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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Landarztquote in NRW - die Details zum Verfahren stehen fest



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Evil
23.07.2019, 18:35
Und wo der Arzt genau die "Segnungen" des Landarztdaseins genießen darf, weswegen die Praxen ja verkant sind. Dann aber ohne die Chance auf Berufswechsel oder Wegzug...Und eine Forderung von 250.000 EUR führt im Regelfall zu sofortigen Privatinsolvenz, ein certificate of good standing und damit die Auswanderung hat sich auch erledigt....
Ich glaube, Du hast die Intention nicht kapiert. Die Idee ist, sich nach dem Studium und der abgeschlossenen Facharztausbildung zu verpissen, eine Praxis am Starnberger See zu eröffnen und dann mit der linken Pobacke die Vertragsstrafe zu begleichen. Da spielt das Landarztdasein genausowenig eine Rolle wie die Zwangsversetzung ;-)

davo
23.07.2019, 18:45
€250k von der Steuer abgesetzt sind aber noch immer um die €150k. Wozu also der ganze Zirkus? Da ist es doch deutlich billiger sich einfach einen Studienplatz in Osteuropa zu kaufen.

doro2000
23.07.2019, 22:17
Wird der Ort der Facharztausbildung eigentlich auch vom Bundesland (oder wem auch immer) bestimmt, oder darf man sich das selber aussuchen?

Und was ist, wenn ein Landarzt-Medizinstudent das Studium abbricht oder den Prüfungsanspruch verliert? Theoretisch kann man sich dann ja im 10. Semester rausprüfen lassen und in Rumänien 3-4 Semester fertig studieren, oder?
Man verliert jedenfalls weniger Zeit, außerdem kann man einen Großteil des Studiums in Deutschland machen, was günstiger und auch "bequemer" ist (als komplett im Ausland zu studieren).

GelbeKlamotten
24.07.2019, 05:18
Die Ansicht, eine Bank vergäbe mal eben einen Kredit von 250.000 EUR an einen Youngster ohne größeren materiellen Besitz zur Begleichung einer Vertragsstrafe (= keine Sicherheiten für die Bank) ist schon mehr als naiv.

Oder soll neben der/dem Partner jetzt auch das Elternhaus, oder die Oma, mit ins Verderben gezogen werden?

Und die Aussichten auf dem Heiratsmarkt sind in der Tat nicht rosig, wenn eine Zwangsversetzung zur besten Zeit des Lebens an einen Ort ansteht, an dem es z.B. aus rein geographischen oder demographischen Gründen für den/die PartnerIn keinen Job gibt. Und vielleicht auch keine Freunde, Hobbys unmöglich etc...

Und wo der Arzt genau die "Segnungen" des Landarztdaseins genießen darf, weswegen die Praxen ja verkant sind. Dann aber ohne die Chance auf Berufswechsel oder Wegzug...Und eine Forderung von 250.000 EUR führt im Regelfall zu sofortigen Privatinsolvenz, ein certificate of good standing und damit die Auswanderung hat sich auch erledigt...
Ich finde es auch unredlich, die 250.000 EUR gegen 12 Semester Wartezeit mit Nulleinkommen (rich kid?) gegenzurechnen. Für das Geld kann man in Osteuropa gleich zweimal studieren und hat obendrein noch was von der Welt gesehen.
Im öffentlichen Gesundheitswesen fehlen übrigens auch Ärzte, dennoch ist keiner auf die Idee gekommen, solch ein Modell auszuloben. Klar warum...im Zweifelsfall und bei Nichtgefallen der Arbeitsbedingungen meldet man sich im ÖD einfach dauerhaft krank und steckt nicht in der Tretmühle, zur Vermeidung horrender Strafen und ohne jeglichen Schutz (man ist ja zumindest auf den Papier Freiberufler) zu versuchen, wirtschaftlich und bei sich ständig verändernden Rahmenbedingungen irgendwie über die Runden zu kommen.

Ein mieses Image seitens der Patienten "der hat nur Hausarzt studiert" kommt noch dazu, ebenso wird es nicht unbemerkt bleiben, daß der/diejenige zwangsweise vor Ort ist und arbeiten muß, um eine Strafe zu vermeiden. Total gut für den Ruf. Vermutlich hat man dann auch nur genau die Patienten, die ebenfalls keine Alternative haben. Es hat schon seinen Grund, daß in einer JVA eben keine hochwertigen Produkte hergestellt werden.


Hier müssen wir mal einiges ein bisschen ordnen.
Zunächst mal ging es um die Frage, ob es sich lohnt, den Landarzt Studienplatz anzunehmen und dann die 250k zu zahlen statt 10 Jahr auf dem Land zu versauern. Du schmeißt die Nachteile der Ortsbindung und die Nachteile der Strafzahlung zusammen, die treffen ja aber eben nicht beide gleichzeitig zu. Wer gedenkt, tatsächlich 10 Jahre in einer Langarztpraxis zu arbeiten, der sollte natürlich von vorne rein damit d'accord sein, dann eben 10 Jahre in der Pampa zu sitzen. Es mag Leute geben, die das nicht stört, für die ist das dann das richtige. Für alle anderen ist die Strafzahlung die bessere Variante. Undzwar finanziell die weitaus bessere als die bisherige Wartezeitregelung. Darum geht es mir. Es wurde also eigentlich eine neue Möglichkeit eingeführt, einen Studienplatz zu bekommen, die weitaus attraktiver ist als die bisherige Wartezeitregelung. Und bisher wurde die Wartezeitquote ja offensichtlich auch rege genutzt. Ein Auslandsstudium mag für viele eine noch bessere Wahl sein als die Landarztquote mit Strafzahlung. Darüber bin ich nicht umfassend informiert. Offensichtlich gibt es aber eben auch genug Leute, für die das Auslandsstudium nicht in Betracht kommt, sonst gäbe es ja nicht so viele Warter.

Dass eine Forderung von 250k brutto für jemand mit einem Jahreseinkommen von mindestens 150k zur sofortigen Privatinsolvenz führt ist nun wirklich absoluter Unsinn.

