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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fehlallokation ärztlicher Arbeitskraft - warum bloß?



OnkelDagobert
26.08.2018, 10:00
Hallo,
teure ärztliche Arbeitskraft wird in vielen Kliniken verschwendet für die Erledigung administrativer Aufgaben (z. B. Arztbriefen von Zuweisern hinterhertelefonieren, ICD-Codes recherchieren, Untersuchungen organisieren). Das könnten andere, darauf spezialisierte nichtärztliche Beschäftigte (z. B. Sekretärinnen, Codierer) doch viel schneller und dazu noch billiger. Aber warum ändern die betreffenden Kliniken das nicht?

Weil sie das Problem gar nicht kennen?
Weil es auf den jeweiligen Arbeitsmärkten kein geeignetes Angebot gibt? Das mag vielleicht bei der Pflege zutreffen (Stichwort Pflegenotstand), aber bei Sekretärinnen, med. Fachangestellten etc. doch wohl kaum...
Weil die Ärzte die administrativen Aufgaben während unbezahlter Überstunden erledigen, dies der Klinik also gar nichts kostet? Laut MB-Monitor 2017 werden aber 70 % der Überstunden ausgeglichen, und zwar teils durch Freizeit (fast 50 %) und teils durch Zeitzuschläge (ca. 20 %), wobei die Überstunde bekanntlich mehr kostet als die Regelarbeitsstunde - also insgesamt ein Verlustgeschäft.

Ich versteh das einfach nicht. :-??? Habt ihr Ideen?
Gruß, OD

Feuerblick
26.08.2018, 11:24
Du solltest eines bedenken: Es werden nur die Überstunden in irgendeiner Art ausgeglichen, die auch aufgeschrieben werden... Läutet was?

Fr.Pelz
26.08.2018, 11:33
Ich denke auch, dass es immer noch günstiger ist für die Kliniken, den Ärzten 1-2 ÜS zu bezahlen, als eine neue Fachkraft inkl Sozialversicherungsbeträge einzustellen. So lang es geht, wird der Status quo aufrecht erhalten. Außerdem verändern sich ja auch bestimmte Auflagen und Quoten ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl.

Sebastian1
26.08.2018, 12:15
Ich bin ja der festen Überzeugung, dass eine gute Codierfachkraft im Vergleich zum codierenden Assistenzarzt die Mehrkosten, die durch ihr Gehalt inkl. AG-Anteile entstehen, am ersten des Monats rausholt durch höhere Qualität. Vermutlich vor der Mittagspause.

Feuerblick
26.08.2018, 13:25
Definitiv. Wir haben das vor Jahren spaßeshalber mal ausgerechnet. Unsere damalige Kodierfachkraft hat ihr Gehalt locker selbst reingeholt. Einfach, weil sie viel besser wusste, was man wie kodieren kann, darf und muss, um den Aufwand dann auch abgedeckt zu sehen. Ohne Spielchen.
Wenn ich mir anschaue, was bei mir so an Kodierungen auf dem Tisch landet... da wäre eine Fachkraft sinnvoller. Nicht nur, dass Dinge falsch kodiert werden... es wird einiges gar nicht kodiert. Da bleibt echt Geld liegen.

davo
26.08.2018, 13:40
Meine Vermutung: großer Mangel an grundlegendem wirtschaftlichen Verständnis bei vielen Chefärzten, Krankenhausverwaltern und Krankenhausträgern. Verbunden mit mangelnden Incentives und Ärzten, die eh immer alles abnicken ("ist halt so", "ist doch überall so", "kann man halt nicht ändern", usw.).

Shizr
26.08.2018, 14:05
Unsere damalige Kodierfachkraft hat ihr Gehalt locker selbst reingeholt. Einfach, weil sie viel besser wusste, was man wie kodieren kann, darf und muss, um den Aufwand dann auch abgedeckt zu sehen.
Jep... weil wir zwar "nebenher" ein bisschen mit-kodieren können, aber die Kodierqualität wird dabei zwangsläufig nicht die gleiche sein wie bei einer Kodierexpertin, die das gezielt gelernt hat und weiß, welche Sachen unbedingt kodiert werden müssen.

Wie Verwaltungen das nicht raffen können, ist mir schleierhaft.
Aber naja.

