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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Blutdruck palpatorisch richtig messen



Aoiyuki
07.07.2018, 22:08
Hallo zusammen!

Ich hätte mal eine Frage zum Blutdruckmessen:
Ich habe bisher immer auskultatorisch gemacht. Allerdings interessiere ich mich sehr für den Rettungsdienst und da sollte man auch gut palpatorisch messen.
Beim auskultatorischen Messen habe ich es bisher so gemacht, dass ich den Puls gefühlt habe, und so lange gepumpt habe, bis ich ihn nicht mehr gespürt habe. Dann noch etwas weiter aufgepumpt und dann abgelassen, bis die Geräusche da waren.
Beim Palpatorischen kann man ja nur den systolischen Wert messen. Auch hier würde ich genauso vorgehen, nur beim Ablassen der Manschette schauen, bis ich den ersten Pulsschlag wieder fühlen kann.
Jetzt meine Frage: Kann man den letzte Schritt auslassen? Also würde denn nicht theoretisch auch reichen, so weit zu pumpen, bis der Puls nicht mehr tastbar ist und das ist dann mein systolischer Wert? Also ohne noch den Puls wieder zu tasten. Oder zu großer Messfehler? Ich finde es auch irgendwie schwierig, palpatorisch und auskultatorisch zusammen zu machen - vom "Handling" her.

Vielen lieben Dank schon mal für die Antworten!

LG

Heerestorte
07.07.2018, 22:56
Sollte man das? Ich habe lange im Rettungsdienst gearbeitet und kein einziges Mal überhaupt manuell gemessen (außer in der Ausbildung).

Aoiyuki
07.07.2018, 22:57
Sollte man das? Ich habe lange im Rettungsdienst gearbeitet und kein einziges Mal überhaupt manuell gemessen (außer in der Ausbildung).

Messt ihr nur mit Automatik?

Feuerblick
07.07.2018, 22:59
Im Rettungsdienst misst du nicht parallel auskultatorisch UND palpatorisch. Du misst palpatorisch für den Überblick und wenn du nicht ausreichend gut hören würdest. Du misst auskultatorisch, wenn die Umgebung ruhig genug ist.
Nein, den letzten Schritt kannst du nicht auslassen, das ist zu ungenau, weil du mit dem Aufpumpen ja unter Umständen doch einiges an Luft auf einmal in die Manschette reinjagst, während du beim Ablassen, wenn du es richtig machst, wirklich nur kleine Schritte gehst.

P.S. Torte, wir haben immer nur manuell gemessen.

nie
07.07.2018, 23:20
Zu meinen Anfangszeiten wurde auch noch ausschließlich manuell gemessen. Aber seit der flächendeckenden Einführung des C3 wird eigentlich nur noch automatisch gemessen. Wir messen nur noch manuell wenn uns die automatische Messung irgendwie unrealistisch erscheint. Und dann direkt auskultatorisch damit man auch direkt einen anständigen Wert hat.

Ansonsten kann ich Feuerblicks Aussage nur unterschreiben. Palpatorische Messung nur um einen groben Überblick zu bekommen und dann auch inklusive Ablassen der Manschette. Alles andere ist zu ungenau.

Heerestorte
07.07.2018, 23:25
Ja, wir haben den Luxus, dass es bei uns schon seit 2010 überall das Corpuls C3 gab.

Espressa
07.07.2018, 23:29
Orientiert sich keiner von euch am Ausschlag der Nadel? Finde da kann man den Wert auch ganz gut “sehen”, tendenziell etwas höher als tatsächlich hörbares Korotkoff-Geräusch.

Differenzialdiagnose
08.07.2018, 00:28
Orientiert sich keiner von euch am Ausschlag der Nadel? Finde da kann man den Wert auch ganz gut “sehen”, tendenziell etwas höher als tatsächlich hörbares Korotkoff-Geräusch.

Habe ich auch gerade gedacht. Palpatorisch habe ich noch nie das Ergebnis gemessen. Nur halt eben palpiert wann der Puls weg war beim Aufpumpen. Ansonsten passt ja erfahrungsmäßig der Ausschlag der Nadel gut mit dem auskultierten Geräusch, wenn man nicht all zu schnell die Luft ablässt.

Feuerblick
08.07.2018, 06:05
Man kann sich auch am Nadelausschlag orientieren, aber auch das ist ungenau, weil man den nicht selten nicht oder zu spät erst sieht.

Espressa
08.07.2018, 08:41
Man kann sich auch am Nadelausschlag orientieren, aber auch das ist ungenau, weil man den nicht selten nicht oder zu spät erst sieht.

Ist das eine interindividuelle Sache? Ich messe ja praktisch ausschließlich meinen eigenen Blutdruck, bzw schaue gelegentlich zu wenn es ein anderer tut, und der nadelausschlag kommt immer vor dem Geräusch. Ich hab aber auch einen zackigen Puls, da muss man schon sehr flott ablassen um „den Anfang“ zu verpassen.

