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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Berufseinstieg nach 3 Jahren Pause: Vorgehen?



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Borisdiekatze
17.07.2018, 00:40
Hallo :)

nach meinem Examen 2016 habe ich zunächst in einem gänzlich fachfremden Bereich gearbeitet (das Projekt hatte mich interessiert und es bot mir die Möglichkeit, nebenbei noch ein "Hobby"-Studium zu betreiben). Für Ende diesen Jahres (also nach knapp 3 Jahren) möchte ich mich auf Assistenzarztstellen bewerben. Ich hatte ursprünglich überlegt, mich schlicht direkt zu bewerben, die Theorie bis dahin wieder aufzufrischen (bin ich bei) und für die Praxis ein zweiwöchiges Praktikum zu suchen. Und ich dachte auch erst - etwas blauäugig -, dass die Lücke nicht so tragisch ist, weil Ärztemangel herrscht und ich im PJ auch nicht wirklich viel Praktisches gelernt habe ... Allerdings fürchte ich inzwischen, insbesondere nach einem Gespräch mit dem Arbeitsamt, das sich recht pessimistisch geäußert hat, dass ich bei der Vorgeschichte evtl. gar keine Stelle finden werde. Ich habe jetzt von "Wiedereinsteigerseminaren" gelesen und z.B. auch schon daran gedacht (leider gibt es die nur anscheinend nicht in meiner Nähe). Hat jemand evtl. ein ähnliches Problem und kann etwas dazu schreiben? Oder kennt jemand Bewerber, die solche Lücken hatten, und kann etwas dazu sagen, wie die Chancen aussehen bzw. was man zur Verbesserung derselben empfehlen kann?

(Ich bin mir fast sicher, dass ich schon einmal so einen Thread gestartet habe, ist aber nicht mehr auffindbar)

Viele Grüße und danke für Antworten!
Borisdiekatze

anignu
17.07.2018, 01:42
Meinst du diesen Thread? http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?99401-Buchempfehlung-Neurologie-Dermatologie-Rheumatologie

Ich seh das ehrlich gesagt nicht so kritisch. Wenn ich mir überlege wie wenig Ahnung ich von irgendwas hatte als ich begonnen hab zu Arbeiten. Da steht man plötzlich da und soll Dinge wie "Schlafbedarf" anordnen, hat aber im Studium nur die verschiedenen Stoffgruppen und Medikamente gelernt. Aber eigentlich nie wie man sie so anwendet. Mein Einstieg kam mir vor wie ein Sprung ins kalte Wasser und das war direkt nach dem Studium. So viel wird sich da nicht geändert haben...

Ob du eine Stelle bekommst hängt völlig vom Fach und der Nachfrage ab. Dein Deutsch wirkt flüssig und du schreibst keinen völligen Blödsinn -> die Stelle bei uns hättest du, wir suchen eh grad! Ist halt Chirurgie. Will halt gefühlt keiner machen.

Pflaume
17.07.2018, 07:45
Das Arbeitsamt? Das Arbeitsamt hat nicht die geringste Ahnung vom Markt für Mediziner. Die haben auch überhaupt keine Ahnung von Qualifikations-Anforderungen oder ähnlichem.

Nur weil du 3 Jahre nach dem Examen was anderes gemacht hast, wird deine Stellensuche nicht unmöglich und meiner Meinung nach nicht mal wesentlich erschwert. Dein Wunschfach Dermatologie ist tatsächlich für jeden schwierig. Kannst du höchstens probieren und schauen, was dabei raus kommt. Gegebenenfalls versuchen, in der Richung Kontakte zu knüpfen. Erst mal in einer Dermatologie-Praxis anfangen. Solche Dinge.

In der Inneren wird es kein Problem sein, eine Stelle zu finden. Zweiwöchiges Praktikum halte ich ehrlich gesagt für vollkommenen Quatsch. Da nimmst du nicht viel draus mit. Es gibt genug Leute, die nach dem Examen erst mal eine Weile gar nix machen. Es gibt genug Leute, die Sprachschwierigkeiten haben und ohne Probleme eine Stelle finden. Es werden in mittelgroßen Kliniken in mittelgroßen Städten Leute in der Inneren eingestellt, die gebrochen Deutsch sprechen und noch nicht mal Blut abnehmen oder eine Braunüle legen können. Verkauf dich nicht unter deinem Wert. Schreibe dir eine gute Bewerbung zusammen, lass dich ggf. (wenn du es nötig findest) wegen deines speziellen Lebenslaufs von einem Bewerbungscoach beraten. Kostet ca. 100 bis 150 Euro und kannst du von der Steuer absetzen. Finde ich für eine Bewerbung im Krankenhaus aber rausgeschmissenes Geld. Dann such dir aus, wo du arbeiten möchtest. Du wirst dich in der Inneren vor Angeboten kaum retten können und selbst in Städten wie Hamburg oder Stuttgart eine Stelle finden (Berlin und München schwierig).

