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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Auswirkungen psychiatrischer/psychoth. Behandlung auf Karriere



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palandt3
30.07.2019, 09:40
Hallo an alle,

bin zwar noch im Studium, denke aber, dass meine Frage hier am besten reinpasst.
Seit einiger Zeit ziehe ich in Erwägung einen Psychotherapeuten bzw. Psychiater aufzusuchen. Meine persönlichen "Baustellen" sind zwar nicht so akut, dass sie ohne professionelle Hilfe meine mentale Gesundheit zerstören würden - dennoch erscheint es mir sinnvoll, den Input eines Profis zu bekommen.

Nun zu meiner Frage: Wäre es für einen zukünftigen Arbeitgeber möglich, die oben genannte evtl. Behandlung in Erfahrung zu bringen? Leider weiß ich gar nicht, wie das ganze läuft - auch bezgl. Besuch beim Amtsarzt. Natürlich hat die Gesundheit im Zweifel Vorrang, würde aber am liebsten vorsichtig vorgehen.

Danke im Voraus!

xyl15
30.07.2019, 10:05
Ich war in psychotherapeutischer Behandlung und kann im Punkt Karriere zwar noch nicht viel berichten, weil die gerade erst am Anfang steht, ich wüsste aber keinen Punkt, an dem das in Erscheinung treten müsste.
Deinen Arbeitgeber darf das nicht intreessieren und beim Betriebsarzt (Amtsarzt musst du in Normalfall nicht hin meine ich) kann es sein dass du es angeben sollst. ABER: auch dieser hat Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber, d.h. er teil nur mit, ob du geeignet bist oder nicht, aber nicht den INhalt der Untersuchung.


Der einzige Punkt der schwierig werden kann, für den ich aber noch keine Lösung habe, ist die Berufsunfähigkeitsverischerung.
Um die abzuschließen, darf man in den letzten 2 Jahren zumindest nicht in Psychotherapie (aber auch nicht in Physio oder anderer Reha) gewesen sein

throni
30.07.2019, 11:03
Um eine BU abzuschließen, darf man in den letzten 5 Jahren nicht auf Grund psychischer Erkrankungen in Behandlung gewesen sein.

throni
30.07.2019, 11:05
Berufsunfähigkeitsverischerung.
Um die abzuschließen, darf man in den letzten 2 Jahren zumindest nicht in Psychotherapie (aber auch nicht in Physio oder anderer Reha) gewesen sein

Das wären sogar 5 Jahre ambulant bzw. 10 Jahre stationär.

rafiki
30.07.2019, 13:26
Nun zu meiner Frage: Wäre es für einen zukünftigen Arbeitgeber möglich, die oben genannte evtl. Behandlung in Erfahrung zu bringen?

Ganz klar: nein. Und du musst deshalb natürlich auch nicht zum Amtsarzt. Und auf gar keinen Fall psychische Störungen beim Betriebsarzt angeben, es gibt immer noch genug Idioten, die einem deshalb die Karriere kaputt machen wollen....

Eine BU ist für einen Arzt völlig überflüssig, weil die erst im völlig kaputten Zustand greifen würde (bis dahin gibt es immer eine Menge Tätigkeiten, die machbar wären) - und dann würde das Versorgungswerk greifen.

GelbeKlamotten
30.07.2019, 14:02
Ganz klar: nein. Und du musst deshalb natürlich auch nicht zum Amtsarzt. Und auf gar keinen Fall psychische Störungen beim Betriebsarzt angeben, es gibt immer noch genug Idioten, die einem deshalb die Karriere kaputt machen wollen....
Das stimme ich voll zu.



Eine BU ist für einen Arzt völlig überflüssig, weil die erst im völlig kaputten Zustand greifen würde (bis dahin gibt es immer eine Menge Tätigkeiten, die machbar wären) - und dann würde das Versorgungswerk greifen.

Von Berufsunfähigkeitsversicherungen hast du leider offensichtlich keine Ahnung und solltest dich mit solchen Ratschlägen daher tunlichst zurückhalten. Eine privat abgeschlossene BU zahlt in der Regel eben schon dann, wenn du deine ZULETZT AUSGEÜBTE Tätigkeit nicht mehr ausüben kannst. Wenn du Chirurg bist und nachweislich einen großen Teil deiner Arbeitszeit im OP verbracht hast und du dann aufgrund einer Erkrankung nicht mehr operieren kannst, dann zahlt die private BU (wenn ein sinnvoller Vertrag abgeschlossen wurde), die Absicherung des Versorgungswerkes aber eben nicht. Du kannst dann von der privaten BU eben gerade nicht auf andere ärztliche Tätigkeiten wie Stationsarbeit oder gar eine andere Fachrichtung verwiesen werden.

