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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Uro oder Gyn (Reproduktionsmedizin)



Asklepios20
25.12.2018, 11:17
Hallo zusammen,

ich habe gerade mein mündliches Staatsexamen M3 abgelegt und nun geht es an die Bewerbungen.
Mein Wahltertial im PJ habe ich in der Urologie absolviert. Dabei kam ich im Rahmen der andrologischen Sprechstunden auch mit der Reproduktionsmedizin in Kontakt, was mich wirklich begeisterte. Vorher war Gyn ehrlich gesagt überhaut keine Alternative für mich. Die Reproduktionsmedizin hat aber im Gegensatz zur Andrologie sehr viel mehr Möglichkeiten - selbst Spermiogramme für den Mann beispielweise übernimmt sie außerdem meistens. Und auch im Allgemeinen ist die Gyn sehr interessant und breit aufgestellt.

Jetzt heißt es sich aber entscheiden – Uro oder Gyn.
In der Gyn habe ich auch schon eine Kurzfamu gemacht.

Wie sind die Weiterbildungsmöglichkeiten für die Reproduktionsmedizin? Es scheint mir nicht viele Weiterbildungsmöglichkeiten zu geben.
Ist es sehr kompetitiv dort reinzukommen?

Kennt jemand ein gutes Krankenhaus für die Assistenzzeit in der Gynäkologie – möglichst mit dem Spektrum der Reproduktionsmedizin und im Rheinland gelegen?

Habt ihr schon weitere Erfahrungen gemacht in der Reproduktionsmedizin?
Ich musste als Mann häufig das Sprechstundenzimmer verlassen – macht es als Mann Sinn sich in diese Richtung zu orientieren?

Eine Menge Fragen .... Vielen Dank für die Hilfe! :-stud

Muriel
25.12.2018, 13:13
Die Sichtweise, dass Männer in der Gyn nichts verloren hätten und männliche Studenten damit auch im Gyn-Praktikum mehr oder weniger unerwünscht sind, finde ich völlig Banane und kann sie nicht nachvollziehen. Ob das im tatsächlichen Beruf, also nicht nur im Studium, wirklich ein Problem darstellt, kann ich Dir nicht sagen, da völlig fachfremd unterwegs. Ca ein Viertel der Kinder im Bekanntenkreis ist durch ICSI entstanden, alle Mütter waren in unterschiedlichen Zentren und alle haben immer von männlichen sie behandelnden Ärzten erzählt. Sollte also passen ;-)

Hoppla-Daisy
25.12.2018, 13:17
Wäre ja genauso, als würde jemand erzählen "in der Uro haben Frauen nix zu suchen" ;-) .... also ICH fühl mich da wohl :-))

davo
25.12.2018, 14:06
Es scheint heute tatsächlich so zu sein, dass man als männlicher Student in den Gyn-Praktika oft rausgeschickt wird. Habe ich bereits mehrfach gehört, kann man auch in einigen Famulatur- und PJ-Berichten lesen. Selbst bestätigen kann ich das nicht, aber ich hatte auch nur ein paar Praktikumstage und habe nie in diesem Fach famuliert. Aus der Uro habe ich bzgl. weiblicher Studenten nichts dergleichen gelesen. Falls dem tatsächlich so ist, stellt sich einem natürlich schon die Frage, ob man in einem Fach arbeiten will, in dem man als Mann anscheinend nicht (mehr) erwünscht ist. Obwohl die Karrieremöglichkeiten im Klinikbereich als Mann in einem Fach mit wenigen Männern wahrscheinlich besonders gut sind.

Für mich persönlich wäre außerdem auch ein wesentlicher Faktor, dass ich keine Lust hätte, auch noch als FA/OA Vordergrunddienste machen zu müssen, und keine Lust hätte Abtreibungen durchzuführen oder mich erklären zu müssen dass/warum ich keine durchführen möchte.

Pflaume
25.12.2018, 14:51
Meiner Meinung nach hat man es als Mann in der Gyn schwerer. Schon allein die Tatsache, dass für jede Untersuchung immer noch jemand dabei sein muß, damit nicht hinterher die Untersuchte sagen kann, man hätte sich unanständig verhalten, erhöht den Aufwand und die Kosten. Bei uns ist der einzige Mann in der Gyn der Chef der Geburtshilfe. Der hat vermutlich auch noch zu anderen Zeiten angefangen.