Und ich habe mitnichten die 12 Semester Wartezeit mit Nulleinkommen gegengerechnet. Machen wir doch einfach mal eine sehr sehr konservative Rechnung: Wir gehen davon aus, dass eine Praxis in einer städtischen Gegend 150k im Jahr abwirft. Steigerungen im Verlauf lassen wir außer Acht. Weiterhin nehmen wir an, dass derjenige, der über die Wartezeit seinen Studienplatz bekommt, direkt nach dem Abi und für die vollen 6 Jahre ein Jahreseinkommen von 40k erwirtschaftet. Gehen wir nun noch davon aus, der "Landarzt" muss einen EXTREM überteuerten Kredit aufnehmen, um die 250k Strafe zu zahlen, der ihn zusätzlich 100k an Zinsen kostet. Für die Assistenzarztzeit nehmen wir eine halbwegs realistische Gehaltsentwicklung an, für das Medizinstudium einen Nebenverdienst von 500 Euro (spielt eh keine Rolle, das durchlaufen ja jeweils beide gleichermaßen). Und jetzt machen wir einen Gehaltsvergleich über 18 Jahre:

32079

Trotz dieser teils zu Ungunsten des "Landarzt-Studienplatznehmers" sehr unrealistischen Annahmen liegt er am Ende immer noch um über 300.000 Euro im Gesamteinkommen vorn.
Realistischer Betrachtet dürfte der Vorsprung weit über 500.000 Euro liegen, denn der Kredit wird niemals so teuer (für den Preis kann man sich das Geld glatt von Smava o.ä. leihen), der Praxisertrag wird höher sein und sich im Laufe der Jahre steigern, die Wartezeit ist länger, etc.

Aber selbst unter den widrigsten anzunehmenden Umständen ist es immer noch finanziell wesentlich attraktiver den Landarzt-Studienplatz zu nehmen und dann die Strafe zu zahlen als die Wartesemester in Kauf zu nehmen. Demnach wurde mit dieser Regelung eine Möglichkeit geschaffen, die für Leute, die Hausarzt werden wollen, deutlich attraktiver ist als die bisherige Wartezeitregelung. Andere Möglichkeiten (Auslandsstudium, Klage,..) mögen für viele noch besser geeignet sein, aber es gibt ganz offensichtlich Leute, die wesentlich von dieser neuen Regelung profitieren werden, wenn sie sich trauen sie zu nutzen und nicht auf Leute wie dich hören, die wegen der verhältnismäßig geringen Strafe den absoluten Untergang prognostizieren.

tarumo
24.07.2019, 08:13
Dass eine Forderung von 250k brutto für jemand mit einem Jahreseinkommen von mindestens 150k zur sofortigen Privatinsolvenz führt ist nun wirklich absoluter Unsinn.

Die Forderung wird fällig, sobald die Weiterbildung abgeschlossen ist und man sich keine Landarztpraxis zuweisen läßt. Es muß also zuerst von einem Bruttotarifgehalt von ca 60.000 - 80.000 EUR (Klinik), bei einer Praxisweiterbildung von 30-50.000 EUR Jahreseinkommen ausgegangen werden, bei Teilzeit noch viel weniger. Alles hier im Forum nachzulesen. Und selbstverständlich führt eine sofort fällige Forderung von 250.000 EUR dann zur Privatinsolvenz, wenn der entsprechende finanzielle Background vorhanden wäre, hätte man ja auch gleich ins Ausland gehen können. Wobei die Strafe ja aus dem Netto zu begleichen ist und man muss ja auch noch irgendwie leben. Wie gesagt, naiv...und wenn man im Rahmen einer Privatinsolvenz auf "HArzt IV" Niveau eh keine Steuern zahlt, hilft einem die Absetzbarkeit reichlich wenig.

Apropos Teilzeit: die ist nach meinem Kenntnisstand auch nicht erlaubt.

Der immer wiederkehrende Denkfehler ist ja, Einkommenstabellen für jetzt und heute als hypothethisches Einkommen für in 12-15 Jahren gleichzusetzen. Ich habe aber nirgendwo den Passus gefunden, daß einem ein Einkommen garantiert wird, das ist eben der Unterschied zu einer vorfinanzierten Ausbildung wie Lufthansa oder meinetwegen auch BW. Die KV-Vergütung kennt aber nur eine Richtung, und zwar nach unten. Vor 30 Jahren wären hier u.U. siebenstellige DM-Beträge gestanden....
Auch in den ersten Jahren wird man mehr investieren müssen, als einem lieb ist- im übrigen sind auch die Zuschüsse durch die KV keineswegs steuerfrei.
Als Regierung würde ich einem Zwangsverpflichteten aber gar keine Zuschüsse gewähren, schließlich ist der nicht freiwillig da...
In Hessen denkt man sogar laut über eine "Grundsicherung" für Arztpraxen nach, und die an Hessen angrenzenden KV-Sprengel in NRW sind - bei gleicher Einnahmestruktur- wohl die ersten, die zwangsbesetzt werden. Also, viel Spaß beim Beziehen einer staatlichen "Praxis-Grundsicherung" und gleichzeitig drohender Vertragsstrafe von 250.000 EUR bei beruflicher Veränderung, Teilzeitverbot und frustriertem/r Partner/in.

Gesocks
24.07.2019, 09:42
Nix Privatinsolvenz. Die Vertragsstrafe muss verhältnismäßig sein. Für Soldaten gilt - die Gutachten zur Landarztquote ziehen diese Rechtsprechung, die es gerade für ärztliche Drückeberger im Sanitätsdienst ausreichend gibt, heran - es dürfe keine existenzielle wirtschaftliche Notlage entstehen.
Konkret wird die Strafe gestundet, mit überschaubaren Zinsen, und ist absetzbar.

Trotzdem angesichts der genannten besseren Optionen unattraktiv.

Spark
24.07.2019, 10:30
Mal abgesehen davon ob die Rechnerei rein sachlich aufgeht, finde ich Leute die so denken zum K*

Diese Quote (wie auch der SanDienst Bundeswehr) ist nicht als Studienplatzbeschaffungsmassnahme mit Rückzahlung gedacht sondern um reale und sehr dringende Bedarfe zu decken. Die ganzen Argumente weswegen vorgeplanter Betrug in Ordnung sein soll "weil ich zahl ja meine Strafe" - jo, kann man so sehen, ändert aber nichts daran dass es betrügerisch ist. Die Summe ist keine Gebühr sondern eine VertragsSTRAFE für einen GEBROCHENEN Vertrag. Ich kann Dir ja auch mal aus Spass den Arm auskugeln, und solange Du nur Dein Schmerzensgeld bekommst ist meine Absicht damit legitim gewesen?

Die Leute denen diese ärztliche Versorgung fehlt zahlen das ganze mit und denen nützt die VertragsSTRAFE nichts, die brauchen einen Arzt. Das Betrugsopfer Gemeinwesen ist nicht so anonym wie Ihr Euch das zurecht legt. Was ist so schlimm daran wenn es eben eine Quote gibt für Leute die das Ding auch wirklich durchziehen wollen? Das ist dann eben nicht für entitled ******. Wenn man sich ne Viertel Million leisten kann, dann ab ins Ausland, da kann man sich die Ausbildung auch ohne Würdelosigkeit kaufen.

tarumo
24.07.2019, 11:37
Konkret wird die Strafe gestundet, mit überschaubaren Zinsen, und ist absetzbar.


