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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Öffentliche Entschuldigung für meinen Thread gegen das Medizinstudium



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Mavel
30.11.2019, 20:22
Hallo,

vor einiger Zeit habe ich in diesem Forum einen Thread veröffentlicht: https://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?100166-Warum-ich-mich-gegen-Medizin-entschieden-habe-Ein-Thread-für-Unentschlossene&

Dafür möchte ich mich gerne entschuldigen.

Im Grunde war es ein Weg, meine eigene Verzweiflung aus dem Weg zu räumen, dass ich keinen Medizinstudienplatz bekommen habe. Es war ein Weg, wie Ich damit umgegangen bin und ein ganz falscher.

Denn damit habe ich mir ohne jegliche praktische Erfahrung in dem Bereich das Recht genommen, unentschiedene Menschen evtl. gegen ein Studium zu stimmen, obwohl vieler der Punkte vielleicht garnicht zutrafen.

Vielleicht hat mich einfach die Anonymität des Internets dazu bewegt.

Ich hoffe ihr habt Verständnis dafür.

Danke

Schöne Adventszeit!

Mavel

azalee
30.11.2019, 20:45
Hallo Mavel,

Manche deiner Ansichten waren ja gar nicht so weit weg von der Realität.

Wie geht es dir jetzt? Konntest du dich mit einem intellektuell anspruchsvolleren Studium anfreunden? (Ich beziehe mich hier auf das Bonmot von Kackbratze ��)

Schöne Adventszeit
Azalee ��

Mavel
30.11.2019, 21:44
Hey azalee =)

leider habe ich noch keine abschließende Antwort auf meine Berufung gefunden. Bin noch dabei, dies herauszufinden

Versuche dabei, äußere Faktoren außer acht zu lassen und auf die innere Mitte zu hören, auch wenn das sehr schwer ist, da ja immer wieder Ängste aufkommen

Dergenthiner
06.01.2020, 20:09
Ich finde nicht so viel Sachen, den ich in deinem Ursprungstext widersprechen kann.
Um Medizin zu studieren, muss man wie für jedes Studium besondere Vorlieben haben und damit auch später Spaß im Beruf. Dann wird die Frage der Bezahlung nicht an der ersten Stelle sein.
Ich habe immer Naturwissenschaften gerne gelernt und konnte auch die Physiologie und Biochemie in der Vorklinik genießen. Es muss nicht alles Spaß machen(wie in jedem Studium) , so hoffe ich später als Arzt nicht so viel mit Anatomie zu tun haben.
Ich finde es auch total ärgerlich, dass ein Assistentzarzt nach 6 Jahren Studiums, Nachtdiensten, Verantwortung und nicht besonders angenehmen Arbeitsbedingungen genau das gleiche wie ein Informatiker oder Ingeneuer nach drei Studiumsjahren verdient, WE frei hat und um die Welt geschäftlich reist.
Aber jeder soll selber wissen, was einem wirklich Spaß macht und welche Talente man hat

Raull
07.01.2020, 00:01
Ich finde es auch total ärgerlich, dass ein Assistentzarzt nach 6 Jahren Studiums, Nachtdiensten, Verantwortung und nicht besonders angenehmen Arbeitsbedingungen genau das gleiche wie ein Informatiker oder Ingeneuer nach drei Studiumsjahren verdient, WE frei hat und um die Welt geschäftlich reist.

Ist es durch die Bank weg so das man weniger als Assistenz Arzt verdient im vergleich zu einem IT der sagen wir mal 6 Jahre im Beruf steckt?

