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Larswiedemann1
01.08.2018, 23:38
Hallo liebes Forum und danke für die Aufnahme!

Ich wohne in Sachsen, interessiere mich brennend für Medizin und den Arztberuf.

Nun zu einer leidigen aber notwendigen Frage...

Es geht mir hierbei ausschließlich um angestellte Klinikärzte.

Verdient ein ostdeutscher Arzt das gleiche wie ein westdeutscher Arzt?

IdR. wird ja nach Tarif bezahlt. Das Gehalt ist in diesem Fall in Ost und West so ziemlich gleich.

In den höheren Etagen (Oberarzt, Chefarzt) kommt es ja dann gern mal zum Tarifbruch, es wird über Tarif bezahlt. Verdienen die westdeutschen Kollegen dann wieder mehr, oder haben beide Gruppen (Ost und West) auch bei fehlender Tarifdeckelung gleiche Verdienstchancen? Kann ein CA eines bestimmten Faches an einer Chemnitzer Klinik das gleiche verdienen wie ein solcher an einer Freiburger Klinik?

Ich komme aus Ostdeutschland, würde hier gern an Kliniken "Karriere" machen. Es ist aber wichtig zu wissen, ob mir als Klinikarzt im Osten Geld durch die Lappen gehen würde.

Gruß, Lars

ninakatharina
02.08.2018, 06:07
Klinikärzte, und um die ging es dir ja, werden im Allgemeinen nach Tarif bezahlt, von daher denke ich nicht, dass es große Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern gibt. Ärzte in leitenden Positionen/ Chefärzte in abgelegeneren Regionen werden meiner Erfahrung nach teilweise überdurchschnittlich gut bezahlt, da sie ein riesiges Nachwuchsproblem haben...

Im Übrigen muss man, bevor man sich über Gehaltsunterschiede echauffiert, auch die Lebenshaltungskosten, etc. mit einbeziehen: mit der Miete, die ich in München oder Stuttgart oder Hamburg für eine kleine Wohnung (und erstmal finden...) bezahle, könnte ich in Chemnitz oder noch kleineren Städten schon fürstlich wohnen...in beliebteren Städten wie Leipzig oder Dresden steigen die Mieten zwar, trotzdem nicht annähernd auf dem Niveau der Metropolen :-)


Ganz spannend https://www.praktischarzt.de/blog/gehaltsreport-2017-aerzte/ finde ich die Gehaltsunterschiede zwischen Ärztinnen und Ärzten...Woran liegts? Mehr Teilzeitarbeit, weniger Führungspositionen?

--> wenns dich "brennend" interessiert, dann studier doch erstmal und schau, wo es dir gefällt. Dafür gibt es ja Famulaturen, Praktika, PJ, etc.

tarumo
02.08.2018, 07:37
"Verdienen" ja, "Bekommen" vmtl. weniger:-(
Die Tarifverträge kann man ja nachsehen, kirchliche AT- Häuser gibt es in Mitteldeutschland vermutlich weniger als im Süden oder Westen. Zwei Faktoren wurden noch nicht genannt. Zum einen der relativ geringe Anteil von Selbstzahlern/Privatpatienten/Beihilfeberechtigten in den neuen Bundesländern mit entsprechendem Ausfall an Poolzahlungen (als WBA in den "Südstaaten" bei mir zuletzt vierstellig, OA fünfstellig), zum anderen haben sich (subjektiver Eindruck) stark renditeorientierte Krankenhauskonzerne flächendeckend breitgemacht, die überwiegend nicht bekannt sind für Großzügigkeit ggü. dem Personal (Ausnahmen bestätigen die Regel). Was die ambulanten Patienten betrifft (KH-Ambulanz, MVZ oder Praxis): die Einnahmen der GKV und die daran gekoppelten Zahlungen an die KV (die das Geld wiederum an die Ärzte verteilt) sind ja grob vereinfacht knapp 15% vom Lohn und wenn in einer Region flächendeckend weniger verdient wird (ist leider auch fast dreißig Jahre nach der Wiedervereingung so), oder überdurchschnittliche viele Transferempfänger da sind (betrifft z.B. auch die Stadtstaaten im Westen), dann gibt es schlicht weniger Geld für die Ärzte zum Verteilen. That´s it.
Wenn Du Dir also "kein Geld entgehen" lassen willst, dann würde ich über eine Emigration in westliche, nördliche oder südliche Nachbarländer oder das US-amerikanische Examen nachdenken.

anignu
02.08.2018, 22:40
@tarumo: schön für dich. Also dass du tatsächlich als WBA vierstellige Poolbeteiligung bekommen hast. Wobei man ja sagen muss, dass eine Poolbeteiligung in Regel quartalsweise oder jährlich ausbezahlt wird...

