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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Akademische Laufbahn in der Chirurgie



Sait
14.02.2019, 13:30
Hallo Leute,

ich stehe gerade auf dem Schlauch und weiß nicht genau welchen Weg ich einschlagen soll und hoffe auf eure nützlichen Tipps und Ratschläge.

Ich habe mittlerweile ein Jahr Arbeitserfahrung in der Chirurgie in einem mittelgroßen Krankenhaus gesammelt. An sich sollte dieses Jahr lediglich zur Orientierung genutzt werden, um herauszufinden, ob die Chirurgie überhaupt das richtige Fach für mich ist. Nachdem ich mir schnell bewusst gemacht habe, dass ich Chirurg werden möchte, wollte ich mir jetzt schon klar machen welchen Weg ich die nächste Jahre einschlagen möchte.

Im Studium hatte ich mir eigentlich vorgenommen eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Allerdings höre ich so oft, man würde die ersten Jahre an einer Uniklinik nur ausgenutzt werden und man müsse Papers für den Chef schreiben. Die Arbeitsbedingungen seien insbesondere für die Chirurgen an einer Uniklinik unmöglich und das Operieren würde man wohl erst im 4. Jahr lernen. Vielleicht gibt es ja hier ein paar User, die an einer Uniklinik arbeiten und könnten ihre eigenen persönlichen Erfahrungen äußern? Sehr reizt mich auch die Vorstellung für paar Monate ins Ausland zu gehen, insbesondere jetzt, da ich noch ungebunden bin und keine Familie besitze - wie realistisch ist das?

Andererseits frage ich mich, ob es möglich wäre erst über einen Umweg eine akademische Karriere zu machen, sprich nach dem Facharzt, welchen man eventuell an einem akademischen Lehrkrankenhaus gemacht hat?

Danke fürs Lesen, ich bin gespannt auf eure Antworten.

Mera1412
14.02.2019, 15:41
Habe 2 Jahre in der Chirurgie an der Uni gearbeitet.

Ja, man wird ausgenutzt. Ja, man ist nur der dumme Stationsarzt. Ja, man kommt kaum zum Operieren (besonders, weil in der Uni die komplexen Fälle landen und du eben nicht reif genug für eben jene bist um überhaupt in die Nähe dieser zu kommen).
Wer keine Paper schreibt neben der 50-60h/Woche fliegt raus. Am besten solltest du dir vorher schon überlegen, über welches Thema du habilitieren willst. Hast du noch nichtmal ne Doktorarbeit, wäre es besser, so schnell wie möglich eine fertig zu bekommen

Es gibt immer mal wieder Kollegen ohne Doktorarbeit, die sich durch die Klinik wuseln, bei den meisten weiß ich, dass sie dann "andere Aufgaben" übernommen hatten. Ich hatte auch Kandidaten, die in ihrem 4-5 Jahr noch keinen Titel hatten. Keine Ahnung, wie die sich durchgemogelt haben.

Es kamen 2 Fachärzte aus nicht-uni-kliniken zu uns und haben sich wundoperiert. Vermutlich wurde das akademische Interesse kundgegeben, dass die eingestellt worden sind.

An sich haben mir die komplexen Fälle und die Arbeit an der Uni gefallen, besonders weil ich sehr gerne Lehre gemacht und Prüfungen abgenommen habe. Bei irgendwem in der KLinik (entweder beim Chef oder beim leit.OA) hab ichs mir verscherzt - ich glaube, das lag an meinem Arbeitstief, als ich nach dem ersten Jahr viel mit meinem Auszug und Umzug beschäftigt war und ein paar private Probleme hatte, sodass ich nicht dazu kam ein gewünschtes Paper zu schreiben (was ich bis dato natürlich auch noch nie getan hatte)- trotz mehrerer Oberärzte, die zu mir standen und ich imo auch gute Arbeit geleistet hatte, hat der Chef gnadenlos meinen Vertrag nicht mehr verlängert. Ich wäre gerne geblieben, zumal ich privat endlich wieder neue Energien sammeln konnte. Ich hatte irgendwie ein schlechtes Timing gehabt.
Bedenke, an der Uni gibt es immer nur so süße Verträge von 1-2 Jahren Dauer.

Von einem anderen Kollegen (aus ner anderen Klinik in der UNi) weiß ich auch, dass er immerhin ne Chance von seinem Chef bekam mit dem Hinweis, dass wenn die Dr.arbeit bis Zeitpunkt X nicht stehe und wenn die Beteiligung an Forschungsprojekten nicht wachse, er auch bald wieder gehen darf.
Du MUSST dich drauf einstellen, in deiner Zeit an der Uni deine Freizeit zu opfern. Und seien es die 2-3 Stunden vor deinem Spätdienst und dein einziges freies Wochenende im Monat. Klar kannst du Glück haben, aber die Art von Resonanz war eigentlich die Regel.
Und wie gesagt, in der Chirurgie hast du echt genug zu tun.

Sait
15.02.2019, 09:41
Danke für die Antwort! Das klingt ja ehrlich gesagt alles recht negativ. Kann man dir irgendwie eine private Nachricht zukommen lassen? Und wie sieht es aus jetzt bei dir aus, möchtest du deine akademische Laufbahn an einem anderen Uni-KH fortsetzen?

Pflaume
15.02.2019, 11:56
Was ist denn das Ziel deiner akademischen Laufbahn? Was willst du daran? Was willst du damit anfangen?

Sait
15.02.2019, 15:11
Was ist denn das Ziel deiner akademischen Laufbahn? Was willst du daran? Was willst du damit anfangen?
Gute Karrierechancen, später mal die Möglichkeit haben Chefarzt zu werden und auch international größere Chancen haben einen Arbeitsplatz zu bekommen. Die Idee sich auf etwas spezialisieren zu können und in dem Feld dann auch Experte zu sein. Aber auch einfach das Interesse daran tief in die Materie eingehen zu können und auch zu lehren.

Kackbratze
15.02.2019, 20:24
Gute Karrierechancen, später mal die Möglichkeit haben Chefarzt zu werden und auch international größere Chancen haben einen Arbeitsplatz zu bekommen. Die Idee sich auf etwas spezialisieren zu können und in dem Feld dann auch Experte zu sein. Aber auch einfach das Interesse daran tief in die Materie eingehen zu können und auch zu lehren.

Geht auch alles ohne Uniklinik, jeder muss seinen eigenen Weg gehen.

Mera1412
15.02.2019, 21:37
Größere Chancen hast du nicht dadurch, dass du in deinem Lebenslauf "Uniklinik" stehen hast, sondern mit Doktor und Professoren-Titel.
Wenn du an die Uni gehst, dann solltest du unbedingt dir vorher Gedanken drum machen, worüber du habilitieren möchtest. Wenn du gar nicht Richtung Habilitation gehen möchtest, tu dir den scheiß nicht an und geh an einen nicht-universitären Maximalversorger.