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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Studium mit Bedenken - versuchen oder Alternativen



yesno
07.08.2018, 12:41
Hallo,

also ich bin seit Jahren schon stiller Mitleser, wollte aber aufgrund der aktuellen Situation doch mal mein Anliegen schildern.
Die Boardsuche habe ich schon bemüht, auch einige Threads mit ähnlichen Gedankengängen gefunden, aber trotzdem ist sowas immer eine spezielle, persönliche Situation mit eigenen Für- und Wider Gedanken.
Steckbrief zu mir:
- Arbeit im Labor, Schichtdienst inkl.
- Studienplatz durch Wartezeit sicher, auch noch Bafög-berechtigt

Es ist ein großes Bestreben in meinem Inneren, das Studien zu starten und auch durchzuziehen, dennoch gibt es auch Bedenken und ich habe mich über Alternativen für mich informiert.
Die schwierigste Frage ist, wie genau ich mir meinen Arbeitsalltag in X-Jahren vorstelle.
Dabei kreisen mehr Gedanken um die Rahmenbedingen, als um die eigentliche Tätigkeit.

Jetzige Situation:
- Nachtdienst und Dienste in Minimalbesetzung sind äußerst belastend
- Teilw. monotone Aufgaben
- Frustration über Kollegen, die gerne mal eine "ruhige Kugel" schieben und man selber dann mehr laufen kann
- Keine Aufstiegsmöglichkeit

Interesse an der Medizin ist stark vorhanden, die spätere Arbeit konnte ich bisher nur bei ein paar groben Einblicken (ausführliche Gespräche, teilweises kürzeres Begleiten von Assistenzen/FA, jedoch nur im "Routinebetrieb")

Der direkte Patientenkontakt in der Akutversorgung ist dauerhaft wohl nicht mein Lebensinhalt, es gibt jedoch durchaus Sachen, die ich sehr interessant finde, liste diese mal auf, mit meinen entsprechenden Gedanken dazu, evtl liege ich ja auch total daneben:
- Radiologie
- Dienste im KH natürlich mit dabei
- Diagnostik und Intervention möglich, Patientenkontakt nur in dieser "Durchführung", kein Papier-/Stationskram
- Niederlassungsmögichkeit regional unterschiedlich
- Künstliche Intelligenz wird nicht alle Radiologenplätze verdrängen, sehe das eher als "Unterstützung"
- Kontakt zu allen Fachrichtungen, interessant und abwechselnd

- Labor, Mibi, Hygiene
- Kaum Patientenkontakt
- Keine Dienste bzw. nur Rufbereitschaft
- Stellensituation fraglich(?), bzw. regional unterschiedlich
- Hab da durchaus durch die jetzige Tätigkeit Einblicke, Interesse ist sehr hoch.

- Pathologie
- Breit gefächert, anspruchsvoll
- Hohe Arbeitsbelastung auch ohne Dienste

Andererseits finde ich das ganze Themen Ernährungsmedizin, Naturheilkunde, Arbeitsmedizin, sowie generell Prävention und Rehabilitation sehr interessant.

Langfristig gesehen fände ich eine 4-Tage Woche mit, wenn überhaupt, einer geringen Dienstbelastung für mich persönlich ideal. Während der Arbeit sollte man nicht nur von A nach B rennen sondern eine Pause/was Essen sollte schon regelmäßig möglich sein. Bei mir auch aus gesundheitlichen Gründen.
Weiterhin bin ich oft schon nach einem normalen 8,5h Tag echt müde und könnte im Stehen einschlafen, auch da gehen mir Gedanken durch den Kopf, einfach generell der Medizinwelt nicht gewachsen zu sein.

Ebenso ist das persönliche Sicherheitsbedüfnis sehr hoch, sodass ich regional (wohne im Rheinland, Großraum Köln) keine Abstriche machen möchte und ich bei meinem Glück hier keine Stelle in einem für mich vorstellbaren Fach bekommen würde.

Da ist natürlich die Frage, ob ich den ganzen Aufwand auf mich nehmen soll. Ist ja schon eine Änderung der Lebensumstände mit gewissen Risiken (Finanzierung wäre allerdings geklärt, Bafög + später vielleicht einige Stunden arbeiten + Eltern + Zusatzkredit) für eine lange Zeit.

Ein Vorteil wiederum ist jedoch, dass man auf jeden Fall irgendwo eine Stelle bekommen würde wenn man die Fächerwahl ignoriert und es nur um Job Ja/Nein geht.

