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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Landarztquote in NRW - die Details zum Verfahren stehen fest



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Shizr
31.12.2019, 11:26
Wenn erstmal x Leute in der Privatinsolvenz hängen und man damit genügend gezeigt hat, dass man da ernst macht, werden die Leute ihre Bewerbung schon bleiben lassen, wenn sie es eigentlich gar nicht ernst meinen bzw. kuschen, weil sie halt freiwillig diesen Knebel-Vertrag unterschrieben haben.
Ich wäre wirklich nicht überrascht, wenn das Land pauschal jede Form von Ratenzahlung ablehnt und die Leute sehenden Auges in die Privatinsolvenz knüppelt.

(Vorausgesetzt, dieser öffentlich-rechtliche Vertrag wird nicht eben doch für sittenwidrig befunden. Ich sehe das als einzigen denkbaren Ausweg aus diesem Vertrag. All die anderen Ansätze, die hier diskutiert wurden, setzen nach meinem Gefühl viel zu viel wohlwollende Kooperation des Landes voraus.)

tarumo
31.12.2019, 15:24
Ich finde diese Blauäugigkeit „Dann nehm ich halt nen Kredit auf und zahle damit die Strafe ab“ sehr niedlich. Bank: Wofür möchten Sie den Kredit? Kunde: Ich muss eine Vertragsstrafe von 250k abzahlen. Bank: ^^

Nicht zu vergessen: "´isch ´abe garr keine Sicherheiten".
Der Denkfehler mit der OA-Innere Stelle taucht auch immer wieder auf, die Leute sollen doch primär den FA für Allgemeinmedizin machen und dafür, daß hier kein kardiologischer Schwerpunkt o.ä. gesetzt wird während der WB (falls man wirklich eine Innere-WBS ergattert hat), dafür werden die Chefs schon sorgen.

Was spricht eigentlich dagegen, wenn die 250.000 EUR schon vorhanden sind (oder sicherheitslos als Kredit vergeben werden, was ich, wie gesagt, bezweifle) davon für sagen wir mal 120.000 im EU-Ausland zu studieren, sich von dem Rest eine schöne Bude zu kaufen, und dann mit völliger Wahlfreiheit nach ´schland zurückzukehren (oder ins Land der Wahl?).


Aber ohne Ratenzahlung wird das Land doch überhaupt kein Geld erhalten. Oder woher soll man 250k auf einmal bezahlen, am besten bar in 500er Bündeln? Und bei einem armen Studenten gibt's auch nichts zu pfänden.


Wie der Staat eine Forderung von 250.000 EUR üblicherweise eintreibt, erzählt jeder Steuerberater oder Schuldnerberater. Da gibt es auch noch "Ersatzfreiheitsstrafen". Also vielleicht mit Ach und Krach 100.000 EUR am Ende der WB zusammengekratzt, Ersparnisse, Hypothek auf der Oma ihr klein Häuschen...da macht sich eine Freiheitsstrafe während der ersten FA-Stelle sicher sehr gut... :-nix
Der Staat ist eben nicht irgendein Versandhaus...
Davon abgesehen, kann man sich Geldstrafen oder Bußgeldern (falls die Forderung so definiert wird) nicht durch eine Privatinsolvenz entledigen. Juristen wissen sicher mehr.

Als Wetteinsatz auf einen Studienplatz erscheint mir der private Ruin viel zu hoch.

In der Privatinsolvenz wird man auch nicht wählerisch sein können bzgl. der Klinik-Arbeitsstätte/Ort und Bedingungen. Der Staat gewinnt also in jedem Fall- wie im Casino :-(

tarumo
31.12.2019, 16:05
kann man 5-6 Jahre nebenbei Geld beiseite legen und ggf. einen Kredit aufnehmen.

Die Summen, die man während der WBZ (wenn es dumm läuft, wird man auch noch untertariflich bezahlt, z.B. in der Praxiszeit) zurücklegen kann, dürfte sich insgesamt in Grenzen halten. Oder soll hier propagiert werden, am besten von Tag 1 an auch keine Altersvorsorge zu betreiben? Selbst bei tariflicher Bezahlung kommt innerhalb von fünf Jahren ein Gesamtnetto von nur ca 180.000 EUR zusammen. Schafft man es, mit einem eremitischen Lebensstil und unter Verzicht auf jegliche private Vorsorge, die Hälfte seines Nettogehalts zu sparen, sind das erst 90.000 EUR. Dann geht aber das Auto zwischendurch kaputt...