Rechtsanspruch auf Stundung steht genau wo? Ich habe es beim Lesen dieses Machwerks nicht gefunden...Und wenn es dumm läuft (ich bin kein Jurist) werden die Forderungen dann nicht vor einem "normalen" Gericht verhandelt, sondern vor dem Sozialgericht, wo wesentliche Elemente des BGB nicht gelten und praktischerweise die Gegenseite (KV und Kassen) die Richter benennt. Ähnlich hohe Forderungen bei nicht "politikkonformen" Handeln werden da ohne weiteres durchgezogen, auch auf die Gefahr einer Privatinsolvenz hin. Stichwort Regress. Es geht ja um die Abschreckung.


Nix Privatinsolvenz. Die Vertragsstrafe muss verhältnismäßig sein. .

Die Vertragsstrafe steht doch jetzt schon fest und wird nicht später ad hoc entschieden... Und zum Thema verhältnismäßig: es handelt sich annähernd um das gesamte Arbeitnehmerbrutto der Weiterbildungszeit, also um alle Einkünfte seit dem Examen, setzt man das Netto an, dann noch viel mehr. Im Strafrecht kommt eine Geldstrafe von ca. 10-12 Nettojahreseinkommen wann genau vor?

Die verschiedentlich kolportierten ca. 120.000 EUR Kosten für einen staatlichen Medizinstudienplatz werden auch mal locker um das Doppelte überschritten.
Und einfach mal in der Schmerzensgeldtabelle nachschauen, wieviel körperliches Leid man jemandem zufügen darf für diese Summe.

Für mich ist die Intention klar, daß hier im Sinne der Politik mißliebige Ärzte wirtschaftlich exekutiert werden sollen. Die Eröffnung einer reinen Privatpraxis oder ein Fachrichtungswechsel bewahrt meines Wissens nämlich auch nicht vor der Strafe, obwohl hier natürlich auch Patienten behandelt werden.

GelbeKlamotten
24.07.2019, 12:41
Die Forderung wird fällig, sobald die Weiterbildung abgeschlossen ist und man sich keine Landarztpraxis zuweisen läßt. Es muß also zuerst von einem Bruttotarifgehalt von ca 60.000 - 80.000 EUR (Klinik), bei einer Praxisweiterbildung von 30-50.000 EUR Jahreseinkommen ausgegangen werden, bei Teilzeit noch viel weniger. Alles hier im Forum nachzulesen. Und selbstverständlich führt eine sofort fällige Forderung von 250.000 EUR dann zur Privatinsolvenz, wenn der entsprechende finanzielle Background vorhanden wäre, hätte man ja auch gleich ins Ausland gehen können. Wobei die Strafe ja aus dem Netto zu begleichen ist und man muss ja auch noch irgendwie leben. Wie gesagt, naiv...und wenn man im Rahmen einer Privatinsolvenz auf "HArzt IV" Niveau eh keine Steuern zahlt, hilft einem die Absetzbarkeit reichlich wenig.
Nun gut, wenn du an die Privatinsolvenz glauben willst, dann tu das einfach weiterhin. De facto wäre die Finanzierung, wenn man die Strafe tatsächlich auf einmal zahlen müsste, definitiv ohne Privatinsolvenz möglich, wenn auch natürlich (wie oben in die Rechnung zur Genüge eingepreist) nicht zu Top-Konditionen.


Der immer wiederkehrende Denkfehler ist ja, Einkommenstabellen für jetzt und heute als hypothethisches Einkommen für in 12-15 Jahren gleichzusetzen. Ich habe aber nirgendwo den Passus gefunden, daß einem ein Einkommen garantiert wird, das ist eben der Unterschied zu einer vorfinanzierten Ausbildung wie Lufthansa oder meinetwegen auch BW. Die KV-Vergütung kennt aber nur eine Richtung, und zwar nach unten. Vor 30 Jahren wären hier u.U. siebenstellige DM-Beträge gestanden....
Das ist kein Denkfehler, sondern eine andere Einschätzung von Risiken. In den letzten Jahren sind die Einkünfte der niedergelassenen Ärzte im Schnitt jeweils leicht über dem Inflationsniveau gestiegen. Mich wundert es nicht, dass du auch hier deine Untergangsszenarien spinnst, aber ich gehe nicht davon aus, dass die Ärzteeinkünfte in den nächsten Jahren massiv einbrechen werden. Wäre das so, dann müsste man generell von der Eröffnung einer Praxis dringend abraten, völlig unabhängig von der Art der Studienplatzvergabe. Garantiertes Einkommen? Was erwartest du sonst noch so?



Die Vertragsstrafe steht doch jetzt schon fest und wird nicht später ad hoc entschieden... Und zum Thema verhältnismäßig: es handelt sich annähernd um das gesamte Arbeitnehmerbrutto der Weiterbildungszeit, also um alle Einkünfte seit dem Examen, setzt man das Netto an, dann noch viel mehr. Im Strafrecht kommt eine Geldstrafe von ca. 10-12 Nettojahreseinkommen wann genau vor?

Achso, weil der durchschnittliche vollzeit arbeitende Hausarzt 10-12 Jahre Assistenzarzt bleibt? Hör doch mal auf, deine Argumente mit bewusst falschen Annahmen zu manipulieren. Du kannst ja deine Meinung vertreten, aber man sollte auch dabei bei den Tatsachen bleiben.
Übrigens: Meine aktuelle monatliche Miete ist höher als meine durchschnittlichen monatlichen Einnahmen während der Studienzeit. Spielt das eine Rolle bei der Entscheidung, ob ich mir die Wohnung JETZT leisten kann? Verhält es sich vielleicht ähnlich mit der Vertragsstrafe im Verhältnis zu Gehältern aus der Vergangenheit?
Im übrigen macht es immer noch keinen Sinn, die Strafe netto zu rechnen

Gesocks
24.07.2019, 12:56
Warum denn jetzt Strafrecht? Und wie denn sonst, außer per Stundung?

Die Gutachten ziehen die Rechtsprechung für Soldaten heran. Dass abtrünnige Landarztquotenärzte zukünftig per 250.00 € SEPA-Lastschriftenmandat "wirtschaftlich exekutiert" werden sollen, ist sowas von abwegig.

