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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der erste Arbeitsvertrag - Hilfe



Joolz
23.11.2018, 16:51
Halli Hallo,

ich werde wohl im Januar meine erste Stelle antreten. Jetzt kam mein Arbeitsvertrag und ich habe mich bei einer Passage gefragt, ob das so üblich ist. In der Forensuche konnte ich leider nichts so richtig passendes finden.

Die Passage, die mich ein wenig erschrocken hat ist in der Fortbildungsvereinbarung.
Dort steht, dass ich verpflichtet bin (sofern ich den Arbeitsvertrag kündige oder die Beendigung zu verantworten habe) die Aufwendungen der Weiterbildung zu ersetzen und zwar im ersten Jahr nach der Weiterbildung voll, im Zweiten zu 2/3 und im Dritten zu 1/3.
Ist das eine übliche Formulierung für einen Weiterbildungsvertrag? Ich finde das schon sehr seltsam, zumal ich ja gar nicht weiß, was genau das für Kosten sind (nur externe Fortbildungen oder alles). Da können ja in 5 Jahren Weiterbildung vermutlich einige Kosten zusammenkommen.


Dass man sich wegen Verträgen auch an den Marburger Bund wenden kann weiß ich, aber da es Freitag Abend ist wollte ich jetzt mal hören wie das bei euch so ist/war.

Brutus
23.11.2018, 17:41
In meinen bisherigen Verträgen war das definitiv nicht drin.
Würde ich auch ändern lassen. Das ist Risiko des AG. Wer die Musik bestellt, der zahlt sie auch. Wenn der AG will, dass Du die FK Röntgen machst oder die ZB Notfallmedizin, dann zahlt er die auch. Egal, ob Du nach 1, 2 oder 3 Jahren die Stelle wechselst. Zumal Du ja u.U. auch wechseln MUSST, um z.B. fehlende Weiterbildungsinhalte zu vervollständigen.
Auf jeden Fall lass den MB mal drübergucken. Die machen dann ein nettes Schreiben fertig.
Oder Du streichst selbst die Klausel durch und gibst es dann so unterschrieben zurück. Habe ich bei meinem letzten AG gemacht. Wurde akzeptiert und neu, ohne die Klauseln, ausgedruckt und erneut zur Unterschrift zugeschickt... ;-)

WackenDoc
23.11.2018, 17:52
Sind die "Aufwendungen der Weiterbildung" genauer definiert?

Ich kenne das tatsächlich, dass es solche Klauseln gibt. Aber da sollte man genau wissen, WAS man denn im Falle des Falles zurückzahlen soll. In der Medizin betrifft das aber eher teure Spezialausbildungen.

Bei der Bundeswehr gibt es eine vergleichbare Klausel (da ist es aber noch komplizierter), mein letzter hatte es nicht und mein aktueller auch nicht. Und da sprechen wir alleine für den Abschluss der Weiterbildung von insgesamt 6x 1,5 Wochen Arbeitszeit plus Lehrgangskosten von jeweils oberer 3-stelliger Betrag plus Hotel- und Fahrtkosten im gleichen Bereich.
Achso- nein, ich habe nicht vor meinen aktuellen AG in absehbarer Zeit zu verlassen.

Shizr
23.11.2018, 17:53
Ist das eine übliche Formulierung für einen Weiterbildungsvertrag?
Ganz sicher nicht.

Ich finde das auch zu unbestimmt. Was sind "die Aufwendungen der Weiterbildung"?
Selbst wenn's nur externe Fortbildungen wären, wäre das eine ziemlich unübliche und m.E. auch unangemessen benachteiligende Klausel. Ich bezweifle, dass der Arbeitgeber eine Kündigung mit solchen handfesten wirtschaftlichen Konsequenzen verknüpfen darf.


Ich würde das so definitiv nicht unterschreiben.

Und ich würde mich ehrlicherweise auch fragen, was ein Arbeitgeber, der dir im Arbeitsvertrag solche Kamellen um die Ohren haut, möglicherweise noch für hässliche Überraschungen in petto hat.