Es wird auch immer wieder übersehen: es geht nicht um "Freikaufbeträge" wie bei der Bundeswehr. Sondern man hat sich verpflichtet, ein Unternehmen zu gründen. Da muß eine Praxis gemietet und teuer eingerichtet werden (der Vorgänger hat alles, was verwertbar ist, sicher schon zu Geld gemacht), ggf. Personal angestellt (und von Tag 1 an bezahlt) werden. Der "Kreditjoker" und der "ich-hab-was-gespart"-Joker sind dann nämlich schon weg. Nach Praxiseröffnung rauskaufen wird es daher gar nicht erst geben.

Thomas24
01.01.2020, 14:30
Die Naivität einiger hier ist wohl dem Lebensalter geschuldet und der Staat verhält sich höchst unmoralisch, das schamlos auszunutzen. Letztlich wird doch wo man hinschaut ständig versucht, die Leute über den Tisch zu ziehen bei Konsum, Finanzen, Versicherungen, Rente, Steuern, Abgaben, Kirche, GEZ, Hausbauvertrag, Tarifverträgen, Arbeitsbedingungen uswusf. Leute, macht mal die Augen auf! Der Staat will Hausärzte und keine Trittbrettfahrer, ein Exit ist nicht vorgesehen.

Klar, prinzipiell schon richtig. Aber wer weiß schon, wie sauber die Verwaltung die Verträge formuliert bekommt. Kann durchaus sein, dass man sich letzten Endes bei unsauber formulierten Verträgen nachträglich doch "rauswieseln/rausklagen" kann, ich traue der öffentlichen Verwaltung einiges an Unfähigkeit, Schlendrian und Fahrlässigkeit zu :-nix

tarumo
01.01.2020, 16:48
Klar, prinzipiell schon richtig. Aber wer weiß schon, wie sauber die Verwaltung die Verträge formuliert bekommt. Kann durchaus sein, dass man sich letzten Endes bei unsauber formulierten Verträgen nachträglich doch "rauswieseln/rausklagen" kann, ich traue der öffentlichen Verwaltung einiges an Unfähigkeit, Schlendrian und Fahrlässigkeit zu :-nix

Der Vertrag ist doch schon komplett bekannt. Und wird sicherlich auch schon in Juristenforen diskutiert. Was "unverzüglich", "schuldhaftes Zögern" usw. heißen, werden die Gerichte entscheiden. Ebenso, ob es statthaft ist, eine 18jährige unter Androhung einer existenzbedrohenden Geldstrafe zur Eröffnung eines vollständig krankenkassenabhängigen Kleinunternehmens mehr als eine Dekade später zu zwingen. Was den Praxisteil angeht, haften die KV-Leute mit ihrem Privatvermögen für die vertragsgemäße Umsetzung und werden schon deswegen keinen Spielraum lassen.

Ich plädiere ja für die nachträgliche Erklärung von "Unzurechnungsfähigkeit" mit Vertragsabschluss, alleine die Tatsache, einen dermaßen nachteilig aufgesetzen Vertrag unterschrieben zu haben, dürfte für die Einstufung schon langen :-))

Bonnerin
01.01.2020, 19:04
Wobei man doch glaube ich deutlich älter sein muss als 18 um für diese Quote überhaupt ausgewählt werden zu können. Kann sein, dass ich mich vertue, aber es wurde doch eine abgeschlossene Berufsausbildung gefordert. Da kann sich keiner mit "ohhh, ich wusste es nicht" rausreden, da würden die Leute ja höchstens vom gegnerischen Anwalt ausgelacht. "Ja, aber sonst hätten Sie ja Patienten im KH pflegerisch betreut...oder wären Sie dafür auch zu "unreif" gewesen?!"

Ich würde hier auf keine juristische Hilfe hoffen. Die Landarztquote war seit Jahren geplant, die werden sich schon viele juristische Einschätzungen besorgt haben.

Muriel
01.01.2020, 19:18
Woher kommt eigentlich die Info mit der Haftung der KV-Leute? Und was soll das sein? Das Zielvereinbarungsgespräch setzt drei zu besetzende vakante Sitze in Hintertupfingen voraus und bei Nichterfüllung wird das Haus gepfändet und der KV-Mensch bekommt nen Zweiwochenkurs, um danach als Landarzt dort arbeiten zu müssen, oder was?

