PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Eignung für den Arztberuf



Seiten : [1] 2 3

tantarek
12.03.2019, 12:53
Hallo zusammen,

ich habe nach einem einjährigen Freiwilligendienst im Ausland im Oktober letzten Jahres angefangen, VWL zu studieren. Ich habe schnell gemerkt, dass das Studium nichts für mich ist und werde es deswegen abbrechen. Da ich den Studiengang Medizin sehr interessant finde, absolviere ich nun seit zwei Wochen ein Praktikum auf einer neurochirurgischen Intensivstation, bei dem ich die jeweiligen Ärzte begleiten darf. Nun zu meiner Frage. Ich finde das Praktikum interessant und die Arbeit abwechslungsreich und sinnvoll. Ich selbst habe aber keine Berufung für die Medizin. Der Arztberuf wäre für mich ein interessanter Beruf, aber er wäre eben nicht meine Berufung. Ich würde Medizin studieren, weil mich einige Bereich des Studiums interessieren ( bei weitem nicht alles) und weil man als Arzt gute Perspektiven für das spätere Berufsleben hat. Die Ärzte in der Klinik haben immer wieder betont, dass man für sein Fach brennen sollte, um das Medizinstudium und den späteren Beruf erfolgreich absolvieren zu können. Was haltet ihr von dem Ganzem? Habt ihr ehemalige Kommilitonen und Kommilitoninnen, für die das Medizinstudium keine Berufung war sondern nur der Weg in einen interessanten Beruf mit vielfältigen Perspektiven?

Liebe Grüße

Tantarek

Shizr
12.03.2019, 13:12
1Habt ihr ehemalige Kommilitonen und Kommilitoninnen, für die das Medizinstudium keine Berufung war
Diese gequirlte Schei**e mit der "Berufung" muss endlich mal aus den Köpfen verschwinden.


Mit deiner Motivation stehst du absolut nicht alleine da.

Feuerblick
12.03.2019, 15:01
Nee, im Gegenteil, es werden immer mehr, die für ihren Beruf nicht mehr „brennen“ sondern ihn einfach als Beruf ansehen. Ich würde sogar sagen: Wer eine „Berufung“ empfindet, wird von der schnöden Realität sehr schnell enttäuscht. Wer das Ganze als normalen Beruf ansieht, der kommt häufig besser klar.
Was du brauchst, ist Ehrgeiz und Durchhaltevermögen.

tarumo
12.03.2019, 15:28
Also mir sind Leute, die von "Berufung" reden, schon etwas suspekt. Ich habe auch noch nie gehört, daß sich jemand zum Gymnasiallehramt, Elektroingenieur oder Piloten "berufen" gefühlt hat. Politiker schon, aber das ging ja bekanntlich nicht gut aus.
Im Englischen ist Beruf auch ungleich Berufung, sondern schlicht "profession".

Ein gewisses Maß an Engagement ist natürlich nicht verkehrt, aber wer zu sehr "burned", der wird im "burn-out" landen, speziell in der Gesundheitsbranche.

belanglosigkeiten
12.03.2019, 15:53
Man kriegt ja durchaus öfter unterschwellig ein schlechtes Gewissen gemacht, weil man als sehr guter Abiturient (m/w/d), der ohne große Hürden zum Studienplatz kam, ja einem seit Geburt zum Arztdasein berufenen sozialkompetenteren Zweierabiturienten den Studienplatz wegnimmt. (Das Bild zeichnen zumindest die Medien gerne.)

Berufung und echte, angeborene Talente sind so oder so eine Mär. Dazu empfehle ich gerne Cal Newports Reden (u.a. bei YouTube) zum Thema "Why 'Follow your Passion' is bad advice".

Ehrlichgesagt habe ich in meinem Studium aber auch bislang niemanden kennengelernt, der sich zum Arztberuf, und nur dazu, berufen fühlt. Die meisten hatten zeitweise andere Berufswünsche, viele haben vorher etwas anderes studiert, die wenigsten haben sich schon beim Kinderkarneval als Arzt verkleidet.

Du wirst im Studium Durststrecken haben, in denen dir der menschliche Körper nicht gerade wie ein Wunderwerk erscheint und das Studium nicht wie ein Privileg wirkt (z.B. wenn du um fünf Uhr früh fluchend in der Dusche stehst, während die restliche WG noch bis mittags schlafen kann). Dann hilft es, sich den sicheren Job und das halbwegs ordentliche Gehalt am Ende vor Augen zu führen. :-)

epeline
12.03.2019, 17:42
Es ist ein interessanter Beruf, der außerdem noch recht gut bezahlt wird..... nicht mehr und nicht weniger.
Die Leute, die von Berufung faseln, sind meistens auch die, die sich verheizen lassen und sich sonst auch nur über Arbeit und Einsatzbereitschaft definieren. Die sind komischerweise oft eher unglücklich, obwohl sie so viel Zeit mit ihrer Berufung verbringen.

