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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Chromatinverdichtung



Jurinka
19.11.2003, 11:44
Verdichtet sich immer dasselbe X- Chromosom, oder können die sich auch abwechseln? Kann ein defektes X- Chromosom in Form eines Barr- Körperchens nicht entfernt werden?

condorito
19.11.2003, 12:08
1. Soweit ich weiss,wechseln sich die X-Chromosomen nicht ab.
2. Man braucht ja anscheinend auch das inaktive,sonst wären alle Frauen hier Turner-Phänotypen
3.Wie willst du das denn entfernen?Aus jeder Körperzelle?

Rico
19.11.2003, 12:18
Nein, das passiert immer zufällig.

Befindet sich eine Mutation auf einem der X-Chromosome dann wird sie in einigen Zellen exprimiert, in anderen nicht.
Das sieht man besonders schön bei Katzen, deren Fellfarbe X-Chromosomal weitervererbt wird:
Die haben 2 Allele, nämlich schwarz/weiß und rot.
Die Katzen, die beide Allele haben, haben dann diese zufällige Musterung bei der manche Teile des Körpers schwarz/weiß sind und andere so nahezu "Landkartenartig" rötlich.
Katzen mit den drei Fellfarben müssen daher immer Weibchen sein, weil nur sie zwei Allele haben (damit kann man Katzenhalter schwer beeindrucken, wenn man das Geschlecht der 20m entfernt spielenden Katze richtig errät :-top)
Ausnahme wäre natürlich eine Katze mit dem Genotyp XXY, die theoretisch männlich sein kann, aber 3 Farben hat, aber keine Ahnung, ob es "Klinefelter-Kater" überhaupt gibt... :-D

Wie genau stellst Du Dir vor, ein defektes X-Chromosom zu "entfernen"?
Zelle aufschneiden, Barr-Börper raus und wieder zunähen?

Und selbst wenn es ginge (mit irgendwelchen molekularmedizinischen Methoden) dann wäre das Resultat ein Turner-Syndrom (X0), was eine bei weitem schwerere Krankheit ist als jede X-Chromosomale Heterozygotie, die mir spontan einfallen, zumal die ja meistens eh keinen Krankheitswert haben, sondern die entsprechenden Frauen dann bloß Konduktorinnen der entsprechenden Krankheit sind und sie mit 50% ihren Söhnen vererben bzw. mit 50% ihre Töchter ebenfalls zu Konduktorinnen machen.
Keine wirklich gute Indikation für einen Eingriff in das Genom (der ja glaube ich eh verboten ist).

Faust601
19.11.2003, 14:27
Bin mir nicht ganz sicher, wie deine Frage zu verstehen war, deshalb in Ergänzung zu den vorherigen Antworten:

1. Es ist nicht in jeder Zelle dasselbe X-Chromosom inaktiviert, in manchen Zellen ist es das maternale, in manchen das paternale. Daher auch das von Rico beschriebene Mosaik. Die Entscheidung, welches X-Chromosom jeweils inaktiviert wird, wird in der frühen Embryonalentwicklung für jede Zelle völlig zufällig und unabhängig von den anderen Zellen getroffen, dann aber für alle aus dieser jeweiligen Zelle hervorgehende Zellen beibehalten.

2. Ein Barr-Körperchen ist ja keinesfalls "defekt". Es ist vielmehr inaktiviert, damit Frauen nicht die doppelte "Gendosis" abkriegen wie Männer. Und tatsächlich sind auch nicht alle Gene inaktiv, sondern nur ca. 80 %. Wäre ein X-Chromosom vollkommen still gelegt, würde ja auch nicht einleuchten, warum bei X0-Frauen (Turner-Syndrom) eine Symptomatik besteht. Diese sind z.B. deshalb kleinwüchsig, weil sie nur eine Kopie des sog. SHOX-Gens haben, das stets auf beiden X-Chromosomen exprimiert wird (und auch auf dem Y bei Männern).