ehem-user-31-01-2020-1555
07.01.2020, 01:07
Ich habe selbst vor meinem Medizinstudium im IT-Bereich gearbeitet und kann nur von meinen Erfahrungen berichten. Beim Einstiegsgehalt tun sich Informatik und Medizin nicht viel. Aber: In der Medizin steigt das Gehalt für die breite Masse mehr, als in der Informatik. Um im IT Bereich wirklich viel zu verdienen muss man zu den Top-Leuten gehören. Und es kommt darauf an, wie groß das Unternehmen ist. Und Start Ups sind bei weitem nicht alle erfolgreich. In der Medizin kann man auch als weniger talentierter Absolvent trotzdem gute Positionen bekommen oder sich erfolgreich niederlassen. Auch in der Klinik kommt zum Tarifgehalt meist noch etwas dazu, und die Dienste nicht vergessen. Als Ingenieur kann man sich nicht gut selbstständig machen, evtl als Bauingenieur.
Was ich geschrieben habe, sind nur meine persönlichen Erfahrungen und die von Bekannten

Schubbe
07.01.2020, 01:33
Ich finde es auch total ärgerlich, dass ein Assistentzarzt nach 6 Jahren Studiums, Nachtdiensten, Verantwortung und nicht besonders angenehmen Arbeitsbedingungen genau das gleiche wie ein Informatiker oder Ingeneuer nach drei Studiumsjahren verdient, WE frei hat und um die Welt geschäftlich reist.

Aus welchen blumigen Kinderbuch hat man dir denn dieses Märchen denn vorgelesen?

Zunächst dauert das Studium ähnlich lange, nämlich 5-6 Jahre Vollzeit zzgl. Praktika, Weiterbildungen und Fortbildungen. In manchen Branchen (zB Chemie) ging lange Zeit ohne PhD so gut wie gar nichts. Das sind also 5 Jahre Sklavenhölle mit weniger als Mindestlohn (50-66% TV-E13 bei 60+ Stunden, kein Freizeitausgleich und keine Überstunden, je nach Fachrichtung Wochenend-und Nachtschichten inklusive). Dass das Medizinstudium so elend lang ist, halte ich daher für eine profilierende Verklärung der Realität. Die Zeiten vom AiP sind vorbei und viele MINTler schreiben ihre Masterarbeit über ein Jahr lang in Vollzeit.

Natürlich entschärft die Bachelor/Masterregelung das ganze etwas, aber mir ist nicht bekannt, dass ein Bachelor einem Master finanziell das Wasser reichen kann. Einzelfälle gibt es immer. Zudem liegt das Durchschnittseinkommen von Medizinern bei etwa 80k/a und damit 10k/a über deiner Vergleichsgruppe. Das ist scheiße viel Geld, in beiden Gruppen. Und wer sich jetzt nicht ganz doof als Mediziner anstellt sieht auch seine 100k/a. Da jetzt Futterneid zu kriegen ist etwas komisch.

Ähnliches gilt auch übrigens für die Verantwortung: Autos, Ampelschaltungen, Fahrpläne, IT-Sicherheit, Fahrsystemassistenten, Lebensmittelindustrie, Strahlenschutz, Gebäudetechnik und Statik, [...] um mal nur ein paar Bereiche zu nennen, wo Menschenleben auf dem Spiel stehen, ohne dass man sich darüber Gedanken macht. Auch dieses Hoheitsgebiet kann ein Mediziner nicht alleinig für sich beanspruchen, macht er trotzdem mit Eifer und Freude. Dein Patient stirbt nicht sofort, weil du 500mg Metamizol zu viel gegeben hast oder weil die Angehörigen mal wieder mehr stressen als das akute Nierenversagen.

Kackbratze
07.01.2020, 01:52
Solange eine Prostituierte im gehobenen Bereich, im Vergleich zu einem Banker im oberen Management oder auch einem Profifußballer mehr verdient als ein Arzt im ersten WBJ ist doch alles falsch auf diesem Planeten.

Wer, wenn nicht wir, verdient den ultimativen Lohn bei der ultimativem Aufopferung?

Nur wir (ausschließlich) arbeiten Nachts, an Feiertagen oder weil uns langweilig ist.
Nur wir geben unsere Unterschrift auf Befunden, die über Leben und Tod entscheiden.
Nur wir verdienen es, am meisten zu verdienen.

