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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : ambulante NFA-Patienten stationär abrechnen



hipo
07.12.2018, 19:04
Hallo zusammen - immer wieder gibt es ja mal Patienten in der NFA, die lange dort sind - 5, 10 oder auch mal 15 Stunden. Die Gründe sind vielfältig - ein Patient entscheidet sich nach ein paar Stunden doch gegen eine Aufnahme, es zeigt sich im Verlauf der Nacht, dass eine Aufnahme nicht notwendig ist, oder er kommt nachts einfach nicht mehr zu seiner Wohnadresse und man lässt ihn in einer Ecke schlafen. In meinem Haus gibt es dann manchmal den Hinweis es wäre aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt, solche Patienten dann pro forma auf ein Station zu buchen - auch wenn sie in der NFA bleiben. Der Unterschied in der Abrechnungsmöglichkeit dürfte dreistellig sein. Ich finde es aber wenigstens sehr fragwürdig, bzw. frage mich bei welchen Patienten es Sinn macht, und bei welchen überhaut nicht.

Relevante Urteile scheinen eine Aufnahmedauer von 24h, sowie das eingebunden sein in den Krankenhausablauf, als Voraussetzung für die Möglichkeit der Abrechnung als stationären Fall zu sehen. Sollte das Haus geprüft werden, könnte eine reguläre Abrechnung von "Übernachtungsgästen" als stationär meiner Meinung nach einfach dazu führen, dass größere bereits einkalkulierte Summen zurück gezahlt werden müssen.
"Ein Eingriff findet demgemäß nur "ambulant" iS des § 115b SBG V statt, wenn der Patient die Nacht vor und die Nacht nach dem Eingriff nicht im Krankenhaus verbringt"

https://www.medcontroller.de/judgements/bundessozialgericht-b-3-kr-403-r/

https://www.medcontroller.de/2014/01/15/tagesfall-stationar-oder-nicht/

Von Moral möchte ich da noch gar nichts sagen. Ich will das hier mal trocken betriebswirtschaftlich-sachlich halten. Wäre natürlich auch eine Wette auf das Risiko, an dem Punkt geprüft zu werden - oder eben nicht. Scheint auf der anderen Seite aber auch ein alter Hut zu sein. Was sind da zu erwartende Strafen?

Hat jemand von euch Erfahrung damit? Meinungen?

Nessiemoo
07.12.2018, 19:19
Hm bei uns gibt es die ambulante Notaufnahme und die Notaufnahmestation (mit Betten etc), da kann man (soviel ich weiß) Patienten auch stationär (oder sogar wie auf IMC/Intensiv) abrechnen, wenn die da übernachten. Das scheint durchzugehen ^^.
Wahrscheinlich kriegt man eher Probleme, wenn man einen Patienten auf Flur eines Stations bucht, und er war physisch nie da... Weil e s sind ja dann wirklich viele Dokumente (Stationsakte, pflegerische Aufnahme, Pflegeverlauf), die fehlen.

anignu
07.12.2018, 20:50
Bei uns haben die das mal versucht und dann wurde es ihnen vom MDK wieder um die Ohren gehauen...

hipo
08.12.2018, 09:47
Wie hat das "um die Ohren gehauen" ausgesehen? Rückzahlung? Strafe? Ermahnung? Und wer musste sich verantworten/ Konsequenzen tragen? Der Geschäftsführer? Der Assistenzarzt in der Ambulanz? Die Schwester im Patientenbüro?

Feuerblick
08.12.2018, 10:25
Um die Ohren gehauen = Krankenkasse zahlt nicht.
Wenn nicht ersichtlich ist, dass der Patient die Mittel der stationären Versorgung brauchte (und man dann auch noch die Uhrzeit sieht, wann aufgenommen und wann entlassen wurde... das wird ja alles erfasst), dann zahlt die Kasse schlichtweg nicht.
Ich würde es gar nicht erst versuchen. Die Kassen bekommen solche ja systematischen „Fehlbuchungen“ sehr schnell spitz, der MDK prüft das dann und das wars.

hipo
08.12.2018, 10:50
Würde bei einer "Fehlbuchung" überhaupt nichts gezahlt werden, oder wenigstens noch die Kosten für einen ambulanten Patienten? Und wie sieht's mit Strafen aus?