Zudem ist die Summe, die durch die Ärzteversorgung abgesichert ist, recht überschaubar und ein Aufstocken mit einer privaten BU ist definitiv sinnvoll, wenn man im Krankheitsfall immer noch deutlich über Sozialhilfeniveau leben möchte.

Ob bei einer BU die Krankheitsvorgeschichte über 5 oder 10 Jahre abgefragt wird, hängt vom Anbieter ab. Abgefragt wird sie aber immer. Daher würde sich wenn dann ein Abschluss VOR einer solchen Behandlung anbieten. Es ist kein Problem, das schon als Student abzuschließen.

Rettungshase
30.07.2019, 17:17
Vielleicht wäre ein privates Coaching auch eine Option?

rafiki
30.07.2019, 17:38
@GK: Ja, sowas erzählen die Versicherungshaie natürlich ihrer gutgläubigen Klientel, die Kohle muss schließlich fließen.

med_in_1
30.07.2019, 19:32
Leider haben es physische Erkrankungen noch nicht zu der Akzeptanz gebracht wie somatische. Sicherlich wenige würden fragen, ob man nach einer Blinddarm-OP oder wegen mir einer Hashimoto-Thyroiditis einmal Probleme im Job oder der Versicherung bekommt, wenn gleich das eine ja theoretisch später auch mal Verwachsungen und das andere auch im Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen stehen kann.

Gehst du mit deiner Krankenversicherungskarte der gesetzlichen Versicherung zum Vertragspsychotherapeuten / Psychiater so solltest du dort über den Datenschutz informiert werden. Zu Abrechnungszwecken muss der Kollege an die kassenärztliche Vereinigung (KV) die ICD Codes deiner Erkrankungen weiterleiten (ohne ICD-Code kein Geld). Alle psy. Erkrankungen haben ein „F“ als 1. Buchstaben. Dem ganzen stimmst du natürlich durch rüberreichen deiner Karte zu. Wenn er das einmal gemeldet hat, ist es sozusagen in deinem Datensatz und wird von der KV zur Abrechnung an deine Krankenkasse weitergeleitet, die es speichert. Beim Wechsel in die PKV habe ich mir meinen Datensatz senden lassen, und war erstaunt, was da teilweise angegeben wurde.
Möchtest du dies nicht, so können auch Vertragsärzte dich Privat / als Selbstzahler behandeln, sodass sie nichts melden und nur mit dir abrechnen.

Beruflich (Stand heute):
1. Approbation = Ärztliche Zulassung:
Nach meiner Kenntnis bescheinigt dir hier ein beliebiger approbierter Arzt, dass es bei dir keine dem Beruf des Arztes entgegenstehende Erkrankungen gibt. Dies ist recht lapidar und schwammig formuliert, exakte Vorgaben sind mir hier nicht bekannt. Auch hier hängt es vom Einzelfall und der Kenntnis von Erkrankungen ab, ob es da Auswirkungen gibt.

2. Arbeitgeber:
Dein Arbeitgeber muss deine Eignung für den Job feststellen lassen – also neben fachlicher Qualifikation auch die gesundheitliche, was regelhaft durch den Arbeits/Betriebsmediziner erfolgen sollte. Meist werden Fragebögen genutzt um u.a. auch psychische Erkrankungen abzufragen. Sicherlich kann es da vorkommen, dass Nachteinsätze o.ä. kritisch gesehen werden könnten, wobei auch das eine Einzelfallentscheidung ist, die man nie pauschal beantworten kann. Mein Arbeitsvertrag hatte z.B. die Klausel drin, dass er nur gilt, wenn der Arbeitsmediziner keine Bedenken äußert.

3. Im Leben:
1. Berufsunfähigkeit: s.o., m.E: auch 5 Jahre zurück, unehrliche Antworten können den Versicherungsschutz gefähren, mglw. auch juristische relevant werden, F Diagnosen, auf die nunmal sehr oft berentet wird, könnten hier ein Hindernis sein
2. Niederlassung: meine Bank wollte von mir für den Praxiskredit eine Lebensversicherung (Fragen waren denen der BU sehr ähnlich), für die Absicherung des Hausbaus auch eine BU. Man unterschreibt dort ja an diversen Stellen die Richtigkeit seiner Angaben, sodass ich das peinlich genau ausgefüllt habe.

Was im Zuge der Spahnschen Gesetze (digitale Patientenakte) noch alles kommt und möglich wird, muss man abwarten, ich erwarte aber keine Abnahme der Tendenz zur Transparenz.

