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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Angestellte FÄ für Allgemeinmedizin - Gehaltsverhandlung



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Dr.Nemo
02.09.2019, 18:31
Long time no see in die Runde.

Das Leben hat mich im positiven Sinne gut im Griff. Die Offline Zeiten sind sehr häufig.

Im Mai 2020 steht meine Facharztprüfung für Allgemeinmedizin an.
Das Angebot steht, dass ich als FÄ dort angestellt weiterarbeiten kann, was ich auch primär befürworte.

Ich solle nun vorschlagen, was ich mir so vorstelle. Puh. :-nix

In erster Linie möchte ich mich finanziell etwas verbessern und meine Arbeitszeiten beibehalten.
Das Internet gibt mir eine Seite her, wo nur unterschiedliche Fachrichtungen in ihrem Gehalt verglichen werden.

Was kann ich verlangen?? Mich am Tarif für Klinikärzte orientieren?

Grüsse Dr. Nemo

tarumo
03.09.2019, 08:04
In erster Linie möchte ich mich finanziell etwas verbessern und meine Arbeitszeiten beibehalten.



Was kann ich verlangen?? Mich am Tarif für Klinikärzte orientieren?

Merkst Du selber, oder? Warum solltest Du Dich am Klinikgehalt orientieren, wenn Du Dich verbessern willst? in *jedem* Bewerbungsratgeber (also außerhalb der Medizinblase) ist als Gehaltsvorschlag vorheriges Gehalt plus ca. 30% als VHB genannt.

Dann muß man wissen, daß die Zuteilung der Gelder an die Praxen durch die KV ein "Kalkulatorisches Oberarztgehalt" als FA zugrunde legt (zumindest in der Theorie), d.h. verlangt man weniger, verkauft man sich zu billig.

Desweiteren würde ich zu dem fiktiven OA-Gehalt noch einen Aufschlag dazupacken, der u.a. die Haftpflicht, das persönliche Risiko (auch wenn Du angestellt bist, haftest Du gegenüber der KV grundsätzlich mit dem Privatvermögen) und noch ein paar andere Dinge abdeckt, über die man sich im Krankenhaus nicht kümmern muß. Die 40h-Woche ist auch eher theoretisch...

Falls die Praxis selbst ein OA-Tarifgehalt nicht zahlen kann, würde ich die Finger davon lassen.

Dr.Nemo
03.09.2019, 10:17
Vielen Dank!

Das ist mal ein guter Ansatz!
Ja vermutlich hätte ich mich sonst aus Bescheidenheit unter Wert verkauft, aber natürlich frage ich mich auch, was, wenn die Chefs dies nicht leisten können.
Ich habe einen eigenen Patientenstamm und fühle mich im Team sauwohl, das aufzugeben wäre wirklich bitter.

tarumo
03.09.2019, 14:51
Ja vermutlich hätte ich mich sonst aus Bescheidenheit unter Wert verkauft, aber natürlich frage ich mich auch, was, wenn die Chefs dies nicht leisten können..

Falscher Ansatz! Als FA erwirtschaftest Du selbst Geld, was zumindest in der Theorie für ein OA-Gehalt für den Arzt ausreichen sollte. Wenn es das nicht tut, gibt es entweder ein grundlegendes Problem mit der Praxisstruktur und/oder der jeweiligen KV-Vergütung. Da man ja nur ein Leben hat, sollte man dann schon überlegen, ob man Konsequenzen zieht. Zufriedene und dankbare Patienten und ein nettes Team sind zwar schön und wünschenswert, zahlen Dir aber nicht die Rechnungen und die Altsersvorsorge.

med_in_1
03.09.2019, 21:22
Wie oben bereits genannt, ist das fiktive Oberarztgehalt das, was der EBM einer Praxis mit 1,0 VK zugesteht.
Hinzu kämen sicherlich Einnahmen aus der PKV, und sofern relevant UVG, Anträgen für die DRV und falls erfolgt den Bereitschaftsdiensten.
als FÄ f. Allgemeinmedizin solltest du die psychosomatische Grundversorgung erworben haben, mglw. kannst du den 8h Kurs zum Erwerb der Abrechnungsgenehmigung für das Hautscreening noch erwerbern.
= FÄ für Allgemeinmedizin = OA Gehalt; die beiden anderen Dinge + ggf. Zusatzeinnahmen würden einen guten Aufschlag rechtfertigen.
Idee: Verhandeln steuerbegünstiger Lohnnebenleistungen, welche den Arbeitgeber weniger Kosten, dir aber nützen: z.B.: 40 Euro Tankgutschein, Übernahme Mitgliedschaftskosten im Fitnessstudie, Wegegeld zur Praxis, Erholungsbehilfen
Haftpflicht: ich zahle +/- 1000 Euro / Jahr - mglw. hat aber der MVZ Betreiber eine, welche dich inkludiert?

tarumo
04.09.2019, 07:20
Haftpflicht: ich zahle +/- 1000 Euro / Jahr - mglw. hat aber der MVZ Betreiber eine, welche dich inkludiert?

