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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Medizin Studium in Dresden



futuremedidoc
21.10.2019, 08:21
Hallo ihr Lieben! Da Dresden absolut zu meinen Favoriten bei der Wahl des Studienortes liegt, wollte ich euch mal fragen, wie das Medizin-Studium dort so ist. Erzählt mir ruhig alles, was euch dazu einfällt.

Lieben Dank im Voraus :)

Echinococcus
21.10.2019, 10:36
Ich habe in Dresden studiert, das ist aber auch auch schon wieder eine ganze Weile her, deshalb alles unter Vorbehalt.

Das Auswahlverfahren war fair, wir waren eine sehr gut gemischte Truppe zwischen Frischlingen von der Schule und alten Hasen. Die Vorklinik hatte zwar auch ihre ätzenden Seiten, aber das ist wohl überall der Fall. Die Klinik war dann tatsächlich ziemlich gut strukturiert, es gab für fast alle Disziplinen klinische Fallseminare und die meisten Praktika waren gut organisiert. Wenn ich mich recht entsinne hieß das System DIPOL, irgendwas mit "Dresdener integriertem praxisorientiertem Lernen", oder irgendwie so. Ob das ganze dann so praxisnah war wie die Uni es gerne hätte ist eine andere Frage, aber die Fallseminare in kleinen Gruppen haben tatsächlich Spaß gemacht.

Die Prüfungen waren auch fair, es gab aber in einem Jahr eine JAP (Jahresabschlussprüfung), die dann gebündelt alle Fächer des Jahres in 2 Tagen in einer Art Staatsexamen light abgefragt hat. Das hat einen für die Ä2 schon ganz gut trainiert, Spaß hat es aber nicht unbedingt gemacht ;)

Ich habe mich eigentlich immer ganz gut betreut gefühlt, hatte aber auch das Glück wirklich sehr sehr gute Freunde im Studium kennengelernt zu haben mit denen man sich immer gemeinsam durchgezogen hat und über die man auch alle Infos bekam, die sonst vielleicht untergegangen sind, und das ist ein Faktor der sicher Studienort-unabhängig ist.

Dinge die man aber definitiv Wissen sollte über das Studium:
- In der Vorklinik wird tatsächlich sehr viel Wert auf Physik gelegt, das hat hier einen sehr hohen Stellenwert und ist NICHT einfach mit einer MC Klausur abgetan. Für Leute wie mich, die drauf stehen, war das schön, Mathe- und Physikmuffel haben zu kämpfen gehabt.
- Die Uniklinik ist nicht am Campus der Universität und auch mindestens 20 Minuten mit den Öffis entfernt. Wer sich gerne unter andere Studenten mischen will, muss dass leider in seiner Freizeit oder während des Chemiepraktikums tun (das einzige Fach, was bei uns am Hauptcampus stattfand).
- Es gibt eine eigene Bibliothek für die Medizinstudenten in der Uniklinik, also muss man dafür nicht erst zum Campus reisen.

Dresden selbst ist, was Städte angeht, wohl meine Große Liebe und das Weggehen hat mir wirklich weh getan. Ich habe mich in der Stadt selbst immer wohlgefühlt, man hat immer etwas zu erleben und irgendwie schafft die Stadt es noch etwas heimischer und zugänglicher zu wirken als ein Moloch wie Berlin während gleichzeitig eigentlich alles geboten wird, was man von einer Großstadt erwartet, ein Spagat zwischen Gemütlichkeit und Action.

Würde im Nachhinein Dresden gegen keinen anderen Studienort tauschen, ich war glücklich dort und bin erfolgreich Arzt geworden ;)

futuremedidoc
21.10.2019, 11:15
Danke für die Einschätzung!
Auf welches Gebiet in der Medizin hast du dich eigentlich spezialisiert?
Bist du damals direkt nach dem Abi genommen wurden oder hast du erst etwas anderes gemacht?

THawk
21.10.2019, 11:27
Ich kann mich der Kokke anschließen. Hab ebenfalls in Dresden studiert, direkt nach dem Zivildienst aus einer weiter entfernten Stadt hingezogen. Mir war es damals zu viel DIPOL, das hat sich aber wohl gebessert. Das Studium war gut, im Semester hat man gute Freunde gefunden, mit denen man die Jahre verbracht hat. In der Vorklinik hat man mit der Seminargruppe eine recht feste "peer group", in der Klinik wird das Semester dann mehr durchgemischt.

Die Stadt hat mich ebenfalls begeistert. Vernünftige Größe, vielfältige Angebote, rasch in der Natur, insgesamt sehr lebenswert. Machmal etwas kleinbürgerlich-spießig und die Pegida-Deppen gibt es auch immer noch, aber für mich ist Dresden zur Heimat geworden. Ich wollte nach dem Studium eigentlich noch eine andere Stadt kennenlernen, bin aber aufgrund des Stellenangebots in Dresden geblieben, war dann später für zwei Jahre im Ausland und bin nun seit einiger Zeit wieder glücklich zurück. Wir werden als Familie wohl auch noch länger hier bleiben.

futuremedidoc
04.11.2019, 19:30
@THawk, ist sicherlich schon etwas länger her, als du in Dresden studiert hast aber mit welcher Note bist du eigentlich damals reingekommen?