Selbstverständlich muss die Strafe empfindlich sein. Warum sollte man da ausgerechnet nur die Kosten für ein Medizinstudium heranziehen? Deine 120.000 € hat, Pfändungsfreigrenzen angelegt, der Assistenzarzt innerhalb einiger sehr weniger Jahre abbezahlt. Ohne Landarztquote hätte der Typ keinen Studienplatz erhalten, sondern sich womöglich genötigt gesehen sich als Krankenpfleger "wirtschaftlich zu suizidieren". Die Strafe hat Lenkungsfunktion und muss verhältnismäßig zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. Das schließt im übrigen selbstverständlich auch eine nachträgliche Korrektur oder Erlassen der Strafe ein.


[...] Das Betrugsopfer Gemeinwesen ist nicht so anonym wie Ihr Euch das zurecht legt. [...]
Da stimme ich grob zu (jedenfalls ausschließlich des Armauskugeln-Beispiels - kapier' ich nicht) und erweitere mein Fazit:
"Trotzdem angesichts der genannten besseren Optionen unattraktiv" ... und hündisch :-))

Es lohnt sich aber trotzdem festzustellen, dass "die da oben" einem nicht außer Scheiße (verarmter Landarzt in der Lausitz) nur Ausweglosigkeit (Berufsstart in die Privatinsolvenz) servieren.

tarumo
24.07.2019, 14:14
In den letzten Jahren sind die Einkünfte der niedergelassenen Ärzte im Schnitt jeweils leicht über dem Inflationsniveau gestiegen.


Die anteilige Ausgaben der GKV pro ambulant tätigen Arzt (es geht hier um den Betrieb einer Kassenarztpraxis) sind seit den 80er Jahren von damals ca 30% auf 2011 18% und jetzt nur noch 15% gefallen, logischerweise sind die reinen GKV-Einnahmen im gleichen Zeitraum gesunken. Die üblichen Zahlenspielereien bezüglich der Arzteinkommen berücksichtigen weder die dafür geleistete Mehrabeit, zählen "geschätzte" Privateinnahmen (ok. hört nach der nächsten BT -Wahl auch auf) und Gutachten/Nebentätigkeiten dazu, und es werden aber auch die ambulanten Laborketten mit ihrer exorbitanten Rendite eingerechnet. Wenn Du eine um diese sämtlichen Faktoren bereinigte Statistik hast, her damit. ZI-Panel war übrigens auch nur Selbstauskunft. Und keine GKV kennt die Privateinnahmen, die kennt nur das FA und die ÄK, und von beiden kommt nix.
Die ganzen Praxen, in die man verpflichtet werden soll, sind vermutlich alle verwaist, weil sich die Vorbesitzer mit ihren Wohlstandsmillionen vorzeitig in die Karibik abgesetzt haben.


Achso, weil der durchschnittliche vollzeit arbeitende Hausarzt 10-12 Jahre Assistenzarzt bleibt

Wenn er 10 Jahre als Landarzt arbeitet, entfällt die Forderung sowieso. Nein, eingetrieben wird nach Ende der WBZ, später vmtl. anteilig.
Und für eine Quelle, die sicherheitenlos einen 250.000 EUR Kredit gewährt, wäre ich dankbar. Die meisten (alle?) deutschen Banken haben im übrigen die Finanzierung einer noch nicht mal halb so teuren Pilotenausbildung eingestellt- eben, weil es bei Berufseinsteigern nichts zu holen gibt und ein Abschluss sich nicht pfänden läßt. Keine Bank der Welt vergibt einen Kredit auf ein zukünftiges Einkommen. Aber träum ruhig weiter...



Wäre das so, dann müsste man generell von der Eröffnung einer Praxis dringend abraten, völlig unabhängig von der Art der Studienplatzvergabe

Wenn es um eine Kassenarztpraxis geht, gibt es in der Tat ernstzunehmende Stimmen, die das tun. Und noch viel mehr sind, ganz für sich, zu dem Enschluss gelangt (Schwarmintelligenz), das nicht zu machen. Sonst bestünde das Problem ja nicht...Aber die sind vermutlich alle nur falsch informiert. Es handelt sich im übrigen auch nicht um ein "Land"arztproblem, in Metropolen wie Berlin und Hamburg ist der Mangel genauso existent (google hilft) wohingegen ich von einem Ärztemangel am ausgesprochen ländlichen Starnberger See noch nie gehört habe.


Im übrigen macht es immer noch keinen Sinn, die Strafe netto zu rechnen
Die Strafe ist nicht netto zu rechnen, sondern aus dem Nettoeinkommen zu begleichen. Daher -> Milchmädchenrechnung

Übrigens ist die Idee "Landarztpraxis" jetzt nicht neu, sondern alleine in NRW stünden > 1000 Fachärzte einschlägiger Richtungen bereit, die von ihrem Klinikjob gefrustet sind und sicher gerne das Angebot, 150.000 EUR Arzteinkommen bei 40h-Woche bei freier Zeiteinteilung und ohne Chef annehmen würden. Und auch ganz ohne Strafzahlungen.

Das blöde ist nur, hier hat Herr L. mit seinem "Locken" schon mal auf Granit gebissen und deswegen versucht man es halt mal mit ahnungslosen Abiturienten. Finde ich persönlich, vorsichtig formuliert, verwerflich.

WackenDoc
24.07.2019, 16:29
Bei Soldaten ist es noch etwas anders- da gibt es keine Möglichkeit, gegen eine Strafzahlung einfach so zu gehen. Es gibt Möglichkeiten raus zu kommen. Manche sind mit einer Rückzahlung der Ausbildungskosten verbunden. Ja, da wird versucht finanzielle Härten zu verhindern (es ist eben aber auch keine Strafe, sondern Rückzahlung der Ausbildungskosten- komplett anderer Tenor), die zurückzuzahlenden Kosten werden individuell berechnet und ja, Ratenzahlung ist üblcih.
Und ich würde mir die Landarztverträge GENAU anschauen, welche Sanktionen da noch möglich sind. Ich bezweifel, dass das so einfach mit "Strafe zahlen und woanders niederlassen" getan ist.

Gesocks
24.07.2019, 18:44
[...] es ist eben aber auch keine Strafe, sondern Rückzahlung der Ausbildungskosten- komplett anderer Tenor [...]
Nein, denn die verhaltenslenkende Funktion, Rückzahlungspflicht im Sinne der Landesverteidigung, wird, zum Beispiel vom Bundesverwaltungsgericht, regelmäßig hervorgehoben. Der Vergleich passt schon.

tarumo
24.07.2019, 21:43
Leider verzetteln sich manche Schreiber hier in Nebensächlichkeiten.
Es geht doch nicht drum, gegen einen Studienplatz oder Stipendium in die Patienten- oder Soldatenversorgung zu wechseln oder "eine" Praxis zu übernehmen, oder irgendwas "abzusetzen".

