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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unterschiedliche Teilnehmerzahlen M1 und M2



Quotax
13.11.2019, 21:05
Hi Leute, ich habe eine kurze Frage an euch:

ich habe mir eben die Ergebnisse des ersten und zweiten Staatsexamens Humanmedizin angesehen. Was mir dort aufgefallen ist, ist dass die Teilnehmerzahlen zwischen M1 und M2 je Uni extrem unterschiedlich sind. Jetzt ist es bei uns z.B. so, dass jedes Jahr die gleiche Anzahl Leute anfängt, d.h. die Zahl der Studenten müsste eigentlich jedes Jahr gleich sein (nur halt unterschiedliche Jahrgänge). Teilweise gibt es jedoch riesige Abweichungen. Frankfurt z.B. hat im M1 dieses Jahr 350 Leute und im M2 236. Freiburg 255 zu 158. Woher kommen diese unterschiedlichen Zahlen? Fallen so viele Leute im laufe des zweiten Abschnitts durch oder habe ich einfach einen Denkfehler gemacht?

LG und danke für eure Antworten

davo
14.11.2019, 06:30
Ich denke, dass man hier viele Faktoren berücksichtigen müsste. Urlaubssemester, Doktorarbeiten, Bewerbungen in höhere Semester, freiwillige Verschiebung der Anmeldung zum Examen, uvm. (Außerdem vergleichst du anscheinend die Zahlen zum selben Zeitpunkt - sinnvoller wäre es natürlich, für die M1-Daten mindestens drei Jahre zurückzugehen.) Deshalb ist klar, dass es, wenn man sich auf sehr kleine Beobachtungseinheiten konzentriert (soll heißen auf eine einzige Uni), immer Abweichungen in die eine oder andere Richtung geben wird.

Sinnvoller ist es deshalb meines Erachtens, die Teilnehmerzahlen an vielen Unis von zwei benachbarten Terminen zu addieren - z.B. das M2 F19 und H19. Dabei sollte man am besten nur Studienorte berücksichtigen, die in beiden Examina auch wirklich regulär vertreten sind (auch wenn das wieder für andere Probleme sorgt, z.B. bzgl. der Bewerbungen in höhere Semester) - z.B. Bochum, Bonn, Dresden, Erlangen, Essen, Frankfurt, Freiburg, Gießen, Göttingen, Greifswald, Halle, Heidelberg, Homburg, Jena, Kiel, Leipzig, Lübeck, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Marburg, München, Münster, Regensburg, Rostock, Tübingen, Ulm und Würzburg.

An diesen Studienorten gab es beim M2 F19 insgesamt 3.300 Teilnehmer und beim M2 H19 insgesamt 4.686 Teilnehmer, in Summe also 7.986 Teilnehmer. Jetzt kann man, um für Doktorarbeiten usw. zu korrigieren, statt drei Jahren 3,5 Jahre zurückgehen, also zum M1 H15 und F16, unter Berücksichtigung exakt derselben Studienorte. An den genannten Studienorten gab es beim M1 H15 insgesamt 6.449 Teilnehmer und beim M1 F16 insgesamt 2.264 Teilnehmer, in Summe also 8.713 Teilnehmer. Sieht bei einem Schwund von < 9% gleich viel weniger beängstigend aus, oder?

morgoth
14.11.2019, 15:38
Das ist ja mal ein qualitativ guter Beitrag! :-top

Und zeigt, dass das Medizinstudium tatsächlich (zumindest ab/nach Physikum bzw. M1) zu schaffen ist. :-) Riesige Hürden kommen da kaum noch, auch nicht das gefürchtete "Hammerexamen".

Quotax
15.11.2019, 16:03
Hallo Davo,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Tatsächlich ging es weniger um die Frage beängstigend oder nicht und mehr um die reine Neugier als ich die Zahlen dieses Jahr gesehen habe.

Ich hatte den Eindruck, dass die Abweichungen immer nur in eine Richtung gehen, nämlich weniger Bewerber im M2 als im M1. Jetzt habe ich es mir nochmal genauer angesehen und gefunden, dass es wohl Unis gibt die im M2 mehr Bewerber haben als im M1 drei Jahre zuvor. Offensichtlich spielt hier auch die Verschiebung zwischen den einzelnen Studienorten eine Rolle. Das hatte ich nicht bedacht.
Ausserdem hätte ich gedacht, dass der statistische Einfluss von Doktorarbeiten in irgendeiner Weise konstant bleibt, also das z.B. jedes Jahr etwa 15% für ein halbes Jahr aussetzen um ihre Doktorarbeit zu schreiben und dementsprechend auch 15% vom vorherigen Jahrgang nachrücken. Dem scheint nicht so zu sein. Um die Frage abschließend zu beantworten müsste man wahrscheinlich eine genaue Analyse von allen Jahrgängen aller Unis über 5 Jahre machen und würde dann wahrscheinlich auf wesentlich kleinere Zahlen kommen.

Danke für deine Antwort, ich bin jetzt etwas schlauer.

LG Quotax

davo
16.11.2019, 12:01
Es gibt bestimmt noch viele weitere Gründe, warum die Zahlen mal so und mal so sind, die mir nicht einmal in den Sinn gekommen sind. Wirklich zuverlässig wäre die Analyse nur dann, wenn man longitudinale Daten der einzelnen Studenten hätte. Laut Hochschul-Informations-System (die benutzen Kohortenbetrachtungen und Absolventenbefragungen) beträgt die Abbrecherquote insgesamt betrachtet, vom Studienbeginn bis zum Examen, sogar nur 5%, siehe https://www.thieme.de/viamedici/aktuelles-studium-und-politik-1651/a/weniger-abbrecher-im-medizinstudium-5298.htm (Das würde zufälligerweise auch recht gut zu den Zahlen in meinem Semester passen.) Ich kenne deren Analysen leider nicht im Detail, aber bin mir sicher, dass die noch viel solider als meine kleine Zahlenspielerei sind.