auf Targin 20/10 2x tgl gehen und kontrollieren, anpassen.
Man kann auch gut über 10/5 gehen und das dann nach oben drehen.

Aber warum nicht Hydromorphon?
Palladon 8mg (oder analog zu oben erst 4mg) 2x tgl als retard und dann dazu das akut Palladon 1,3mg (2,6mg gibt es auch, aber das wär doch etwas viel) als Bedarf bis zu mehrmals täglich..

Syringa
26.06.2018, 08:40
Wenn Oxycodon: Ich würde bei einer solchen Anamnese auf Targin 20/10 2x tgl gehen und kontrollieren, anpassen.
Man kann auch gut über 10/5 gehen und das dann nach oben drehen.

Aber warum nicht Hydromorphon?
Palladon 8mg (oder analog zu oben erst 4mg) 2x tgl als retard und dann dazu das akut Palladon 1,3mg (2,6mg gibt es auch, aber das wär doch etwas viel) als Bedarf bis zu mehrmals täglich..


Danke für Rückmeldung. Hydromophon geht natürlich auch, klar. Mit Oxycodon habe ich halt aus der Klinik die meiste Erfahrung, war dort Standard bei WK-Fraktur.

Und wie wechseln? 24 Stunden Pause? Oder direkt am Ende einer Pflasterphase? Die Kollegen in der Praxis sind da alle auch nicht ganz schlüssig, weil von uns niemand Buprenorphin TTS einsetzt.

*milkakuh*
26.06.2018, 09:21
Ich hatte gerade in der Uni Palliativmedizin und wir mussten u.a. Opioidrotationen machen. Hab das mal für das Beispiel ausgerechnet aber keine Gewähr. Sicherer ist es immer, das direkt in Opioidumrechnungstabellen nachzuschauen. Z.B. hier: wwwuser.gwdg.de/~pctgoe/Seiten/Publikation/Opioide%20Umrechnen.pdf (http://wwwuser.gwdg.de/~pctgoe/Seiten/Publikation/Opioide%20Umrechnen.pdf)

Aus der S3-Leitlinie Palliativmedizin (für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung):
Relatives analgetisches Verhältnis für den Opioid-Wechsel
Orales Morphin zu Buprenorphin TTS 75:1
Orales Morphin zu oralem Oxycodon 1,5:1
Orales Morphin zu oralem Hydromorphon 5:1

In diesem Fall:
Aktuelle Schmerzmedikation:
Brupenorphin TTS 15 µg/h
Opioidrotation:
Brupenorphin TTS: 15 µg/h * 24h = 360µg/d
Orales Morphin: 360 µg/d * 75 = 27.000 µg/d / 1000 = 27 mg/d
Und dann kann man es eben weiter umrechnen.

Beim Wechsel sollte man immer mit einer etwas geringeren Dosis anfangen und dann titrieren. Bedarfsmedikation wurde ja auch schon angesprochen.
Blöd, dass der Patient eine symptomatische Therapie ablehnt.

Edit: Vielleicht sollte man hier eher die LONTS-Leitlinie anwenden. Da hab ich aber keine Erfahrung und weiß nicht in wie weit sich die Empfehlungen dort unterscheiden.

Bille11
26.06.2018, 09:58
Ich wechsele so, dass ich halbdosiert am Ende des 2. Tag einsteige, dann Pflaster am 3. Tag abreisse (nach 2. Gabe), nach 12h dann schaue, ob halbdosiert reicht oder volldosiert sinnvoll ist. Das lässt sich aus dem Bedarf ermitteln. Aber ich bin halt im Luxus Intensivmedizin Sektor tätig.

Co-Therapeutika sind ja auch noch ein Faktor..

Relaxometrie
26.06.2018, 10:59
Co-Therapeutika sind ja auch noch ein Faktor..
Was kommt da in Frage, wenn NSAR und Novalgin nicht geht? Paracetamol gilt ja als nicht sonderlich wirksam. Also kein peripheres Analgetikum und auf Co-Analgetika (Pregabalin, Amitryptilin) setzen?