Falls du aber meinst, ob nicht ein "defektes" X-Chromosom, soll heißen mit einer Mutation, vom Körper selbst dadurch beseitigt werden könnte, dass es inaktiviert wird, dann hast du zum Teil recht. Rein statistisch sollte zwar aufgrund der zufälligen Auswahl in 50 % der Zellen das maternale X-Chromosom und in 50 % das paternale X-Chromosom inaktiviert sein, es kann aber durchaus auch mal vorkommen, dass nahezu in allen Zellen dasselbe X-Chromosom stillgelegt ist (Skewed X-inactivation). Mit viel Glück könnte dies der Frau durchaus einmal eine X-chromosomal dominant vererbte Krankheit ersparen, umgekehrt kann sie dadurch aber unter Umständen auch an einer X-chromosomal rezessiven erkranken.

Jurinka
19.11.2003, 14:31
Theoretisch könnte man aber bei einer extrakorporalen Karyogamie vorher das defekte X- Chromosom eliminieren und so erreichen, dass die entstehenden Eizellen nichts oder nur ein haploides X- Chromosom enthalten. Richtig?

Faust601
19.11.2003, 14:37
Nochmal die Gegenfrage: Was meinst du mit einem "defekten X-Chromosom"?

Rico
19.11.2003, 16:56
Original geschrieben von Jurinka
Theoretisch könnte man aber bei einer extrakorporalen Karyogamie vorher das defekte X- Chromosom eliminieren und so erreichen, dass die entstehenden Eizellen nichts oder nur ein haploides X- Chromosom enthalten. Richtig? Nein, bei einer Karyogamie liegen die Chromosomen nicht in der metaphase vor und das Barr-Körperchen ist ja nur ein Teil des X-Chromosoms.
Um das völlständig für sich darzustellen bräuchte es schon ein Karyogramm.
Wenn Du aber ein Karyogramm machst, dann gibst Du den Zellen ein Spindelgift, daß sie in der Metaphase "einfriert" und lysierst die Zelle, sodaß du bloß noch die nackten Chromosomen übrig hast und färbst die dann auch noch mit mit GIEMSA-Färbung.
Hier kannst Du vielleicht mit einem feinen Instrument ein fehlerhaftes X-Chromosom wegfischen, aber was hast Du davon?

Abgesehen davon, daß die verbleibenden Chromosomen wirklich eine Frau mit Turner-Syndrom ergeben würden, ist es völlig unmöglich, diese vergifteten und angefärbten Chromosomen wieder irgendwie in einen Zellkern zu befördern, geschweige denn daß sie dort wieder irgendeine Funktion ausführen können.

Wozu also das alles?

Übrigens ist es auch in Deutschland verboten, am Erbgut des Menschen zu manipulieren.

Und letztlich ist es unethisch auf diese Weise eine Krankheit zu verursachen.
:-meinung

Jurinka
20.11.2003, 14:25
ein X- Chromosom, dass durch ein defektes Gen Auslöser für eine Krankheit ist, wie z. B. bei Muskeldystrophie Typ Duchenne oder Typ Becker- Kiener oder beim Lesch-Nyhan-Syndrom, Hyperurikämiesyndrom).

Rico
20.11.2003, 14:34
Original geschrieben von Jurinka
ein X- Chromosom, dass durch ein defektes Gen Auslöser für eine Krankheit ist, wie z. B. bei Muskeldystrophie Typ Duchenne oder Typ Becker- Kiener oder beim Lesch-Nyhan-Syndrom, Hyperurikämiesyndrom). Eieiei, das geht aber in die Hose...
Die von Die beschrieben Krankheiten sind allesamt aus dem Formenkreis der X-chromosomal rezessiven Krankheiten, die bloß bei Männern auftreten, da sie kein zweites X-Chromosom haben, das die "richtigen" Informationen enthält.
Frauen, die ein mutiertes X-Chromosom haben bekommen die Krankheit nicht, sie übertragen sie bloß an die Häfte ihrer Söhne, bzw. geben die Anlage an die Hälfte ihrer Töchter weiter, welche aber wiederum selber nicht erkranken!

Wenn Du jetzt den männlichen Zygoten ihr einziges X-Chromosom wegnimmst, dann bekommst Du den Genotyp (45, 0Y), der nicht lebensfähig ist, da auf dem X-Chromosom haufenweise lebenswichtige Gene hast, die dann fehlen.