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123Hallo1234
22.11.2018, 08:23
Hallo liebe Leute,

ich wollte für diesen speziellen Fall einen eigenen Thread aufmachen. Ich frage für einen Freund, der ein Urlaubssemester genommen hat wegen Krankheit. Anscheinend geht es noch dazu um eine psychische Krankheit, Depressive Episode. Er macht sich jetzt große Sorgen, dass er Probleme später bei Bewerbungen bekommt weil ja ab und zu auch nach Vorerkrankungen gefragt wird. Er möchte auf jeden Fall auch ordentlich was erreichen in seiner Laufbahn und das ganze hat ihn sehr zurückgeworfen, aber er tut alles um da komplett rauszukommen und für die Zukunft zu lernen wie man mit einem krassen Tief umgeht. Ich hab ihn erst mal beruhigt und ihm gezeigt dass gut 40% der Medizier irgendwann mal sowas haben auch wenn sie immer auf unverwundbar tun.

Nur er macht sich mega Sorgen, dass später in Fragebögen erhoben wird 'hatten sie mal eine psychische Erkrankung' oder dass er das in Gesprächen gefragt wird. Und dass man ihn dann wegen dem Stigma für nicht belastungsfähig genug hält. Das ist aber Humbug finde ich, weil er das studium immer sehr gut gemacht hat und seine Situation jetzt auch viel aus seinem privatleben entstanden ist.

Was meint ihr? Sorge berechtigt? Wass kann ihm passieren?

Ich würde ihn gern beruhigen.

Liebe Grüße

morgoth
22.11.2018, 09:57
Diese (Pauschal-)Fragen sind im Bewerbungsverfahren nicht zulässig, (erst recht) nicht in Form von Fragebögen. Bei der Prüfung der gesundheitlichen Eignung im Rahmen der Approbationserteilung (Untersuchung durch jeden Arzt möglich) muss/"sollte"er es wohl angeben, aber stellt in aller Regel kein Problem dar.

Edit: Anscheinend kann der Arbeitgeber sich in besonderen Fällen erkundigen, ob ein Bewerber chronisch-rezidivierend krank ist bzw. werden wird, aber das lese ich aus deinem Post auch nichtwirklich heraus.

123Hallo1234
22.11.2018, 10:32
Hey, danke für die nette Antwort! Nein, das ganze ist nicht chronisch. Genau deshalb macht er ja das Urlaubssemester, damit er auf keinen Fall Gefahr läuft dass daraus was längeres wird. Hast du noch mehr infos zu der approbationserteilung, bzw. einen link wo man das nachlesen kann?

roxolana
22.11.2018, 10:32
Zur Approbation: Mein Hausarzt hat mir den Wisch unterschrieben, ohne eine einzige Frage zu stellen.

Zum Bewerbungsgespräch: Ich wurde noch nie nach sowas gefragt, und mir wurden schon echt schräge Fragen gestellt ("Was sagt Ihre Mutter zu Ihrer Facharztwahl?"). Und ganz ehrlich, bei einem Laden, der im Bewerbungsgespräch so dreist ist, sich nach Vorerkrankungen zu erkundigen, würde ich auch nicht arbeiten wollen.

Also: Sorge unberechtigt, aber er sollte diese Sorge und die Gründe dafür auf jeden Fall im Rahmen seiner Therapie (ich hoffe, er macht eine) besprechen. Dieses Katastrophisieren passt ja gut zur Depression, er sollte diese Gedankengänge als Bestandteil seiner Erkrankung erkennen lernen.

Nessiemoo
22.11.2018, 15:54
Approbation: auch mir hat meine Hausärztin den Wisch unterschrieben und mir noch fachliche und persönliche Eignung darunter geschrieben :D

Bei Bewerbungsgesprächen gibt es auch Gesetze, die bestimmen wonach man da gefragt werden darf. Z.B Kinderwunsch gehört zu verbotenen Themen, genauso wie Vorerkrankungen - da hast du, auch wenn man danach gefragt wird, das Recht die Frage nicht zu beantworten oder zu lügen.

Und die Zukunftsängste und Sorge, dass man Probleme im Job kriegt etc kann auch ein Symptom von der Depression sein und wird ggf. mit Therapie besser.

WackenDoc
22.11.2018, 16:31
Eine durchgemacht Depression ist kein Grund jemandem die Bescheinigung für die Approbation zu bescheinigen. Es geht da eher drum, dass du nicht gerade medikamentensüchtig bist, dass du nicht gerade ne aktive Psychose hast etc.