Ich hab tatsächlich in der Stadt München gearbeitet in verschiedenen Häusern und NULL Poolbeteiligung bekommen. Und dann bist in München, bekommst "nur" Tariflohn und die Lebenshaltungskosten sind schon ein bissl höher als anderswo und Eigenheim ist per se schwierig. Chefärzte bekommen auch nicht mehr das was sie früher bekommen haben...

tarumo
03.08.2018, 07:40
Bitte nichts reininterpretieren. Die genannten Beträge sind natürlich jährlich zu verstehen. Zum anderen ist die Poolzahlung ja nach Bundesland verpflichtend im Gesetz festgeschrieben und muß, wenn nicht vom Chef, dann von der Klinik ausgezahlt werden. Unter Umständen hilft auch schon das Gespräch mit Kollegen aus anderen Abteilungen, da könnte Erstaunliches rauskommen.
Selbstverständlich hat mein Chef das Geld nicht aus Menschenliebe ausgezahlt, sondern weil er per Gesetz dazu verpflichtet war. Aber schön, wenn man durch persönliche Bescheidenheit einen Beitrag zur Sanierung der bankrotten kommunalen Münchner Kliniklandschaft und der Chefarztfinanzen leistet. Ob man sich als Arzt dann auch noch gefallen lassen muß, als so ziemlich einzige Berufsgruppe keinen München-Zuschlag zu bekommen (auch wenn der natürlich bei weitem die Mehrkosten nicht deckt) ist dann gleich die zweite Frage, die sich stellt. Und so nebenbei: in einer nördlich von München gelegenen größeren Stadt übersteigt bereits das Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung den Monatsverdienst von so manchem jungen Assistenzarzt. Anscheinend ist der Gesellschaft die Prduktion von übermotorisierten Luxuswagen dann doch mehr wert als die Gesundheit.
Tante Edit meint übrigens, daß in Bayern die verpflichtende Poolgeldauszahlung nicht im Landeskrankenhausgesetz steht, dafür aber in Sachsen, und darum ging es ja dem TE.

tarumo
03.08.2018, 08:11
Ich kann übrigens auch aus dem allerpersönlichsten Umfeld berichten, daß durchaus Ärzte/Ärztinnen das wunderschöne München auch wieder verlassen haben, eben genau wegen der Kombination "Exorbitante Mieten" und "Bezahlung nur Tarif, nix extra, und mit Pech sogar weniger".
Da es dem TE ja darum ging, ob die Einkommenssituation je nach Bundesland variiert, wäre die Frage also eindeutig mit "ja" zu beantworten.
Daß in einer der wohlhabendsten Städte Deutschlands die kommunalen Kliniken in Schieflage sind, ist ganz sicher nicht die Schuld der Ärzte.

epeline
03.08.2018, 19:09
Im Übrigen muss man, bevor man sich über Gehaltsunterschiede echauffiert, auch die Lebenshaltungskosten, etc. mit einbeziehen: mit der Miete, die ich in München oder Stuttgart oder Hamburg für eine kleine Wohnung (und erstmal finden...) bezahle, könnte ich in Chemnitz oder noch kleineren Städten schon fürstlich wohnen...in beliebteren Städten wie Leipzig oder Dresden steigen die Mieten zwar, trotzdem nicht annähernd auf dem Niveau der Metropolen :-)



Das Argument ist immer echt putzig. Ich habe damit gerechnet, aber dass es gleich als erstes kommt....
Immer kommt man mit der Miete von München und Hamburg... als ob ganz Westdeutschland nur aus Milionenstädten bestünde. Da gibt es auch ländliche Gegenden.
Im akutellen Gehaltsvergleich (also nicht nur Ärzte) verdient man im Schnitt im Westen 900€ Brutto mehr für die gleiche Arbeit. Und das soll jetzt damit gerechtfertigt sein, dass man in MÜnchen mehr Miete zahlt als an der Müritz? ist doch lächerlich.
Neulich wollte man mir erzählen, dass im Osten ja auch der Friseur billiger wäre.... ähm...nein ;-)