Gerade nach diesem Studium, dass nie ein Mensch zuvor bestanden hat.
Gerade auf Grund der Opfer die wir bringen.
Gerade weil wir die Leute anfassen, die Andere nicht mal anschauen.

tup74
07.01.2020, 01:57
Außerdem hat man es in der freien Wirtschaft viel schwerer, wenn man älter ist. Welche Firma bevorzugt einen 35 jährigen mit frisch absolviertem BWL Studium und kaum Berufserfahrung einem 25 jährigen? Als Arzt ist das kein Problem.

Dergenthiner
08.01.2020, 20:04
Ich habe genug Bekanntschaften. Nach drei Jahren BWL Studiums verdient meine Freundin 4 Tausend, dazu kommen noch Zuschläge für Dienstreisen. Ihre Freundin verdient noch mehr in der Logistik.
Mein ex-Nachbar hat lediglich eine Ausbildung als Industriemechaniker und verdient 5000 Brutto im Monat.
Sogar als Leihkrankenschwester kann man heute 5000 - 6000 Euro Brutto verdienen.
Wenn ich als Assistenzarzt nach sechs Jahren Medizinstudium anfange, wird mein Gehalt für die sechs Jahre bis Facharzt etwa 4500 Euro Brutto sein.
Wer durch den Arztberuf zum sehr guten Einkommen gelangen will, muss viel Geduld haben.
Wenn man genug Intelligent ist und Mediziner nicht für Traumberuf hält, kann sich viel Zeit und Nerven sparen und bereit nach drei Jahren IT - Studiums 60 Tausend verdienen 🤷*♀️

Dergenthiner
08.01.2020, 20:11
Es sind verschiedene Aspekte. Klar hat der Arztberuf Vorteile und Nachteile, was andere Berufe nicht haben.
Mir geht es lediglich um den Vergleich, dass man nach vier Jahren seit Beginn z. B. IT Studiums und nach 12 Jahren seit Beginn des Medizinstudiums auf den gleichen Gehalt kommt. Da muss aber jeder selber wissen, was die beste Variante ist und warum.

Evil
08.01.2020, 20:19
Wenn ich als Assistenzarzt nach sechs Jahren Medizinstudium anfange, wird mein Gehalt für die sechs Jahre bis Facharzt etwa 4500 Euro Brutto sein.
Diese Zahlen stimmen nicht. Ich habe als Assistenzarzt im 4. Jahr rund 6000 brutto verdient mit 4-5 Diensten monatlich und nicht übermäßig viel Streß. Das war vor 11 Jahren.
Angesichts dessen frage ich mich, wie zuverlässig Deine übrigen Aussagen sind, zumal Berufsanfänger meines Bekanntenkreises in beispielsweise der IT-Branche nicht so fürstlich entlohnt werden.

Chip98
08.01.2020, 20:45
Um mal eine objektive Auswertung beizutragen, vor ein paar Tagen ist der Vergütungsreport von Kienbaum für Ärzte erschienen. Hier der Link https://www.rwf-online.de/content/einkommen-der-klinik-radiologen-auch-im-jahr-2019-gestiegen
Die Durchschnittszahlen sind laut diesem:
Assistenzärzte: 79k
Fachärzte: 96k
Oberärzte: 134k
Chefärzte: 300k
Wenn alles klappt bin ich mit 25 mit dem Medizinstudium (6Jahre Regelstudienzeit + 3 Monate) fertig. Bei meinen Freunden, die Ing oder BWL studieren dauert das Studium auch 5 Jahre Regelstudienzeit (Bachelor + Master) und viele machen noch einige Semester länger wegen Praktika oder Auslandssemester.

nie
08.01.2020, 21:03
Es ist halt oft so, dass der eine IT-lebe/BWLer/whatever, der nach dem Studium direkt die fette Kohle macht mit der breiten Masse der Mediziner verglichen wird.
Ich kenne einige Leute, die mit ihrem BWL-Abschluss in Sachbearbeiterjobs versauern und von Arztgehältern weit entfernt sind. Es gibt in jeder Branche Leute, die die fette Kohle scheffeln, auch genug Ärzte, die Millionen verdienen aber das sind eben Einzelpersonen und weder in der Medizin noch in der Wirtschaft normal. Gibt schließlich auch Leute, die mit Fußball Millionen verdienen. Aber deshalb sollte man trotzdem nicht jedem Kreisligafußballer dazu raten, seinen Job zu schmeißen und Bundesligakarriere zu machen.