Alternative Überlegungen wären in Richtung Ingenieurwesen (Medizintechnik o.Ä.) zu gehen, oder auch noch ein paar Informatikmodul mit reinzunehmen. Jedoch kann ich da so garnicht abschätzen, wie mir der Stoff liegt.
Und dort wird man mehr Konkurrenz haben.
Sollte man nicht gerade neben einem der großen Entwickler wohnen ist oftmals auch Außendienst in diesem Sektor verbreitet, glaube das passt nicht zu meinen Rahmenbedingungen.


Nunja, ich könnte noch viel mehr schreiben und weiß auch, dass hier so ein bisschen der rote Faden fehlt.
Aber um das zu strukturieren fehlen mir momentan einfach die Nerven.

Vielleicht hat ja jemand ein paar Ratschläge.

Danke

Schorsche
09.08.2018, 17:13
Jetzige Situation:
- Nachtdienst und Dienste in Minimalbesetzung sind äußerst belastend
- Frustration über Kollegen, die gerne mal eine "ruhige Kugel" schieben und man selber dann mehr laufen kann
Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Du ein Deja-vu erlebst ;-) Darüber, ob Du in Deiner Region einen der anvisierten Jobs bekommst, würde ich mir Stand heute keinen Kopp machen, davon gibt es genug. Teilzeitarbeit wird prinzipiell immer mehr möglich gemacht. Die Arbeitsbelastung für konkrete Jobs vorherzusagen ist schwer möglich. Du hast Fächer ins Auge gefasst, die abgesehen von Radio allgemein als recht entspannt gelten. Ich glaube, jeder ist nach einem 8-Stunden-Tag geschlaucht - je nach Job muss es manchmal ohne Pause und auch über 12, 16 oder 24 Stunden (mittlerweile die Ausnahme) gehen. Bei längeren Schichten stelle ich persönlich mich aber schon darauf ein und arbeite nach Möglichkeit langsamer und entspannter, das funktioniert dann auch meistens. Bei den Ausnahmen ist in der Regel Adrenalin im Spiel, dann geht's auch irgendwie.
Was hast Du zu verlieren? Die Finanzierung ist geklärt, Du hast eine abgeschlossene (?) Ausbildung, die Möglichkeit, den Willen und scheinbar auch die Zeit, Medizin zu studieren und Dir sogar schon recht konkrete Gedanken gemacht, wie es anschließend aussehen soll. Mach's doch einfach, guck wie das Studium ist und wenn Du merkst, dass es nichts ist, dann machst Du was anderes/wieder den alten Job.

davo
10.08.2018, 10:39
"Versuchen" würde ich es nicht. Wenn du es machst, dann auch mit vollem Einsatz - dann ist auch die Wahrscheinlichkeit es zu schaffen viel höher als wenn man lieblos ein wenig zur Probe studiert :-p

Solara
10.08.2018, 12:44
Im Gegensatz zu Davo würde ich einfach anfangen zu studieren und dir eine Frist bis zum Physikum zB zu setzen. Gefällt es dir, dann machst du es weiter, gefällt es dir nicht, machst du entweder ganz was anderes oder deinen alten Job. Natürlich mit dem entsprechenden Ernst und Engagement.

Als Mediziner wirst du aber zumindest in der WB-Zeit immer mit Nacht- und WE-Diensten kämpfen und auch viel Arbeit mit wenig, zu wenig, Personal.

Absolute Arrhythmie
10.08.2018, 13:14
Aber gerade das Physikum ist doch eine bescheuerte Entscheidungsfrist. Wem macht denn das Studium davor wirklich Spaß? :-P
Und davo hat schon irgendwie recht, wenn man es "versucht" mit der Option jederzeit abzubrechen, ist die Chance hoch, dass man es nur halbherzig macht und scheitert ;-)

Solara
10.08.2018, 14:02
Bei mir (und einigen weiteren) hat das wunderbar funktioniert. Probieren könnt ihr doch nicht mit mangelndem Engagement gleichsetzen. Ich setze eine Frist in der ich mir das Studium anschauen, den Arbeitsplatz anschauen - gebe nicht gleich beim ersten Gegenwind auf und schaue zum Zeitpunkt x ob ich das tatsächlich möchte oder nicht.
Umkehren kann man immer, nur den Weg anfangen zu gehen muss man halt irgendwann beginnen.
Tut man es nicht, ärgert man sich später nur, es nicht wenigstens versucht zu haben. Wir leben alle nur einmal.

aminemo
10.08.2018, 15:58
- Pathologie
- Breit gefächert, anspruchsvoll
- Hohe Arbeitsbelastung auch ohne Dienste


Die Anderen haben Dir schon ihre Meinung mitgeteilt.. Ich fürchte, wenn Du nicht wirklich dahinter stehst, dann wird dir das Studium vielleicht zu anstrengend sein, da muss richtig viel Spaß und Interesse hinter stehen. Abgesehen davon: Du machst dir mMn zu viele Sorgen. Es gibt Jobs als Mediziner für jeden Typen, kommunikativ, still, nachtaktiv, entspannt, viel Forschung etc.

