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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bildungsurlaub vs. Fortbildungstage



Sealwolf
04.12.2018, 14:49
Hallo liebes Forum!

Da meine Frau (im öff. Dienst, keine Ärztin) mir gerade von ihrem Bildungsurlaub schwärmt (Entspannungskurse..), habe ich mich gefragt, ob Bildungsurlaub auch für Ärzte möglich ist?
Ich bin angestellt in einer Praxis, im Vertrag sind fünf "Fortbildungstage" pro Jahr vereinbart. Ist damit das Recht auf Bildungsurlaub abgegolten oder hat man das "on top", hat jemand Erfahrungen?

Danke und liebe Grüße!
S.

WackenDoc
04.12.2018, 16:49
Bildungsurlaub ist "on top" und gilt nicht deiner fachlichen Fortbildung, sondern deiner persönlichen Bildung.

tarumo
06.12.2018, 08:59
Hängt vom Bundesland ab. In Bayern und Sachsen ist per Gesetz gar kein Bildungsurlaub vorgesehen, in Baden-Württemberg dagegen fünf Werktage, in Berlin darf es noch ein zusätzlicher Tag für politische Bildung sein...
Wie das in der Realität gehandhabt wird, ist sicher unterschiedlich. Die fünf Tage liegen z.B. schon über den kläglichen drei Tagen Fortbildung, die der MB vereinbart hat, und dürfen noch dazu "fremd" genutzt werden. IMHO müßte Landesgesetz über Tarifvertrag stehen. Vielleicht hat ja schon jemand einen einwöchigen Töpferkurs in der Toskana bei seinem KH-Träger beantragt?

hebdo
08.12.2018, 07:23
Eine Freundin (Allgemeinmedizin) hatte vor einigen Monaten eine 5tägige Ayurveda-Yoga-Selbstfindungsreise gemacht und wird sie steuerlich als Fortbildung absetzen.

Feuerblick
08.12.2018, 07:56
In Hessen sind es fünf Tage. Die Veranstaltung muss offiziell als Bildungsurlaub anerkannt sein - meist ist das politische oder sprachliche Weiterbildung. Und dann muss der Arbeitgeber noch mitspielen... Zumindest das scheint oft ein Problem zu sein. Bisher habe ich nichts gesehen, was anerkannt wäre und mich interessiert hätte :-nix

WackenDoc
09.12.2018, 10:18
Man müsste in der jeweiligen Landesgesetzgebung nachlesen, ob der AG die freien Tage für Bildungsurlaub genehmigen MUSS. Im VHS-Programm hab ich öfter "Bildungsurlaub" gelesen. Meist halt einwöchige Kompaktsprachkurse.

tarumo
10.12.2018, 13:15
Für Hessen:
https://www.verdi-bw-hessen.de/page.php?k1=main&k2=seminare&k3=freistellungsgrundlagen&k4=bildungsurlaubsgesetz

Ganz klipp und klar geregelt, der AN hat Anspruch (!) ggü. dem AG auf Freistellung für bezahlte (!!) Fortbildung. DAS wäre mal ein spannendes Thema für den MB, statt drei Tagen FoBI (von denen vielleicht auch noch 1x Strahlenschutzfortbildung ist) eine Woche bezahlten Yoga oder Töpferkurs in der Toskana. Aber solange keiner klagt, scheinen ja alle zufrieden zu sein.

Feuerblick
10.12.2018, 14:29
Tja, sag das mit dem Anspruch mal den Arbeitgebern. Wenn denen das Thema nicht passt, dann ist die Freistellung aus betriebsinternen Gründen einfach mal nicht möglich.

Pflaume
10.12.2018, 21:37
Tja, sag das mit dem Anspruch mal den Arbeitgebern. Wenn denen das Thema nicht passt, dann ist die Freistellung aus betriebsinternen Gründen einfach mal nicht möglich.

Das Schöne in der Hinsicht ist, dass mehrere Bundesländer in ihren entsprechenden Verordnungen / Gesetzen zum Bildungsurlaub festgelegt haben, dass der Bildungsurlaub genehmigt ist, sofern der Arbeitgeber nicht innerhalb angemessener Zeit widerspricht. Und zwar schriftlich und begründet. Und dafür sind lustigerweise die meisten Verwaltungen tatsächlich zu blöd. Diese "angemessene Frist" ist teilweise nicht festgelegt, aber allgemein wird gerichtlich alles, was über 4-6 Wochen hinausgeht, als nicht mehr angemessen angesehen. D.h. wenn man nicht innerhalb von 6 Wochen einen schriftlichen und begründeten Widerspruch bekommen hat, dann kann man getrost davon ausgehen, dass es genehmigt ist. Abgesehen davon ist es normalerweise so, dass, wenn der Bildungsurlaub im einen Jahr aus betrieblichen Gründen verwehrt wird, der Arbeitgeber im kommenden Jahr den Bildungsurlaub (sofern man den direkt / zeitnah beantragt) nicht mehr verwehren darf. Darüberhinaus kann man in einigen Bundesländern, wenn der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen im einen Jahr verwehrt, die 5 Tage ins kommende Jahr übertragen und dann somit im Folgejahr 10 Tage in Anspruch nehmen, die *nicht* aus betrieblichen Gründen verwehrt werden können. Allerdings gilt das nur für Kurse, die ausdrücklich als sogenannter "verblockter" Bildungsurlaub von 2 Wochen Dauer anerkannt sind.