Moorhühnchen
23.11.2018, 18:34
Bei uns steht das genauer definiert im Tarifvertrag drin. Kann ich morgen mal abfotografieren.
Wenn es nicht im Arbeitsvertrag drin steht, würde ich mal im TVÄ nachgucken... im TV Diakonie ist es jedenfalls genauer definiert drin!

Bei einer meiner Stellen war es mal so, dass man mir den NA-Kurs bezahlen wollte, wenn ich mich mindestens 3 Jahre verpflichte, dort zu bleiben. Habe dankend abgelehnt, selbst gezahlt und nach 12 Monaten war ich auch schon wieder weg. Immerhin konnte ich den Kurs so aber auch direkt in meiner ersten Arbeitswoche absolvieren. (Habe den Schein letztlich nie gemacht, aber egal ;-))

Brutus
23.11.2018, 20:51
Ist das eine übliche Formulierung für einen Weiterbildungsvertrag?
Also, ich habe noch einmal ein bisschen gesucht. Diese Klausel entspricht so ziemlich genau derjenigen, die z.B. die Fachweiterbildungsteilnehmer in der A&I regelmäßig unterschreiben. Dass sowas bei Ärzten im Vertrag steht ist m.E. nicht üblich und würde ich so auch nicht unterschreiben. Du arbeitest (!) voll in der Weiterbildung und es ist ja durchaus üblich, dass man in der Weiterbildung oder direkt danach wechselt! Was wollen sie denn machen, wenn Du wechseln MUSST? Also das würde ich auf jeden Fall vom MB prüfen lassen. Und mit dem Chef / Personalabteilung reden, dass der Passus gestrichen wird.
Die Weiterbildungsteilnehmer in der Fachpflegeausbildung stehen dem AG ja regelmäßig NICHT zur Verfügung (Schule, Einsätze in anderen Kliniken). Das unterscheidet die Ausbildung im Vergleich zur FA-Weiterbildung ja ganz erheblich.
Und in meinen Augen ist es schon grenzwertig niederträchtig, wenn man sich so die Mitarbeiter an sich binden will.
:-meinung

Brutus
23.11.2018, 21:19
Und nochmal ich:

Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Der Mitarbeiter ist gem. § 11 Abs. 4 Satz 3 DRK-TV verpflichtet, dem Arbeitgeber die Aufwendungen der Fort- und Weiterbildung zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis auf seinen Wunsch oder aus einem von ihm zu vertretenden Grunde endet.

Der tarifliche Rückzahlungsanspruch besteht indes nur für Fort- und Weiterbildungen, die eine Vergütungsrelevanz haben. D.h. der Mitarbeiter nimmt an einer Fortbildung teil, die ihn befähigt, eine weitere (höhere) Qualifikation zu erwerben, die die Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe rechtfertigen würde (z.B. bei Pflegekräften – Fortbildung zur Hygienefachkraft als Zusatz- oder Fachausbildung).

Kurze Qualifizierungsmaßnahmen beispielsweise innerbetriebliche Fortbildungen, gelten nicht als Fort- und Weiterbildung in diesem Sinne und lösen daher keine Rückzahlungsverpflichtung aus, denn sie dienen nur der Auffrischung oder Anpassung vorhandener Kenntnisse.
==> https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/drk-tv-2114-qualifizierungs-bzw-rueckzahlungsvereinbarung_idesk_PI13994_HI2806779. html
Damit ist das für die Weiterbildung i.S.v. WBA für eine Facharztqualifikation im Grunde genommen unerheblich.
Ich gehe davon aus, dass Du einen WB-Vertrag bekommen hast. Dieser gilt für die Zeit bis zur bestandenen FA-Prüfung. Danach muss man Dir eh einen FA-Vertrag geben, der dann meist unbefristet ist. Damit hätte sich dieser Passus erledigt. Und IN der Weiterbildung hast Du von den Fortbildungen ja nichts. Du bekommst nicht mehr Geld weil Du die FK / ZB gemacht hast. :-nix

Joolz
24.11.2018, 12:36
Vielen Dank für eure Ausführungen :) Dann werde ich mich am Montag Morgen wohl mal mit dem Marburger Bund in Verbindung setzen und dann mit der Personalabteilung in Kontakt treten.
Der Träger der Klinik ist leider ein privater, von der Abteilung und von Team her passt es für mich aber gefühlsmäßig wirklich gut. Es wäre schon irgendwie schade, wenns jetzt an sowas scheitert, aber so werd ich das nicht unterschreiben.