Shizr
01.01.2020, 19:43
Wobei man doch glaube ich deutlich älter sein muss als 18 um für diese Quote überhaupt ausgewählt werden zu können.
Zumindest in NRW ist eine abgeschlossene Ausbildung rein optional.

https://www.lzg.nrw.de/lag/h_auswahl/stufe_1/kriterien/index.html

Abitur muss sein, der Rest ist Bonus und wird vermutlich relevanter, je mehr Leute über die Leibeigenenquote rein wollen.



So oder so wird "Ich wusste nicht, was ich da unterschreibe" wahrscheinlich als Argument eher schwach sein.

ehem-user-31-01-2020-1555
01.01.2020, 20:05
Interessant dürfte es auch werden, wenn man in der Verpflichtenden Klinikzeit in einer internistischen Krankenhaushölle ( die es ja laut diversen Foren utzern) zuhauf gibt, merkt, dass die Beschäftigung mit den typischen Innere-Erkrankungen nichts für einen ist. Da kann man nicht einfach auf ein anderes Fach wechseln.
Eigentlich müsste auch die Pharmazie eine Landapothekerquote einführen. Da gibt es nämlich genau das gleiche Problem. Kein Arzt im Haus und sehr wenig Laufkundschaft. Von sämtlichen anderen Berufen ganz zu schweigen

tarumo
03.01.2020, 12:13
Woher kommt eigentlich die Info mit der Haftung der KV-Leute? Und was soll das sein??

Für hauptamtliche Vorstände bei Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigungen existiert die persönliche Haftung gem. SGB IV und V. Die soll in erster Linie sicherstellen, daß die vorgesehenen Prüfungen korrekt durchgeführt werden (z.B. Wirtschaftlichkeitsprüfungen). Aus dem Grund gibt es bei Regressen auch kaum Spielraum. Es geht hier natürlich um genau den umgekehrten Fall, daß nämlich zu wenig oder gar keine (statt zuviel) Leistung erbracht wird. Und für die KV ist das auch Neuland. Es hat auch nichts mit der Strafzahlung zu tun, sondern ist einfach eine ergänzende Info, daß die zuständige KV schon aus persönlichem Interesse darauf achten wird, daß hier nicht getrickst wird, z.B. mit einer reduzierten Wochenstundenzahl etc...

tarumo
03.01.2020, 16:25
Abitur muss sein

...noch...duckundweg....

Daß es aus Sicht der Landesregierung Sinn macht, Leute zu kobern, die sich zum einen schon was aufgebaut oder gespart haben und zum anderen schon "weichgekocht" sind durch lange Wartezeiten, hatte ich ja schon geschrieben. Entsprechend würde die die Leute auch auswählen.

tarumo
17.02.2020, 08:36
*hochschieb*


Und verstehe ich das richtig, dass über 1.000 Leute die Bewerbung über die Landarztquote abgeschickt haben? Für mich unvorstellbar.

In Bayern ist das Interesse doch eher verhalten, obwohl die Bedingungen tlw. besser sind (z.B. ist eine risikolose Anstellung in einem MVZ erlaubt)
Derzeitiger Stand 62 Bewerbungen auf 110 Plätze

https://www.sueddeutsche.de/bayern/gesundheitspolitik-wenig-interesse-an-landarzt-studium-1.4799876

Liegts an diesem Thread? Oder ist das Bildungsniveau in NRW mittlerweile so im Keller, daß man nicht mal den Vertrag lesen und verstehen kann, siehe auch diverse Beiträge dazu...

Sahranay
26.04.2020, 12:16
Hallo TortillaSchmauser,
wie ist das Auswahlgespräch bei dir gelaufen? Kannst du uns freundlicherweise deine Erfahrung mitteilen ?
mit freundlichen Grüßen

phanto95
26.04.2020, 12:39
*hochschieb*



In Bayern ist das Interesse doch eher verhalten, obwohl die Bedingungen tlw. besser sind (z.B. ist eine risikolose Anstellung in einem MVZ erlaubt)
Derzeitiger Stand 62 Bewerbungen auf 110 Plätze

https://www.sueddeutsche.de/bayern/gesundheitspolitik-wenig-interesse-an-landarzt-studium-1.4799876

Liegts an diesem Thread? Oder ist das Bildungsniveau in NRW mittlerweile so im Keller, daß man nicht mal den Vertrag lesen und verstehen kann, siehe auch diverse Beiträge dazu...

