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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hypothermie als Therapiemöglichkeit für z.B. Schock?



Asklepios_ld
13.08.2018, 18:50
Mir wurde immer gesagt man muss auf den Wärmeerhalt bei jedem Patienten achten. Aber ist das wirklich bei jedem Patienten angebracht oder vielleicht sogar eine Kontraindikation?

Folgendes Gedankenspiel:
Bei einem Schock haben wichtige Organe nicht mehr genug Sauerstoff.
Wenn man nun den Schock-Patienten KONTROLLIERT herunter kühlt, ziehen sich die Blutgefäße zusammen. Dadurch erhöht (stabilisiert) sich der Blutdruck und der Stoffwechsel wird verlangsamt, sodass die Organe weniger Sauerstoff benötigen.
Bei Wärmezufuhr weiten sich die Gefäße noch weiter und der Blutdruck sackt noch weiter in den Keller. Also wäre es in meinen Augen eine Kontraindikation.

Ich hoffe man konnte das Gedankenspiel und die Begründung nachvollziehen. Also nun die abschließende Frage:

Ist eine Hypothermie eine Therapiemöglichkeit für z.B. einen Schock?

Solara
13.08.2018, 19:07
Fragen, die du dir stellen solltest:
- welcher Genese dein Schock ist
- welche Folgen eine Hypothermie denn sonst noch haben könnte?
- welche Indikationen eine Hypothermie behandlung denn hat?

kartoffelbrei
14.08.2018, 15:32
Bezüglich der Vasodilatation/-konstriktion: dafür hat der liebe Gott das Noradrenalin erfunden... ;-)

Shizr
14.08.2018, 19:13
Nein, ist sie nicht.

Du erkaufst dir mehr zusätzliche Probleme als der hypothetische organprotektive Effekt jemals ausgleichen könnte.
In der Praxis wird der Patient, um die Hypothermie zu tolerieren, tief analgosediert und muskelrelaxiert sein müssen. Denn sonst wird er a) zittern und b) den Tubus nicht tolerieren.
Das führt auch wieder zu einem Blutdruckabfall. Die kontrollierte Beatmung ist auch nicht unbedingt vorteilhaft, wenn der Patient ansonsten möglicherweise sogar spontanatmen könnte.

Zusätzlich kompromittierst du sehr real die Gerinnungsfunktion. Gerade beim Traumapatienten ziemlich desaströs.
Und weil das ja noch nicht genug ist, nimmt unter therapeutischer Hypothermie die Infektionsgefahr zu.
Dann führt eine Hypothermie irgendwann auch dazu, dass Katecholamine schlechter funktionieren. UND die Arrhythmiegefahr steigt.

Insofern: Doch, es ist immer wichtig, auf den Wärmeerhalt zu achten. Gerade beim Schockpatienten.


(Wir ignorieren jetzt mal ganz bewusst Operationen mit Herz-Lungen-Maschine im tief hypothermen Herz-Kreislauf-Stillstand. Das sind extreme Exoten und die haben in dieser Diskussion nichts verloren. Und die kontrollierte Hypothermie im Rahmen der Postreanimationsbehandlung ist auch ein Sonderfall.)