Diese ganzen Spielereien bringen meiner Meinung nach nichts, solange man eh noch in der Weiterbildung ist und sowieso irgendwelche Freistellungen für andere Fortbildungskurse beantragt. Wenn man dabei aber durch ist und nichts Bestimmtes vorhat, kann man sich aber überlegen, ob man das mal so machen will. Ist natürlich auch ein gewisses Anlegen mit der Verwaltung usw., wie gesagt, muß jeder selbst entscheiden, ob er es will. Aber funktionieren tuts meistens, schon deshalb, weil sich im Krankenhaus fast keiner traut, die Verwaltungen damit keine Erfahrungen haben und somit zu blöd sind, es sich erfolgreich vom Leib zu halten.

Natürlich in dem Fall immer schön bei Beantragung des Bildungsurlaubs darauf achten, dass man alle im jeweiligen Gesetz genannten Formalien eingehalten hat, und sich den vollständigen Eingang des Antrags bei Abgabe von der Personalabteilung bestätigen lassen.

Feuerblick
11.12.2018, 04:32
Ich habe bisher selbst noch nicht versucht, Bildungsurlaub zu bekommen, hätte mich aber sicher nicht wie einige Kolleginnen abspeisen lassen. Argument war unter anderem wohl, dass das Thema keinen Bezug zum Job (WTF????) habe. Ich hätte wohl auch der Personalabteilung mal erklärt, wie das so gemeint ist, mit dem Bildungsurlaub. Bisher hat mich aber das Angebot nicht wirklich angemacht....

Moorhühnchen
11.12.2018, 06:09
Ich habe angeblich mit dem Arbeitsvertrag unterschrieben, dass ich auf den Bildungsurlaub verzichte und dafür mehr Fobi-Tage habe (ich meine, es wären bei uns 7, habe die aber noch nie komplett ausgenutzt).
Im ersten Jahr an meiner Klinik habe ich dann mal den Wisch zur "Übertragung der Bildungsurlaubstage ins Folgejahr" ausgefüllt und da wurde mir dann der Zusatzzettel vorgelegt, von dem ich nichtmal wusste, dass ich ihn unterschrieben hatte. Mit dieser Regelung ist der Bildungsurlaub mit den Fobi-Tagen abgegolten und diese sind nicht auf das Folgejahr übertragbar. Auch lustig. :-))

Muriel
11.12.2018, 08:35
Ihr fixt mich hier echt an. Hatte noch nie bisher davon gehört, dass es so etwas gibt. Für NRW habe ich eben einen Intensivsprachkurs für eine Woche gefunden, der in Kleingruppen mit sechs Personen oder so 190€ für fünf Tage (de facto nichts) kostet. Wäre ich noch in der Klinik, hätte ich morgen den Antrag abgegeben. In der Praxis ist das irgendwie anders, hmpfm.

abcd
12.12.2018, 12:06
Ich habe mich noch nie näher damit beschäftigt und stolpere aber in Ba-WÜ über u.g. Paragrafen und frage mich, ob bei tariflich bestehenden Fortbildungstagen, dann der Bildungurlaub wegfällt. Wie versteht ihr das?

§ 5 Verhältnis der Bildungszeit zu anderen Freistellungen

(1) Der nach diesem Gesetz bestehende Anspruch auf Bildungszeit ist ein Mindestanspruch. Andere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträge über Freistellungen zum Zwecke der Weiterbildung bleiben davon unberührt.

(2) Freistellungen, die aufgrund der in Absatz 1 genannten Regelungen erfolgen, werden auf den Anspruch auf Bildungszeit angerechnet, wenn durch sie die Erreichung der in § 1 niedergelegten Ziele ermöglicht wird und während der Freistellung ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts besteht. Eine Freistellung wird nicht angerechnet, wenn die Weiterbildung der Einarbeitung auf bestimmte betriebliche Arbeitsplätze oder überwiegend betriebsinternen Erfordernissen dient.

Pflaume
12.12.2018, 13:22
Ich habe mich noch nie näher damit beschäftigt und stolpere aber in Ba-WÜ über u.g. Paragrafen und frage mich, ob bei tariflich bestehenden Fortbildungstagen, dann der Bildungurlaub wegfällt. Wie versteht ihr das?

Ja, das ist so. Den im §5 zitierten §1 hast du nicht mit gepostet, aber da steht eben drin, dass der Bildungsurlaub unter anderem auch der beruflichen Weiterentwicklung dienen kann, und damit sind berufliche Fortbildungen dann natürlich anrechenbar. Ist in meinem Bundesland genauso.