Feuerblick
08.07.2018, 09:45
Erfahrungsgemäß kann es durchaus auch so sein, dass du die Nadelbewegung beim Ablassen gar nicht siehst, weil sie sehr fein ist. Wenn du dir dann vorstellst, du sitzt nicht zuhause im Sessel oder in der Praxis ruhig auf einem Stuhl sondern misst den Druck bei unruhigen Verhältnissen „draußen“ oder gar im fahrenden RTW... Das ist dann halt nur noch mäßig sicher.

Aoiyuki
08.07.2018, 11:17
Danke für die Antworten!!

Alles klar, aber wäre es denn zumindest auf Station beispielsweise möglich, auskultatorisch und palpatorisch zu messen? Zum Beispiel höre ich da manchmal das Geräusch nicht. Wieso ist das eigentlich so, dass man das bei manchen Patienten nicht so gut hört?
Und würdet ihr sagen, dass man durch Übung einfach schneller wird? Und bei manchmal ist der Puls ja auch nicht so gut fühlbar...

Feuerblick
08.07.2018, 11:39
Wenn du das Geräusch nicht hörst, solltest du die Position des Stethoskop verändern. Eigentlich hört man es fast immer gut bis sehr gut. Wie du aber vernünftig palpatorisch und auskultatorisch gleichzeitig messen willst... hast du drei Hände?

WackenDoc
08.07.2018, 12:51
Auch wenn wir inzwischen gute Technik haben, die uns das Leben erleichtert (danke an meinen Chef, der der Verwaltung ein elektronisches RR-Gerät aus der Tasche geleiert hat), aber man sollte auch wissen, wie es anders geht.

Auskultatorisch ist eben immer noch am besten. Dabei geht es ja um die Korotkow-Geräusche- also Geräusche, die durch Verwirbelung auftreten und bei verwirbelungsfreiem Fluss wieder verschwinden. Der Ausschlag der Nadel kann ein weiterer Hinweis sein, ob man halbwegs richtig liegt, beruht aber halt auf einer anderen Methode (übertragung der Pulswelle auf die Luft im Messgerät. Manchmal kann man die Geräusche schlecht hören, manchmal sieht man kaum einen Ausschlag.

Palpatorisch ist eine eher ungenaue Methode, die aber für einen ersten Überblick z.B. im REttungsdienst reicht. Und wird halt genutzt wenn man zu laute Umgebungsgeräusche für eine auskultatorische Messung hat. Das Verschwinden des Pulses beim Aufpumpen ist ein erster Hinweis wo der Druck wohl liegt, die eigentliche MEssmethode ist aber das Tasten des Pulses beim langsamen Ablassen des Drucks aus der Manschette.

Dazu gibt es noch weitere Möglichkeiten, den Blutdruck einzuschätzen (hilft auch mal um Messfehler zu erkennen)- ich hab in einem Bereich ausgebildet, wo es keine Möglichkeit gab, ein Blutdruckmessgerät zu nutzen und für den ersten Eindruck beim Patienten hab ich das Gerät auch nicht unbedingt:

- Neurologischer Status: Ein Patient der munter mit mir spricht und adäquat kommuniziert, hat in der Regel einen Blutdruck, der mit dem Leben vereinbar ist. Ein eingetrübter Patient ohne erkennbare andere Ursache ist verdächtig, ein Blutdruckproblem zu haben (kennt jeder Rettungsdienstler von V.a. Apoplex ausm Altersheim im Sommer- Patient pfurztrocken, stehende Hautfalten und nach nem halben Liter Ringer ist das Problem behoben). Die Erholung des neurol. Status unter Flüssigkeitsgabe ist auch ein Hinweis darauf, dass der Blutdruck wieder in brauchbaren Bereichen ist.
- Radialispuls: Ein kräftiger, gut tastbarer Radialispuls (vor allem bei adäquatem Puls) ist schonmal ein gutes Zeichen.
- Rekapilarisierungszeit
- Wie fühlt sich die Haut an.

Und dann ist halt die Frage: Für welchen Zweck brauch ich die Messung und wie genau muss sie dafür sein.

Rettungshase
08.07.2018, 15:01
Mit meinem feinen Litt*ann konnte ich bei normalem RR sogar meistens auskultatorisch während der Fahrt im RTW messen.

Aoiyuki
09.07.2018, 16:31
Danke für die Antworten :) @WackenDoc danke für die Ausführlichkeit.
Und @Feuerblick also Stethoskop einfach nach lateral/medial verschieben? Und dachte das ginge irgendwie mit Handgriffen oder so, dass man das gleichzeitig machen kann.^^
Und zu dem Geräusch, ich hatte z.B. am Mittag & Abend den Blutdruck meiner Mutter gemessen. Stethoskop war eigtl. sowohl am Mittag als auch am Abend in der richtigen Position. Und am Abend habe ich die Geräusche viel stärker gehört. Am Mittag nur schwach.

WackenDoc
09.07.2018, 17:03
Ja, einfach ein bisschen nach links und rechts. Mit etwas Übung wird das besser. Wenn man gar nichts hört,mal schauen, ob das Stethoskop sich verdreht hat (je nach Modell kann man die Öffnung richtung Trichter oder Membran drehen und wenn man das falsch rum hat, hört man halt nix).