Das wird der Fall sein, aber eine eigene Berufshaftpflicht ist unabhängig davon erforderlich- siehe auch die Berufsordnung. Der/die TE soll erst mal versuchen, ein Oberarztgehalt zu erzielen, der Rest on top. Bei gut laufenden Praxen wurde hier auch schon mal ein knapp fünfstelliges Gehalt/Monat pro Vollzeit-FA in den Raum gestellt, das wäre dann ein ähnlicher Level. Zumal bei "fließend Duetsch in Wort und Schrift".

Dr.Nemo
04.09.2019, 11:45
Wow!

Also ich hab gerade eine Berufshaftpflicht, die bei weitem nicht mal 3-stellig im Jahr ist, aber als Allgemeinmedizinerin mit wenig bis kaum invasiven Massnahmen konnte man das auch so gut einstellen. :-nix

Fairerweise muss ich sagen, dass ich aktuell (bin hauptberuflich ;-) noch Mama :-love ) Mo von 8.30 bis 18, Di Do von 8:30 bis 14 und Mi/Fr von 8:30 bis 12 arbeite

Wäre es realistisch, wenn ich für dieses tatsächlich zB eine Bruttogehaltsvorstellung von 5800 bis 6300 vorschlage?
Um es mal in nackten Zahlen zu nennen.

(Ach so, Praxis überlegt, Sa Öffnungszeiten anzubeiten)

tarumo
04.09.2019, 13:47
Ohne Kenntnis von Ort oder Praxisstruktur ist das für eine Teilzeitstelle schon mal ein guter Einstieg. Ich würde noch festlegen, daß hier nicht noch pauschal weitere Tage "draufgesattelt" werden, z.B. den Samstag- wo auch keine Kita aufhat.
Da man ja auch nicht unmittelbar am Umsatz durch die GKV profitiert ist es nur recht und billig, vertraglich auch Übernahme von Regresszahlungen an die GKV auszuschließen.
Weitere Posten: Urlaub, Fortbildungstage/kosten und wer die KV BD- bzw. BDZ/INZ-Dienste macht bzw. wenn Du die, gerade als junge Frau, nicht selbst machen möchtest, einen Vertreter stellt.
Eine Umsatzbeteiligung an Selbstzahlerleistungen kann man auch vereinbaren.

Dr.Nemo
05.09.2019, 09:34
Ohne Kenntnis von Ort oder Praxisstruktur ist das für eine Teilzeitstelle schon mal ein guter Einstieg. Ich würde noch festlegen, daß hier nicht noch pauschal weitere Tage "draufgesattelt" werden, z.B. den Samstag- wo auch keine Kita aufhat.
Da man ja auch nicht unmittelbar am Umsatz durch die GKV profitiert ist es nur recht und billig, vertraglich auch Übernahme von Regresszahlungen an die GKV auszuschließen.
Weitere Posten: Urlaub, Fortbildungstage/kosten und wer die KV BD- bzw. BDZ/INZ-Dienste macht bzw. wenn Du die, gerade als junge Frau, nicht selbst machen möchtest, einen Vertreter stellt.
Eine Umsatzbeteiligung an Selbstzahlerleistungen kann man auch vereinbaren.

Vielen vielen Dank für dies informativen und sehr nützlichen Angaben. An all das habe ich nicht gedacht. Danke

tarumo
06.09.2019, 10:21
Vielen vielen Dank für dies informativen und sehr nützlichen Angaben. An all das habe ich nicht gedacht. Danke

Gerne geschehen. Mir fällt noch gerade ein: die Nutzung des Privat-PKWs für Hausbesuche sollte auch vertraglich geregelt werden bzw. wer Schäden bezahlt etc... (ich würde das sowieso versuchen zu vermeiden). Bin gerade ein wenig verdutzt, weil Du ja die Praxis wohl schon länger von innen kennst und die wesentliche Dinge (Umgehen mit Regressen, KV-Dienste, Privat PKW- Nutzung etc.) mitbekommen haben solltest...

