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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schilddrüsenmedikation bei gesunder Schilddrüse - Pathophysiologische Folgen?



DoctorNew
13.05.2019, 02:43
Liebe Kollegen,

muss Euch mit einer Frage zum Thema Schilddrüsenhormonsubstition ansprechen. Während einer kurzen Praxisvertretung vor einigen Tagen bat mich eine junge Frau (29 Jahre, keine SD-Erkrankung, TSH 2.3) um die Einleitung einer Substitution mit SD-Hormonen, da ihr (privatärztliches) Kinderwunschzentrum eine Einstellung auf einen Ziel-TSH von 0.60 - 1.0 erbeten hatte.

Jetzt stelle ich mir die Frage nach den physiologischen Folgen einer solchen L-Thyroxin-Gabe beim Gesunden. Eigentlich müsste dann zwar doch der TSH-Wert heruntergehen, aber an den peripheren Hormonen sollte sich (weil Regelkreis intakt) doch so schnell nix ändern? Und eigentlich ist das ja das Ziel der Therapie (und nicht allein Kosmetik am TSH-Wert). Oder übersehe ich da was? Und sollte man eine solche Therapie langsam ausschleichen, dass man keine "kompensatorische" Hypothyreose erzeugt, weil eben das TSH durch die Substitutionstherapie "korrekt" herunterreguliert ist?

Dankeschön. Viele Grüße.

FirebirdUSA
13.05.2019, 19:34
Hört sich für mich eher so an als ob jemand zum abnehmen ein L-Thyrox Rezept wollte...

Feuerblick
13.05.2019, 19:46
Meines Wissens wird bei Kinderwunschbehandlung tatsächlich das TSH optimiert. Hatten wir das nicht hier im Forum schon mal irgendwo?

Moorhühnchen
13.05.2019, 20:59
Ich bin leider auch nicht "wissend", aber wir haben zur Zeit häufiger Frauen mit Kinderwunsch, die Metformin einnehmen. Über das L-Thyroxin bei gesunder SD wundere ich mich schon gar nicht mehr...

agouti_lilac
13.05.2019, 21:00
Bei uns in der Repro kriegen so gut wie alle Frauen L-Thyroxin.

Evil
14.05.2019, 04:49
Ich bin leider auch nicht "wissend", aber wir haben zur Zeit häufiger Frauen mit Kinderwunsch, die Metformin einnehmen.
Die Gyns im Forum mögen mich korrigieren, aber bei PCO-Syndrom ist Metformin meines Wissens indiziert. Und das ist eine häufige Ursache für Infertilität.
Abgesehen davon kann eine Einstellung des TSH-Wertes auf ca 1 die Empfängnis tatsächlich begünstigen und ist sicherlich weniger invasiv als eine IVF.

Das sollte aber grundsätzlich in Ruhe mit dem Hausarzt besprochen werden, das hat im Notdienst nix verloren.

Moorhühnchen
14.05.2019, 14:43
Die Gyns im Forum mögen mich korrigieren, aber bei PCO-Syndrom ist Metformin meines Wissens indiziert. Und das ist eine häufige Ursache für Infertilität.Ich kann mich nicht 100% dran erinnern, aber bisher bin ich bei den Prämeds der Frauen, wo ich mich noch darüber gewundert habe, nie (oder nicht wissentlich) über ein PCOS gestolpert. Vielleicht war es nur vermutet und nicht diagnostiziert, aber es war mir jetzt nicht im Kopf geblieben.

DoctorNew
14.05.2019, 17:04
Jetzt wollte ich aber nochmal kurz auf die Ausgangsfrage verweisen, welche physiologischen Folgen die Hormonsubstitution auf gesunde Schilddrüsen hat. Irgendwie hätte ich das Gefühl gehabt, dass aufgrund der exogenen Zufuhr der SD-Hormone der TSH (weil Regulationsmechanismen intakt) soweit herunterreguliert wird, bis der Spiegel im Blut (eigene Hormone + exogene) der freien Hormone wieder euthyreot ist und der Effekt erst dann eintritt, wenn ich mehr substituiere, als die Schilddrüse physiologisch bei dem Patienten produziert. Oder übersehe ich da was?

agouti_lilac
14.05.2019, 17:26
Bei einer Freundin mit Kinderwunsch, 37 Jahre alt und etwas Adipositas wurde bei ihrer Gyn der HOMA-Index bestimmt. Sie bekommt jetzt ebenfalls Metformin und soll sich "lower-carb" ernähren. Habe ich auch erst da gelernt.