Sondern der Deal ist, sich zu verpflichten, als Abiturient (!) ein höchstwahrscheinlich defizitäres Kleinunternehmen in schwierigem Umfeld 12-15 Jahre später für die Dauer von 10 Jahren führen und davon leben zu müssen.

Ich formuliere bewußt so, weil die Auswahl der Praxen via Sozialministerium / KV erfolgt und da liegt es auf der Hand, daß genau die Praxen zwangsbesetzt werden, die 1) - schon besonders lange vakant sind und 2) schon das Umfeld des abgebenden Arztes, etwaige MVZ-Sitzaufkäufer und andere Interessenten abgewunken haben und auch die öffentliche Ausschreibung durch die KV und vielleicht auch noch den Bürgermeister erfolglos blieb.

Sorry, aber wer unter solchen Voraussetzungen wirtschaftlichen Erfolg wähnt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Damit geraten gleich die ganzen Kartenhäuser hier ins Wanken. Eine Bank wird unter derartigen Rahmenbedingungen keinen Kredit geben, damit man die Praxis mal auf links drehen könnte, und erst recht keinen sicherungslosen Kredit über 250.000 EUR Ablöse. Alleine die Idee würde in jedem Finanzforum große Heiterkeit hervorrufen. Erst recht, wenn man mit irgendwelchen Internettabellen fiktiver Durchschnittseinkommen um die Ecke kommt.

Neben der Privatpatientenakquise dürfte sich auch die Personalgewinnung sehr schwer gestalten, Stellen gibt es wie Sand am Meer und warum sollte man als MFA ausgerechnet bei einem zwangsverpflichteten Neueinsteiger in einer anderweitig nicht mehr zu vermittelnden Praxis anheuern?

Und es wird sich rumsprechen, der/die dann zuständige MinisterIn oder BürgermeisterIn wird jeden Verpflichteten mit Blumenstrauß, Pressefoto und Krokodilsgrinsen begrüßen.

Denjenigen, die diesen Vertrag unterschrieben haben, bleibt also genau die Wahl zwischen 250.000 EUR Verbindlichkeiten gegenüber dem Land NRW zum Berufsstart (geradezu niedlich finde ich die vorgebrachte Idee, die eintreibenden Finanzbehörden würden sich auf Stundungen in Kleinbeträge einlassen, um bloß niemand wehzutun, vielmehr werden sie einem den A**** unter dem Hintern wegpfänden) und auf der anderen Seite die mind. 10jährige Existenz in einer Praxis, die sehr wahrscheinlich Verluste verursacht.

Auswandern geht auch nicht mehr und ob man durch eine Privatinsolvenz diese Strafzahlung abschütteln kann, ist auch keineswegs sicher. Aber am besten gleich noch wie vorgeschlagen den/die PartnerIn mit reinziehen, oder sein Erbe verprassen, damit die Patienten auch ja "gut versorgt" sind...

Es gibt genug Juristen, die die ganze Sache als schlicht und einfach "sittenwidrig" betrachten. Und das wird auch genau die Schiene sein, auf die die unausweichlichen Prozesse geführt werden.

Es ist also schlicht eine Wette. Erkennen die Gerichte auf sittenwidrig: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben einen Studienplatz gewonnen. Befinden die Gerichte das für in Ordnung, haben die Unterzeichner also die genau die Wahl zwischen einer ruinierten Existenz durch 250.000 EUR Verbindlichkeiten gegenüber dem Land NRW oder einer ruinierten Existenz durch zehnjähriges Zwangsbetreiben eines defizitären Kleinunternehmens.

Als Rechtsschutzversicherung würde ich mich auch weigern, Verträge mit einem "Landarztquotler" abzuschließen, liegt das Risiko für einen langen und teuren Prozess doch bei fast 100%...

GelbeKlamotten
30.07.2019, 12:32
Leider verzetteln sich manche Schreiber hier in Nebensächlichkeiten.
Es geht doch nicht drum, gegen einen Studienplatz oder Stipendium in die Patienten- oder Soldatenversorgung zu wechseln oder "eine" Praxis zu übernehmen, oder irgendwas "abzusetzen".

Sondern der Deal ist, sich zu verpflichten, als Abiturient (!) ein höchstwahrscheinlich defizitäres Kleinunternehmen in schwierigem Umfeld 12-15 Jahre später für die Dauer von 10 Jahren führen und davon leben zu müssen.

Ich formuliere bewußt so, weil die Auswahl der Praxen via Sozialministerium / KV erfolgt und da liegt es auf der Hand, daß genau die Praxen zwangsbesetzt werden, die 1) - schon besonders lange vakant sind und 2) schon das Umfeld des abgebenden Arztes, etwaige MVZ-Sitzaufkäufer und andere Interessenten abgewunken haben und auch die öffentliche Ausschreibung durch die KV und vielleicht auch noch den Bürgermeister erfolglos blieb.

Sorry, aber wer unter solchen Voraussetzungen wirtschaftlichen Erfolg wähnt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Damit geraten gleich die ganzen Kartenhäuser hier ins Wanken. Eine Bank wird unter derartigen Rahmenbedingungen keinen Kredit geben, damit man die Praxis mal auf links drehen könnte, und erst recht keinen sicherungslosen Kredit über 250.000 EUR Ablöse. Alleine die Idee würde in jedem Finanzforum große Heiterkeit hervorrufen. Erst recht, wenn man mit irgendwelchen Internettabellen fiktiver Durchschnittseinkommen um die Ecke kommt.

Neben der Privatpatientenakquise dürfte sich auch die Personalgewinnung sehr schwer gestalten, Stellen gibt es wie Sand am Meer und warum sollte man als MFA ausgerechnet bei einem zwangsverpflichteten Neueinsteiger in einer anderweitig nicht mehr zu vermittelnden Praxis anheuern?

Und es wird sich rumsprechen, der/die dann zuständige MinisterIn oder BürgermeisterIn wird jeden Verpflichteten mit Blumenstrauß, Pressefoto und Krokodilsgrinsen begrüßen.