Jule-Aline
08.12.2018, 11:04
Ich könnte mir vorstellen,dass der Pat.ambulant abgerechnet wird.

Feuerblick
08.12.2018, 11:23
Vermutlich wird ambulant abgerechnet. Strafen wird es erstmal nicht geben. Es sei denn, es wäre systematisch und in großem Ausmaß geschummelt worden.

anignu
08.12.2018, 12:21
Ich könnte mir vorstellen,dass der Pat.ambulant abgerechnet wird.
Genau. Das wird dann auf ambulant umgewandelt....

Pflaume
08.12.2018, 16:12
Letzten Endes wurde in meiner letzten Klinik (internistische Aufahme) bei einer großen Anzahl von Fällen (sicherlich nicht die Mehrheit der Fälle, aber wahrscheinlich die, die dem MDK auffielen) geprüft, ob eine stationäre Aufnahme "a priori" nötig erschienen war / zu rechtfertigen war (möglicherweise, bevor endgültige Untersuchungsergebnisse vorlagen, die eine ambulante Behandlung dann rechtfertigten), und ob eine stationäre Aufnahme erfolgt war. Ob eine stationäre Behandlung erfolgt war, wurde anhand der pflegerischen und ärztlichen Aufnahme und der Patientenakte beurteilt, sprich ob da pflegerische Aufnahme und Verlaufsmaßnahmen sowie ärztliche Verlaufsuntersuchungen / Visiten dokumentiert waren. Was in gewisser Weise auch lustig ist, weil bei mehrtägigen stationären Aufenthalten ziemlich egal ist, ob z.B. eine tgl. ärztliche Visite dokumentiert ist - habe noch nie erlebt, dass den MDK das bei mehrtägigen stationären Aufenthalten interessiert.

Ob der Patient im Computer auf eine Station gebucht worden war oder die ganze Zeit in der Notaufnahme war, war uninteressant - möglicherweise auch deshalb, weil wir auch dort so etwas wie "Stationsbetten" mit entsprechender pflegerischer Besetzung hatten. Eine pflegerische und ärztliche Akte wurde bei uns sowieso bei jedem Patienten, der nicht sofort offensichtlich ambulant war (z.B. junger Mensch mit Harnwegsinfekt), angelegt.

Wenn es zu MDK-Prüfungen kam, wurde auch teilweise um jeden Fall "verhandelt", und man hat sich im Gespräch dann teilweise geeinigt, für einen großen Teil der Fälle einfach die Pauschale für eine prästationäre Behandlung (ca. 150 Euro) geeinigt. Insgesamt fand ich, dass es relativ oft schwer war, den MDK zu überzeugen, dass Fälle stationär waren, die meiner Meinung nach eindeutig nicht ambulant geführt werden konnten, beispielsweise irgendwelche 80jährigen Menschen, die den Hausnotruf gedrückt hatten, vom RTW in ihrem Bad liegend aufgesammelt worden und ins Krankenhaus gebracht worden sind, und die man nicht guten Gewissens mit erhöhten Leukozyten ohne klaren Infektfokus und mit einer insgesamt eher unklaren Lage und ohne Kleidung mitten in der Nacht mit dem Taxi auf eigene Kosten (so stellt der MDK es sich ja teilweise vor) wieder nach hause schicken kann, damit sie am nächsten Tag zum Hausarzt gehen. Gleichzeitig gab es aber immer eine große Anzahl von Fällen, die vom MDK nicht geprüft wurden und die bei einer Prüfung vermutlich (teils angesichts der teils weltfremden Anforderungen, die der MDK stellt, teils aufgrund tatsächlich fehlenden stationären Behandlungsbedarfs) nicht als stationär anerkannt worden wären.