Dr.Nemo
08.09.2019, 08:06
Gerne geschehen. Mir fällt noch gerade ein: die Nutzung des Privat-PKWs für Hausbesuche sollte auch vertraglich geregelt werden bzw. wer Schäden bezahlt etc... (ich würde das sowieso versuchen zu vermeiden). Bin gerade ein wenig verdutzt, weil Du ja die Praxis wohl schon länger von innen kennst und die wesentliche Dinge (Umgehen mit Regressen, KV-Dienste, Privat PKW- Nutzung etc.) mitbekommen haben solltest...

Umgang mit Regressen hat man mich bisher nicht einbezogen, KV Dienste leiste ich (noch) nicht und ja, das mit dem Hausbesuch und Schadensersatz muss ich noch klären. Für die Fahrtwege erhalte ich KM Pauschalen. :-nix

tarumo
09.09.2019, 08:32
Na ja, ob die KV-Dienste selbst gemacht werden oder ein Vertreter beauftragt wurde, wirst Du ja schon mitbekommen haben. Und ob es schon eine zu besetzende INZ am KH gibt.
Was die PKW-Nutzung angeht: wichtig ist, wer für einen Schaden bei einer Dienstfahrt aufkommt. Es sei denn, Du hast soviel Geld auf der Kante, um Dir jederzeit und ohne Federlesens ein neues Auto kaufen zu können. CAVE: die üblichen Kfz-Versicherungen untersagen den kommerziellen Gebrauch des Fahrzeuges (was bei einer HB- oder BD-Tour der Fall ist). Es kann also sein, daß man selbst bei einem unverschuldeten Unfall auf dem Schaden sitzen bleibt.
Ich würde also eine Schadensregulierung in den Vertrag mit aufnehmen (Musterlösungen im Internet) , die Kfz-Haftpflicht/Kasko ggf. ergänzen und die zusätzlichen Kosten auch in den Vertrag mit aufnehmen.
Die saubere Lösung ist natürlich ein Dienstwagen, was ja auch viele Praxen machen. Die Praxisinhaber haben ihren vermeintlichen Privat-PKW mit ziemlicher Sicherheit auch als Dienst-Kfz angemeldet.

Mano
11.09.2019, 16:52
Dienstwagen dürfte - sofern man dafür dann auf seinen Privatwagen verzichtet - auch steuerlich für beide Parteien ganz interessant sein.

denkstdu
11.09.2019, 19:19
@Tarumo Wo finde ich genau so einen Mustervertrag zwecks dem KFZ und der dienstlichen Nutzung (gerne auch per PN).Ich bin auf der Suche nach ner neuen Stelle.Und so richtig glaube ich halt nicht, dass ich mit einem Dienstwagen billiger komme, als wenn ich meine privates für dienstliche Zwecke nutze.

vanilleeis
11.09.2019, 19:46
Dienstwagen, der Dir als geldwerter Vorteil verrechnet wird, sicher nicht. Aber die meisten Praxen, die ich kenne, haben ein Praxisauto, das für Hausbesuche genutzt wird. Das ist sicherlich günstiger und sinnvoller als die Nutzung des privatpkws füe 0,25-0,30 € pro km

tarumo
12.09.2019, 12:22
Dienstwagen, der Dir als geldwerter Vorteil verrechnet wird, sicher nicht. Aber die meisten Praxen, die ich kenne, haben ein Praxisauto, das für Hausbesuche genutzt wird. Das ist sicherlich günstiger und sinnvoller als die Nutzung des privatpkws füe 0,25-0,30 € pro km

Ja, mit Dienstwagen meine ich natürlich Praxisauto. Die o.g. Kilometer beeinhalten nämlich nur die Betriebskosten und vielleicht anteilig Verschleiß. Aber sicher keinen Unfallschaden, zumal man sich wegen der kommerziellen Nutzung auch versicherungstechnisch auf dünnes Eis begibt. Einen Mustervertrag habe ich nicht, gibt es aber sicher irgendwo im Internet (vielleicht auch über den ADAC oder dessen Juristen).

Vielleicht plaudern auch die Arbeitsmediziner hier, deren Arbeitsverträge oft die Privat-PKW-Nutzung beeinhaltet, aus dem Nähkästchen.

Das Thema "Unfall" ist nicht ganz banal, es ging ein Prozess über Kostenübernahme eines Totalschaden bein einem angestellten Arzt ziemlich weit "rauf". An der Uni wurde übrigens für allfällige Dienstfahrten ein Taxi gestellt, damit man das Faß "Schadensregulierung" erst gar nicht aufmacht...

WackenDoc
12.09.2019, 15:49
Wir haben die Möglichkeit mit Privatwagen zu fahren oder ab einer bestimmten Kilometerzahl im Jahr einen Dienstwagen zu bekommen. Ansonsten wird der Privatwagen als Dienstwagen anerkannt mit einer Unfallversicherung für dienstliche Fahrten.