Stell dich darauf ein, dass es krass stressig wird. Aber es wird nicht weniger krass stressig, wenn du vorher versuchst, 2 Wochen Praktikum zu machen oder dir irgendwelche Sachen wieder anzulesen. Lies dir die Reanimations-Empfehlungen durch, falls in deiner ersten Stunde auf Station einer umkippt. Den Rest merkst du dann, wenn du arbeitest. Wenn du unbedingt willst, hol das Fallbuch Innere aus deiner Examenszeit nochmal raus und geh das durch. Aber deine Probleme beim Einstieg werden nicht Wissensprobleme sein, sondern praktische Dinge wie anignu es beschreibt. Nachtmedikation anordnen, Visite organisieren und sich nicht von Patienten ablenken lassen, Angehörigengespräche und Aufklärungen effizient organisieren, Arztbriefe schreiben (!), lauter so Zeugs. Einfach anfangen zu machen und sich darüber klar sein, dass man ein dickes Fell braucht.

Du machst dir selbst zu viel Angst.

vanilleeis
17.07.2018, 12:32
Es gibt Refresher-Kurse, z.B. von der KV-WL, zumindest in der Theorie. Praktisch finden sich meist nicht genügend Mitinteressenten, zumal die Gebühren echt happig sind.
Du wirst keine Probleme haben, eine Stelle zu finden, wenn Du einigermaßen flexibel bist.

med_in_1
17.07.2018, 16:40
Ich würde einen Berufsstart nach 3 Jahren Erfahrung in einem anderen Bereich auch eher entspannt sehen - so oder so bist du für einen Chef ersteinmal Berufsanfängerin. Ich würde mir zunächst ein etwas kleineres Haus außerhalb der meist überlaufenen Großstädte suchen.
Vornweg würde ich z.B. so einen Kurs machen: https://www.bdi.de/fortbildung/veranstaltungsuebersicht/bdi-fortbildungen/?tx_mksbdikongresse_pi1[showUid]=10228

Ebenso würde ich ein UpDate oder einen Refresherkurs machen - in der Inneren Medizin z.B. Intensivkurs bei der DGIM: https://www.dgim.de/fortbildung/veranstaltungskalender/

Ich habe ja immer den Eindruck gehabt, dass Vorstellungsgespräche keine mündlichen Staatsexamen sind, sondern es geht ja darum dich als Mensch kennenzulernen. Ob wirklich jeder Chef deine Unterlagen gelesen hat, wage ich einmal zu bezweifeln - hier kann man ja Berufserfahrung gut unterbringen - kommt dann eine Frage zum Abstand des Studiums zum Arbeitsbeginn kann man mit einem o.g. Kurs (v.a. Update) gut punkten... Letztlich würde es mir als Chef eh darum gehen einen guten Teamplayer zu finden, der mich entlastet, auf den ich mich verlassen kann.

Thema Arbeitsamt: unverständlich - gerade bei anderen Akademikern wird ja ein "langweiliger" Lebenslauf (d.h. geradlinig) oft als Nachteil gewertet - der Ärztearbeitsmarkt im ganzen ist sicher entspannt - aber auch hier gilt Angebot und Nachfrage - in einer großen Universitätsstadt hat man es sicher schwerer als auf dem Land - und natürlich entscheidet auch das Fach...

escitalopram
17.07.2018, 16:57
In meinem PJ-Krankenhaus hättest du ebenso sofort eine Stelle in der Inneren. Die meisten Assistenten sprechen nur gebrochenes Deutsch... Frage ich mich echt, wie sie das machen, wenn ihr von ähnlichen Erfahrungen in verschiedenen Kliniken berichtet.

WackenDoc
17.07.2018, 17:27
An sich wird man sich die Kurse sparen können. Einfach mal die aktuellen Leitlinien des Fachgebiets reinziehen.

Borisdiekatze
17.07.2018, 20:06
Danke! Das ist wirklich aufbauend :) Frage mich nur, wie die Patienten diese Zustände überleben :D Dann mach ich das mal mit den Leitlinien und bewerbe mich. Chirurgie ist nichts für mich, ich war schon beim Haken-Halten nicht gut. Aber mit Innerer wollte ich jetzt anfangen, erstmal egal was. Hautpsache ich habe dann Berufserfahrung. Und Facharzt Allgemeinmedizin ist eigtl. auch ein nettes Ziel. Dermatologie kann ich dann immer noch als Steckenpferd pflegen in dem Job.