Brutus
26.06.2018, 16:00
Jetzt mal ganz doof gefragt: die Schmerzen hat er erst, seitdem er (warum eigentlich?) die LWK-Fraktur hat?
Was spräche denn dagegen, ihm eine Kyphoplastie anzubieten? Das geht auch in LA, stabilisiert den WK und wenn er Glück hat, ist er direkt nach der Intervention schmerzfrei. :-nix
Und braucht dann gar keine Opiate mehr. Was ja gerade im Alter bei erhöhter Sturzgefahr durchaus ein Bonuspunkt ist...
Zur Umrechnung kann man ganz gut Milkas Link (die Opioidrotationstabelle) nehmen. Einfach entsprechend umrechnen und um ca. 30-50% reduzieren. Und dann gucken. Bedarfsmedikation unbedingt aufschrieben (akut, unretard...).
Und anhand der Häufigkeit der Bedarfsanforderung kann man dann ja auch die Basis anpassen. :-nix

Rettungshase
26.06.2018, 16:48
Was spricht gegen Paracetamol als Nicht-Opioid-Analgetikum?

Moorhühnchen
26.06.2018, 17:03
Was spricht gegen Paracetamol als Nicht-Opioid-Analgetikum?Die fehlende Wirkung! :-oopss

Miss_H
26.06.2018, 17:58
Die fehlende Wirkung! :-oopss
Laut dem Schmerzmediziner meiner Uni muss man es nur richtig dosieren, dann hilft es auch.

Brutus
26.06.2018, 18:33
^^ Tja, das Problem ist, dass dann die Leber ganz schnell die Grätsche macht.
Perfalgan i.v. 1g als wirkliche Kurzinfusion mag bei manchen Indikationen durchaus eine "gewisse" Berechtigung haben, ansonsten stimme ich immer noch dem Kollegen aus Witten zu, der in seinem AWR einen Flyer hängen hat:

Paracetamol als Schmerztherapie ist unterlassene ärztliche Hilfeleistung.
;-) :-))

juke5489
26.06.2018, 19:49
ich persönlich habe bei unserem patientenklientel die erfahrung gemacht, dass bei reinen weichteileingriffen gerade postoperativ perfalgan i.v. als KI ne dufte sache ist, sofern die leber in ordnung ist (in unserem bundesland leider nicht die regel).
bei allem, wo auch "knochen" oder "gelenkschmerz" mit dabei ist kann man es vergessen...

gibt es sonst nur bei schwangeren...

Rettungshase
26.06.2018, 20:11
Der Leiter der Schmerzmedizin meiner alten Uni hat Paracetamol z.B. immer gern gegeben, wenn sich sonstige nicht-Opioid-Analgetika ausgeschlossen haben. Bei den Patienten hat es oft gut geholfen, wenn man synergistisch mit Opioid-Anagletika gearbeitet hat (entsprechend auch dem WHO-Stufenschema).

ArakiAraki
26.06.2018, 20:28
Hab' mich jetzt extra nur hier angemeldet weil ich den Beitrag hier gelesen habe. Sorry aber, ich würde den Pat. euren Orthopäden/Unfallchirurgen vorstellen bzgl. Kyphoplastie. Eingriff dauer 20 min und bringt sofortige Schmerzlinderung.

ArakiAraki
26.06.2018, 20:37
Mit nem gebrochenen Arm würde man ja auch nicht groß über analgetika philosophieren sonder ne schiene dran machen... wobei interisten wahrscheinlich schon :-D

Evil
26.06.2018, 20:54
Was spräche denn dagegen, ihm eine Kyphoplastie anzubieten? Das geht auch in LA, stabilisiert den WK und wenn er Glück hat, ist er direkt nach der Intervention schmerzfrei. :-nix
Und dann hat er 3 Tage später den Wirbel über und unter dem zementierten auch noch mit Deckplattenimpressionen versehen, weil die dem Druck nicht standhalten.... bei einem Patienten, der als "sehr schlank" beschrieben ist, wette ich auf eine beginnende Kachexie und Osteoporose, insbesondere bei großer vorbestehender Hiatushernie.