Ich habe gerade auf der Pathologie an der Uniklinik in Graz famuliert. Sicher, gearbeitet wird dort natürlich auch, aber ich denke gerade in Bezug auf potentieller Familienplanung (falls das Thema ist) ist es dort uU schon ganz entspannt. Kaum Dienste, geregelte Arbeitszeiten etc. Gerade heute habe ich ein flammendes Plädoyer von einer OÄ bekommen, welche mir sagte, ich als Frau sollte, wenn es mich interessiert doch die Pathologie im Hinterkopf behalten, sie habe ja auch zwei Kinder, und das sei ja der beste Medizinerjob, den man haben könnte, mit vielen freien Wochenende, Teilzeitmodellen etc... Was dort allerdings anfällt, weil du gerne wenig Schreibkram machst, ist jede Menge Schreibkram, dort muss ja alles irrsinnig dokumentiert, fotografiert, gezeichnet, diktiert etc. werden..

Ich wäre auch dafür es zu probieren, im Zweifelsfall wieder arbeiten kannst du eh :) Und dann schau, dass du schnell Praktika/Famulaturen machst, und richtig Spaß drauf zu kriegen und zu schauen, ob es Bereiche gibt, die du dir gut vorstellen kannst

davo
10.08.2018, 16:04
Ich hab in meinem Bekanntenkreis auch eine Pathologin und einen Neuropatho-Assistenzarzt - ganz ehrlich, Stress sieht anders aus :-p

Ich denke auch, dass sich der OP in dieser Hinsicht zu viele Sorgen macht. Vielleicht interessiert ihn am Ende ja was ganz was anderes - und wenn einen der Job fasziniert, ist meist auch die Wahrnehmung von Stress ganz anders als wenn einen der Job anödet (so wie es hier ja der Fall zu sein scheint).

Schubbe
10.08.2018, 17:21
Aber gerade das Physikum ist doch eine bescheuerte Entscheidungsfrist. Wem macht denn das Studium davor wirklich Spaß? :-P

Mir, es gibt solche Einhörner! :D

Das Problem ist eher, dass man nach dem Physikum dann so lange auf die Klinik hingearbeitet hat, dass man das ganze nicht einfach wieder aufgibt.

yesno
12.08.2018, 15:05
Ja im Prinzip ist der Tenor ja, ich soll den Versuch wagen.
Glaube, das werde ich auch.
Prinzipiell ist es jetzt so, dass ich auch jedes Mal im Dienstplan über schlechte "Kombinationen" bzw. Arbeitsplätze stolpere und mich eigentlich nur von Tag zu Tag arbeite.
Das Ganze dann noch 40 Jahre zu machen, finde ich nicht so erstrebenswert. Wer weiß auch, wie sich mein aktuelles Berufsbild durch weitere Automatisation entwickelt, dann macht man immer mehr "Handlanger" Aufgaben statt interessanten Tätigkeiten.
Sonstige Weiterbildungsmöglichkeiten existieren höchstens auf dem Papier, ändern aber am Arbeitsalltag nichts.
Klar, Vertrieb oder so wird immer gesucht - muss man aber auch machen wollen.

Nach dem Studium hätte man ja wenigstens eine Perspektive, z.B. nach der FA Ausbildung irgendwann andere Weichen zu stellen um aus dem normalen 24Std Klinikbetrieb ein wenig auszutreten.
Und nach einer Eingewöhnungszeit "studieren statt arbeiten" gewöhnt man sich bestimmt auch daran.

Danke für alle Antworten.

Jan1705
13.08.2018, 17:43
Hallo :-)

mein Vorschlag wäre es, mit dem Studium anzufangen, dann siehst du schon ob es das richtige ist oder nicht. Man kann sich vorher den Kopf dreimal zerbrechen und wenn man drei Leute fragt gibt es 10 Meinungen.

Du kannst als Arzt alles mögliche später beruflich machen, in der Klinik, Praxis, als Chirurg, konservativ, Kinder, Erwachsene, Forschung, Labor, Krankenkasse, Zeitung, Versicherung, Betriebsarzt....

Einfach selber mal machen (studieren), wenn du es nicht schaffen solltest (Lernpensum) oder sich herausstellen sollte dass dich das Studium einfach nicht interessiert, dann bist du dir aber auch sicher und kannst dich um-orientieren.