Pflaume
17.07.2018, 21:51
Die Patienten überleben die Zustände (meistens), weil es außer dir auch noch Oberärzte und andere Kollegen gibt, die die Patienten mitbehandeln und mitentscheiden. Und weil du wahrscheinlich mehr weißt als dir klar ist.

Abgesehen davon kannst du getrost davon ausgehen, dass deine Oberärzte schon mehr Anfänger als dich erlebt haben und einiges gewohnt sind.

Trotzdem wird der Einstieg eine kalte Dusche. Mit oder ohne Leitlinien. Ich persönlich wüßte übrigens nicht mal, welche Leitlinien ich mir vor einem Beginn in der Inneren durchlesen sollte. Am Anfang sind die Probleme doch ganz andere als ob man die leitliniengerechte Therapie des Myokardinfarkts in allen Details kennt. In jedem Haus gibt es bestimmte Standards bei der Therapie eines Harnwegsinfekts usw., und die kriegt man sehr schnell mit. Wichtig ist ein schönes kleines Heftchen, in das man sich solche Dinge dann reinschreibt ;)

Das Entscheidende ist aus meiner Sicht, dass du dich traust, anzufangen zu arbeiten. Und dann nicht gleich aufgibst, weil es schwer wird.

Kackbratze
17.07.2018, 22:01
insbesondere nach einem Gespräch mit dem Arbeitsamt

LOL, sorry. Der Laden hätte auch fast mein Leben versaut. Die haben keine Ahnung vom realen Berufsleben, die verwalten diejenigen, die sich zwangsweise an sie wenden müssen.
Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, aber ALLE die mit dem Bereich Kontakt hatten, sind schreiend weggelaufen, wenn sie es konnten.

agouti_lilac
17.07.2018, 22:13
Ich musste nach dem Studium (zum Glück nur für ein paar Wochen) Hartz4 beantragen; da hat mich die nette Sachbearbeiterin einen Katalog abgefragt, was ich denn für ärztliche Fähigkeiten hätte. Unter Anderem wurden da der sichere Umgang mit Intubation und Homöopathie abgefragt. :-))

Trianna
17.07.2018, 22:26
Viel Erfolg!

Was hast du denn als Hobbystudium gemacht? Vielleicht ist das ja ein Benefit?!

WackenDoc
17.07.2018, 22:31
mit Homöopathie kann man gut Geld verdienen. Ist halt das Problem mit dem Gewissen.

Mir wollte der Berater vom Berufsförderungsdienst der Bundeswehr erklären, dass sie soo tolle interne Kurse haben z.B. Gabelstaplerschein.

Borisdiekatze
20.07.2018, 00:58
Danke! Hobbystudium ist Biologie, Interessenschwerpunkt Botanik. Phytotherapie interessiert mich generell sehr, und dazu hatte ich auch eine Vorlesung besucht. Und das ist ja auch gerade in Mode ... Glaube nicht, dass mir das jetzt bei Bewerbungen etwas bringt, aber später in der Hausarztpraxis können einem Fortbildungen in dem Bereich sicher nützlich sein. Mit Homöopathie kann ich mich dagegen nicht so anfreunden :D

Mir ist jetzt in den Sinn gekommen, dass ich mich auch auf Psychiatrie-Stellen bewerben könnte für die ersten sechs Monate. Das ist als Erfahrung für die Allgemeinmedizin sicher auch nicht schlecht, dort wird sehr gesucht, und ich nehme außerdem an, dass da meine Pause am wenigsten auffällt und ich mit Anforderungen nicht gleich so erschlagen werde. Interessant finde ich es ohnehin, ich möchte es nur nicht "für immer" machen. Ich habe sogar noch den "Berger" hier ...

John Silver
21.07.2018, 22:07
Psychiatrie ist für einen angehenden Allgemeinarzt eher nutzlos, sinnvoller ist da die Psychosomatik.

Das Arbeitsamt ist ein schlechter Witz. Ich musste mich nach der ersten Stelle, weil der Vertrag auslief und ich mich 3 Monate vor Ablauf arbeitslos melden musste, zur „Beratung“. Selten so gelacht. Dabei erzählte mir die Beraterin, ihre Tochter sei Ärztin. Die Frau bot mir aus ihrer umfangreichen Datenbank genau 2 Stellen an, beide als Assi in Rehakliniken. Ich wollte ihr nicht ins Gesicht lachen, also habe ich höflich darauf verwiesen, dass ich mich in der Weiterbildung zu einem bestimmten Facharzt befinde, und dass diese 2 Stellen hierfür keine Befugnis hätten. Fand sie einleuchtend, und ich bin wieder gegangen. Es ist zwar schon fast 9 Jahre her, aber schon damals hatten die nichts von der wirklichen Stellensituation für Ärzte gewusst.

