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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Should I stay or should i go?



ernst_nehmen
21.09.2019, 10:36
Hallo ihr Lieben,
ich bin Mitte 20 und total unglücklich mit meinem jetzigen Studium.
Vorher habe ich eine Ausbildung zur PTA gemacht, bin aber dann durch Abschlussprüfung gefallen. (Das war eine Mischung aus Pech/Willkür/Laborarbeit fällt mir extrem schwer).
Danach habe ich angefangen Pharmazie zu studieren und könnte in 2 Jahren in Lohn und Brot stehen. Ich hasse das Studium und quäle mich da irgendwie durch. Aber ich weiß ja, dass der Beruf danach quasi fast 0 mit dem Studium zu tun hat. Ich kann mich mit diesem Studiengang/Berufsfeldern einfach nicht identifizieren. In der Pharmaindustrie sehe ich mich auch nicht.
Ich bin damals so reingerutscht, weil mir eingeredet wurde, dass das ne gute Idee wäre und zu mir passen würde.

Eigentlich wollte ich Medizin studieren, aber ich habe es mir nicht zugetraut und mein familiäres Umfeld hat es mir ausgeredet. Den Abischnitt hätte ich. Ist es vernünftig mit Mitte 20 noch Medizin zu studieren? Ich sehe da folgende Probleme:
-ich bin weiblich und werde wahrscheinlich irgendwann Nachwuchs in die Welt setzten, gleichzeitig wäre ich in der Facharzt-Ausbildung; ich würde wahrscheinlich weder mir/meinen Kollegen/Patienten damit einen Gefallen tun, wenn ich nur halb bei der Sache bin
-ist es finanziell sinnvoll? Ich würde jetzt nochmal einige Jahre verlieren bis ich arbeiten kann

GelbeKlamotten
21.09.2019, 11:50
Zu sehr ähnlichen Fragestellungen gibt es doch schon unzählige Themen hier. Du wirst wieder die ganze Bandbreite zu lesen kriegen von "Mach es auf keinen Fall, Arbeiten im Krankenhaus ist schrecklich", über "musst du selbst wissen" bis "Leb auf jeden Fall deinen Traum aus" etc.

Dass dich ein erneutes mindestens 6 1/2 jähriges Studium finanziell schlechter stellt liegt doch auf der Hand oder was lässt dich daran zweifeln? Wenn du Pharmazie fertig studierst, dann als angestellte Apothekerin arbeitest und zügig eine eigene Apotheke in lukrativem Umfeld übernimmst, wirst du finanziell im Endeffekt zumindest über einen sehr langen Zeitraum besser dastehen.

Die Arbeit als Ärztin ist in den allermeisten Fachrichtungen und Arbeitsstellen sicherlich anstrengender als die Arbeit in einer Apotheke, auch das muss dir klar sein.

Kinder kriegen während der Facharztausbildung ist jetzt nichts ungewöhnliches. Viele gehen dann halt eine Weile in Teilzeit. "Nur halb bei der Sache sein" funktioniert aber meistens im Krankenhaus nicht. Wenn du bei deiner Halbtagsstelle nur vor dich hinträumst und überlegst, was du deinem Kind für ein neues Kleidchen kaufst, dann wirst du ziemlich schnell die Konsequenzen zu spüren bekommen.

ernst_nehmen
21.09.2019, 13:11
Na ja, die goldenen Zeiten der Apotheker sind vorbei ;) und der Onlinehandel wird trotz Protest seitens der Apotheker sich sicher bald etablieren.
Mir ist klar, dass Arzt anstrengender ist als in der Apotheke zu chillen und den Leuten zu sagen, dass sie nicht mehr als 8 Kopfschmerztabletten fressen sollen.
Ich bin bereit hart zu arbeiten. Nur sehe ich eben auch Probleme, die damit einhergehen. Da haben es Männer einfacher.
Ich will nicht vor mich herträumen und eine Tussi, dir sich über Kleidchen und Schminke Gedanken macht, bin ich sicher nicht.