Im großen und ganzen war ich insgesamt in meiner Zeit im Krankenhaus eher überrascht, mit welchen Abrechnungstricks die Klinik(en) gegenüber den Krankenkassen durchkamen, als darüber, welche Fälle nicht bezahlt worden sind. Mein Resumée aus meiner Zeit im Krankenhaus ist, dass Kliniken mit einer Menge zweifelhaften Methoden, die vom MDK rein praktisch einfach nicht überprüf- oder angreifbar sind, in erheblichem Maß einfach so durchkommen, während andererseits in den Bereichen, in denen es eine Prüfmöglichkeit durch den MDK gibt, eine riesige bzw. vermutlich sogar die Mehrzahl der geprüften Fälle meiner Meinung nach vom MDK eher übertrieben zusammengestrichen worden sind.

Strafen scheint es kaum zu geben, höchstens für Fälle, in denen ganz klar nachweisbar ist, dass bewusster Betrug stattgefunden hat. Für diesen Nachweis wäre aber - soweit überhaupt möglich - ein unverhältnismäßig großer Aufwand nötig, der sich für den MDK letzten Endes nicht lohnt. Der MDK will weniger für die angefallenen Behandlungen bezahlen und damit hat es sich. Die Stoßrichtung von Krankenkassen und MDK geht eher in die Richtung, bestimmte Behandlungen ganz allgemein als "nicht notwendig" zu klassifizieren. Das ist einfacher durchzusetzen und bringt somit auf einfachere Weise mehr Geld, als im Einzelfall zu versuchen, Betrug als Betrug nachzuweisen und strafrechtlich oder irgendwie sonst bestrafen zu lassen.

anignu
08.12.2018, 16:27
Was in gewisser Weise auch lustig ist, weil bei mehrtägigen stationären Aufenthalten ziemlich egal ist, ob z.B. eine tgl. ärztliche Visite dokumentiert ist - habe noch nie erlebt, dass den MDK das bei mehrtägigen stationären Aufenthalten interessiert.
Das ist gar nicht sooo lustig. In unserer MDK-Prüfung wurde teilweise verlangt, dass die Patienten am Abend auch nochmal visitiert wurden um zu klären ob sie nicht am Abend entlassen werden konnten. Keine Abendvisite? Also war die Nacht auch nicht erforderlich da keine weiteren Kontrollen mehr stattfanden... Lächerlicher Schwachsinn das Ganze.

Pflaume
08.12.2018, 22:23
ah, das habe ich noch nicht erlebt. Ich habe mich nur gewundert, dass z.B. Leute mit einem akuten Nierenversagen tagelang auf Station rumlagen und 3 bis 5 Tage keinerlei DK, Ein- Ausfuhr oder irgendeine Form von Visite in der Kurve dokumentiert war und das den MDK kein Stück interessiert hat, sogar dann nicht, wenn die Patienten bei stetiger Verschlechterung ohne dass irgendwer irgendwas gemacht (bzw. dokumentiert) hat dann am 5. oder 6. Tag nicht ansprechbar im Bett lagen, auf Intensiv gingen und teuer dialysiert werden mußten. Selbst bei Fällen, die geprüft wurden, hat das keinen interessiert. Wenn der MDK bei solchen Fällen gesagt hätte, dass diese Tage des stationären Aufenthalts oder die darauffolgende stationäre Dialyse nicht bezahlt werden, weil nirgends dokumentiert ist, dass sich in diesem stationären Aufenthalt vorher überhaupt irgendwer von den Ärzten um den Patienten gekümmert hat und Maßnahmen ergriffen hat, dem Nierenversagen entgegenzuwirken und eine Dialysepflicht zu verhindern, dann hätte ich da nicht viel an Argumenten entgegenzusetzen gehabt. Hätte ich sagen sollen "Manche Kollegen dokumentieren nie ihre Visiten, selbstverständlich haben die aber stattgefunden, außerdem wurde der Patient genau flüssigkeitsbilanziert, täglich untersucht und jeden zweiten Tag Labor abgenommen, es steht nur nicht in der Akte"? :D In dem Zusammenhang hat mich halt schon gewundert, dass bei den Prüfungen an allen möglichen angeblich unnötigen Maßnahmen und einem einen Tag zu langem Aufenthalt wegen irgendwelchem Versorgungsproblem herumgeritten wurde, aber ganz egal war, dass es im stationären Aufenthalt teilweise eine nur eine einzige dokumentierte Visite pro Woche gab.