Heutzutage gibt es sogar Oberarztstellen an Kliniken der Maximalversorgung, deren Einstellungsvoraussetzungen „Facharzt für XY“ und „Deutsch auf C1-Niveau“ lauten. Mir wurde von etwa einem halben Jahr eine solche Stelle in der Viszeralchirurgie angeboten. Unter diesen Umständen einen Bewerber abzulehnen, nur weil er nach dem Studium noch Biologie studiert hat, würde wohl nur noch irgendwelchen größenwahnsinnigen Ordinarien einfallen.

Spiral Architect
22.07.2018, 10:21
Arbeitsagentur? :-wand
Ich war dort in einer beruflichen Auszeit mal beim "Hochschul-/Akademikerteam", um mich hinsichtlich für mich passender alternativer Berufsfelder beraten zu lassen. Zwei Sätze habe ich gehört: "Ich hab auch mal überlegt Medizin zu studieren, aber mir wäre die Arbeit viel zu anstrengend gewesen, mit den ganzen Patienten und den vielen Diensten." und "Bleiben Sie auf jeden Fall Ärztin. Der Beruf ist krisensicher und Sie verdienen gut."
Bloß nicht auf die Sachbearbeiter hören!

rafiki
22.07.2018, 10:45
Psychiatrie ist für einen angehenden Allgemeinarzt eher nutzlos, sinnvoller ist da die Psychosomatik.


Das würde ich so pauschal nicht sagen, vielleicht trifft es bzgl. der Arbeit auf einer Akut- oder Psychosenstation zu. Einblicke in die Gerontopsychiatrie (mit den internistischen und neurol. Begleiterkrankungen) oder die Suchtmedizin können für den Allgemeinmediziner durchaus hilfreich sein. Ebenso ist das Patientengut auf allgemeinpsychiatrischen Stationen oft sehr heterogen, eben auch mit Patienten aus dem psychosomatischen Spektrum, die akut dekompensiert sind.

@Borisdiekatze: Wie wäre es mit einer Stelle in einer Akutpsychosomatik mit sehr breitem Diagnosenspektrum in einer schönen süddeutschen Uni-Stadt? Gerne PN an mich.

freak1
24.07.2018, 10:05
Mal einen Frage an die Experten hier: Wenn ich im Krankenhaus arbeite und eine Pneumonie bekomme, zählt die dann als ambulant erworben oder als nosokomial?

Borisdiekatze
27.10.2018, 00:03
Mal ein Update zu der Frage im weiteren Sinne: Ich hatte mich jetzt über einen Vermittlungsservice für Stellen in der Inneren und Psychiatrie beworben. Die hatten meine Unterlagen wohl an 20 Kliniken im Umkreis weitergeleitet. Aber es gab nicht einmal ein Bewerbungsgespräch. Gut, ich lebe in einem Ballungsgebiet, aber eher in dessen Ausläufern. Und ich kenne keinen von meinen ehemaligen Komilitonen, der nicht gleich eine Stelle bekommen hat. An meinen Noten kann es nicht gelegen haben. Ich habe mein Studium allerdings ziemlich in die Länge gezogen (teiweise unmittelbar beruflich bedingt, teilweise aber auch, weil ich meinen Hauptjob noch möglichst lang ausüben wollte, ohne dass die Lücke zwischen Examen und Berufseinstieg in der Medizin zu groß wird. Wenn mir das jetzt nicht direkt das Genick bricht, bin ich auch froh darüber.). Vielleicht ist das ausschlaggebend gewesen, ich weiß es nicht. Aber ich dachte inzwischen, in den Fachbereichen wird so händeringend gesucht, dass darauf nicht so geachtet wird. Wohl doch. Mist. Ich habe eben noch einmal drei Bewerbungen weggeschickt, setze das jetzt fort und schaue mal, was passiert ...

Feuerblick
27.10.2018, 00:32
Wieso schickst du Bewerbungen über einen Vermittlungsservice? Vermutlich sind die Unterlagen deshalb gleich in Rundablage P gelandet.
Hast du schon mal in deinen Wunschabteilungen angefragt, ob dort Stellen frei sind?
Hast du dir Ausschreibungen im Ärzteblatt (geht auch online) oder auf den Homepages der jeweiligen Kliniken rausgesucht?
Hast du deine Bewerbungsunterlagen mal durchschauen lassen auf Fehler und/oder fehlende Angaben?
Hast du deinen Radius mal etwas ausgeweitet? Umzug in Betracht gezogen?

Es tut mir leid, wenn ich das mal so sagen muss, aber deine Fragen hier erscheinen irgendwie sehr naiv für jemanden, der/die sein Studium erfolgreich abgeschlossen und das Schwarmwissen eines ganzen Forums hinter sich hat. Offenbar hast du bisher die entsprechenden Threads nicht gelesen? Eigentlich findest du per Suchfunktion hier alles, was du wissen musst.