@Brutus: Wenn man nach deinem Zitat geht wäre das ja bei mir maximal die FoBi Notzfalllmedizin, die ne Vergütungsrelevanz hat schätze ich. Aber trotzdem, der Absatz soll raus..

Jukka666
26.11.2018, 22:32
@Joolz:
Glaube ich persönlich bzgl. der ZB Notfallmedizin in deinem Fall auch nicht. Denn wie Brutus schön rausgefunden hat, soll eine rückvergütungspflichtige Fobi ja dein ENTGELT steigern. Notarzt fahren, selbst wenn als Dienstaufgabe vorgesehen, lässt dich ja nicht in eine höhere Tarifstufe, spricht Entgeltgruppe aufsteigen. Du verdienst zwar mehr Geld, aber das ist entweder dein Privateinkommen über selbst abgerechnete Einsätze, oder der Arbeitgeber beteiligt dich an den Einsätzen etc. Kein Unterschied zu NA-fahren in deiner Freizeit.

Ich wär ganz entspannt und würde das streichen lassen. Und wenn sie es nicht streichen wollen, informieren bei Kollegen, welche FoBis jetzt genau damit gemeint sind.
In der WB-Zeit gibt es nicht so viele Zusatzqualifikationen, die imminent wichtig sind. Meistens sind das Notfallmedizin, die Fachkunde Strahlenschutz (woran der AG ein hohes Interesse hat und das meist voll übernimmt) und Sono-Kurse oder praktische Kurse. Vergütungsrelevant hab ich da noch nie erlebt...

Joolz
28.11.2018, 15:54
Ich hab das mit meinem Chefarzt geklärt. Er hat wohl ohnehin mit der Geschäftsführung die Abmachung, dass seine Assistenten nichts zurückzahlen müssen und mir angeboten, das zu ändern. War jetzt eigentlich völlig problemlos.

tarumo
29.11.2018, 06:51
Ich hatte den Passus zu Anfang auch in den Verträgen drin (es waren "angelehnte", scheint dort wohl so üblich zu sein). Es wurde weder bei mir noch den KollegInnen, die gekündigt hatten, jemals eine Rückforderung gestellt. Und das waren einige...Da es ja mittlerweile auch nur noch drei FB-Tage pro Jahr sind, laufen da auch keine Beträge auf, für die man einen Rechsstreit beginnen müßte. Und wenn doch, hätte ich einfach argumentiert, daß ich ja gerne am Hause geblieben wäre, aber leiderleider wg. Nichtweiterbildung, "Malrotation" auf Funktion , unverschämten Chef, Nichteinhaltung des AZG, Arbeitsüberlastung oder whatsever (beliebigen Grund aus dem Forum hier nehmen) nur noch die Kündigung übrigblieb...
Da man ja als KH-Assistenzarzt selbst bei grober Unfähigkeit IMHO eher selten vom AG gekündigt wird, kann man wohl unterstellen, daß die überwältigende Anzahl der Stellenwechsel vom AN ausgeht- und man schon davon gehört hätte, wenn ein solcher, nicht seltener Passus, flächendeckend durchgesetzt würde. Insofern kann man also getrost Entwarnung geben.
Zumal ja die überwiegende Anzahl der Fortbildungen, erst recht in jungen Jahren, auch primär den AG-Interessen dienen dürfte als den eigenen (wer betreibt schon privat einen Ultraschall, Röntgenanlage oder NA-Standort?).