Markian
30.07.2019, 21:27
BU ist als Arzt definitv diskussionswürdig. Die Chance berufsunfähig zu werden ist relativ gering, die Beiträge sind hoch.

med_in_1
30.07.2019, 22:24
BU ist als Arzt definitv diskussionswürdig. Die Chance berufsunfähig zu werden ist relativ gering, die Beiträge sind hoch.

-> letztlich bietet auch das ärztliche Versorgungswerk eine Basisabsicherung
-> je nach dem was man denn versichern will, kann man auch die zuletzt ausgeübte (fachärztliche) Tätigkeit versichern -> aber klar... es bleibt eine Einzelfallentscheidung und der Hang zum VER bei der ~sicherung ist nicht übersehbar.

GelbeKlamotten
31.07.2019, 05:16
@GK: Ja, sowas erzählen die Versicherungshaie natürlich ihrer gutgläubigen Klientel, die Kohle muss schließlich fließen.
Na Gott sei dank gibt es dich als Experten, der sich besser auskennt als alle anderen.



BU ist als Arzt definitv diskussionswürdig. Die Chance berufsunfähig zu werden ist relativ gering, die Beiträge sind hoch.
Die Chance berufsunfähig zu werden ist als Arzt nicht niedriger als in anderen Berufen ohne körperliche Schwerstarbeit. Hauptursachen für Berufsunfähigkeit sind psychische Erkrankungen (ja, ist leider wirklich so) und Krebserkrankungen. Vor beidem schützt dich das Arztsein nicht. In einer Praxis ruiniert dich schon eine relativ kurze BU-Zeit, wenn du nicht ausreichend versichert bist. Die Beiträge ohne relevante Vorerkrankungen sind keineswegs exorbitant. Mit Vorerkrankungen kassiert man leider oft eine Ablehnung oder inakzeptable Konditionen.



Leider haben es physische Erkrankungen noch nicht zu der Akzeptanz gebracht wie somatische. Sicherlich wenige würden fragen, ob man nach einer Blinddarm-OP oder wegen mir einer Hashimoto-Thyroiditis einmal Probleme im Job oder der Versicherung bekommt, wenn gleich das eine ja theoretisch später auch mal Verwachsungen und das andere auch im Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen stehen kann.

Die Versicherer werden auch die Hashimoto-Thyroiditis und die Blinddarm-OP entsprechend berücksichtigen, das fällt keineswegs unter den Tisch. Und es werden auch nicht irgendwelche Klischees bedient, sondern ganz einfach Statistiken ausgewertet. Psychische Erkrankungen sind, ganz ohne Vorurteile, eine sehr häufige Ursache für eine Berufsunfähigkeit. Eine BU aufgrund von Spätfolgen einer Blinddarm-OP ist auch denkbar, aber weit weniger wahrscheinlich. Dementsprechend haben psychische Erkrankungen eine besonders hohe Relevanz für den Versicherer und führen schnell zu einer Ablehnung. Nicht aufgrund mangelnder Akzeptanz, sondern aufgrund harter Zahlen.
Im Job muss man Erkrankungen, egal ob psychisch oder somatisch, nur angeben, wenn sie die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen können.

tensun
31.07.2019, 05:33
Die Frage ist eher, wie es um deine Karriere bestellt ist, wenn du eine behandelbare Störung hast und diese aus Angst nicht behandelst.
In der Psychiatrieausbildung sind über 100 Stunden Selbsterfahrung dabei. Sicher nicht mit der Intention, dass man später ein schlechterer Arzt ist. Ich hab noch keinen Menschen getroffen der von guter Psychotherapie nicht profitieren würde.

Jukka666
31.07.2019, 09:14
Die Chance berufsunfähig zu werden ist als Arzt nicht niedriger als in anderen Berufen ohne körperliche Schwerstarbeit. Hautursachen für Berufsunfähigkeit sind psychische Erkrankungen (ja, ist leider wirklich so) und Krebserkrankungen. Vor beidem schützt dich das Arztsein nicht. In einer Praxis ruiniert dich schon eine relativ kurze BU-Zeit, wenn du nicht ausreichend versichert bist. Die Beiträge ohne relevante Vorerkrankungen sind keineswegs exorbitant. Mit Vorerkrankungen kassiert man leider oft eine Ablehnung oder inakzeptable Konditionen.