Außerdem sind wiederum in den einschlägigen Tarifverträgen Klauseln enthalten, die bestimmen, dass andersrum auch der Bildungsurlaub auf die tarifvertraglich zugesicherten Fortbildungstage angerechnet wird. Zum Beispiel

Zur Teilnahme an medizinisch wissenschaftlichen Kongressen, ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen und ähnlichen Veranstaltungen ist der Ärztin/ dem Arzt Arbeitsbefreiung bis zu drei Arbeitstagen im Kalenderjahr unter Fortzahlung des Entgelts zu gewähren. Die Arbeitsbefreiung wird auf einen Anspruch nach den Weiterbildungsgesetzen der Länder angerechnet. Bei Kostenerstattung durch Dritte kann eine Freistellung für bis zu fünf Arbeitstage erfolgen.

Ein gewisser Vorteil des Bildungsurlaubs gegenüber dem Fortbildungsfrei ist meiner Meinung nach, dass bei Arbeitgebern eine relativ geringe Hemmung besteht, kurzfristig gewährte Fortbildungsfrei-Tage zu stornieren und jemanden aus Personalmangel dann doch arbeiten zu lassen, oft sogar ohne die Kosten für die Fortbildung zu ersetzen. Inwieweit das legal ist oder nicht, möchte ich hier nicht diskutieren. Beim Bildungsurlaub ist halt aber ganz klar und schön im Gesetz drin, dass der Bildungsurlaub nach der Genehmigung - also wenn nicht rechtzeitig innerhalb von 4-6 Wochen dem Antrag widersprochen wird - unverrückbar feststeht.

Ein weiterer Vorteil des Bildungsurlaubs ist, dass bei Fortbildungsfrei der Arbeitgeber im allgemeinen nur den Lohn (8h pro Tag) weiter bezahlt, während zumindest in meinem Bundesland an den Tagen, an denen Bildungsurlaub genommen wird, der Arbeitgeber ganz klar das entsprechende Durchschnittsgehalt pro Tag der letzten 3 Monate bezahlen muß (also so wie bei Urlaub und Krankheit). Das sind ja locker (je nach Dienstbelastung) 20 bis 50 Euro pro Tag mehr und somit auf 5 Tage im Jahr doch eine erhebliche Summe, die die Fortbildungskosten unter Umständen locker bezahlt.

Dafür bekommt man beim Bildungsurlaub natürlich die Kosten für die Fortbildung selbst normalerweise nicht vom Arbeitgeber ersetzt, bei den Fortbildungstagen unter Umständen (je nach Arbeitgeber) schon.

Ich schrieb ja oben schon, dass sich das mit dem Bildungsurlaub erst nach der abgeschlossenen Weiterbildung so richtig lohnt. Vorher macht man ja meistens so viele doch vom Arbeitgeber unterstützte Fortbildungen (Strahlenschutzkurs, Notarztkurs, Sonokurs, Intensivkurs, ...), dass der Bildungsurlaub noch nicht so Thema wird.

WackenDoc
13.12.2018, 15:39
Naja- im §5 steht ja, dass die Fortbildung nicht angerechnet wird, wenn sie überwiegend betrieblichen Erfordernissen dient.

Also Strahlenschutz dürfte betrieblichen Interessen dienen. Der Notarztkurs- kommt wohl drauf an. PALS-Kurs, wenn du keine Kinder betreust ist dann eher persönliche Weiterbildung.

Markus-HEX
09.09.2020, 11:52
Da aktuell die Urlaubsplanung für 2021 ansteht, in der man auch Fortbildungen etc einreichen muss, spiele ich mit dem Gedanken, auch bildungsurlaub einzureichen.

dieser Thread ist ja jetzt 2 Jahre alt, gibt es Erfahrungen (am liebsten aus Niedersachsen im Haus mit kirchlicher Trägerschaft)?

sparta144
05.02.2022, 10:33
Ich möchte diesen Thread nochmals auffrischen :)
Habe bereits 5 Tage Fortbildung für das Jahr 2022 genehmigt bekommen. Würde gerne zusätzlich den Notarztkurs für die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin machen, dazu bräuchte ich 5 weitere "freie Tage". Da 10 Tage im Jahr vom Arbeitgeber wahrscheinlich nicht genehmigt wird und zumal Ende des Jahres ein Stellenwechsel bevorsteht, möchte ich ein Bildungsurlaub beantragen. Gibt es aktuelle Erfahrungen bzgl. Bildungsurlaub? Grüße

Moorhühnchen
10.09.2023, 22:31
https://www.bildungsurlauber.de/

Bin gerade mal wieder über den Threadtitel gestolpert und mir ist eingefallen, dass ich da neulich diese Seite gefunden hatte....
Da sind schon einige interessante Reisen und Kurse dabei! :-)

Ich hab leider bisher auch noch nie Bildungsurlaub beantragt, aber wenn ich das Angebot so sehe, sollte ich nochmal in mich gehen! :-))