Interessant, dass es dann letztendlich doch 812 Bewerbungen für Bayern geworden sind, also die ganz große Mehrheit hat sich erst in der zweiten Februarhälfte beworben, vielleicht gerade aufgrund von Artikeln wie dem der SZ?

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/112301/Landarztquote-Bayern-vereinfacht-Vergabe-von-Studienplaetzen

anonymhund123455667
02.05.2020, 13:28
Ja das frage ich mich auch, habe damals nach dem Artikel eine E-Mail geschrieben und gefragt was mit den übrigen Studienplätzen passiert. Also ob sie evtl. verlost werden oder zurück an Hochschulstart fallen....

Zurück kam eine ziemlich arrogante E-Mail, nach dem Motto: "Wir werden von Bewerbern überrannt und du brauchst hier auf gar nix zu hoffen".

Naja dafür kann ich mir in 6 Jahren hier im Forum die ersten "Hilfe ich bin in der Landarztquote gefangen"-Posts geben. Hahaha

Rap Dinar
16.05.2020, 15:05
Guten Tag zusammen wer ist zum Auswahlverfahren eingeladenen worden und weiß jemand wie es abläuft bzw hat jemand Erfahrung vom letzten Jahr ?

Cor_magna
03.09.2020, 17:53
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116212/Unionsfraktion-will-sich-fuer-hoehere-Landarztquote-einsetzen

Nett, da macht sich also wirklich die Tendenz zu einer Ausweitung der Landarztquote bemerkbar. Uncool.

Shizr
03.09.2020, 19:53
Nett, da macht sich also wirklich die Tendenz zu einer Ausweitung der Landarztquote bemerkbar. Uncool.
Kurzer Blick in die Kristallkugel...
2040: 100 % Landarztquote. Erst jetzt fällt der Politik auf, dass auch nicht auf dem Land Menschen leben und dass unser Gesundheitswesen nicht ausschließlich mit Allgemeinmedizinern betrieben werden kann.

Muriel
03.09.2020, 20:50
Naja, die Klausel, sich nach dem Studium zehn Jahre an einem zu diesem Zeitpunkt erst näher zu definierendem Ort beruflich niederzulassen, kann man bestimmt noch einpflegen. Vielleicht gibt es dann auch so ein Punktesystem wie in Frankreich oder Italien, dass die besten sich die Stellen aussuchen dürfen und der Rest eben verteilt wird.

tarumo
03.10.2020, 09:37
Kurzer Blick in die Kristallkugel...
2040: 100 % Landarztquote. Erst jetzt fällt der Politik auf, dass auch nicht auf dem Land Menschen leben und dass unser Gesundheitswesen nicht ausschließlich mit Allgemeinmedizinern betrieben werden kann.

Meine Kistallkugel sagt:
Nach der Ausweitung auf alle Bundesländer (jetzt auch BW dabei) und der zahlenmäßigen Ausweitung kommt demnächst auch noch die Pädiater- und Urologenquote, Neurologenquote etc.. Und nicht zu vergessen die Ö-Gesundheitsdienstarztquote. Schließlich noch die Stadtarztquote obenauf (der reine Landarztmangel ist fake news, bitte einfach mal "Ärztemangel Berlin, Hamburg" etc. googlen).

Zum Schluß wird ein großer Teil der Absolventen in sklavenähnlichen Bedingungen leben und arbeiten müssen (siehe Regelung in NRW) und neben den gesetzlichen Schikanen auch noch das Naserümpfen von PatientInnen und KollegInnen ertragen müssen, "zu einem normalen Studium hat es nicht gereicht".... Neben der sowjetähnlichen "Absolventenlenkung" werden auch die Arbeitsbedingungen eher "sowjetlike" sein...

"Normale" Studienplätze werden nicht mehr neu geschaffen, das kostet ja Geld und das ist bekanntlich ja gerade knapp...

Von dem einstmals freien Beruf wird dann nicht mehr viel übrig sein. Bedanken darf man sich hierbei bei den Aspiranten, die für einen vermeintlichen und kurzfristigen persönlichen Vorteil diesen Faust´schen Pakt eingegangen sind. Offensichtlich sind andere Berufsgruppen schlauer, die politische "Lockangebote" durch die kalte Schulter zeigen ins Leere haben laufen lassen, z.B. das "bluecard" Projekt für ausländische IT-Spezialisten in den frühen 2000ern.
You get what you deserve..
"Keiner wird gezwungen, Kassenarzt zu werden" (Jens Spahn, 2019)