PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : primärer Hyperparathyreoidismus



rafiki
17.11.2019, 08:53
Kennst sich jemand mit Klinik, Diagnostik und Behandlung des pHPT aus?

Mich interessiert es hinsichtlich der neuropsychiatrischen Auswirkungen. Bin immer wieder erstaunt, wie Pat. in die Psycho-Ecke geschoben werden, anstatt sie vernünftig zu behandeln. So auch hier bei einem Mann in den Fünfzigern mit schwerer depressiver Symptomatik, körperlicher Abgeschlagenheit und Angstattacken mit einem Gesamtserumcalciumspiegel von um die 3 mmol/l (12 mg/dl) Der vermutete pHPT wurde endokrinologisch bestätigt, jedoch behauptet, dass kein Zusammenhang zu den genannten Symptomen bestehe; eine somatische Behandlung wurde bisher nicht begonnen, die jedoch laut Literatur ab diesem Wert durchaus notwendig wäre, um - auch langfristige körperliche - Schädigungen zu vermeiden.

FirebirdUSA
17.11.2019, 17:53
Ich hatte mal gelernt, dass das auch Depression machen kann... bin aber nur dummer Radiologe ;-)

Choranaptyxis
17.11.2019, 18:08
Bin jetzt "nur" Student, aber bei uns wurde extra der deutsche Merkspruch Stein, Bein, Magenpein um den englischen ergänzt: stone, bone, abdominal groan, psychic moan, eben weil man letzteres auch im Rahmen dieser Erkrankung sehen muss, und weil (sofern ich mich richtig erinnere) bei symptomatischer pHPT die OP indiziert ist.

Nemesisthe2nd
17.11.2019, 21:45
bei einem Calcium von 3 mmol sollte man schon mal was unternehmen, bevor sich der Kreatinin auch der 3 nähert...

Meine Erfahrung nach mach Hypercalciämie macht sehr variable Auswirkungen auf die Psyche. Von etwas abgeschlagen bis knallverrückt war schon alles dabei.

Ich denke auch das man den Hyperpara mal behandeln sollte.

Kackbratze
17.11.2019, 22:39
Die Patienten die wir behandeln haben eher nach dem Abfallen des Calciums eine selbstlimitierende Phase der Dysthymie. Ein erhöhtes Calcium kann psychische Störungen hervorrufen, da der Patient ja gerade auffällig ist UND eine endokrine Erkrankung bietet, sollte als Erstes die somatische Erkrankung behoben werden, damit (wenn dann noch erforderlich) die psychiatrische Behandlung eingeleitet werden kann.

rafiki
18.11.2019, 06:23
da der Patient ja gerade auffällig ist UND eine endokrine Erkrankung bietet, sollte als Erstes die somatische Erkrankung behoben werden, damit (wenn dann noch erforderlich) die psychiatrische Behandlung eingeleitet werden kann.

So sehe ich das auch. Stattdessen behandle ich ihn jetzt nur psychiatrisch, weil sich Hausarzt und Endokrinologe "dumm stellen", oder wie soll man das nennen. Nach Monaten in diesem Zustand wird der Pat. evtl. darüber tatsächlich reaktiv erschöpft und depressiv.

ninakatharina
18.11.2019, 19:58
Ist der Patient bei euch stationär? Könntest du den internistischen Konsiliarius dazu holen? Ist es ganz sicher ein primärer Hyperparathreoidismus und nix anderes?
Meines Wissens nach sollte das sehr wohl behandelt werden, zunächst symptomatisch und dann auch definitiv.

Ich hatte schon gelegentlich (Myelom-)Patienten mit Hypercalciämie, die in erster Linie pychische Auffälligkeiten aufgewiesen haben.

Fr.Pelz
18.11.2019, 20:24
Klar sollte der pHPT behandelt werden, nicht nur wegen der psychiatrischen Symptome. Lokalisationsdiagnostik und ab zum Chirurgen.

rafiki
28.11.2019, 18:50
Habe mittlerweile die Endokrinologen überzeugt, zu behandeln, nämlich mit einem Calcimimetikum.

Nemesisthe2nd
29.11.2019, 10:59
und schon einen Effekt festgestellt? falls ja kann man ja immer noch zum Nuklearmediziner und dann zum Chirurgen schicken..

rafiki
29.11.2019, 14:17
und schon einen Effekt festgestellt? falls ja kann man ja immer noch zum Nuklearmediziner und dann zum Chirurgen schicken..

Klar, das kommt noch, leider lange Terminwartezeiten in Spezialsprechstunden...

rafiki
22.01.2020, 16:51
Der Patient ist unter der Behandlung mit Cinacalcet von Depression und Angstzuständen genesen, lediglich noch erschöpft von den Auswirkungen der monatelang unbehandelten Hypercalcämie. Leider wurde der somatopsychische Zusammenhang in der Psychoklinik nicht hergestellt, sondern hanebüchen eine Persönlichkeitsauffälligkeit (die nicht besteht) für die Symptomatik verantwortlich gemacht. Ein Lehrstück für schlechte Psychomedizin bzw. eindimensionale Medizin überhaupt.

Choranaptyxis
22.01.2020, 17:52
Danke für die Rückmeldung!
Traurig, dass andere Beteiligte das nicht für notwendig erachtet haben...

mbs
30.07.2020, 19:51
Woher ist denn überhaupt bekannt dass es sich um einen primären Hyperpara handelte? Wie die Vorredner erwähnten kommen ja auch andere Ursachen in Frage - was lief denn bisher überhaupt an Diagnostik?