Mit nem gebrochenen Arm würde man ja auch nicht groß über analgetika philosophieren sonder ne schiene dran machen... wobei interisten wahrscheinlich schon :-DDu gehörst wahrscheinlich auch zu den Helden, die einen osteolytischen Knochen wie im Baumarkt bearbeiten, stimmt`s? There`s a fracture, I need to fix it :-D

Syringa
26.06.2018, 21:07
Jetzt mal ganz doof gefragt: die Schmerzen hat er erst, seitdem er (warum eigentlich?) die LWK-Fraktur hat?
Was spräche denn dagegen, ihm eine Kyphoplastie anzubieten? Das geht auch in LA, stabilisiert den WK und wenn er Glück hat, ist er direkt nach der Intervention schmerzfrei. :-nix
Und braucht dann gar keine Opiate mehr. Was ja gerade im Alter bei erhöhter Sturzgefahr durchaus ein Bonuspunkt ist...
Zur Umrechnung kann man ganz gut Milkas Link (die Opioidrotationstabelle) nehmen. Einfach entsprechend umrechnen und um ca. 30-50% reduzieren. Und dann gucken. Bedarfsmedikation unbedingt aufschrieben (akut, unretard...).
Und anhand der Häufigkeit der Bedarfsanforderung kann man dann ja auch die Basis anpassen. :-nix

Er hat seine deutlich korpulentere Frau (> 100 kg) vom Fußboden versucht hochzuheben (diese war gestürzt) , dabei wohl. Direkt danach starker Schmerz.

Verzögert dann alles, weil er sich zum Chirurgen hat fahren lassen und uns hausärztlich primär gar nicht kontaktiert hat. Dort zwar konventionelles Rö, hier aber Fraktur wohl nicht (ich hab das Bild nicht gesehen) erkennbar und dort dann wegen Osteochondrose mit dem Pflaster versorgt. Außer Schmerztherapie sei nichts möglich, war dort wohl gesagt worden. Hat sich dann bei anhaltenden Schmerzen aber weder dort noch hausärztlich bei uns erneut vorgestellt.

Vorstellung dann erst im Verlauf bei mir in der Sprechstunde, nach Anamnese und weil der Schmerz dem - vom Pat gewohnten- Rückenschmerz so gar nicht entsprach zum CT geschickt. Erst dann Diagnose der WK-Fraktur.

Ich hatte heute im Hausbesuch aber noch einmal ein langes Gespräch und hab die Kyphoplastie noch einmal erläutert (war initial für den Pat keine Option, weil Krankenhaus...). Ich hoffe, das klappt, dauerhaft Opiate würde ich nach Möglichkeit nämlich auch gern vermeiden.

Syringa
26.06.2018, 21:11
Und dann hat er 3 Tage später den Wirbel über und unter dem zementierten auch noch mit Deckplattenimpressionen versehen, weil die dem Druck nicht standhalten.... bei einem Patienten, der als "sehr schlank" beschrieben ist, wette ich auf eine beginnende Kachexie und Osteoporose, insbesondere bei großer vorbestehender Hiatushernie.




Durchaus möglich, da seit Jahren dauerhaft PPI (ich betreue erst seit 2017). Er will die Hernie aber nicht operieren lassen, auch da muss man nämlich ins Krankenhaus....;-)))

Er stellt sich zumindest den Neurochirurgen jetzt einmal vor- Optionen erörtern. zur Zeit nämlich fast dauerhaft im Bett liegend, weil dann der Schmerzlevel erträglich ist. Auch keine Option für länger.

Syringa
26.06.2018, 21:13
Ich wechsele so, dass ich halbdosiert am Ende des 2. Tag einsteige, dann Pflaster am 3. Tag abreisse (nach 2. Gabe), nach 12h dann schaue, ob halbdosiert reicht oder volldosiert sinnvoll ist. Das lässt sich aus dem Bedarf ermitteln. Aber ich bin halt im Luxus Intensivmedizin Sektor tätig.

Co-Therapeutika sind ja auch noch ein Faktor..

Danke dir.

PCM wäre das einzige noch mögliche als Analgetikum, sehe ich etwas kritisch.

Syringa
26.06.2018, 21:16
Hab' mich jetzt extra nur hier angemeldet weil ich den Beitrag hier gelesen habe. Sorry aber, ich würde den Pat. euren Orthopäden/Unfallchirurgen vorstellen bzgl. Kyphoplastie. Eingriff dauer 20 min und bringt sofortige Schmerzlinderung.

Jepp, klar. Ich bin aber hausärztlich tätig, ambulant. Der Pat. will nicht ins Krankenhaus. Und der Einwurf von Evil will sicher auch bedacht sein.
Und chirurgisch hatte sich der Pat. initial bereits vorgestellt. ;-)