Ich ziehe mein Glück lieber aus meinem Privatleben und bin ansonsten aber froh, einen Job zu haben, der interessant und nicht ganz so eintönig ist. Und der mir ein Einkommen beschert mit dem ich mir mein übriges Leben schön machen kann ;-)

Fdog
13.03.2019, 08:59
Wichtig ist denke ich, dass man im großen und ganzen Spaß am Beruf hat und wirklich zufrieden ist mit dem was man tut. Ohne einer gewissen Portion Hingabe (das "Brennen" / Begeisterung) fällt es meiner Meinung nach schwerer Dinge zu lernen oder sich mit Überstunden abzufinden.
Natürlich sollte man sich nicht für einen Beruf vollkommen aufgeben, da dieser aber einen sehr großen Teil deines Lebens einnehmen wird, sollte man doch das gewisse Etwas verspüren.
Wenn du nur einen Job mit gutem Verdienst und vielseitigen Möglichkeiten suchst, ist Medizin wohlmöglich nicht das Richtige und ich würde dir sogar eher die Pharmazie ans Herz legen. Hier kannst du in der Offizin arbeiten, in der Industrie, der Forschung, deine eigene Apotheke leiten und eher wirtschaftliche Aspekte wahrnehmen etc. - im Endeffekt teilweise deutlich andere Professionen. Wenn du dir aber vorstellen kannst Freude am Arztberuf zu haben, dann studiere es.

Echinococcus
13.03.2019, 12:27
Du brauchst doch keine "Berufung" um als Arzt arbeiten zu können. Ich finde über 90% von allem was mit Medizin zu tun hat ätzend oder totlangweilig und bin trotzdem Arzt geworden, weil ich so ungefähr wusste wo meine Nische ist und was daran mich interessiert.
Nur für finanzielle und gesellschaftliche Vorteile Medizin zu studieren würde ich keinem Raten, aber wenn man so halbwegs weiß was einem liegt und was nicht, versuch es. Bloß nicht vom den medial verkauften Bildern des Halbgottes in Weiß blenden lassen, die Realität ist eh eine ganz andere.

Neoliberaler
20.03.2019, 01:11
Der Thread ist für mich wie eine kleine Zeitreise.

Bin selbst nach einem Gap Year über die VWL zur Medizin gelangt. Als "Berufung" habe ich Letzteres jedoch nie empfunden. Weiß auch überhaupt nicht, was das konkret bedeuten soll: Mit 6 Jahren im Diddl-Freundebuch als Berufswunsch "Arzt" angegeben, mit Scheuklappen auf den Studienplatz zugesteuert und dann zufälligerweise tatsächlich Gefallen daran gefunden?

Habe mir, nachdem ich VWL nicht als das Richtige empfunden habe, einfach eine Liste mit Dingen gemacht, welche ich vom Alternativstudium und -beruf erwartete:

- Mehr Naturwissenschaften, nachdem ich von der mangelnden wissenschaftlichen Robustheit der Sozialwissenschaften enttäuscht war
- Großes Spektrum an möglichen (und realistisch erreichbaren) Berufsbildern nach dem Studium
- Arbeit mit und am Menschen statt überwiegend mit Zahlen und/oder Reagenzien
- Sicherer Arbeitsplatz
- Attraktive Vergütung

War dann recht schnell bei der Medizin und habe es bis dato nicht bereut. Wenn du ohnehin bereits Einblicke in den Arztberuf durch das Praktikum gewinnen konntest und es dir immer noch gefällt, wüsste ich nicht, warum du das Medizinstudium nicht in Angriff nehmen solltest.

Kackbratze
20.03.2019, 13:41
Du wirst nicht "berufen". Du bist dafür geboren, oder eben nicht. Deine Zweifel sagen Alles.

AK92
21.03.2019, 19:48
Du wirst nicht "berufen". Du bist dafür geboren, oder eben nicht. Deine Zweifel sagen Alles.


Du wirst nicht "berufen". Du bist dafür geboren, oder eben nicht. Deine Zweifel sagen Alles.

