PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ausgleich für Wochenenddienste



SchneggeJule
10.10.2018, 11:59
Hey, mich würde interessieren, ob an euren Häusern für Wochenenddienste Ausgleichtage unter der Woche gegeben werden? Ich bin Assistenzärztin in der Innere Medizin und habe in meinem ersten Haus für Arbeit am Wochenende jeweils Kompensationstage bekommen. Jetzt in meiner neuen Stelle arbeitet man mind. 2 Wochenenden im Monat jeweils einen Tag, aber bekommt keinen Ausgleich dafür. Man hat also z.B. nur 6 Tage im Monat wirklich frei. Das finde ich irgendwie unzulässig, ohne das ich dafür ein entsprechendes Gesetz habe. Wie sieht es bei euch aus?

Muriel
10.10.2018, 12:15
Entweder FZA oder Bezahlung.

bremer
10.10.2018, 13:18
Du arbeitest wahrscheinlich an einem kirchlichen Haus oder hast opt-out unterschrieben. Damit ist es zulässig und durchaus verbreitet.

tragezwerg
10.10.2018, 13:49
Paragraph 11 ArbZG:

(3) Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. Werden
Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist.

Für Samstage steht dir also aus gesetzlicher Sicht kein Ausgleich zu, aber für Sonntage. Wenn das bei euch nicht klappt, dürfte ein Verweis auf die gesetzlichen Regelungen helfen. Im Zweifelsfall auch ein Tipp ans Gewerbeaufsichtsamt.

Und auch ohne opt out ist eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit mittels Samstagsarbeit ohne Freizeitausgleich durchaus möglich (48h maximal), mit opt out halt in größerem Umfang.

Muriel
10.10.2018, 13:52
Das ist ja dann nach 24h Sonntag der Montag, oder? Ansonsten habe ich es noch nie gehört, dass im normalen DB-Modell außerhalb dessen ein weiterer Ersatzruhetag gewährt worden wäre.

Pflaume
10.10.2018, 19:41
Ersatzruhetag bedeutet nicht Freizeitausgleich! Die beiden Begriffe sollten nicht verwechselt werden.

Historisch vorgesehen ist der Sonntag als Ruhetag. Montag bis Samstag sind Werktage, an denen Arbeitnehmer vom Gesetz her zur Arbeit herangezogen werden können, auch wenn sich in vielen Bereichen inzwischen eine 5-Tage-Woche von Montag bis Freitag etabliert hat und viele Arbeitnehmer den Samstag nicht mehr als Werktag empfinden. Der Sonntag dagegen ist als ein arbeitsfreier Tag (Ruhetag) generell vorgesehen. Siehe §9 ArbZG (http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__9.html). Nur wenn eine gesetzlich erlaubte Ausnahme greift, darf sonntags gearbeitet werden. Die Notwendigkeit der Krankenversorgung ist eine Ausnahme, die Sonntagsarbeit erlaubt. Der (unvollständig) zitierte §11 ArbZG regelt, dass dafür aber dann an einem anderen Werktag ein Ersatzruhetag gewährt werden muss, d.h. der Arbeitnehmer darf nicht gezwungen werden, zwei Wochen komplett durchzuarbeiten. Sonntags bis Freitags täglich zu arbeiten und dann zum Beispiel am kommenden Samstag nicht zu arbeiten, ist vollkommen rechtskonform. Der Samstag ist der Ersatzruhetag. Das heißt nicht, dass die am Sonntag gearbeiteten Stunden in Freizeit ausgeglichen werden müssen, sondern der Samstag kann auch regulär arbeitsfrei sein und die Stunden vom vorausgegangenen Sonntag einfach (z.B. als Bereitschaftsdienst oder als Überstunden) ausgezahlt werden, solange die übrigen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden. Näheres siehe z.B. hier (https://www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/kommentare/ersatzruhetage-fuer-arbeit-wochenfeiertagen).

Für Ärzte sind aber sowieso nicht (nur) die Regelungen des ArbZG, sondern insbesondere die im jeweiligen Einzel- oder Tarifvertrag stehenden Regelungen anzuwenden. So heißt es z.B. im häufig anwendbaren TVÄ/VKA (http://www.vka.de/site/home/vka/tarifvertraege__texte/tv-aerzte/tv-aerzte-vka/):


[...]
3) Ärztinnen und Ärzte, die regelmäßig an Sonn- und Feiertagen arbeiten müssen, erhalten innerhalb von zwei Wochen zwei arbeitsfreie Tage. 2 Hiervon soll ein freier Tag auf einen Sonntag fallen.

Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die in §7 TVÄ/VKA genannten Regelungen. Bezüglich der Höchstarbeitszeit und des sich daraus ergebenden Anspruchs auf Freizeitausgleich ist außerdem auf den
[...]
(8) Werden Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 und 4, Absatz 2 Nr. 2 bis 4 oder solche Regelungen auf Grund der Absätze 3 und 4 zugelassen, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschreiten. Erfolgt die Zulassung auf Grund des Absatzes 5, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten. zu verweisen, der in Ärzte-Tarifverträgen regelmäßig entsprechend umgesetzt ist. Bereits ohne Opt-out darf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit trotz eben 48 h betragen, auch wenn man nur einen 40-Stunden-Vertrag hat. Gemäß dem §7 TVÄ/VKA (Absatz 6) ist der Arbeitgeber zur Anordnung von Überstunden, Mehrarbeit und Bereitschaftsdienst in diesem Rahmen berechtigt.

Bitte beachten, dass ich mich auf zwei unterschiedliche Normen beziehe: Zum einen das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und zum anderen den (beispielhaften) Tarifvertrag TVÄ/VKA. Weil die Paragraphen ähnlich sind, kann man da leicht durcheinander kommen.

Wenn der Arbeitnehmer eine Opt-out-Regelung rechtswirksam unterschrieben hat, kann die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit sogar über 48 h liegen.

"Nur 6 Tage im Monat wirklich frei" zu haben wäre innerhalb der von mir zitierten rechtlichen Normen aus meiner Sicht kein grundsätzliches Indiz dafür, dass der Dienstplan von SchneggeJule "unzulässig" wäre. Für rechtlich einwandfreie und individuelle Betrachtung müsstest du, SchneggeJule, dich von einem Rechtsanwalt beraten lassen, der ich ausdrücklich nicht bin. Ich bin bloß ein Arzt, der sich für solche Themen allgemein interessiert.

Aus eigener Erfahrung finde ich "6 Tage im Monat frei" sogar eine möglicherweise eher relativ großzügige Freizeit-Regelung in der Facharzt-Ausbildung zum Internisten. Ich glaube, dass in den meisten Kliniken für Innere Medizin bei einer Vollzeitstelle inkl. Bereitschaftsdiensten üblicherweise weniger als 6 Tage im Monat frei sind, sofern man nicht zusätzlichen Urlaub nimmt. Die Regelung, dass durch die Dienstplangestaltung für Arbeitstage am Wochenende automatisch irgendwann andermal Freizeitausgleich gegeben wird, gibt es in wenigen Kliniken immer noch; ich finde das aber eher außergewöhnlich. Von Ameos und von einzelnen Rehakliniken kenne ich solche Modelle teilweise. Abgesehen davon kann kann man versuchen, zu verhandeln, dass man mehr Freizeitausgleich möchte. Die Position als Arzt in der Inneren Medizin ist zur Zeit ja relativ stark; da sind manche Arbeitgeber zu Kompromissen / Entgegenkommen in der Hinsicht bereit. Man wird meistens auf gewisse Widerstände stoßen, da es für die Kliniken einfach normalerweise billiger ist, weniger Ärzte mehr arbeiten zu lassen als mehr Ärzten Freizeitausgleich zu gewähren.

Bezüglich der Frage
Wie sieht es bei euch aus? Ich habe in der FA-Ausbildung zum Internisten im Schnitt sicherlich viel weniger als 6 Tage im Monat frei gehabt, wenn man "frei vor Dienst" bevor man abends zum Nachtdienst geht und "Z.n. Dienst"-frei wenn man morgens um 7:30 aus dem Nachtdienst kommt nicht als freien Tag betrachtet. Es gab viele Monate, in denen ich nur 2 komplett freie Tage hatte (das allerdings ist rechtlich wahrscheinlich tatsächlich nicht zulässig gewesen). Meistens waren circa 3 bis 4 Tage frei (ohne Urlaub). Je kleiner das Haus, desto weniger freie Tage, weil sich die Dienste auf weniger Assistenten verteilten. Teilweise wurde auch versucht, mich für Monate komplett ohne freien Tag einzuteilen. Ich glaube aber, dass ich mich da jedesmal gewehrt und letzten Endes keinen Monat so gearbeitet habe.

