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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Power Point tötet die Rhetorik!



Lava
06.11.2003, 18:52
Noch nie ist mir das so extrem aufgefallen wie jetzt in der Klinik, wo wir häufiger Dozentenwechsel haben und eben auch viele sehr junge Dozenten Vorlesungen halten: Power Point tötet die Rhetorik. Vielleicht ist es ja auch nur ein Generationsproblem, alte Garde vs. junge Wilde sozusagen. Aber ich finde schon, dass Power Point sehr zu einer Art Vortrag verleitet, die ich einfach sauschlecht finde: oft wird man mit Folien zugeschüttet, auf denen viel zu viele Infos auf einmal stehen. Die Dozenten lesen ihre PP Folien eher vor, als mit dem Publikum zu reden und ihnen etwas vorzutragen. Fakten werden lieblos heruntergerattert, es gibt keine Anekdoten, keinen Wortwitz, keinen Platz für Fragen und irgendwie kommt keine wirklich spannende Atmosphäre zustande. Was ist mit der Kunst, Vorträge zu halten, passiert? Ich will nicht behaupten, man könne mit Power Point keine guten Vorlesungen halten, aber ich finde Tafelbilder meisten didaktisch sinnvoller und einige wenige Dias oder Folien einprägsamer als eine Bilderflut von Grafiken, die jemand mal eben schnell eingescannt hat, ohne sich Gedanken zu machen, ob das Bild wirklich das darstellt, was der Anschauung dienlich ist.

Das wollte ich nur mal gesagt haben...

Gaja
06.11.2003, 19:01
Ich finde das kann man so generell nicht sagen. Eine gute Power-Point Präsentation mit einer guten Rhetorik ist super. Wenn die jungen Dozenten ohne ihre Power-Point Präsentation da vorne stehen würde, wäre das Ganze wahrscheinlich noch schlechter.

Froschkönig
06.11.2003, 19:06
Das ist zu kurzsichtig argumentiert Janine.

Wie müssen den Tatsachen ins Auge sehen : Die Medizinische Lehre ist ein eher trauriges Kapitel der deutschen Hochschulgeschichte.
Man sollte den Dozenten und Professoren wohl öfter klarmachen, daß sie an UNIKLINIKEN arbeiten, wo die Lehre eigentlich mal einen zentralen Stellenwert hatte. Sollen sie doch nach Grönland gehen, wenn sie damit nicht umgehen können !!!!

Das mit den PP-Präsentationen stimmt wohl, aber auch vor PP oder bei Dozenten, die sich mit dem Computer einfach nicht auseinandersetzen wollen, habe ich schon diverse Vorlesungen erlebt, bei denen eine Folie pro Sekunde mehr auf dem Overhead zu einem Film geworden wäre :-D

Fazit : PP macht es den dozenten nur leichter, ihre schlechten, konzeptlosen und von nichtssagenden Studientabellen überladenen Vorlesungsunterlagen zu präsentieren.

Gott sei Dank gibt es bisweilen noch ermunternde Ausnahmen im traurigen Foliendschungel der Bocklos-Dozenten, aber es werden wahrlich weniger...

Die Lösung ist weniger die abschaffung von PP und der Tafelbildzwang, habe auch schon sehr gute Vorlesung mit PP gehört, sondern eher die Evaluation und der Befähigungsnachweis der Dozenten, auch für die Lehre geeignet und motiviert zu sein.

Was will ich denn mit einer Vorlesung, in der der betreffende Hochschullerer mal frei von der Leber weg irgendwas ohne Konzept, Sinn oder Verstand erzählt, weil Vorlesungsvorbereitung beim Klinikdienstplan ja sonst abends gemacht werden müßte...das kann doch keiner von einem mit der gehaltsstufe C-irgendwas verlangen :-? ?

Besonders schlimm finde ich es bei Dozenten, die nachweislich seit beinahe Jahrzenten über ein Thema referieren und scheinbar immernoch nicht in der Lage sind, da einen roten Faden reinzubringen :-((

Das positive daran ist : In 2 Monaten ist meine Zeit der Vorlesungen rum und ich kann mich endlich über andere Dinge ärgern ;-) :-))

undertow
06.11.2003, 21:25
Nicht jede Powerpoint-Vorlesung ist schlecht, doch eine schlechte Vorlesung war mit recht grosser Wahrscheinlichkeit ne PP-Präsentation *g*

Ich sehe bei der Thematik 2 Probleme.
Der Dozent kann die Zeit nicht einschätzen wie lange er eine Folie projiziert lassen sollte. Spätestens nach der dritten halbabgeschrieben Folie hängt man ab. Würde er selbst an Tafel oder auf Overhead schreiben, so bliebe einem mehr Zeit.
Das andere Problem ist, dass die Dokumentationen oft nicht selbst gemacht und/oder nicht zu Vorlesungszwecken entstanden sind. Gerade gestern in der Chirurgie passiert. Der gute Herr PD wurde wohl 5 min vor Vorlesungsbeginn in der Caféteria erwischt und zu uns in den Hörsaal geschleppt. Dass die Folien auf englisch waren, war da das kleinste Problem.
Diese für Vorträge konzipierten PPs können eine Vorlesung echt gut illustrieren, doch finde ich sie in prüfungsrelevanten Fächern, in denen ich doch einigermassen mitschreiben möchte nicht ganz gelungen.
Man könnte jetz sagen, dass das Dia genausoschnell durchgeklickt wurde, doch waren da meist nur Abbildung drauf und der Text wurde dazugeliefert.