Ach komm ey, son gequirlter ***. Du hast im PJ Thread vor zig Jahren hier rumgeheult, wie schlimm doch AVC / Gyn / PJ ist, und jetzt bist du Oberarzt in der AVC. Erzähl doch nicht so einen Müll bitte, nur weil du jetzt weiter gekommen bist.
ALLE haben diese Zweifel, DU auch, die sagen absolut nix aus.

nie
21.03.2019, 20:37
Ach komm ey, son gequirlter ***. Du hast im PJ Thread vor zig Jahren hier rumgeheult, wie schlimm doch AVC / Gyn / PJ ist, und jetzt bist du Oberarzt in der AVC. Erzähl doch nicht so einen Müll bitte, nur weil du jetzt weiter gekommen bist.
ALLE haben diese Zweifel, DU auch, die sagen absolut nix aus.

Sarkasmus. Das Zauberwort ist Sarkasmus ;-) Oder Ironie. Ach, was weiß ich.. jedenfalls sollte man nicht immer alles wörtlich nehmen, was manch einer hier so schreibt,

Campomaggi
21.03.2019, 21:32
Hehe. Wusste doch, dass ich es richtig gelesen hatte. Selbst ich als Neuling begreife langsam, dass unbekannterweise Kackbratzes Kommentare eine extra Dosis Sarkasmus beinhalten. Und zwar fast immer :D

Aber nur allein für sich genommen ist's trotzdem ein guter Beitrag von dir, AK92. Der letzte Satz halt.

Kackbratze
22.03.2019, 00:43
Das das Internet nicht vergisst, ist mir bekannt. Ich lasse sowas auch mit Absicht nicht löschen, schließlich kann man daran erkennen, wie weit jemand zurück geht und sucht um Informationen zu finden.
Vielleicht war das über das PJ alles gelogen von mir .
Vielleicht bin ich auch Manuel Neuer.

GelbeKlamotten
25.03.2019, 21:36
Dieses ständige Gerede mit der "Berufung" finde ich auch vollkommen unnötig. Aber man sollte sich schon darüber klar sein, dass der Arztberuf kein Beruf wie jeder andere ist, sondern schon oft sehr viel von einem abverlangt. Sehr viel Stressresistenz, sehr viel Einsatz/Zeit und sehr viel Leidensfähigkeit.

Ich kenne keinen in meinem Bekanntenkreis, der unter ähnlichen Bedingungen arbeitet wie ich als Assistenzärztin. Kein studierter nicht-Mediziner den ich kenne macht Nachtschichten, an denen er keinen Cent verdient, sondern am Ende noch mit Minusstunden rausgeht oder arbeitet am Wochenende für 10 Euro netto die Stunde ohne zusätzlichen Freizeitausgleich. Nirgendwo sonst wird Arbeitsrecht so konsequent ignoriert wie im Krankenhaus.

Wenn ich mir anschaue, dass die Leute in meinem Freundeskreis, die Informatik, Ingenieurswissenschaften u.a. studiert haben mit 40 Wochenstunden das gleiche Gehalt (oder mehr) bekommen wie ich in 70+ Stunden, dann ist das meiner Meinung nach schon nur dann akzeptabel, wenn man eine große Begeisterung für seinem Beruf empfindet.

Ich will das hier nicht zu einem Jammer-Thread über Arbeitsbedingungen im Krankenhaus machen, aber mit der Einstellung "ich mach dann halt mal so ein bisschen Arzt, und meine Selbstverwirklichung finde ich eh im Privatleben" würde ich mir das mit dem Arzt werden gut überlegen. Denn zumindest in größeren Kliniken muss das Privatleben zumindest während der Assistenzarzt-Zeit, und das sind immerhin mindestens 5-6 Jahre, ganz schön zurückstecken. Mindestens während dieser Zeit ist auch das Gehalt pro tatsächlicher Arbeitsstunde oft weit entfernt von "attraktiv".

Bonnerin
26.03.2019, 09:02
Das Problem ist halt, dass sowohl wir als auch die Krankenpfleger uns das gefallen lassen anstatt kollektiv alle mal Dienst exakt nach Plan und Stechuhr zu machen. Dann müssten halt die Leute aus der Verwaltung, die immer mehr Fälle in immer weniger Zeit wollen mal sehen, wie sie zurechtkommen. Unser System hier wird eh in ein paar Jahren komplett kollabieren und wir brauchen da echt ne radikale Digitalisierung. Ich meine, seien wir ehrlich, als Arzt verschwendet man Stunden seiner Arbeitszeit für Papierkram, telefonieren, Kram durch die Gegend faxen - Dinge, die nicht unser Aufgabenfeld sind aber wir trotzdem machen weil "es sonst nicht geht".