GelbeKlamotten
21.09.2019, 14:00
Na ja, die goldenen Zeiten der Apotheker sind vorbei ;) und der Onlinehandel wird trotz Protest seitens der Apotheker sich sicher bald etablieren.
Mir ist klar, dass Arzt anstrengender ist als in der Apotheke zu chillen und den Leuten zu sagen, dass sie nicht mehr als 8 Kopfschmerztabletten fressen sollen.
Ich bin bereit hart zu arbeiten. Nur sehe ich eben auch Probleme, die damit einhergehen. Da haben es Männer einfacher.
Ich will nicht vor mich herträumen und eine Tussi, dir sich über Kleidchen und Schminke Gedanken macht, bin ich sicher nicht.

Teilzeit arbeiten ist im Krankenhaus in der regel kein Problem. Warum sollte das als Ärztin mehr Probleme machen als in einem beliebigen anderen Beruf, z.B. in der Apotheke?

Die goldenen Zeiten in der Medizin sind auch vorbei. Die Zahl der Alten und Kranken steigt rapide an, dementsprechend auch die Arbeit. Das Gehalt eines Krankenhausarztes steigt dagegen nicht mal auf Inflationsniveau.

Online Apotheken gibt es nicht erst seit gestern. Genau wie Amazon, Zalando und co. trotzdem gibt es noch den stationären Einzelhandel. Das wird sich so schnell nicht ändern. Ich löse selbst zB alle meine Rezepte in der Apotheke vor Ort ein, obwohl ich als absolutes Internetkind aufgewachsen bin.

Rettungshase
22.09.2019, 12:03
-ich bin weiblich und werde wahrscheinlich irgendwann Nachwuchs in die Welt setzten, gleichzeitig wäre ich in der Facharzt-Ausbildung; ich würde wahrscheinlich weder mir/meinen Kollegen/Patienten damit einen Gefallen tun, wenn ich nur halb bei der Sache bin

Das Bild, das du von (werdenden) Müttern unter der Ärzteschaft zu haben scheinst, ist desaströs.

Ansonsten schließe ich mich den Vorrednern an und empfehle die Lektüre der vielen anderen Threads dieser Art in diesem Forum.

Hockeychaot
22.09.2019, 13:06
Es ist leider genau das Bild, was versucht wird den Arbeitnehmern einzubläuen, denn es hilft dem Arbeitgeber.

Und die meisten Kollegen und Kolleginnen stützen dieses Bild bzw. fördern es.

Du solltest dir wahrscheinlich vor allem die Frage stellen, ob du es nach 3 Jahren Ausbildung und 4 Jahren Studium nochmal schaffst, dich durch 6 Jahre Studium zu quälen, denn eins ist mal Fakt, auch das Medizinstudium hat Frustpotential.

Ich persönlich finde, dass das Studium egal ist, denn den Job macht man am Ende ewig, du solltest also abwägen, ob du Arzt sein so viel besser einschätzt, dass du dich nochmal durchbeißen kannst.

Finanzierung, Prüfungen, Neuanfang, Kind, dass alles sind Dinge, die man schon irgendwie geregelt bekommt.

GelbeKlamotten
22.09.2019, 13:17
Und von irgendwelchen angeblich schlechten Zukunftsaussichten für einen Berufsstand würde ich mich auch nicht zu sehr beeinflussen lassen. Die Diskussion um Onlineapotheken und den angeblichen Niedergang der Präsenzapotheken gab es schon in genau gleicher Form als ich mein Medizinstudium angefangen habe. Das ist mittlerweile etwa 10 jahre her. Geändert hat sich nicht viel, nicht eine einzige Apotheke in meiner Umgebung musste schließen und alle Apotheker in meinem Bekanntenkreis haben nach wie vor ein gutes Auskommen. Das ist immerhin schon ein Viertel eines Arbeitslebens, in dem sich wenig entscheidendes verändert hat.