THawk
04.11.2019, 20:50
Ja, das war 2003. Abi-Note war 1,2, Grenze für Studienplatz generell 1,9, für Dresden 1,3.

Doccus
16.01.2020, 19:15
Ich habe das Studium in Dresden gerade abgeschlossen und kann Neuanfänger eigentlich nur warnen.

Die Vorklinik ist richtig schwer, es wird großen Wert auf Chemie und Physik gelegt, was inhaltlich oft nur schwer nachzuvollziehen ist. Das Hauptproblem ist aber, dass der Leistungsdruck durch die Vorgaben und durch etliche der DozentInnen extrem hoch ist. Beispiel: Im Praxisseminar Chemie wird zu Beginn jedes Termins, also jede Woche, ein Test geschrieben. Nur wer den besteht, kommt überhaupt ins Labor rein. Und nur wer drin war, bekommt die Zulassung zur Klausur am Ende des Semesters. Mit anderen Worten: Alle stehen unter Dauerstrom, das gesamte Semester über.
Unnötig, meiner Meinung nach. In fast allen anderen Fächern gibt es ähnlichen Stress. In Histologie z.B. werden in den Klausuren (mehrere im Semester natürlich) Fotos von Proben abgefragt, die niemand vorher erklärt hat und die zudem noch qualitativ sehr schlecht sind. Wenn man sich beschweren oder wenigstens Rat einholen will, wird man sehr oft abgebügelt und als lästige Bittstellerin behandelt. Überhaupt ist die Lehre in vielen Fällen verbesserungsbedürftig. Die Profs scheinen manchmal weder am Stoff noch an den Studierenden interessiert zu sein, eher genervt. Klar, es gibt Ausnahmen. Da freut man sich jedes Mal richtig, wenn man bei einem solchen Menschen Unterricht hat.

In der Klinik läuft es etwas besser, aber nicht entscheidend. Immer wieder werden Leistungen abgefragt, die nicht oder kaum unterrichtet wurden. Dafür wird aber die maximale Anzahl von Prüfungen, Klausuren etc. angesetzt, deutlich mehr als an anderen Unis (und ganz zu schweigen von Modellstudiengängen wie etwa an der Charité). Auch die Vorbereitungszeiten für Prüfungen sind deutlich knapper angesetzt als woanders. Dresden legt z.B. die letzten Klausuren vor dem Stex so, dass man nur 80 Tage Stex-Vorbereitungszeit hat, nicht 100 (oder mehr) wie alle anderen. Die zeitlichen Vorgaben für die Famulaturen etwa sind so eng, dass es passieren kann, dass man keinen einzigen Tag Semesterferien hat. Warum das alles? Keine Ahnung. Die Devise von Universitäts- und Fakultätsleitung scheint zu sein, dass nur diejenigen einen Abschluss in Medizin verdient haben, die 13 Semester lang so richtig gequält wurden.

Zugegeben, wenn man das alles durchgestanden hat, dann ist man fachlich wirklich fit. Trotzdem: Leute, überlegt es euch zweimal, bevor ihr nach Dresden geht.
(Und übrigens, ich habe mit 1,6 abgeschlossen; das hier ist also keine frustrierte Tirade von einer, die es nicht oder nur gerade so geschafft hat.)

futuremedidoc
16.01.2020, 19:53
Vielen lieben Dank für deine Einschätzung! Dresden war mein Favorit - bis jetzt. Da werde ich meine Überlegungen zur Studienortwahl auf jeden Fall noch mal überdenken!
Weißt du eigentlich wie die TUD ab WS 2020 die besonderen Plätze vergeben wird, die dann nach Chemnitz gehen ?
Dazu steht bisher nichts auf der Website außer das neue Vergabe-verfahren an sich...

Doccus
16.01.2020, 21:03
Nein, das weiß ich leider nicht. Kaum hat man die letzte Prüfung hinter sich, schaut man eigentlich nicht mehr zurück - außer, man muss noch einmal kurz Dampf ablassen ;))
Jedenfalls wünsche ich viel Glück mit deinen Entscheidungen!

hanlenk
17.01.2020, 18:53
Ich studiere nicht in Dresden (komme aber von dort und kann die Stadt wärmsten empfehlen :-love), möchte dich aber ermutigen, dich nicht von Dingen wie Testaten vor Praktikumstagen und damit verbundener Teilnahmeberechtigung etc abschrecken zu lassen.
Das wird meines Wissens nach in vielen Universitäten so gehandhabt, bei mir in Leipzig ist es z.B. nicht anders. Praktika sind mind Antestaten über noch nie teils nie behandelten Stoff verbunden, wer nicht besteht darf nicht am Versuch teilnehmen und wer nicht teilnimmt darf die Klausur nicht schreiben. Die Durchfallquoten in Physik und Histo sind hoch und ja, es stresst. Es macht unheimlichen Druck und ist nicht immer schön. Aber du wirst an jeder Universität mit Regelungen konfrontiert werden, die den Studienalltag nicht gerade versüßen- an manchen mehr, an manchen weniger.
Das Studium ist immer mit Stress und Druck verbunden, aber machbar ist und ich denke, das wird in Dresden nicht anders sein :)

Ich drücke dir die Daumen, dass du deinen gewünschten Studienplatz bekommst!