Wenn man halt wirklich nur die ärztlichen Kernaufgaben wahrnehmen könnte wäre einiges leichter. Klar, man steht auch mal länger im OP oder hat nen Notfall, aber das steht außer Frage und ist auch jedem klar, der den Beruf ergreifen möchte. Aber wenn ich bedenke, dass ich in meinen Praktika Ärzte kennen gelernt habe, die nie nein sagen konnten und dann zusätzlich zu ihrer Arbeit noch 3h länger rumsaßen und Befunden hinterher telefoniert haben (und damit auch andere Ärzte in anderen Krankenhäusern von ihrer Arbeit abgehalten haben), dann sieht man doch schon das größte Problem. Kollektive Datenspeicherung aller Befunde und Untersuchungen, auf die man exakt aus allen Krankenhäusern und Praxen zugreifen kann, wenn man die Gesundheitskarte einliest (und auch dann halt nur für 48h und danach erneutes Einlesen) oder sowas in die Richtung. Einfach mal weniger Papierkram halt.

Ich finde das Fach auch ganz spannend, aber ich glaube, ich wäre als Maschinenbauerin echt glücklicher geworden. Naja, jetzt kann man eh nur das beste draus machen.

Muriel
26.03.2019, 09:07
Nee, das siehst Du falsch. Für die ärztlichen Kernaufgaben bildet man PAs aus, damit sie die Ärzte entlasten, so dass diese dann genügend Zeit für Papierkram und Telefornieren haben, während sie selbstverständlich als Approbierte die volle Verantwortung für das übernehmen dürfen, was den PAs delegiert wurde.

Bonnerin
26.03.2019, 09:20
Nee, das siehst Du falsch. Für die ärztlichen Kernaufgaben bildet man PAs aus, damit sie die Ärzte entlasten, so dass diese dann genügend Zeit für Papierkram und Telefornieren haben, während sie selbstverständlich als Approbierte die volle Verantwortung für das übernehmen dürfen, was den PAs delegiert wurde.

Ja, Muriel, du hast da Recht. :( Leider sind die Klinikkonzerne ja der Meinung, dass da die Lösung wäre anstatt uns halt eben nicht mit Papierkram zuzumüllen. Naja, vielleicht wird es besser, wenn nicht mehr die Leute das Sagen haben, für die "das Internet Neuland ist".

tantarek
01.04.2019, 14:33
Hallo, ich bin es nochmal. Vielen Dank für die vielen Antworten.

Eine Pro- und Contra-Liste habe ich bereits erstellt.

Pro:

-interessanter und abwechslungsreicher Beruf
-sicherer Beruf
-solides Einkommen
-keine örtliche Gebundenheit ( sehr wichtig)
-viele Spezialisierungsmöglichkeiten
- Chance, auf für längere Zeit im Ausland zu arbeiten

Contra:

-sehr hartes Studium (?)
- ich habe kein großes Talent in den Naturwissenschaften
-z.T. die Arbeitsbedingungen

Meine größte Angst ist sicherlich, dass ich etwas studiere, dass nicht meinen Fähigkeiten entspricht und die liegen nun leider nicht im naturwissenschaftlichen Bereich. Mathe (10-12 pkt.) und Bio (14) sind noch ganz in Ordnung, aber für Chemie und Physik habe ich einfach kein Händchen. Ich werde also im Studium sehr hart arbeiten müssen, wenn ich überhaupt eine Chance haben will. Medizin ist halt ein naturwissenschaftliches Studium. Wie gesagt, den Beruf finde ich interessant, sinnvoll und vielseitig. Was mir sehr wichtig ist, ist halt dass ich mit einem Medizinstudium auch im Ausland arbeiten könnte. Ein Teil meiner Familie lebt in Südamerika und es wäre mich wichtig, dort auch für eine gewissen Zeit arbeiten zu können. Diese Freiheit habe ich mit kaum einem anderen Beruf.

Es ist halt irgendwie einschüchternd, wenn alle immer sagen, dass man für das Medizinstudium zur absoluten Elite gehören muss und dass man naturwissenschaftlich sehr talentiert sein muss, wobei das Studium dann immer noch total anstrengend ist und fast das gesamte Leben einnimmt. Ich weiß, dass die Behauptungen ein bisschen übertrieben sind, aber sie haben ihre Wirkung auf mich.

tantarek
01.04.2019, 14:38
Ich habe in meinem jetzigen Studium (Politik/VWL) gute Leistungen erbracht, aber ich spüre, dass kein Interesse meinerseits da ist. Zudem ist die Perspektivlosigkeit erdrückend. Wie man bei Xing sieht, arbeiten die meisten ehemaligen Absolventen als Personalreferenten oder bleiben an der Uni und das möchte ich nicht. Auf mich prasseln halt momentan total viele Meinungen ein , was mich einfach zweifeln lässt. Ich weiß, dass ich klug bin und ich habe auch ein sehr gutes Abi, aber alle anderen stellen ihr Studium immer so dar, als wäre es so kräfteraubend wie keine vergleichbare Sache.