Locutus001
12.09.2019, 16:08
Also sicherlich haben die erfahreneren Kollegen hier Recht und Du solltest Dich nicht unter Deinem Wert verkaufen.

Aber man kann ja auch Entwicklungsstufen mitverhandeln bspw.

Bei uns (allerdings nicht Allgemeinmedizin) steigt man als FA mit ca. 90.000 Ein und entwickelt sich dann im nächsten auf 95 und im dritten auf 100.000 Euro.
Danach liegt es vermutlich an jedem selbst zu gegebenem Zeitpunkt noch einmal zu verhandeln unter Einbezug der Erfahrung und aber auch der durch einen persönlich geleisteten Extraverantwortungsbereiche.

Im Endeffekt finde ich, dass ein Gehalt bei 40h/Woche um die 80.000 Euro (alles versteht sich als Brutto) im Jahr akzeptabel ist.
Und ich fasse jetzt mal 70-90.000 Euro als den "Bereich" drumherum ;-)

Ich persönlich will nicht für 1.000 Euro mehr im Monat in einem Team arbeiten, das ich zum kotzen finde.
Wenn ich also ein Team habe, das ich kenne und toll finde und weiß, dass man sich unterstützt wenn mal was ist, dann bringt mir das mehr als die paar Kröten extra. Und sind wir mal ehrlich für einen Moment, denn teilweise klingt es hier schon wieder so "Du musst schauen wo Du bleibst!" Wir gehören mit einem Nettogehalt von ca. 3500 Euro (oder mehr) als Fachärzte zur Oberschicht in Deutschland. Ob man jetzt 3500 Euro oder 4000 Euro auf dem Konto hat, das macht den Kohl nicht fett.

Aber natürlich gilt auch das Motto: "Nehmen was man bekommt und nichts zurückgeben!" ;-)

Aber nur mal so mein Gedankengang zu der Sache. Ich finde nämlich - aus persönlicher Erfahrung - dass ein gutes Team, ein guter Arbeitsweg, ein sicherer Arbeitgeber, wegen mir nette Patienten..., in der Gesamtrechnung nicht außen vor gelassen werden dürfen. Das ist oft nämlich mehr wert, als nur die nackten Zahlen aufm Papier.

rosa_banana
13.09.2019, 12:07
Kommt dann natürlich auch wieder drauf an, wo man lebt (leben muss) und was der Partner heimbringt. Ich kann für mich zum Beispiel nicht behaupten, dass es keinen Unterschied macht, ob ich 3,5 oder 4k auf dem Konto habe. Meine (kommunale) Kinderbetreuung kostet 850 €, durchschnittlicher m2 Miete 10 €, 4-köpfige Familie... Ich beneide da jeden, der keine Abzüge in der B-Note hinnehmen muss, weil es den Kohl nicht fett macht.

DrSkywalker
14.09.2019, 07:50
Als Praxisinhaber würde ich gerne kurz meine Sicht der Dinge schildern:

Wir können uns erlauben, einem angestellten Facharzt ein Oberarztgehalt zu zahlen, aber nur unter bestimmten Bedingungen:

1. Es muss von FA ein KV Sitz besetzt werden
2. er muss voll engagiert und medizinisch fit sein
3. er muss unternehmerisch denken können und auch mal mitdenken, was der Praxis jetzt Umsatz bringt und was man für Gotteslohn macht (und dabei immer das Wohl des Patienten im Blick!)
4. er muss zügig arbeiten
5. er muss zuverlässig sein und sollte wenn möglich nicht ständig ungeplant fehlen (aus welchen Gründen auch immer)

Dann natürlich ins Team passen und gut bei den Patienten ankommen. Empathie und adäquates Auftreten wären auch sehr wichtig.

So jemandem kann ich ohne weiteres ein tolles Oberartzgehalt + Bonusleistungen bezahlen.

Einem langsamen Kollegen der pro Patient im Schnitt 25 Minuten braucht und ständig nachfragt, nicht ordentlich sonographieren kann, immer wieder fehlt weil Hund krank etc, medizinisch nichts auf dem Kasten hat Patienten ihn/sie wunderlich finden oder PAtienten ihn/sie ganz toll finden weil er immer 30 Minuten zuhört und dann klangschalentherapie empfiehlt (alles erlebt), sojemand sollte besser kein OA-Gehalt fordern...

Das sind natürlich zwei Extrembeispiele zur Veranschaulichung.

Die PKW-Schadensregelung die hier angesprochen wird finde ich übrigens extrem kleinlich...