Allerdings gelten diese Unterschiede für uns Ärzte ja jetzt nicht so... eben wegen der Tarifverträge. Allerdings wird bei kommunalen Trägern und Unis tatsächlich ein, wenn auch kleiner, Unterschied gemacht.

jinkxed
03.08.2018, 19:13
doppelt

jinkxed
03.08.2018, 19:13
Neulich wollte man mir erzählen, dass im Osten ja auch der Friseur billiger wäre.... ähm...nein ;-)

Allerdings gelten diese Unterschiede für uns Ärzte ja jetzt nicht so... eben wegen der Tarifverträge. Allerdings wird bei kommunalen Trägern und Unis tatsächlich ein, wenn auch kleiner, Unterschied gemacht.

Von 9 € auf 20 € umzusteigen fand ich als Student ehrlich gesagt auch sehr hart :D

epeline
03.08.2018, 19:23
Von 9 € auf 20 € umzusteigen fand ich als Student ehrlich gesagt auch sehr hart :D

Ich habe in Hessen (mittelgroße Stadt) weniger bezahlt als in Thüringen (Pampa ;-) ). Denke es hängt eher am Friseur als am Standort

Fr.Pelz
03.08.2018, 19:35
Ich arbeite an einer großen ostdeutschen Klinik, da gab es letztens eine große betriebswirtschaftliche Analyse vieler Häuser in ganz Deutschland und vom Gehalt lagen wir da ziemlich in der Mitte. Vielleicht finde ich die Grafik nochmal.
So vom Hörensagen hab ich auch schon munkeln hören, dass man als westdeutscher OA gern mal vierstellige "Weihnachtsgelder" bekommt (die es ja offiziell im Tarifvertrag nicht gibt). Aber letztens kam ein neuer Kollege aus einer ostdeutschen Kleinststadtklinik zu uns, der dort viel mehr verdient hat als bei uns, weil die Dienste luxuriös vergütet wurden. Der hat uns tatsächlich seine Gehaltsabrechnung gezeigt, das war nicht nur ein Gerücht, der Unterschied belief sich nach Dienstfrequenz auf 1000-2000 Euro!.
Zusammenfassend denke ich, dass es vielleicht statistisch kleinere Unterschiede Ost-West gibt, aber dass die größeren Unterschiede trotzdem zwischen den einzelnen Kliniken liegen.

ninakatharina
04.08.2018, 06:49
Das Argument ist immer echt putzig. Ich habe damit gerechnet, aber dass es gleich als erstes kommt....
Immer kommt man mit der Miete von München und Hamburg... als ob ganz Westdeutschland nur aus Milionenstädten bestünde. Da gibt es auch ländliche Gegenden.
Im akutellen Gehaltsvergleich (also nicht nur Ärzte) verdient man im Schnitt im Westen 900€ Brutto mehr für die gleiche Arbeit. Und das soll jetzt damit gerechtfertigt sein, dass man in MÜnchen mehr Miete zahlt als an der Müritz? ist doch lächerlich.
Neulich wollte man mir erzählen, dass im Osten ja auch der Friseur billiger wäre.... ähm...nein ;-)

Allerdings gelten diese Unterschiede für uns Ärzte ja jetzt nicht so... eben wegen der Tarifverträge. Allerdings wird bei kommunalen Trägern und Unis tatsächlich ein, wenn auch kleiner, Unterschied gemacht.
Ok, das mit den Metropolen ist wohl ein Totschlagargument, ich wollte aber auch nur sagen, dass man solche Überlegungen mit einbeziehen sollte, bevor man sich über Gehälter bzw Gehaltsunterschiede beschwert...

Ich arbeite und wohne übrigens im tiefsten Osten (große Stadt und Klinik).