Ehrlich gemeinte Frage: Hilft die BU in diesem Fall ? Also bei "kurzfristigem Ausfall in der Selbständigkeit"? Weil man muss doch offiziell als BERUFS-unfähig deklariert werden. Würde hier nicht eher eine Praxis-Ausfallversicherung Sinn machen? BU bin ich doch nicht, wenn ich 6 Wochen ausfalle, weil ich einen Prolaps habe oder mir die Hüfte gebrochen habe.

ich habe selbst eine BU (ohne abstrakte Verweisung) und frage mich schon, ob es jemals dazu kommen wird, dass - Katastrophen natürlich abgesehen - man wirklich in jungen Jahren als BU anerkannt wird. Nach dem Motto: "Sie sitzen im Rolli, Sie können beratend tätig werden".. Ist meine Befürchtung...

tarumo
31.07.2019, 09:31
BU ist als Arzt definitv diskussionswürdig. Die Chance berufsunfähig zu werden ist relativ gering, die Beiträge sind hoch.

Es ist leider genau andersrum. Die Wahrscheinlichkeit, berufsunfähig zu werden, liegt derzeit in Deutschland bei ca. 30% (!!!!!) und damit ein vielfaches über den Risiken, die man sonst so versichert (Autounfall, Gerichtsprozess, Feuer etc.) . Unter diesen Umständen ist es sogar sehr erstaunlich, daß es überhaupt Versicherungen gibt, die sowas anbieten.

Bitte informieren, bevor so ein Unfug verbreitet wird. 2 sec google...

Und bevor jetzt wieder die "Zerreder" kommen: die 30% sind über alle Berufe gerechnet, ich sehe aber keinen Grund, wieso gerade Ärzte hier nach unten abweichen sollten. Und selbst wenn, 15% wäre auch noch viel...Ganz im Gegenteil, die Statistik wird noch verzerrt durch selbstständige Ärzte, die trotz gesundheitlichen Einschränkungen solange weiterarbeiten, bis Patienten zu Schaden kommen und dann von extern "aus dem Verkehr" gezogen werden müssen. Genannt alleine in 2019 sei hier der Arzt, der eine Masseninfektion an Hep-C ausgelöst hat, oder der mit der frontotemporalen Demenz, der auch erst vom Verwaltungsgericht gestoppt werden konnte.

jijichu
31.07.2019, 09:36
@tarumo, hast Du eine Quelle für diese Statistik?

tarumo
31.07.2019, 09:52
wie gesagt, 2 sec google., z.B. beim statistischen Bundesamt

In der Altersguppe von 57-60 J. und damit nicht zum vollen Rentenbezug berechtigt derzeit 27% über alle Berufe hinweg.

Spitzenreiter in den einzelnen Berufen ist Dachdecker mit 51%, Schlusslicht der Dipl-Physiker mit immer noch 4%. Auch das ist immer noch höher als die Wahrscheinlichkeit, daß einem die Hütte abbrennt..

Eine nach Fachrichtung sortierte Tabelle der Ärzte gibt es sicher irgendwo, und wenn nicht im Internet, dann intern bei den Versicherern. Und berufsunfähig kann man ja selbstverständlich auch durch nicht berufsassoziierte Dinge werden...

Natürlich ist die BUV-Quote bei einem 29jährigen WBA in Humangenetik geringer als bei einem 52-jährigen Chirurgen. Aber das berechnen die Versicherungen ja in die Prämien mit ein.

Jukka666
31.07.2019, 10:46
ich möchte keinen BU-Thread hier befeuern (wie gesagt ich hab selbst eine), aber @tarumo: danke für die Infos!

Dennoch würde mich interessieren: meinst du, dass die genannten Fälle wirklich eine klassische "Berufsunfähigkeit" darstellen würden, also versicherungsrechtlich? Jeder von uns würde doch auch mit körperlichen Einschränkungen einen besser bezahlten Job ergattern als die mickrige BU-Rente (selbst wenn die ständig nach oben angepasst ist und besser als nix, is klar).

Ich habe halt Zweifel, dass eine selbst angestrebte BU-Anerkennung von den Versicherern anerkannt wird als Arzt. Wir sind doch so vielfältig was unser Können angeht, nicht jeder muss handwerklich was leisten um Geld zu verdienen. Das ist meine große Befürchtung und Skepsis, dass Ärzte letzten Endes doch nicht "richtig" zum BU-Fall werden.
Aber wie gesagt, ich hab ja auch eine..wissen tut mans nicht. klar

Heerestorte
31.07.2019, 11:07
Ich habe halt Zweifel, dass eine selbst angestrebte BU-Anerkennung von den Versicherern anerkannt wird als Arzt. Wir sind doch so vielfältig was unser Können angeht, nicht jeder muss handwerklich was leisten um Geld zu verdienen. Das ist meine große Befürchtung und Skepsis, dass Ärzte letzten Endes doch nicht "richtig" zum BU-Fall werden.
Aber wie gesagt, ich hab ja auch eine..wissen tut mans nicht. klar