@DoctorNew: zur eigentlichen Thematik kann ich jetzt leider auch nix Schlaues beitragen :-nix

Evil
14.05.2019, 18:24
Jetzt wollte ich aber nochmal kurz auf die Ausgangsfrage verweisen, welche physiologischen Folgen die Hormonsubstitution auf gesunde Schilddrüsen hat. Irgendwie hätte ich das Gefühl gehabt, dass aufgrund der exogenen Zufuhr der SD-Hormone der TSH (weil Regulationsmechanismen intakt) soweit herunterreguliert wird, bis der Spiegel im Blut (eigene Hormone + exogene) der freien Hormone wieder euthyreot ist und der Effekt erst dann eintritt, wenn ich mehr substituiere, als die Schilddrüse physiologisch bei dem Patienten produziert. Oder übersehe ich da was?
Prinzipiell korrekt, aber die Euthyreose gilt bei aktuellen TSH-Grenzwerten von 0,4 - 2,5 uU/ml (je nach Labor) für den gesamten Bereich, d.h. bei Substitution von 25 - 50 µg T4 wird es nicht zu einer unmittelbaren Herunterregulation kommen, um den TSH-Ausgangswert punktgenau zu halten. So exakt arbeiten die Regelkreise dann doch nicht.

FirebirdUSA
14.05.2019, 22:14
Gibt es dazu tatsächlich randomisierte Studien? Mal wieder etwas neues gelernt. Danke für die Infos

ninakatharina
15.05.2019, 15:05
Ich hab nur mal ganz kurz recherchiert und nur Daten zu Patientinnen mit latenter Hypothyreose oder aber SD-Autoantikörpern gefunden. Zum Beispiel diese Review hier: https://academic.oup.com/humupd/article/19/3/251/725668
Da wird für eine latente Hypo von einem TSH>2.5 ausgegangen, ist ja auch so anerkannt. Hat man bei der Pat. nach Auto-AK geschaut?
Ich kann das jetzt pathophysiologisch nicht gut erklären, denke aber, dass sich bei vorsichtiger Substitution ein sinkender TSH bei normalem fT3 und fT4 zeigen wird (was ja auch das Ziel sein sollte), ohne signifikante UEW.

Nessiemoo
17.05.2019, 09:28
Also ich habe (jetzt kann ich leider keine Quelle dafür auf die schnelle nennen) gelesen, dass bei der latenten Hypothyreose kommt es dazu, dass wegen der zirkadianen Rhythmik der Schilddrüsenhormonproduktion die Hormonlevels v.a nachts stark abfallen, was eben zu anderen hormonellen Folgen führen kann (Infertilität etc, da auch da die Hormone teilweise der zirkadianen Rhythmik unterlegen). Die Hormonsubstitution soll diesen zirkadianen Abfall verhindern, und der Zielbereich von TSH zwischen 0,6-1,0 soll hinweisend dafür sein, dass der starke Abfall nicht mehr stattfindet.

Edit: jetzt erst gesehen, das gilt aber natürlich erst wenn TSH auch wirklich über 2,5 war...

ninakatharina
18.05.2019, 07:20
Und sollte man eine solche Therapie langsam ausschleichen, dass man keine "kompensatorische" Hypothyreose erzeugt, weil eben das TSH durch die Substitutionstherapie "korrekt" herunterreguliert ist?
Ja, auf jeden Fall ausschleichen. TSH-Kontrollen (es ist mit einem Anstieg des TSH zu rechnen, gibt auch eigene Referenzwerte für jedes Trimenon) während der Schwangerschaft unter Beibehaltung der Substitution. Und danach ausschleichen. Bei Fertilitatsfragestellungen könnte man die Patientin allerdings auch beim Endokrinologen vorstellen, dann kann er sich auch um die Fortführung und Beendigung der Therapie bemühen.

escitalopram
20.05.2019, 07:59
Ich kann von zweimonatiger Repro-Erfahrung berichten, dass Metformin + L-Thyroxin Standard sind. Wenn es der Pat. nur um die Gewichtsabnahme ginge, gäbe es einfachere Wege.