Aber die ganze Aufregerei ist wohl vergebene Liebesmüh', und man wird sich endgültig an das meist blau/gelb gewöhnen müssen. (ach ja, unser Hämatologe schwört auf violetten Hintergrund mit giftgrüner Schrift)

Froschkönig
07.11.2003, 05:33
Original geschrieben von undertow
Aber die ganze Aufregerei ist wohl vergebene Liebesmüh', und man wird sich endgültig an das meist blau/gelb gewöhnen müssen. (ach ja, unser Hämatologe schwört auf violetten Hintergrund mit giftgrüner Schrift)

Ich warte ja noch immer auf irgend so ein genie, daß rot-grüne Seiten Produziert, damit die Leut mit rot-grün-blindheit auch was zu lachen haben :-D

Heinz Wäscher
07.11.2003, 09:20
ich hatte letzte Woche Physio-Zusatzseminar d.h. man kann sich 5 Referate von seinen Kommilitonen anhören

ich selber schalte dabei immer ab, weil ich da einfach nich zuhören kann und finde es totlangweilig, weil es einfach nur ein Absitzen der Zeit ist (jaja ich weiß die ham sich Mühe gemacht...aba trotzdem)

diesmal war das anders

alle 5 Referenten hatten ihre Referate mit Power Point vorgetragen, das hat das Mitschreiben sehr erleichtert, die Referate waren einfach besser nachvollziehbar


es war professioneller, mit deutlich weniger Gestotter und Verhaspeln

:-dafür

blanko
07.11.2003, 12:21
Ich finde PP bietet einige gute möglichkeiten, u.a. das Einibden von Filmen, animierten Beiträgen und das Bereitstellen zum Downloaden und Ausdrucken.

Aber der Umgang will gelernt sein: Wenn ich Folien ins Internet stelle, ist ein tiefblauer Hintergrund zum einen der Tod jeder Druckerpatrone, zum anderen sprengt die Dateigröße meist meine bescheidenen modemkapazität.
Zudem gehören für mich pro PP-Seite nie mehr als 5 Unterpunkte.
der Trick ist, mehr zu erzählen, als auf der Folie steht, so dass alle Zeit haben sie abzuschreiben, oder ich mir zum Vorausdruck sinnvolle Ergänzungen machen kann.
:-meinung

skandi
07.11.2003, 12:31
Bin auch grade am Erstellen einer PP-Präsentation und kann nur sagen, dass es wesentlich professioneller wirkt, als wenn ich schnell ein paar Zeilen auf Overhead-Folie schmiere.
Gerade mit Animation kann man einen Vortrag wesentlich gestalten und das wirkt sicher besser, als wenn einer eine Folie nach der anderen auflegt und das meist schief, oder mit zu kleiner Schrift usw.
:-dafür
Natürlich muß man die Animation in Grenzen halten, sonst achten die Zuhörer nur noch darauf und nicht auf den Inhalt

Rico
07.11.2003, 14:49
Das is echt das schlimmste (zum Glück auch selten) wenn man zwei Stunden mit Folien bombardiert wird, bei denen Text wechselweise von links und rechts angeflogen, hereingebeamt oder in wilden Kreisellinien angeeiert kommt. :-???

Aber immer noch besser als ein Diavortrag mit mittlerweile hellblauen Dias (1975 waren sie mal kräftig dunkelblau) in dem irgendwelche epidemiologischen Zahlen von 1972 mit den Worten: "Ich hab da grad keine neueren Zahlen" an die unschuldige Wand geworfen werden.
Oder die liebevoll von Hand abfotografierten Folien, die nunmehr ein Dasein als Diavortrag (von mieser optischer Qualität) fristen.

Aber wie gesagt selten.

PP hat den großen Vorteil, daß man die Folien Stück für Stück einblenden kann, um z.B. den jeweiligen Punkt vorher gemeinsam zu erarbeiten.
Is halt die Frage, wie didaktisch clever der Dozent ist.

Aber PP bietet auf jeden Fal die Möglichkeit zu qualitativ und didaktisch guten Vorträgen und viele wissen das auch zu nutzen. :-top

Alles wird gut
07.11.2003, 15:48
Rhetorik und Kreativität (Folien zu erstellen) sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe! Das Problem liegt wahrscheinlich auch eher daran, dass diese Dozenten niemals einen Rhetorik-Kurs gemacht haben bzw. sich noch nie die Grundregeln für das Halten von Vorträgen vor Publikum durchgelesen haben! ...von didaktischen Grundlagen mal ganz zu schweigen...
Da ist es dann auch echt egal, ob die Folien aus dem Laptop kommen oder vom Overhead-Projektor....

Ansonsten finde ich PP ein echt gutes Werkzeug mit dem man gute Vorträge erschaffen kann! Und da gilt selbstverständlich auch die uralte Layout-Grundregel, dass weniger meist mehr ist.... und die Möglichkeiten verleiten schnell zum Überladen.