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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie rausfinden, ob Medizin das richtige für mich ist?



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piderman
16.07.2018, 14:57
Hi,
ich habe vor 4 Jahren Abi gemacht und studiere im Moment Jura (darum soll es aber nicht gehen). Seit Jahren denke ich immer mal wieder über das Medizinstudium nach und es deutet eben auch vieles darauf hin, dass es das richtige für mich sein könnte.

Daher habe ich auch letztes Jahr mal eine eintägige Hospitation in der Neurochirurgie gemacht.
Das Problem: ich fand zwar am Anfang alles noch "relativ" spannend und interessant, aber habe dann nach ein paar Stunden eher nur noch emotionslos zugeguckt. Danach war ich dann enttäuscht von dem geringen Erkenntnisgewinn. Aber ich konnte eben auch nur rumstehen und bei 2 OPs zugucken, bei denen nichts kommentiert wurde. Hätte man dabei irgendwie mehr "Faszination" verspüren müssen, wenn Medizin das richtige für einen ist?

Medizinische Literatur habe ich schon seeehr viel gelesen und mich in der Theorie damit zu befassen finde ich mega spannend. Ich frage mich eben nur, ob der Berufsalltag ähnlich interessant ist (und habe da leider eher Zweifel dran).

Was würdet ihr sagen, wie ich am besten rausfinden kann, ob Medizin das richtige für mich ist? Eine längere Hospitation machen, bei der ich auch bei Visiten mitlaufen darf und eventuell mehr gezeigt und erklärt bekomme? Wenn ja: eignen sich manche Fächer dafür besser als andere? Eher was nicht-operatives?

Danke im Voraus!

Choranaptyxis
16.07.2018, 15:06
Ggf mal nen Monat Krankenpflegepraktikum machen, brauchst nämlich fürs Studium dann eh 3 Monate, da sieht man schon einmal mehr den Klinikalltag, wenn auch viel aus pflegerischer Sicht, und evtl ne Hospitation z.B. für eine Woche auf einer Statio im ärztlichen Bereich.
Und wenn der Berufsalltag so mit Patienten für einen nichts ist, es gibt ja auch patientenferne Bereiche in der Medizin bzw ohne großen Kontakt.

Solara
16.07.2018, 16:40
Warum denkst du Jura ist nichts für dich, Medizin aber schon?

Feuerblick
16.07.2018, 16:47
Neurochirurgie und zugehörige OPs halte ich jetzt auch nicht für das geeignetste Fach, wenn man herausfinden möchte, ob die Medizin etwas für einen ist. Dann doch eher normale Stations-/Ambulanz-/Praxisarbeit.

flopipop
22.07.2018, 16:04
Hätte man dabei irgendwie mehr "Faszination" verspüren müssen, wenn Medizin das richtige für einen ist?


definitiv nicht, der medizinische alltag besteht aus routine und ist genauso öde, wie der eines beliebigen anderen berufes....

piderman
25.09.2018, 23:02
Ich möchte das nun endgültig mal in Angriff nehmen, habe gerade 3 Tage pro Woche (ein paar Wochen sogar die ganze Woche) Zeit und würde gerne in den nächsten Monaten so klar wie möglich rausfinden, ob Medizin das richtige für mich ist.

Deswegen wäre es vielleicht sinnvoll, mehrere Bereiche abzudecken, mich dabei aber diesmal eher auf repräsentativere Fächer zu konzentrieren und nur einen Tag zB mal in was Operatives reinzuschauen. Eventuell auch mal sowas wie Patho, Labormed, Radio.

Ich muss mich natürlich sowieso danach richten, was ich bekommen kann, aber was denkt ihr, welche Fächer sich für eine längere Hospitation am besten eignen um herauszufinden, ob Medizin das richtige für mich sein könnte?

Oops!
26.09.2018, 01:01
Spontan: Allgemeinmedizin, also beim Hausarzt, wenn du dort Praktikum machen kannst.
Allgemeinmedizin ist sicher eins der Basis-Fächer der Medizin.
Du siehst von vielen Erkrankungsbildern mal was, vieles vermutlich trivial, manches vielleicht spannender.

Wenn du dabei sein darfst, siehst du grundsätzliches ärztliches Handwerkszeug wie Anamnese, Vitalparameter erheben, Blutentnahmen etc.

Chirurgische Fächer kannst du dir auch gut im Netz angucken - ist zwar nicht das Gleiche wie vor Ort im OP, aber du siehst wenigstens was.

Bei Medizin geht es auch nicht ums Spannende.
Es geht um den menschlichen Körper - der für sich betrachtet sehr spannend ist.
Und es geht um den Menschen in diesem Körper, um seine Krankheit, um Heilung - wenn möglich.
Also um „Zustandsoptimierungen“.

Ich finde Neurochirurgie ziemlich genial. Jemand mit schwerwiegenden Symptomen erlebt (hoffentlich) nach dem Eingriff eine schnelle, deutliche Besserung - das gilt allerdings auch für andere chirurgische Fächer.