So rein in der Reproduktionsmedizin gibts andererseits doch erstaunlich viele Männer. Vielleicht gerade, weil die aus der Gyn flüchten? Ich habe zu wenig Berührungspunkte damit, um es sagen zu können. Man muß damit dann letztendlich ja auch an ein universitäres Haus.

Ein Punkt an der Gyn, den ich sehr bedenkenswert finde, ist, dass mindestens während der Facharzt-Ausbildung man auch in der Geburtshilfe beschäftigt ist. Ich habe als ehemaliger Arzt im Notfallteam für den Kreissaal miterlebt, wie krass Geburtsnotfälle sind. Zwar selten, aber da geht es halt wirklich zur Sache. Ich würde nicht sagen, dass ich emotional viele Einzelschicksale mit nach Hause genommen habe, aber sämtliche ernsthaften Geburtsnotfälle haben sich eingebrannt und ich denke auch heute noch immer wieder privat an diese Geschichten, weil für mich manches davon das krasseste ist, was ich in meinem Leben erlebt habe. Ohne dass es mich belastet. Aber ich habe mehrere Gynäkologen / Gynäkologinnen erlebt, die aus der Gyn raus sind, weil sie genau das nicht ausgehalten haben. Wie junge gesunde Frauen in der Schwangerschaft (Eklampsie) oder bei der Geburt innerhalb von Minuten aus einer normalen Geburt heraus in absolut lebensbedrohliche Situationen kommen. Wegen Hirnblutung, unterer Blutung, Lungenembolie, Fruchtwasserembolie, Schulterdystokie, was halt alles passiert, wenn man es oft genug mitmacht. Im Kreissaal / auf ITS kämpfen ein halbes bis ganzes Dutzend Menschen um das Leben und die Gesundheit von Mutter und Kind, während draußen die ganze Familie wartet, die eigentlich für den schönsten Moment im Leben gekommen ist. Viele Leute haben damit kein Problem, aber man muß sich auf jeden Fall darüber bewußt sein.

ananassaft
25.12.2018, 16:56
Hallo,
ich hab grundsätzlich ein ähnliches Ziel wie du bzgl Reproduktionsmedizin (bzw gehört das ja zur Endokrinologie) und bin im 2. Jahr Gyn, bin allerdings weiblich. Momentan in einem Haus ohne Reproduktionsmedizin, weils da einfach sehr wenig gibt. Langfristig will ich aber auch in eins rein. Hab in einem PJ gemacht, hab viele Freunde die dort arbeiten (u.a. auch mit dem Ziel der Reproduktionsmedizin/Endo - allein von der Masse an Leuten mit dem Ziel würd ich sagen, ist die Konkurrenz hoch) da musst du dir bewusst machen - du verbringst natürlich trotzdem nur sehr wenig Zeit dort. Gyn ist viel mehr. Eigentlich machst du 5 Jahre Kreißsaal, Kreißsaal, Kreißsaal, Onko, Onko, Onko, Urogyn.
Wenn dich der Rest der Gyn fast genauso interessiert, go for it. Wir haben sehr wohl männliche Kollegen in allen Stufen. Ich würd nicht sagen, dass die es einfacher haben, bei uns zumindest nicht. Aber das Fach an sich kann ich trotzdem nur empfehlen.
Achso, und bei uns macht übrigens kein Oberarzt Vordergrunddienste, das wurde oben ja mal erwähnt.

Oops!
25.12.2018, 19:43
(...) Falls dem tatsächlich so ist, stellt sich einem natürlich schon die Frage, ob man in einem Fach arbeiten will, in dem man als Mann anscheinend nicht (mehr) erwünscht ist. Obwohl die Karrieremöglichkeiten im Klinikbereich als Mann in einem Fach mit wenigen Männern wahrscheinlich besonders gut sind.

Ich häng mich hier mal rein und weit aus dem Fenster.

An den TE: wenn dich Gyn interessiert, sieh zu!

Der Gynäkologie fehlen männliche Ärzte. Auch für das Betriebsklima auf Station wäre es sehr hilfreich, mal ein paar ruhige Charaktere dazwischen zu haben.
Bislang habe ich eine durchaus repräsentative Anzahl an Fachärzten in dem Bereich kennenlernen dürfen.
Bei den Frauen waren es überwiegend kommunikativ schwierige, schnippische, teils schreiende und ruppige Ärztinnen, bei denen die Bezeichnung Metzger passend gewesen wäre.
Bei den Männern gab es überwiegend ruhige, sachlich und vorsichtig arbeitende Ärzte, ohne Gebrüll und vor allem ohne Zickerei.

