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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Patientenverfügung



Sebastian1
19.12.2018, 11:02
Hallo,

habe bei einer kurzen Suche bisher kein entsprechendes Thema gefunden; da es nicht um konkrete medizinische Fragestellungen geht, denke ich, es passt am ehesten hier in die Speakers Corner:

Das leidige Thema "Patientenverfügung": Ich hab bisher keine und würde das gerne ändern.

Aber: In vielen Jahren Intensivmedizin, in denen ich mich mit den Verfügungen befasst habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sie in der Mehrzahl unbrauchbar sind. Das fängt dabei an, dass sie wenig bis gar nicht individuell und oft zum ankreuzen sind, aber auch die notariell verfassten Verfügungen sind in der Regel nach der Einleitung "...soll gelten, wenn..." unbrauchbar, denn diese erfassen häufig Situationen wie "unmittelbarer Sterbeprozess", "Wachkoma" etc.
In vielen akut intensivmedizinischen Fragestellungen treffen diese nicht zu (zB schwere Sepsis KANN selbstverständlich zum Tode führen, muss aber nicht, ist also kein definitiv unmittelbarer Sterbeprozess, Wachkoma kann auch zB nach Reanimation erst beurteilt werden, wenn gewisse Zeit vergangen ist - was dann dazu führt, dass auch erstmal nicht von einer Gültigkeit ausgegangen werden kann).
Der beste Schutz ist sicher ein bewanderter Angehöriger als Vorsorgebevollmächtigter.

Aber nichtsdestotrotz: Ich kann mich an genau eine Verfügung erinnern, welche jemand mit Fachkenntnis selbst geschrieben hatte, die sehr spezifisch und konkret war.

Hat jemand von euch so etwas gemacht oder kenn vernünftig geschriebene Verfügungen, auf denen man aufbauen kann? (ein Formblatt wird niemals zu 100% das wiedergeben, was ich individuell wollen oder nicht wollen würde).

Zanza
19.12.2018, 11:31
http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?82036-Patientenverf%FCgung-(erstellen) ;-)

Sebastian1
19.12.2018, 12:17
Gna, ich wusste doch, dass es sowas mal gab. Hast du die Suchfunktion offenbar erfolgreicher benutzt als ich ;-) Danke!

Hoppla-Daisy
19.12.2018, 13:21
Hm, ich hab noch irgendwie in Erinnerung, dass von der Hamburger Ärztekammer ein Muster für eine Patientenverfügung mal zum Download für jedermann zur Verfügung stand. Und die wurde seinerzeit (ist jetzt allerdings auch schon ein paar Jahre her) sehr gelobt!

Moorhühnchen
19.12.2018, 14:18
Ja, an den konkreten Formulierungen hab ich vor ein paar Wochen auch gebastelt und gefeilt (siehe anderer Thread)... um die Verfügung letztlich auszudrucken und nicht-unterschrieben hier liegenzulassen. Einerseits fehlt mir die Person, die ich als Bevollmächtigten einsetzen könnte, denn niemandem in meinem näheren Verwandten- und Bekanntenkreis traue ich dies zu (teilweise krude medizinische Vorstellungen, zB. meine Schwestern...) - andererseits: derzeitige Arbeitskollegen will ich auch nicht behelligen und ehemalige Kollegen..... naja..... gell mainzer! ;-)

Noch schwieriger ist die Tatsache, dass ich dachte, ich bräuchte den geschriebenen Text dann ja "nur noch" für meine Eltern etwas abändern. Liegt auch noch hier. Ich scheue mich davor!! Schande!!!!!!! :-?

Hoppla-Daisy
19.12.2018, 14:24
Mein Vater hatte damals eine.... und die lag fein säuberlich abgeheftet im Ordner, und meine Mutter dachte gar nicht daran, die auszupacken, als man meinen Vater noch in der Wohnung intubierte und dann mitnahm. Er lag dann wochenlang intubiert und beatmet auf der Intensivstation, dann ein ständiges In- und Extubieren. Ich hab die Versuche nicht mehr gezählt. Dann noch ein Apoplex auf den alten drauf, noch ein Myokardinfarkt, noch ne Pneumonie, alle Antibiosen durch, die die pharmazeutische Industrie erfunden hat.

Selbst als ich die Patientenverfügung einen Tag (!) nach der Einlieferung ins Krankenhaus persönlich abgab, hieß es: "hm, jetzt haben wir aber angefangen....". Es war schlicht zum Kotzen, dass da dann noch das Diskutieren losging. Er ist letztlich dann so lange "gepflegt" worden, bis er für ne Verlegung fertig war. Mein Vater ist dann als Pflegefall am dritten Tag in der Reha verstorben. Sowas von unnötig alles!

Salzi19
19.12.2018, 14:42
Also bei meinem Großvater wurde die entsprechende Verfügung akzeptiert, Ehefrau und Tochter wurden nochmal befragt und dann gab es keine antibiose mehr und nur noch palliative Maßnahmen. Hängt also auch immer ein bisschen vom jeweiligen Krankenhaus ab.
Bei meinem Nachbarn war damals das Problem, dass er in der Prager Uniklinik lag und seine Verfügung nur in Deutschland gültig war. Also hat man ihn so lange in Prag gelassen, bis er einigermaßen transportiert werden konnte und bei uns dann wurden die Geräte abgeschaltet.

Sebastian1
19.12.2018, 15:30
Das Problem ist ja vielfältig. Das fängt an bei den bei mir genannten unscharfen Formulierungen, wann die Verfügung überhaupt gelten soll, das geht weiter bei Ärzten, die mit der Interpretation (und Umsetzung!) überfordert sind, weil sie nicht wissen, was jetzt legitim ist. Und auch nicht, dass Verfügungen bindend sind. Das nächste Problem können dann als Bevollmächtigte eingesetzte Angehörige sein, die Ihren Willen durchsetzen wollen ungeachtet der PV (auch illegitim) oder der medizinischen Indikation (ohne Indikation bedarf es weder PV noch Einwilligungen durch Angehörige)....
Im Notarztdienst liegt die Verfügung oft nicht vor, Advance Care Planning kennen in D die meisten Ärzte nicht, geschweige denn die Patienten... da ist echt viel Nachholbedarf.

davo
19.12.2018, 16:42
Mein Vater hatte damals eine.... und die lag fein säuberlich abgeheftet im Ordner, und meine Mutter dachte gar nicht daran, die auszupacken, als man meinen Vater noch in der Wohnung intubierte und dann mitnahm.

Da bräuchte es eben ein zentrales Register wie für Testamente. Wär ja eigentlich nicht so schwer.