John Silver
04.08.2018, 10:22
Als OA wird man im Osten eher gut bezahlt, womöglich besser als im Westen, weil es im Osten mehr Regionen gibt, in denen keine Sau arbeiten will. In solchen Regionen muss man eben tiefer in die Tasche greifen, um einen gescheiten OA hinzulocken. Insgesamt ist aber sicher weniger von der Ost-West-Ausrichtung abhängig, als davon, wie gut eine Klinik an vernünftige Bewerber herankommt. In Berlin und Dresden wird man weniger verdienen, als in der hessischen Pampa.

Larswiedemann1
04.08.2018, 12:51
Hey!

Will mich ganz herzlich für all die Antworten bedanken.

Ich erkenne zwei entgegengerichete Tendenzen...

Strukturschwache Gegend (in großen Teilen Ostdeutschland)

1. Es werden relativ stark übertarifliche Löhne gezahlt, um die Leute anzulocken. So ist das Basisgehalt eines bestimmten OAs in Plauen uU. sogar höher als das eines selbigen in München oder Köln. Warum greift dieser Effekt hier, aber in der restlichen freien Wirtschaft eher weniger?
2. Eingeschränkte Möglichkeit der Privatliquidation aufgrund hierfür unpassenden Klientels. Ich denke das macht schon beträchtlich was aus für einen ranghohen Artzt, was ich dann schon als ärgerlich empfinde..
War es aber nicht so, dass dieser Punkt in Zukunft an Bedeutung verlieren wird?

Wie bewertet ihr die Punkte einzeln und welcher überwiegt (vom Effekt her)?

Gruß, Lars

Larswiedemann1
04.08.2018, 14:28
https://www.operation-karriere.de/karriereweg/von-beruf-arzt/bundesland-ranking-wo-verdienen-aerzte-wie-viel/seite/8.html

Was ist von solchen Artikeln zu halten? Dieser meint, dass man als Arzt in Sachsen und Thüringen viel weniger verdient als ein solcher in Bawü oder Bay...

Wegen Tarifbindung und Auszahlung höherer Gehälter zum Anlocken gen strukturschwacher Gegenden macht das doch keinen Sinn... vielleicht sind es dann eben doch die ganzen hohen CAs in Hochlohnregionen des Westens (-> viel Privatliquidation), die das Gefüge wieder sprengen?

UU. sind solche Artikel auch kompletter Käse.

Kackbratze
04.08.2018, 19:10
Der Artikel ist von 2016, also brandaktuell.

tarumo
09.08.2018, 21:18
Ich hab tatsächlich in der Stadt München gearbeitet in verschiedenen Häusern und NULL Poolbeteiligung bekommen.

Habt Ihr denn die Poolbeteiligung überhaupt angesprochen?
Wenn man ein bisserl in unserer heißgeliebten Ärzteprawda blättert, wird man feststellen, daß es durchaus bayerische Kliniken auf dem Level eines Fastmaximalversorgers gibt, die Poolbeteiligung gewähren (daß die Auszahlung nicht verbindlich geregelt ist, heißt ja nicht, daß das verboten ist) und das auch so bewerben. Das ganze wohlgemerkt in weniger wohlhabenden Regionen als München.

"Verschiedene Kliniken" in München- da ist sicher die Klinik dabei, die 8000 EUR Prämie für Bewerber in der Pflege plus Zulage auslobt (anteilig für Werber und Geworbene), womit zumindest im ersten Jahr schon mal die Mehrkosten gedeckt wären. Solange die betreffenden Kliniken aber auch so mit Bewerbungen von Ärzten zugestapelt werden, gibt es- zugegebenermaßen- auch wenig Grund, daran was zu ändern. Und für den restlichen öffentlichen Dienst klappt es auch nur mit Verbeamtungen plus Zulage. Als kleiner Trost: der (in München vermutlich besonders üppige) Pool ist ja nicht weg, den hat bloß jemand anders. Und so ist der junge Arzt in MUC dreifach gekniffen: mit Mietzahlungen, die über ein paar Jährchen dem Wert eines Einfamilienhauses anderswo entsprechen, mit freiwillig tolerierten Mindereinkünften ggü. anderen Städten, und gleichzeitig räumt man anderen Stellen (Staat, Kommune und Kirche als Träger von KHs und nicht ganz unbedeutenden Wohnungseigentümern, und der eine oder andere CA wird sicherlich auch vermieten) mit den nicht eingeforderten Mitteln die Möglichkeit ein, mit echten Häusern Monopoly zu spielen.
Je nach Fachrichtung geht der Ärztemangel übrigens schon am S-Bahn Außenring (z.B. EBE) oder etwas weiter draußen im MVV los... (PAF usw.)