Ausnahmen bestehen auf beiden Seiten, aber die Tendenz ist soweit zugunsten der männlichen Ärzte gekippt, dass ich zu einem Gynäkologen gewechselt habe.

Was die hohe Anzahl an Operationen angeht, ist es auch nicht verkehrt, ein gewisses Maß an Ruhe und körperlicher Belastbarkeit aufweisen zu können.

Aus dem privaten Bekanntenkreis der Nichtmediziner - und der ist nicht gerade klein - kommen grundsätzliche Kritiken an dem Fachbereich auf den Tisch.
Alles „peinlich“, „schäme mich“, „alles igitt, da unten“ etc.
Dabei ist es aber unerheblich, ob es sich um einen männlichen Arzt oder eine weibliche Ärztin handelt.
Für mich nicht nachvollziehbar, aber so lauten eben die überwiegenden Aussagen.

Und bei Gott: wer wirklich ein ernstes gynäkologisches Problem hat, der freut sich über einen kompetenten Arzt - Geschlecht egal.

Zum Thema Übergriffe: wer garantiert der Patientin denn, dass die Gynäkologin nicht lesbisch ist...?!
Man kann den Spieß also auch umdrehen.

Und im Übrigen empfiehlt sich bei Gyn-Untersuchungen ohnehin eine Assistenz.
Ich halte als Patientin zwar gern das Blatt fest, aber hey - das ginge geschmeidiger mit einer Assistentin/einem Assistenten (oder direkt mit dem Entenschnabel).
Und ich bin sicher, dass einige gute Bekannte von mir an dieser Stelle ausgestiegen wären :-D

Fr.Pelz
26.12.2018, 19:22
Ich finde Reproduktionsmedizin auch spannend und habe im Studium auch männliche Reproduktionsmediner gehabt. Du hast neben der oben erwähnten schwierigen Ausbildung aber dann als Facharzt den Vorteil. dass du dich nat5ürlich mit einer positiven Seite der Medizin beschäftigst. Die Paare, denen du helfen kannst, sind dir natürlich dankbar. Der Bedarf wird in Zukunft steigen, Niederlassung ist kein Problem und hoffentlich wird auch in Zukunft mal eine bessere Gesetzeslage geschaffen. Was mich allerdings beschäftigen würde ist die Unsicherheit dieses neuen Fachs. Du hast sicher auch schon davon gelesen, dass ein gewisser Prozentsatz der durch ICSI gezeugten Kinder jetzt Auffälligkeiten aufweist. Da muss man sich natürlich der hohen Verantwortung bewusst sein und wissenschaftlich immer auf dem neuesten Stand bleiben.

Muriel
26.12.2018, 19:25
Kannst Du das mit den Auffälligkeiten mal ausführen?

Rhiannon
26.12.2018, 19:32
Kannst Du das mit den Auffälligkeiten mal ausführen?

Es gibt Beobachtungsstudien, dass Kinder nach ICSI signifikant häufiger Fehlbildungen aufweisen als spontan entstandene Kinder. Siehe zB hier: https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1008095

Hijadelaluna
26.12.2018, 20:57
Vorzeitige Gefäßalterung bei Nackommen durch IVF
https://www.aerzteblatt.de/archiv/202061/Kuenstliche-Befruchtung-Nachhaltig-riskant

Fr.Pelz
26.12.2018, 21:19
Ja das meine ich. Finde ich ganz schön gruselig. Und das kommt eben jetzt zu Tage, weil die ersten IVF-Kinder erwachsen werden. Was ist, wenn mit 60 viele z.B einem plötzlichen Herztod erliegen? Was ist, wenn man jetzt die Kulturmedien ändert und damit andere Veränderungen hervorruft? Das sind halt Fragen, die man sich stellen muss und eben als Reproduktionsmedziner nochmal auf einer anderen Ebene. Man "heilt" zwar den unerfüllten Kinderwunsch der Eltern- aber ist indirekt auch mitverantwortlich für ggf Symptome bei den Kindern.

roxolana
26.12.2018, 21:27
Hier ein lesenswerter Artikel eines Reproduktionsmediziners zu dem Thema: https://www.wunschkinder.net/aktuell/wissenschaft/haeufiger-fehlbildungen-und-erkrankungen-bei-ivf-kindern-8456/.