Ein Berufsstand wird meistens nicht von heute auf morgen ausgelöscht und das wird auch mit den Apotheken nicht passieren. Wenn jemand vom Hautarzt kommt und eine Salbe verschrieben bekommen hat, dann wird er die auch künftig nicht online bestellen, sondern direkt vor ort in der apotheke holen wollen. Und auch in 20 jahren wird die salbe sehr wahrscheinlich nicht sofort per Drohne geliefert werden. Die Mühlen mahlen meistens langsamer als man denkt und man hat meistens genug zeit sich anzupassen, wenn man dazu bereit ist. Und der Apothekerberufsstand hat in deutschland imho eine wesentlich bessere lobby als der ärztliche.

Trendafil
22.09.2019, 14:19
Mal provokant gefragt:
Traust Du Dir das Medizinstudium denn auch wirklich zu?

Mal irgendwo durchzufallen, ist okay. Passiert. Wenn man am Ball bleibt und es trotzdem versucht, ist so eine Niederlage auch schnell wett zu machen.
Aber bei Dir hat man schon den Eindruck, dass Du Probleme hast, etwas zu Ende zu bringen.

Ausbildung - Abschlussprüfung nicht geschafft -> Aufgegeben
3 Jahre Pharmaziestudium - plötzlich alles doof -> Aufgeben

Auch entgegen der landläufigen Meinung: Man kann auch ein Medizinstudium mal nicht schaffen.

Erschwerend kommt hinzu, dass man mindestens die ersten 2 Jahre den Eindruck hat, man studiere Chemie oder Physiologie, aber nicht Medizin, da die Vorklinik noch sehr naturwissenschaftlich ausgerichtet ist.
Man verbringt auch viel Zeit in Laboren, wenn auch in einer light-Version, verglichen mit Pharmazie.

Was ich damit sagen will: man braucht sehr viel Sitzfleisch für das Medizinstudium und auch Kraft, bei Niederlagen, aufzustehen und das Krönchen zu richten und weiterzumachen.

Dein Lebenslauf lässt beide Charaktereigenschaften nicht vermuten, von daher solltest Du schon ganz genau abwägen, was Du nun tust. Nicht dass Du in weiteren 4 Jahren wieder dastehst und Dir auffällt, dass Du Dich im Arztberuf nicht siehst. Du stehst dann halt mit nichts da. Keine Ausbildung und 2 mal ein abgebrochenes Studium.

Schau Dir doch mal den Krankenhausalltag an. Mach ein Praktikum oder lauf mal mit deinem Hausarzt mit. Und lass dir helfen, einen Finanzplan aufzustellen. Überlege Dir auch einen Notfallplan, sollte das mit Medizin auch nichts werden.
Blind in ein neues Studium stürzen klingt nicht vielversprechend.

EVT
22.09.2019, 14:51
Wie ist denn dein Abi? Das Medizinverfahren wird ja umgestellt. Warum hast du mit einem super Abi eine PTA-Ausbildung gemacht?
Wenn du das Pharmaziestudium halbwegs gepackt hast, solltest du auch das Medizinstudium schaffen. Was ist denn mit Krankenhausapotheke?
Als Apotheker hast du nur selten Notdienst, als Arzt öfter. Aber wichtig ist das inhaltliche. Was hat dich bisher abgehalten? Nur deine Familie? Warum traut sie dir das nicht zu?

agouti_lilac
23.09.2019, 06:54
Ein Kollege von mir ist Apotheker und hat das Medizinstudium noch draufgesetzt. Sein Wissen ist enorm und seine Expertise sehr begehrt bei uns.
Vielleicht wäre das eine Option?

Anne1970
23.09.2019, 07:53
Zudem gibt es auch die Möglichkeit, als Pharmazeut im Krankenhaus zu arbeiten. Wir haben bei uns in der Neurologie sogar eine halbe Pharmazeutische Stelle ( die andere Hälfte geht über die Krankenhaus-Apotheke) . Die Kollegin hat inzwischen hier ihren PD gemacht und scheint zufrieden zu sein.