Denjenigen, die diesen Vertrag unterschrieben haben, bleibt also genau die Wahl zwischen 250.000 EUR Verbindlichkeiten gegenüber dem Land NRW zum Berufsstart (geradezu niedlich finde ich die vorgebrachte Idee, die eintreibenden Finanzbehörden würden sich auf Stundungen in Kleinbeträge einlassen, um bloß niemand wehzutun, vielmehr werden sie einem den A**** unter dem Hintern wegpfänden) und auf der anderen Seite die mind. 10jährige Existenz in einer Praxis, die sehr wahrscheinlich Verluste verursacht.

Auswandern geht auch nicht mehr und ob man durch eine Privatinsolvenz diese Strafzahlung abschütteln kann, ist auch keineswegs sicher. Aber am besten gleich noch wie vorgeschlagen den/die PartnerIn mit reinziehen, oder sein Erbe verprassen, damit die Patienten auch ja "gut versorgt" sind...

Es gibt genug Juristen, die die ganze Sache als schlicht und einfach "sittenwidrig" betrachten. Und das wird auch genau die Schiene sein, auf die die unausweichlichen Prozesse geführt werden.

Es ist also schlicht eine Wette. Erkennen die Gerichte auf sittenwidrig: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben einen Studienplatz gewonnen. Befinden die Gerichte das für in Ordnung, haben die Unterzeichner also die genau die Wahl zwischen einer ruinierten Existenz durch 250.000 EUR Verbindlichkeiten gegenüber dem Land NRW oder einer ruinierten Existenz durch zehnjähriges Zwangsbetreiben eines defizitären Kleinunternehmens.

Als Rechtsschutzversicherung würde ich mich auch weigern, Verträge mit einem "Landarztquotler" abzuschließen, liegt das Risiko für einen langen und teuren Prozess doch bei fast 100%...


Der einzige, der sich hier am laufenden Band verzettelt, bist du.
Es steht außer Frage, dass es nicht sinnvoll ist, so einen Landarztvertrag einzugehen und ihn dann auch einzuhalten. Kein einziger Post in diesem Thread befürwortet das. Du brauchst also gar nicht immer und immer wieder zu argumentieren, wie desaströs es wäre, so eine marode Praxis in der Pampa zu übernehmen. Da sind wir uns alle einig. Und der von dir vorgeschlagene Plan, 250.000 Euro per Kredit in so eine marode Praxis zu investieren, um die "auf links zu drehen", ist aberwitzig. Was soll das denn bringen? Wo sollen durch die Investition die großen Mehreinnahmen herkommen?

Die Diskussion hier ging im Wesentlichen darum, ob man dieses höchst unattraktive und nicht unterstützenswerte System doch noch zu seinen Gunsten nutzen kann, indem man gezielt den Vertrag bricht und die vereinbarte Vertragsstrafe zahlt.

Deine ganzen Untergangsfantasien hierüber (Ärztevergütungen brechen massiv ein, Bank finanziert nicht, sofortige Pfändungen, die ganze Familie wird in den Ruin gerissen, Rechtsschutzversicherung lehnt ab, PKV wird in der nächsten Legislaturperiode abgeschafft, alle potentiellen Partner laufen weg) sind weiterhin größtenteils völlig realitätsfremd. Einen attraktiven Hausarztsitz bekommt man in der Regel auch nicht umsonst und es fallen zusätzliche weitere Kosten bei der Übernahme einer Praxis an. Die Kreditfinanzierung ist hier bei jemandem, der sich bisher nicht sein Schufa-Ranking extrem versaut hat und der eine nachweislich sehr profitable Praxis übernimmt, in 99% der Fälle kein Problem. Genauso wenig wird es ein unüberwindbares Problem sein, den Praxisstart mit gut 100.000 Euro überzufinanzieren, wenn auch die Konditionen dadurch natürlich etwas schlechter werden. Du tust ja grade so, als würden die Banken bei Krediten um jeden Euro geizen. Das Gegenteil ist der Fall, das Kreditgeschäft ist für Banken nach wie vor sehr lukrativ und ein junger aufstrebender Facharzt ist ein sehr gern gesehener Kunde. Im Gegenteil wird man aufpassen müssen, sich nicht in viel zu lange Kreditlaufzeiten reinziehen zu lassen und ein ausreichendes Sondertilgungsrecht zu vereinbaren, denn für die Rückzahlung werden meist wenige Jahre ausreichen.

tarumo
24.08.2019, 17:51
Man hat mir vorgeworfen, daß ich zwar in der Sache recht habe, aber zu "hart" formulieren würde und damit den Nachwuchs verschrecken. Dennoch können ein paar Sachen nicht so stehenbleiben.



Die Diskussion hier ging im Wesentlichen darum, ob man dieses höchst unattraktive und nicht unterstützenswerte System doch noch zu seinen Gunsten nutzen kann, indem man gezielt den Vertrag bricht und die vereinbarte Vertragsstrafe zahlt.
.

Wie ich schon schrieb... eine Wette. Die 250.000 EUR Einsatz kann man aber auch besser nutzen, in dem man für ca. 100 000 EUR im Ausland studiert und für 150.000 EUR bekommt man in Varna oder Riga eine prima Bude gekauft. Danach ist man aber immer noch frei in der Wahl seines Fachs und des Arbeitsortes. Und zusätzlich Wohnungseigentümer... Das Geld bekäme man ja angeblich so ausgehändigt, weil die Banken gerne Ärzte fördern...
Und zum Thema Rechtsschutzversicherung: genau zwei Szenarien sind nicht versichert, 1) Versicherung abschließen und dann so einen Vertrag und 2) Vertrag abschließen und dann eine Versicherung.
Normalerweise wird eine gewisse Laufzeit verlangt. Das "Lockangebot" richtet sich primär an Abiturienten, und die Anzahl der 18jährigen, die schon seit einem Jahr eine Rechtsschutzversicherung besitzen, dürfte übersichtlich sein. Desweiteren ist das ja für alle Neuland und sehr wahrscheinlich werden diese Klagen wegen dem hohen Streitwert dann ausgeschlossen werden, Studienplatzklagen sind auch in den wenigsten Versicherungen mehr mit drin. Also gleich noch einen hohen fünfstelligen Betrag für Anwalt- und Gerichtskosten zurücklegen.

tarumo
24.08.2019, 18:10
Da sind wir uns alle einig. Und der von dir vorgeschlagene Plan, 250.000 Euro per Kredit in so eine marode Praxis zu investieren, um die "auf links zu drehen", ist aberwitzig. Was soll das denn bringen? Wo sollen durch die Investition die großen Mehreinnahmen herkommen?
Das sage nicht ich, sondern das ist eine Empfehlung der Banken (wenn man überhaupt soweit kommt). Und auch die KV empfiehlt, sich mit Privateinnahmen ein Standbein zu schaffen- das geht nur über Investitionen. Investieren wird man in jedem Fall müssen, denn in der "vakanten" Praxis dürfte schon alles zu Geld gemacht worden sein, was geht und bestenfalls nur noch "Elektroschrott" und "Sperrmüll" vorhanden sein. Um ab Tag 1 mitzuspielen, ist schon mal eine große Investition in eine KV-konforme EDV nötig. Von Geräten ganz zu schweigen.