EVT
27.12.2018, 00:46
Es kann ja auch, wie oben beschrieben, an den Eltern liegen und nicht der IVF/ICSI an sich. Aber der ungeklärte Effekt der Kulturmedien wäre ein weiterer Grund pro Tag 2/3 Transfer und nicht erst Tag 5.

TE, wenn du Repro machen willst, muss dir bewusst sein, dass du während der Facharztausbildung kaum Kontakt dazu haben wirst. Viele finden die Patientinnen auch anstrengend, aber das muss ja bei dir nicht so sein. Stellen habe ich eigentlich genug gesehen. Man muss etwas flexibel sein.
Dein Geschlecht ist meiner Meinung nach vollkommen egal. Auch bei Ärztinnen soll immer eine Assistentin dabei sein.

roxolana
27.12.2018, 05:33
Bei mir war weder bei den weiblichen noch bei den männlichen Gynäkologen eine Assistentin zur Untersuchung dabei..

*milkakuh*
27.12.2018, 08:35
Wenn dich Urologie und Reproduktionsmedizin interessieren, könnte doch auch die Andrologie interessant sein. Ist zwar auch ein eher kleines Gebiet der Urologie aber sicher auch sehr spannend (wobei man da dann natürlich auch Testosteronmangel jeglichen Alters behandeln muss).

EVT
27.12.2018, 10:31
Bei mir war weder bei den weiblichen noch bei den männlichen Gynäkologen eine Assistentin zur Untersuchung dabei..
Mein Chef macht viele Gutachten und daher ist bei allen Ärzten/Ärztinnen immer eine Assistentin dabei, das erleichtert die Arbeit ja auch. Die Stimmung ist übrigens auch ohne viele Männer gut, keine Zickereien. Das ist eher ein Vorurteil. Die Oberärztinnen sind auch voll in Ordnung.
Derzeit werden aber nur erfahrene Kollegen für den Kreißsaal gesucht.

Oops!
27.12.2018, 22:03
Die Stimmung ist übrigens auch ohne viele Männer gut, keine Zickereien. Das ist eher ein Vorurteil. Die Oberärztinnen sind auch voll in Ordnung.

Das freut mich zu lesen - ich hab gegenteilige Erfahrungen gemacht (sowohl in der Klinik als auch bei Niedergelassenen).
Also nein - Vorurteil ist es gewiss nicht.
Dennoch erfreulich, von entspannten Gyn-Teams mit hohem Frauenanteil zu lesen.

Lucie*
02.01.2019, 14:37
Hätte hier jemand einen konkreten Tipp bzgl. Gyn-Stellen mit oder ohne Reproduktionsmedizin?Wo es ein entspanntes Team gibt ohne viel Zickerei o.ä.?
Gerne auch über PN 😊

ananassaft
03.01.2019, 21:45
Hätte hier jemand einen konkreten Tipp bzgl. Gyn-Stellen mit oder ohne Reproduktionsmedizin?Wo es ein entspanntes Team gibt ohne viel Zickerei o.ä.?
Gerne auch über PN ��

Ich kann die Aussagen zum Thema Zickereien überhaupt null nachvollziehen. Bin in einer bayrischen Großstadt ansässig, habe in nahezu allen Gyn-Abteilungen hier in der Stadt (so 5 dürftens sein) und in vielen im Umkreis von 100 km Freunde und nirgendwo gibts Zickereien, die darauf zurückzuführen sind dass es fast nur Frauen sind. Aus einem Haus wird regelmäßig wegen der schlechten Teamatmosphäre gewechselt, das ist aber tatsächlich das Haus wo es nahezu 50/50 verteilt ist.
Wir im Assistenten-Team sind ausschließlich Frauen, mit manchen bin ich mittlerweile eng befreundet, mit manchen eher lose, aber wir mögen uns ausnahmslos sehr gerne, gehen häufig zusammen essen oder feiern. Der einzige der launisch ist und generell unentspannt ist ein männlicher OA. Keine Ahnung wie sich dieses Zicken-Argument immer hält, Frauen sind Menschen wie Männer auch, man kann mit denen arbeiten und kommunizieren wie mit Männern auch, Männer sind doch nicht automatisch bessere Kollegen.