Ich würde mich übrigens auch als freizeitorientierten Arzt betrachten und arbeite seit dem Facharzt auch bei weitem nicht mehr so viel. Aber als Weiterbildungsassistent ist man in dem Dilemma, dass man bei Teilzeit-Arbeit die Weiterbildung verlängert und gleichzeitig dem Chef und der Personalabteilung mehr ausgeliefert ist als als Facharzt. Ich habe irgendwann auch als WBA mehr Freizeitausgleich ausgehandelt, aber aus meiner Erfahrung heraus ist das normalerweise nicht einfach.

SchneggeJule
11.10.2018, 09:06
@Bremer: Im Gegenteil, ich habe vorher in einem kirchlichen Haus gearbeitet und dort die Opt-out-Regelung unterschrieben. Dort habe ich aber IMMER Ausgleich für Dienste am Samstag und Sonntag erhalten. Jetzt arbeite ich bei einem großen Konzern in einem kommunalen Krankenhaus und habe KEINE Regelung unterschrieben. Dafür darf ich jetzt mehr arbeiten.
@Pflaume: Danke für deine Erklärungen. Ich glaube, ich muss tatsächlich mal mit dem Marburger Bund über mein Arbeitsverhältnis reden. Und zu deinen letzten Abschnitten möchte ich nur sagen, dass ich Aussagen wie "möglicherweise eher relativ großzügige Freizeit-Regelung" oder "ich habe ..sicherlich viel weniger...frei gehabt" nicht gelten lasse. Es sollte nicht so sein, dass wir uns damit zufrieden geben. Das sind keine guten Arbeitsbedingungen!

OhDaeSu
11.10.2018, 10:56
Mal ganz ehrlich, redet ihr euch das schön oder findet ihr das wirklich akzeptabel? Ich arbeite auch 50-60h die Woche, aber die WEs sind ohne Diskussion frei und ich bekomm das Doppelte.

Heißt es nicht, die Arbeitgeber würden sich auf den steigenden Frauenanteil einstellen und in DE ausgebildete Ärzte hätten auf Grund der enormen Nachfrage eine tolle Verhandlungsposition? Und ihr müsst darum feilschen mehr als 4 freie Tage im Monat zu haben? Und das nicht mal an der Uni, wo man die Habil anstrebt oder so. Also alles nur wohlfeiles Gerede? Wenn ich sowas lese, dann muss ich der klinischen Medizin ja nicht nachtrauern.

Muriel
11.10.2018, 17:40
Krankenhausarbeit und alle bekommen ohne Diskussion frei sehe ich durchaus als problematisch an ;-)

OhDaeSu
11.10.2018, 22:41
Richtig, wer mehr als 2 freie Tage im Monat einfordert, gefährdet Menschenleben.

Muriel
12.10.2018, 17:16
Triff t wirklich total das, was ich schrieb. Anstrengend.

dr_notsure
12.10.2018, 19:04
Mal ganz ehrlich, redet ihr euch das schön oder findet ihr das wirklich akzeptabel? Ich arbeite auch 50-60h die Woche, aber die WEs sind ohne Diskussion frei und ich bekomm das Doppelte.

Heißt es nicht, die Arbeitgeber würden sich auf den steigenden Frauenanteil einstellen und in DE ausgebildete Ärzte hätten auf Grund der enormen Nachfrage eine tolle Verhandlungsposition? Und ihr müsst darum feilschen mehr als 4 freie Tage im Monat zu haben? Und das nicht mal an der Uni, wo man die Habil anstrebt oder so. Also alles nur wohlfeiles Gerede? Wenn ich sowas lese, dann muss ich der klinischen Medizin ja nicht nachtrauern.

In welchem Bereich bist du denn aktuell tätig?

OhDaeSu
13.10.2018, 19:09
Triff t wirklich total das, was ich schrieb. Anstrengend.

Am Kontext vorbei zu antworten, kannst du ja auch ganz gut. Sich dann über das Echo zu beschweren ist schlechter Stil.
Das es mir nicht um Wochenendarbeit an sich ging, liegt auf der Hand.

@notsure Strategieberatung,

Muriel
13.10.2018, 19:58
Ok...