morgoth
23.11.2018, 13:42
Hey, danke für die nette Antwort! Nein, das ganze ist nicht chronisch. Genau deshalb macht er ja das Urlaubssemester, damit er auf keinen Fall Gefahr läuft dass daraus was längeres wird. Hast du noch mehr infos zu der approbationserteilung, bzw. einen link wo man das nachlesen kann?
Das könnt ihr relativ leicht ergoogeln ("gesundheitliche Eignung Approbation").
Entsprechende Formularvordrucke sollten die zuständigen Behörden der meisten Bundesländer bereit stellen.
Letzten Endes muss irgendein Arzt bescheinigen, dass keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die betreffende Person
in gesundheitlicher Hinsicht zur ordnungsgemäßen Ausübung des Berufs ungeeignet ist.
Natürlich kann man an einen Arzt von der zwanghaften Art geraten, der erstmal akribisch alle Anhaltspunkte anamnestisch/untersuchungstechnisch abklopft; in aller Regel wird das aber relativ komplikationslos bescheinigt. Eine Erkrankung irgendeiner Art stellt ja auch erstmal keine gesundheitliche Nicht-Eignung dar.

jinkxed
23.11.2018, 13:50
jetzt bin ich neugierig geworden, ist eine aktive chronische Depression denn ein Hindernisgrund eigentlich?

morgoth
23.11.2018, 14:21
Wie so oft ist hier unsere aktuelle Denkweise nach ICD nicht sehr hilfreich. Natürlich ist eine bestimmte Diagnose (F32, F33, F34) kein Hinderungsgrund. Allerdings können bei bestimmten Funktionseinschränkungen nach ICF durchaus problematischere Fälle entstehen. Wenn beispielsweise jemand mit einer schweren depressiven Symptomatik relevante gedankliche Einengungen hat (bis hin zur dauerhaften wahnhaften Beschäftigung mit eigenem Versündigungserleben) und diese Symptomatik entweder überhaupt nicht auf eine Behandlung anspricht bzw. der/die Betroffene eine Behandlung vehement ablehnt, dann wird es mit einer ärztlichen Tätigkeit kritisch. Das Beispiel ist aber schon an den Haaren herbeigezogen. :)

Grundsätzlich würde ich bei den meisten psychiatrischen Erkrankungen davon ausgehen, dass wenn der/die Betroffene einen verantwortungsvollen Umgang damit zeigt, und bspw. bei schizophreniformen Frühwarnzeichen selbständig zum Facharzt geht und dort die Medikation optimiert wird und ggfs. auch eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wird, kein Hinderungsgrund für eine ärztliche Tätigkeit (im "gesünderen" Zustand) besteht. Die o.g. Suchtmittelabhängigkeit ist natürlich sehr knifflig, und einen solchen Fall hatte ich bisher noch nicht. Teilweise wird auch von anderen Stellen die Latte sehr hochgehangen, d.h. ein Arzt muss eine Person sein, zu der die Allgemeinheit unbedingtes Vertrauen haben muss, daher wird ja auch die Möglichkeit eingeräumt, bei nicht-ärztlichen Vergehen (Steuerhinterziehung, …) die Approbation in Ausnahmefällen zu entziehen. Diesbezüglich muss aber festgestellt werden, dass das natürlich den Rahmen einer einfachen Gesundheitsuntersuchung beim Arzt vollständig sprengt und Aufgabe entsprechender Behörden bzw. der Heilberufsgerichtbarkeit ist.

123Hallo1234
21.08.2019, 16:06
Hallo liebe Leute,

ich schreibe mal das Ende der Geschichte hinein, falls jemand in ähnlicher Situation auf den Thread hier stößt. Roxolana hat vollkommen Recht - das Katastrophisieren IST Teil der Depression gewesen, auch wenn er das damals noch nicht so verstanden hat! Es ist wohl wie als wäre man verliebt ; man sieht in dem Moment nicht, wie schief man denkt.
Das Urlaubssemester war das Beste, was er machen konnte. Nach ungefähr der Hälfte war alles wieder echt entspannt und er hat sich selber gefragt, was bei ihm los war. Er hat dann ehrenamtlich in einem Obdachlosenheim gearbeitet und er glaubt, das ganze hat ihn deutlich wachsen lassen - bei Patienten hilft es ihm sogar, sie besser zu verstehen. Depressionen sind ja extrem oft Begleiterkrankung. Er hat jetzt übrigens trotz Urlaubssemester und Depression den Platz bei der Studienstiftung bekommen :) Im Auswahlgespräch (ca. am Ende des Urlaubssemesters) wurde nur einmal nett gefragt und nichts detailliertes und es wurde betont dass das auf die Auswahl keinen Einfluss hat. Die Krankheit wurde mit keinem Wort erwähnt. Auch bei den Famulaturen hat er keine Nachfragen bekommen - wie gesagt, alles sieht blendend aus!

Hätte er das Urlaubssemester nicht gemacht, wäre es noch schlimmer geworden, er wäre wahrscheinlich durch seine Klausuren gefallen und super gestresst bei der Studienstiftung angekrochen - so hätte das wahrscheinlich dann nicht geklappt!

Also wer immer in so einer Situation steckt - nehmt das Urlaubssemester. Und dann mit frischem Wind weiter :)

Er meinte man sieht dann auch plötzlich, wie viele Leute solche Probleme haben. Man wird sensibler

Also damit schließe ich den Thread. Danke an alle und liebe Grüße! Passt auf euch auf!