Das ist doch das mit der Verweisungsklausel.
Angenommen man ist Chirurg, kann dann nicht mehr operieren bzw als Chirurg arbeiten, dann greift im Optimalfall die BU.
Und dann kann man, weil man noch kein kompletter Pflegefall ist, vllt noch als Radiologe weiter arbeiten,
weil da die körperlichen Anforderungen anders sind. Oder im MDK oder sonst wo.

tarumo
31.07.2019, 11:22
Das ist doch das mit der Verweisungsklausel.
Angenommen man ist Chirurg, kann dann nicht mehr operieren bzw als Chirurg arbeiten, dann greift im Optimalfall die BU.
Und dann kann man, weil man noch kein kompletter Pflegefall ist, vllt noch als Radiologe weiter arbeiten,
weil da die körperlichen Anforderungen anders sind. Oder im MDK oder sonst wo.

Das ist doch genau der Denkfehler. Wer gibt denn einem frühberentetem und schwerbehindertem Chirurgen eine Weiterbildungsstelle für Radiologie? Und selbst wenn, entsteht da eine kräftige Finanzierungslücke, wenn der Chirurg schon FA oder OA war und jetzt mit einem WBA-Gehalt auskommen muß, und zwar ohne Dienste und womöglich nur Teilzeit.

Genausowenig gibt es einen Rechtsanspruch auf Anstellung beim MDK (mal abgesehen, daß der ohnhin nur in den ganz großen Städten vertreten ist). Und bei mir würde eine Einstellung beim MDK schon an der "fehlenden Identifikation" scheitern...
Außerhalb MDK ist die Zahl adäquat honorierter Schreibtischarbeitsplätze für FA schon seeehr übersichtlich.


ich möchte keinen BU-Thread hier befeuern (wie gesagt ich hab selbst eine), aber @tarumo: danke für die Infos!

Dennoch würde mich interessieren: meinst du, dass die genannten Fälle wirklich eine klassische "Berufsunfähigkeit" darstellen würden, also versicherungsrechtlich? Jeder von uns würde doch auch mit körperlichen Einschränkungen einen besser bezahlten Job ergattern als die mickrige BU-Rente (selbst wenn die ständig nach oben angepasst ist und besser als nix, is klar).


Was ich sagen will:
- das Risiko der BU ist von allen üblicherweise zu versichernden Risiken mit Abstand (!!!) das größte und obendrein existenzbedrohend. Also nach der Haftpflicht die Nr 2 auf der must-have Liste. Ich kann nicht verstehen, wie man das anders sehen kann.
- mit BU ist beim Dachdecker auch nicht gemeint, daß er vom Dach fällt (das zahlt dann erst mal die BG), sondern der körperliche Status, Gelenkverschleiss, Stressresilenz etc, und ich kann nicht erkennen, wieso ein Arzt hier grundsätzlich im Vorteil sein sollte. Also kann man die 30% durchaus als Eintrittsrisiko für den Schadensfall ansetzen.
- es ist für einen Mediziner IHMO leichter als für die Normalbevölkerung, einen vernünftigen BUV-Vertrag abzuschließen, Stichwort Verweisung, das sollte man nutzen (und ist obendrein komplett steuerlich absetzbar).
-ist es für Ärzte wegen des wenig bis gar nicht kontrollierten Arbeitsumfeldes leichter, auch in einer Situation weiterzuarbeiten, in der andere längst hätten aufhören müssen, was aber nichts an den anderen Punkten ändert.

Meine eigene BUV tritt zum Beispiel ein, sobald die versicherte Tätigkeit als Facharzt der entsprechenden Richtung nicht mehr ausgeübt werden kann, und leistet dann auf etwas weniger als KH-Oberarztniveau, was völlig ausreicht. Andere Sachen, Einrede, Verweisung etc... sind vertraglich ausgeschlossen. Wenn man mehr will, muß man natürlich mehr Prämie zahlen.

Alles andere wäre z.B. vor Gericht zu klären. Ein Radiologe kann zwar als FA im Rollstuhl sitzen, Intervention, Vertretungen etc. und damit Einkünfte würden flach fallen- und im Falle einer Praxistätigkeit können die vorherigen Untersuchungszahlen sicher auch nicht gehalten werden- und auch das nur, wenn man entsprechende Umbauten vornimmt, was auch nicht überall gegeben sein dürfte, zum Beispiel, wenn einem die Praxis gar nicht gehört.