Und ehrlich gesagt, finde ich eine schnöde Appendektomie („Blinddarmentfernung“) ziemlich spannend. Ich könnte sie nämlich nicht mal eben so durchführen, auch wenn ich den theoretischen Ablauf laparoskopisch und konventionell-offen beschreiben kann.

Ruf mal die Pflegedirektion des Krankenhauses an und schilder dein Anliegen. Es gibt Praktika zur Berufsorientierung.
Die werden dir sicher gern weiterhelfen.

Sonst fällt mir noch Rettungsdienst ein, wobei ich nicht weiß, wie dort Praktika möglich sind.
Allerdings ist die Spannweite an Einsatzanlässen sehr breit.

Was ist denn deine Motivation, Humanmedizin zu studieren?

davo
26.09.2018, 07:50
Patho und Labormedizin sind IMHO viel zu speziell. Erstens ohne Vorwissen völlig unverständlich, zweitens auch inhaltlich recht speziell. Radio ist für einen Laien IMHO eher zugänglich, aber wahrscheinlich auch nicht besonders spannend.

Ich würde eher Fächer wie Allgemeinmedizin, Allgemein-/Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie oder Kardiologie nehmen. Je 3 Tage und du bekommst in nur 2,5 bis 4 Wochen einen guten ersten Einblick. Achte darauf, in den operativen Fächern nicht nur die ganze Zeit in den Op zu gehen sondern auch was von Aufnahme, Op-/Radio-Besprechung und Station mitzubekommen.

kartoffelbrei
26.09.2018, 08:11
Und ich würde empfehlen, dass Ganze nicht über die Pflegedirektion zu organisieren, sondern über die Chefarztsekreteriate der Abteilungen, die dich interessieren. Du willst ja bei den Ärzten mitlaufen, nicht bei den Pflegekräften.

Echinococcus
26.09.2018, 09:35
Patho und Labormedizin sind IMHO viel zu speziell. Erstens ohne Vorwissen völlig unverständlich, zweitens auch inhaltlich recht speziell. Radio ist für einen Laien IMHO eher zugänglich, aber wahrscheinlich auch nicht besonders spannend.

Ich würde eher Fächer wie Allgemeinmedizin, Allgemein-/Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie oder Kardiologie nehmen. Je 3 Tage und du bekommst in nur 2,5 bis 4 Wochen einen guten ersten Einblick. Achte darauf, in den operativen Fächern nicht nur die ganze Zeit in den Op zu gehen sondern auch was von Aufnahme, Op-/Radio-Besprechung und Station mitzubekommen.

Ich stimme dir dahingehend zu, dass man auf jeden Fall zuerst einen Einblick in die "traditionellen" Disziplinen kriegen sollte, um die man ja eh nicht drum herumkommt. Trotzdem denke ich, dass es tatsächlich den Typ Mensch gibt der speziell für sich weiß:
"Ich werde Laborarzt". Deshalb ist so ein reinschnuppern in die Labordisziplinen eigentlich eine ganz gute Idee.

easy-bisy
26.09.2018, 09:52
Das schöne an Medizin ist ja nicht der Arbeitsalltag. Es geht darum, sich mit komplexen Problemen auseinanderzusetzen und täglich sein Wissen anzuwenden. Intersse an Krankheiten, Biologie, Physik oder Chemie sind sicherlich vorteilhaft. Chirurgische Fächer sind teilweise auch handwerklich anspruchsvoll.
Wenn dich Medizin interessiert, bist du nach dem Studium aber gar nicht an einen Job als Arzt gebunden. Es gibt viele Bereiche, für die du dich damit qualifizierst.
Ohne eine gewisse Motivation und einen inneren Wunsch Arzt zu werden wird das Studium, insbesondere am Anfang, sicherlich nicht befriedigender als das Jura-Studium.

Oops!
26.09.2018, 13:40
Und ich würde empfehlen, dass Ganze nicht über die Pflegedirektion zu organisieren, sondern über die Chefarztsekreteriate der Abteilungen, die dich interessieren. Du willst ja bei den Ärzten mitlaufen, nicht bei den Pflegekräften.

Stimmt - es kam nur vorher der Tipp, er könne ja das Pflegepraktikum schon machen.

flopipop
26.09.2018, 14:46
und am besten in irgendeiner weise erfahrungen mit nachtdiensten sammeln, diese werden nämlich in den jungen jahren oft unterschätzt

nie
26.09.2018, 14:53
und am besten in irgendeiner weise erfahrungen mit nachtdiensten sammeln, diese werden nämlich in den jungen jahren oft unterschätzt

wobei die in jungen Jahren auch unterschätzt werden wenn man sie tatsächlich macht. Ich hab hunderte Nachtdienste gemacht in den letzten Jahren und hab die bisher immer locker weggesteckt. Würde ich davon ausgehen, dann sind Nachtdienste locker und easy und machen mir absolut nix. Aber sowas wird halt erst mit der Zeit anstrengend.