Geld erleichtert nicht nur das Leben in MUC, sondern ist immer auch eine Form der Wertschätzung (weswegen ich persönlich ich mich z.B. über eine Poolbeteiligung von 30 EUR/Mo oder so noch fast mehr ärgern würde als über gar keine...)

tarumo
09.08.2018, 22:07
1. Es werden relativ stark übertarifliche Löhne gezahlt, um die Leute anzulocken. So ist das Basisgehalt eines bestimmten OAs in Plauen uU. sogar höher als das eines selbigen in München oder Köln. Warum greift dieser Effekt hier, aber in der restlichen freien Wirtschaft eher weniger?

Ist eigentlich ganz einfach. Die "niederen ärztlichen Chargen" können relativ kostengünstig mit anspruchlosen und uninfomierten Bewerbern aus den südöstlichen EU- oder Nicht- EU Ländern aufgefüllt werden. In Thüringen (ich weiß, daß Plauen in Sachsen liegt) arbeiten mittlerweile sogar 30% der Nicht-EU-Ärzte ohne die eigentlich erforderliche Berufserlaubnis (Zeitungsmeldung). Ab und an handelt sich noch nicht einmal um Ärzte, wie der "Kollege", der in Kassel verknackt wurde, nachdem nach mehreren Jahren dann doch mal die "Photoshop"-Urkunde einem arabischkundigen echtem Kollegen auffiel.
Aus abrechnungstechnischen Gründen und versicherungstechnischen Vorgaben bedarf es dann aber doch eines FA -Titels bzw. den entsprechenden Zusatzqualifikationen. Und die sind ja schon für die autochtonen Mediziner nicht so supereasy nebenbei zu erlangen.
Sprich, wenn die Klinik dann kein qualifiziertes Personal als "postholder" aufzuweisen hat, dann ist die Abteilung dicht. Und dann greift man halt tief in die Tasche. Eines der neuen Bundesländer (ich meine, es war auch Thüringen) hat zum wiederholten Mal die gesetzliche Mindestvorgabe an FA in KHs gerissen, wobei das natürlich auch anderswo auftritt. So mußte eine schwäbische Kreisstadt in 2018 für Monate die einzige gynäkologische Abteilung im Landkreis schließen, weil es keine FA mehr gab...
Und um bei Deinem Beispiel zu bleiben: wenn eine Firma in Plauen vor Ort (!) hochspezialisierte Tätigkeiten erledigen muß, für die es keine örtlichen Bewerber gibt, dann wird sie natürlich tiefer in die Tasche greifen. Nur der ÖD kann das nicht, deswegen fehlt es auch überall an Spezialisten in Bau- und Gesundheitsämtern etc...

Solange die KHs in M oder B mit Bewerbungen zugeschmissen werden, haben sie natürlich keinen Anlaß, das zu ändern.



2. Eingeschränkte Möglichkeit der Privatliquidation aufgrund hierfür unpassenden Klientels. Ich denke das macht schon beträchtlich was aus für einen ranghohen Artzt, was ich dann schon als ärgerlich empfinde..
War es aber nicht so, dass dieser Punkt in Zukunft an Bedeutung verlieren wird?