Krankenhausverwaltungen zahlen ja auch fröhlich trällernd das Äquivalent von drei Vollzeitstellen in Überstunden aus, anstatt wenigstens eine zusätzliche Stelle zu bewilligen.
Weil Überstunden ja im Budget erst auftauchen, wenn sie tatsächlich anfallen, und eine zusätzliche Stelle schon das ganze Jahr im Budget rumnervt.


Ich frage mich halt immer noch, wie enthirnt man sein muss, damit einem das logisch erscheint.

epeline
26.08.2018, 14:37
Definitiv. Wir haben das vor Jahren spaßeshalber mal ausgerechnet. Unsere damalige Kodierfachkraft hat ihr Gehalt locker selbst reingeholt. Einfach, weil sie viel besser wusste, was man wie kodieren kann, darf und muss, um den Aufwand dann auch abgedeckt zu sehen. Ohne Spielchen.
Wenn ich mir anschaue, was bei mir so an Kodierungen auf dem Tisch landet... da wäre eine Fachkraft sinnvoller. Nicht nur, dass Dinge falsch kodiert werden... es wird einiges gar nicht kodiert. Da bleibt echt Geld liegen.

Das passiert echt häufig, woher soll man es auch wissen.
Diesbezüglich findet null Weiterbildung statt, aber es heißt, der aufnehmende Arzt soll codieren. Und ganz ehrlich, ich sehe nicht ein, mein Weiterbildungsbudget für Codierschulungen zu verschleudern, weil der AG nicht genug Fachkräfte einstellen will.

Feuerblick
26.08.2018, 15:15
@Epeline: Sehe ich ganz genau so! Weder werden die Leute (auf Kosten des Hauses natürlich) geschult, noch wird Fachpersonal eingestellt. Wo käme man denn auch hin, wenn man diesen Bereich optimieren würde? ;-)
Ich hatte damals das Glück, dass besagte, sich selbst durch ihre Arbeit finanzierende Kodierfachkraft mir zumindest für meinen Fachbereich eine Menge beigebracht hat. Klar, die Regeln haben sich seither leicht geändert, aber zumindest wusste ich danach, wo ich was finde.
Allerdings... hat sich mal wer die DKR durchgelesen? Ich habe... aber ich hatte auch Zeit dafür und es war meine Aufgabe. Jeder Quatsch ist geregelt. Doof nur, dass manch wichtige Diagnose einfach vergessen wurde. :-wand

epeline
26.08.2018, 15:17
Ja, es ist echt nervig.
Inzwischen habe ich auch ein bisschen dazu gelernt, weil ich immer mal meinen Vorgesetzten ein paar MDK Anfragen abnehme. Aber das ist letztendlich guter Wille und Mehraufwand für mich.
Vielen Kollegen ist das ja auch zuwider. Dann noch ausländische Kollegen, die vom deutschen Abrechnungssystem noch weniger Ahnung haben als die deutschen Assistenten....
Da sind die ständigen Anfragen eigentlich vorprogrammiert.
Und es geht eben auch Geld verloren, weil vieles nicht mit drin steht...

Feuerblick
26.08.2018, 15:24
Genau das. Schon alleine deshalb lohnt sich eine entsprechende Fachkraft. Aber das sehen die Verwaltungen nicht. Ich frage mich immer, ob in den oberen Etagen von Klinken und Klinikkonzernen überhaupt wer Ahnung von Wirtschaft und/oder Medizin hat.

epeline
26.08.2018, 15:26
Gefühlt weder noch....

ProximaCentauri
26.08.2018, 20:19
Bei uns haben wir ein eigenes Codierwesen, höchstens ambulant muss etwas codiert werden. Für die Administration haben wir aktuell auch (neben dem Stationssekretariat) eine Care Coordinatorin, die alle Arztbriefe anfordert, Untersuchungen anmeldet, Rehaplätze etc. koordiniert mit dem Sozialdienst. Unglaubliche Arbeitserleichterung <3

Colourful
27.08.2018, 17:45
Ich bin ja der festen Überzeugung, dass eine gute Codierfachkraft im Vergleich zum codierenden Assistenzarzt die Mehrkosten, die durch ihr Gehalt inkl. AG-Anteile entstehen, am ersten des Monats rausholt durch höhere Qualität. Vermutlich vor der Mittagspause.

Richtig. Absolut richtig, wir haben eine Codierkraft, die kann das deutlich besser als alle anderen.

Solara
27.08.2018, 18:00
Wir haben auch wen (nicht-ärztlich), der das ausschließlich tut und auch gelernt hat.