Du tust ja grade so, als würden die Banken bei Krediten um jeden Euro geizen. Das Gegenteil ist der Fall, das Kreditgeschäft ist für Banken nach wie vor sehr lukrativ und ein junger aufstrebender Facharzt ist ein sehr gern gesehener Kunde. Im Gegenteil wird man aufpassen müssen, sich nicht in viel zu lange Kreditlaufzeiten reinziehen zu lassen und ein ausreichendes Sondertilgungsrecht zu vereinbaren, denn für die Rückzahlung werden meist wenige Jahre ausreichen.

Wieviel Kredite hast Du denn schon so abgeschlossen? Sagt Dir Basel-2 was? In jedem Fall ist ein Kredit mit 30% -50% oder mehr abzusichern, und die wenigsten werden nach dem Ende der WBA soviel auf der Kante haben. Lass Dir einfach sagen: Banken fördern keine neu niedergelassenen Ärzte mehr. Punkt. Und weil ich hier weder eine interne Bankstatistik zu verlinken habe und persönliche Anekdoten keine Beweiskraft haben: Es werden mittlerweile auch zugesagte (!) Kredite an Kliniken nicht mehr ausbezahlt, einfach weil die Bank den Daumen ob der Zukunftsaussichten senkt. Konkret betroffen ist eine süddeutsche Klinikkette, die sogar Studienplätze in Kooperation anbietet. Vielleicht sind sogar ein paar Mitleser hier betroffen.

Wenn es anders wäre, bräuchte man auch nicht dieses ganze Zuschussgedöns und "Förderung", weil man sonst seine MA nicht bezahlen könnte. Mir ist auch nicht bekannt, daß es für die Eröffnung eines Supermarktes oder einer Tankstelle Fördergelder, Zuschusse für die Einrichtung und Teilübernahme der Lohnkosten durch staatliche Stellen gibt.

Pflaume
25.08.2019, 09:38
Ich bin baß erstaunt, wie GelbeKlamotten eine Strafzahlung von 250.000 Euro fast als Nebensächlichkeit wegwischt. Ich sehe das Problem zweistufig exakt wie tarumo:

1) Erst mal geht es nicht um die Strafzahlung, sondern um die Verpflichtung, sich als Landarzt an einem komplett fremdbestimmten Ort niederzulassen *Dieser Zwang* ist das Ziel, und die zugehörigen Institutionen werden (schon um Nachahmer abzuschrecken) alles in ihrer Macht stehende tun, um dies durchzusetzen. Für Leute, die glauben, sich daraus freikaufen zu können, kann man sich eine Menge Repressalien ausdenken, die empfindliche Folgen haben und in jedem Fall die rosigen Verdienstaussichten, die du, GelbeKlamotten, vorrechnest, zunichte machen. Wer sagt denn z.B., dass jemand, der die Landarzt-Untertänigkeit abgelehnt hat, überhaupt noch irgendwo einen Kassensitz bekommt?

2) Selbst wenn man davon ausgeht, sich mit 250.000 Euro komplett ohne weitere negative Folgen freikaufen zu können, so sind auch die eine enorme *zusätzliche* Belastung. Natürlich lassen sich 250.000 Euro für manche (etablierte) Niedergelassene rasch als "Peanuts" innerhalb einiger Jahre ausgleichen. Aber das ist nicht die Regel, und Praxissitze mit derartigen Verdienstmöglichkeiten wären natürlich entsprechend teuer. 250.000 Euro sind erst mal eine enorme zusätzliche Belastung auf das drauf, was andere zu schultern haben. Die 250.000 Euro kommen zu einer Zeit, zu der man sowieso einen großen Geldbedarf hat, *obendrauf*. Kosten für eine Arztpraxis inkl. Kassensitz als größter Batzen. Kosten fürs Privatleben (ggf. inkl. Familie) noch obendrauf. Und das alles mit Anfang bis Mitte 30 (wenn nix dazwischen gekommen ist). Ich halte das ebenfalls für erheblich schwieriger zu finanzieren als GelbeKlamotten es sich vorstellt. Für mich als angestellten Facharzt, der seit 10 Jahren als Arzt arbeitet, würden 250.000 Euro haben oder nicht haben in meiner aktuellen finanziellen Situation einen riesigen Unterschied in der Lebensqualität ausmachen.
Ich sehe in meinem Umfeld so viele ehemalige Studienkollegen in frischer Niederlassung, bei denen irgendwas nicht so läuft wie sie sich das vorher gedacht haben und die deshalb zusätzliche Lasten stemmen müssen, die sie nicht vorhergesehen haben, dass ich mir nur vorstellen kann, dass bei vielen von denen eine zusätzliche Schulden-Last von 250.000 Euro (so sie diese überhaupt finanziert bekommen hätten) das Ruder in Richtung Pleite lenken würde. Da gibts unvorhergesehenen Ärger mit dem Praxisvermieter, unvorhergesehenen Ärger mit dem Vorbesitzer der Praxis, Probleme mit dem Personal (schwere unvorhergesehene Erkrankung der langjährigen angestammten Praxisleitung, andere Ausfälle, Schwierigkeiten, Personal zu bekommen, Fehlentscheidungen bei der Personaleinstellung), bis hin zu von außen hinzukommenden Störfaktoren wie einer Entscheidung der Kommune, die vor der Praxis liegende Straße zu einer Fußgängerzone zu machen.
Kredite für Praxis und einen Kassensitz sind nur deshalb so billig finanzierbar, weil die Bank davon ausgeht, dass sich der Kassensitz selbst bei Scheitern des Kreditnehmers (z.B. wegen Krankheit) zumindest zu einem großen Teil noch wieder zu Geld machen läßt. Die 250.000 Euro obendrauf lassen sich nicht zu Geld machen - das ist genau die Art Kredit, die man entweder ohne Sicherheiten überhaupt nicht bekommt oder aber sehr teuer bezahlen muß. Insgesamt ist dieses Problem aber untergeordnet, da ich wie tarumo gar nicht sicher finde, dass sich die 250.000 Euro überhaupt einfach als "zusätzliche Kosten" einplanen lassen, sondern man ganz andere Dinge (Repressalien, jahrelange Streitigkeiten mit ungewissem Ausgang, ungewisse Zukunft) fürchten muß.