In der Tat ist es so, daß die Privatliquidation politisch gezielt sabotiert wird. Wir haben zum einen das gezielte Ausbluten der PKV durch eine völlig willkürliche und stetig weiter hochgesetzte Versicherungspflichtgrenze. Zum anderen wird die GOÄ (die sowieso noch aus den Achtzigern stammt) aktuell per Reform geändert, und zwar nach unten Richtung EBM. Wird sich "robuster Einfachsatz" nennen. Hier tun sich gerade Standespolitiker und MB-Kreise negativ hervor. Insbesondere vom MB ist das extrem kurzsichtig, denn es fällt dann nicht nur der Pool weg, sondern auch die Möglichkeit zur wirtschaftlich sinnvollen Niederlassung, was sich natürlich nicht gerade positiv auf die Konditionen im KH auswirken wird. Und: Ganz aktuell nimmt Hamburg als erstes Bundesland die Beamten aus der Beihilfe heraus und versucht sie in die GKV zu stecken. Wundert einen nicht, wenn man weiß, daß die Gesundheitssenatorin vorher AOK-Vorstand war- Ausgang dieses Experimentes ist noch offen.
Dann macht man noch ein Gesetz, daß die Abrechnung ärztlicher Tätigkeit nur nach GOÄneu oder EBM erlaubt ist (sonst Knast) und zack- stecken alle Ärzte mit Privatanteil in der Falle. Heilpraktiker dürfen natürlich weiterhin nach Gutdünken Rechnungen schreiben...
Ein bißchen erinnert die Entwicklung an die DDR Ende der 60er/Anfang der 70er, wo man mit Gewalt großflächig die letzten Reste privaten Kleinunternehmertums beseitigt hat- die Leute sollten nicht merken, daß es noch was anders und vielleicht noch besseres gibt als das, was der Staat zu bieten hat.

Wie das insgesamt ausgehen wird, weiß wohl keiner, ich denke, man tut aber gut daran, nicht aus dem "heute" auf "morgen" zu schließen, und zwar in jeglicher Hinsicht.

freak1
09.08.2018, 22:10
Unterschied zur DDR ist aber der, dass die hochqualifizierten Ärzte dann einfach auswandern. Keine Mauer, keine Stasi die mich daran hindern kann. Wenn die Privatliquidation ohne entsprechenden Ausgleich wegfällt geh ich nach Österreich, in die Schweiz, nach Kanada oder leck sonstwohin. Ich bin jung und mobil.

tarumo
09.08.2018, 23:15
Unterschied zur DDR ist aber der, dass die hochqualifizierten Ärzte dann einfach auswandern. Keine Mauer, keine Stasi die mich daran hindern kann. Wenn die Privatliquidation ohne entsprechenden Ausgleich wegfällt geh ich nach Österreich, in die Schweiz, nach Kanada oder leck sonstwohin. Ich bin jung und mobil.

Das tun ja schon viele:-)
Heutzutage ginge das subtiler. Und es hat ja auch niemand die Absicht, eine Mauer zu errichten;-)
Man aber kann jetzt beispielsweise ein Gesetz erlassen (Begründung von wegen gerecht und sozial und so) was die Approbation erst mal zu einer vorläufigen erklärt und auf Deutschland beschränkt. Meinetwegen auch erst mal auf fünf Jahre etc..
Übrigens hat man das auch schon mal gemacht, ich meine es war 1987. Damals war zwar der Grund ein anderer, der Effekt aber ähnlich.
Wenn man die ewig neid- und hasstriefenden Kommentare und Leserbriefe in der Mainstream-Presse liest, die regelmäßig eine Rückzahlung bzw. Sanktionierung von "fahnenflüchtigen" Ärzten fordern (daß BWLler mit ihrem ebenfalls überwiegend kostenfreiem Studium natürlich auch ins Ausland gehen und dann an den Börsen von London oder New York Millionengagen einheimsen und nebenbei die eine oder andere Krise auslösen, wird gerne "vergessen"), dann hätte der Vorschlag vermutlicht sogar eine "linkspopulistische Mehrheit".

Eine andere Möglichkeit wäre das "Laumann-Modell" auszubauen. Man verknappt die Studienplätze noch mehr als jetzt schon und legt einfach die Quote der "Pflichtärzte" hoch. Die bekommen dann ihren Studienplatz und später eine vakante Praxis zugewiesen, und dürfen sich dann aussuchen, ob sie die 250.000 Miese mit der Praxis erwirtschaften oder die Summe als Strafzahlung abdrücken (das Geld ist ausdrücklich als Vertragsstrafe vorgesehen und nicht als Rückzahlung von irgendwas). Und mit 250.000 Schulden bei Vadder Staat gibt es auch kein "certificate of good standing" von der Ärztekammer und damit keine Auswanderung, zumindest nicht als Arzt.
Sich mit Geld die Ausreise erkaufen zu müssen, hatten wir übrigens auch schon mal in Deutschland:-(