Oops!
26.09.2018, 15:57
wobei die in jungen Jahren auch unterschätzt werden wenn man sie tatsächlich macht. Ich hab hunderte Nachtdienste gemacht in den letzten Jahren und hab die bisher immer locker weggesteckt. Würde ich davon ausgehen, dann sind Nachtdienste locker und easy und machen mir absolut nix. Aber sowas wird halt erst mit der Zeit anstrengend.

Stimme @nie zu.
Ich kenne Nachtschichten - früher war es einfacher ;-) (sprach die Oma und zupfte die Wolldecke zurecht :D)
Einziger kleiner Vorteil: ich arbeite wirklich sehr gern nachts.
Dabei fällt mir ein, ich brauch unbedingt noch eine neue Brille. Kontaktlinsen, müde Augen, Klimaanlage, Nachtschicht = doofe Kombi.

flopipop
26.09.2018, 16:08
ja, mit 23 denkt man als regelmässig feiernder mensch, dass durchgemachte nächte immer leicht wegzustecken sein werden, dem ist aber nicht so und man sollte diesen aspekt bei der berufswahl berücksichtigen. generell würde ich dem threadersteller empfehlen, weniger auf faszination ( ok, ein bisschen muss sein, aber der arztberuf ist nunmal nicht so faszinierend, wie in den reportagen dargestellt), sondern auf eigene interessen und rationale überlegungen zu setzen. jura und medizin sind ja 2 grundlegend verschiede berufe, einzige gemeinsamkeit ist die soziale anerkennung. ich würde an seiner stelle an x beliebiger station, am besten innere oder chirurgie, hospitieren und den alltag mit all den vor - und nachteilen mitzuerleben.

Oops!
26.09.2018, 17:55
Ich würde die Entscheidung für oder gegen einen Beruf gar nicht zu sehr anhand der Nachtschichtfrage festmachen.
Es gibt unzählige Berufe, die mit Schichtdiensten, Wochenend- und Feiertagsdiensten, Bereitschaft, Überstunden und Dienst zu ungünstigen Zeiten einhergehen.

Selbstverständlich werden solche Schichten mit den Jahren immer anstrengender.
Wenn dann noch die - vielleicht jetzt noch nicht geplante - eigene kleine Familie hinzukommt, wird es eng.
Es gibt allerdings auch Ärzte, die irgendwann keinen Schichtdienst mehr machen (Niederlassung).

Ich würde eher darauf achten, ob der TE mit Menschen und allem, was zum Menschsein dazugehört, umgehen kann.
Bist du in der Lage, mit Ausscheidungen, Blut und Ausdünstungen zurecht zu kommen?
Kannst du situationsabhängig und adressatenadäquat kommunizieren? Fasst du Menschen an oder ist die Vorstellung für dich ein Alptraum?
Natürlich kann der TE später in Patho oder Labor abseits von Patienten arbeiten, allerdings ist die Zeit bis dahin sehr lang.

Jura ist sehr weit weg von allem, was irgendwie „Igitt“ ist.
Sauberes Papier, saubere Hände, Mandanten und Kollegen auf Sicherheitsabstand, vieles passiert oft genug schriftlich.
Und es gibt schön viel Zeit, um am runden Tisch eine weitere Stunde einen Meinungsstreit auszutragen.
Medizin ist da eher nicht so ;-)

Neben dem Praktikum würde ich ihm eine Pro-Contra-Liste empfehlen.

Die Faszination für den menschlichen Körper sollte schon soweit vorhanden sein, dass er verstehen will, warum was wie funktioniert - und wenn nicht, warum nicht und wie wir es beheben können.
Sonst wird es zäh in der Vorklinik.
Und im Zweifel auch in der Klinik - denn eins sollte dem TE auch klar sein: in der Spezialisierung siehst du immer wieder dieselben Erkrankungsbilder, vielleicht mit abweichenden Komorbiditäten, allerdings bleibt es dabei: du siehst und machst täglich das gleiche.
Wie in jedem anderen Beruf auch.

Es ist ein gesellschaftlich angesehener, unromantischer, anstrengender, stressiger Beruf - aber ich könnte mir keinen schöneren vorstellen, den ich anstrebe.

kartoffelbrei
27.09.2018, 10:49
Am meisten ekelt es mich in meinem Beruf, wenn ich mal wieder das alte, Dreckwasser-gefüllte Geschirr aus der Spüle räume, weil manche Kollegen nicht in der Lage sind, es direkt in den Geschirrspüler zu stellen... Die Patienten sind okay... :D

MyStoryInCambridge
27.09.2018, 15:13
Vielleicht ist das ein Ansporn ;) Wenn du clever studierst und den richtigen Weg gehst wirst du eine Menge Geld verdienen können :)

Rhiannon
28.09.2018, 10:50
Vielleicht ist das ein Ansporn ;) Wenn du clever studierst und den richtigen Weg gehst wirst du eine Menge Geld verdienen können :)

Dafür könnte der TE aber auch bei Jura bleiben..... Geld gibts da auch zu verdienen.