Darin, dass die dritte Möglichkeit, die zwangsweise Niederlassung an fremdbestimmtem Ort, sowieso eine desaströse Geschäftsentscheidung darstellen dürfte, sind wir uns anscheinend alle einig und Details dazu hat tarumo dargestellt, so dass ich darauf nicht näher eingehe.

Ich persönlich finde das Medizin-Studium rein finanziell gesehen sowieso bei weitem nicht so eine rosige Entscheidung, wie viele andere das sehen. Auf die eh schon bestehenden Zwänge und Auslieferungssituation der Facharztausbildung nochmal weitere zusätzliche Zwänge wie den Landarztvertrag obendrauf zu setzen, macht es aus meiner Sicht gänzlich unattraktiv, selbst wenn man glaubt, irgendwann tatsächlich gern als Landarzt arbeiten zu wollen (was sich innerhalb von 10 Jahren auch gut ändern kann). Diesen Vertag über sich hängen zu haben, ist doch allein schon während des Studiums und der Facharztausbildung nochmal eine zusätzliche Last, die über einem schwebt. Niemals würde ich irgendwem raten, so etwas zu unterschreiben. Andere haben vorgerechnet, dass selbst ein Auslandsstudium - das ebenfalls Kosten und Risiken mit sich bringt - eine günstigere Alternative ist.

GelbeKlamotten
25.08.2019, 22:30
Ich stimmt dir in den meisten Punkten vollkommen zu. 250.000 Euro (brutto!) sind sicherlich keine Nebensächlichkeit. 7 Jahre auf einen Medizin-Studienplatz warten sind aber eben auch keine Nebensächlichkeit. Beides halte ich für sehr unattraktiv und ich selbst hätte keine der beiden Möglichkeiten für mich in Betracht gezogen. WENN ich mich aber zwischen DIESEN BEIDEN Möglichkeiten entscheiden müsste, dann würde ich aber definitiv lieber die 250.000 Euro zahlen. Allein auf diesen Vergleich bezieht sich meine Argumentation.

Ein Auslandsstudium halte ich ebenfalls für wesentlich attraktiver als die 250.000 Euro zu bezahlen oder ewig zu warten. Aber offensichtlich kommt das nicht für jeden infrage, sonst gäbe es ja nicht so viele, die jahrenlang auf einen Studienplatz warten. Und einen sechsstelligen Kredit für ein Studium im Ausland mit ungewissem Ausgang ohne relevante Sicherheiten zu bekommen, dürfte sich in der Tat schwierig gestalten. Das ist eine ganz andere Nummer als wenn ein Facharzt kurz vor einer absehbar lukrativen Selbstständigkeit steht. Dazu dann noch im Ausland als Student kreditfinanziert eine Wohnung kaufen zu wollen setzt natürlich der Lächerlichkeit die Krone auf. Was diese ständigen aberwitzigen Vergleiche von tarumo sollen bleibt wohl sein Geheimnis.

Genauso sinnbefreit ist der Vergleich der Kreditwürdigkeit eines Krankenhauses oder einer Krankenhauskette mit der eines Praxisinhabers. Ich bin mir sicher, dass das auch tarumo klar ist. Oder erzielt ein Krankenhaus im Schnitt pro angestelltem Arzt den gleichen Reingewinn wie ein niedergelassener Arzt? Das wäre mir neu und zumindest die Jahresabschlüsse meines Hauses geben das bei weitem nicht her. Daher ist diese Diskussion leider auch nicht zielführend. Man sollte, auch wenn man gegen etwas argumentiert und davon überzeugt ist, dass man recht hat, mit seinen Argumenten bei den Fakten bleiben und nicht in pure Polemik verfallen, sonst macht man sich selbst unglaubwürdig.

Noch mal: Es geht um den Vergleich 6-7 Jahre auf einen Medizinstudienplatz warten oder bei Praxisgründung 250.000 Euro (brutto!!) zu zahlen.
Letztlich wäre es sogar denkbar, fast den kompletten entsprechenden Nettobetrag der Strafe während der Weiterbildungszeit anzusparen. Das würde bedeuten, dass man auf sehr niedrigem finanziellen Niveau leben muss, ähnlich wie als Student, also Wohnung im Schwesternwohnheim am Krankenhaus, nicht unbedingt ein eigenes Auto, günstiges Essen aus dem Supermarkt, etc. Klar, das macht keinen großen Spaß, aber ein "Warter", der in der Wartezeit was anderes studiert, hat dann auch nicht mehr Geld zur Verfügung. Hätte ich Lust mir das anzutun? Absolut nicht. Würde ich das tun, wenn die einzige Alternative wäre, 7 Jahre meines Lebens auf einen Studienplatz zu warten? 100%ig ja! Auch eben mit dem Wissen, dass ich damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 20 Jahre später finanziell insgesamt besser dastehe als derjenige, der 6-7 Jahre in einem anderen Beruf "gejobbt" oder zur reinen Zeitüberbrückung noch was anderes studiert hat.

Sicher gibt es dann noch mehr Dinge zu bedenken, die über die rein finanzielle Abwägung hinausreichen. Aber rein aus finanziellen Abwägungen heraus sind 6-7 gesparte Vorstudienjahre hinsichtlich des Lebenszeitverdienstes mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mehr wert als 250.000 Euro brutto.

Würde ich deswegen jemandem generell dazu raten, so einen Vertrag zu unterschreiben? Ganz bestimmt nicht. Ich würde nur eben noch stärker von der Wartezeitquote abraten als von der Hausarztquote.

Wenn sich jemand trotzdem für die Hausarztquote entscheiden würde mit dem plan, die 250.000 (die übrigens bei 2% inflation in 10 Jahren eh nur noch einen wert von heutigen rund 200.000 Euro haben werden), zu zahlen, dann würde ich ihm sagen, dass das kein beinbruch ist und er dann eben planen muss, wie er diese im Vergleich zum gesamten Lebenszeitverdienst überschaubare Zusatzbelastung finanzieren will. Mittel und Wege gibt es definitiv. Und in den sicheren Ruin treibt ihn das mitnichten.

Seba K
15.09.2019, 21:12
Hallo,

hat jemand am Auswahlgespräch für die Landarztquote in NRW teil genommen und könnte netterweise darüber berichten? Ich würde gerne wissen, was auf einen zukommt und wie die Chancen sind. Und by the way wäre auch wirklich lieb, wenn du auch sagen könntest, was für ein NC du hattest.

lieben Dank im voraus