Und die 4500 € brutto hatte ich beim meinem ersten Arztgehalt ohne Dienst schon geknackt, da solltest du nochmal deine Quellen überprüfen.

Edit: 79 k für Assistenzärzte finde ich jetzt auch ein bisschen hoch gegriffen, da wüsste ich gern mal wie dieses Zahl zustande kommt.

Kandra
08.01.2020, 21:05
Also ich verdiene definitiv und laut meiner Lohnsteuerbescheinigung keine 79k im Jahr. Nichtmal ansatzweise. Bei mir kommen 4,5k brutto dieses Jahr im Schnitt schon hin.

morgoth
08.01.2020, 21:29
Hm, ich habe es gerade nachgeschaut - Steuerordner steht neben Herd, wo ich am Kochen bin:
2015 = 3. WBJ Psychiatrie mittelgroßes KH 75000 Brutto (6500/Monat).

Warum arbeitet Ihr für einige Tausend Euro darunter?

Kandra
08.01.2020, 21:37
Hm, ich habe es gerade nachgeschaut - Steuerordner steht neben Herd, wo ich am Kochen bin:
2015 = 3. WBJ Psychiatrie mittelgroßes KH 75000 Brutto (6500/Monat).

Warum arbeitet Ihr für einige Tausend Euro darunter?

Kirchliches Haus vllt?
Wobei mir gerade aufgefallen ist, dass mein Bruttogehalt im November (liegt hier gerade zufällig rum), dem tariflichen Gehalt von 2018 entspricht. Spannend, muss ich nächste Woche mal im Personalbüro fragen, woran das liegt. 2019 hätten es eigentlich 100€ mehr sein sollen.
Es kann natürlich sein, dass 2019 schon der "neue" Tarifvertrag ist, den die Kirchen ja noch nicht übernommen haben?

Schubbe
09.01.2020, 11:51
Also ich verdiene definitiv und laut meiner Lohnsteuerbescheinigung keine 79k im Jahr. Nichtmal ansatzweise. Bei mir kommen 4,5k brutto dieses Jahr im Schnitt schon hin.

In den Statistiken ist über alle Gehaltsgruppen gemittelt. Das heißt, dass hier sowohl Anfänger mit 4.5k, als auch Fachärzte mit 6.5k oder Oberärzte mit 8-10k einberechnet werden. Ich denke dadurch kann man das schon erklären kann, insbesondere weil dienstältere natürlich mehr verdienen und statistisch auch häufiger vertreten sind. Entscheidend ist neben der Zahl, die man in solchen Vergleichen findet, ja auch wie zugänglich sie ist.

Mediziner haben durch den Tarifvertrag einen relativ klaren und strukturierten Gehaltszuwachs, der sich nach dem Ausbildungsstand richtet. Man kann bei entsprechender Leistung und lokaler Mangelsituation sicherlich problemlos übertarifliche Vergütung erreichen, aber sicher keine untertarifliche. Das ist ein Luxus, den ich bei keiner anderen Berufsgruppe so kenne (außer vielleicht Richtern und Staatsanwälten).

Atana
09.01.2020, 17:40
Es ist halt oft so, dass der eine IT-lebe/BWLer/whatever, der nach dem Studium direkt die fette Kohle macht mit der breiten Masse der Mediziner verglichen wird.

Genau das ist doch der Punkt... Mediziner verdienen alle top, ganz egal wie die Performance im Studium war. Ein BWLer verdient aber nur top, wenn er zum obersten Prozent gehört, ein ITler nur, wenn er auch was kann.

ehem-user-31-01-2020-1555
09.01.2020, 18:58
Die allerbesten BWL‘ler verdienen viel besser als Ärzte (DAX-Vorstände, Seniorpartner von weltweit operierenden Prüfgesellschaften etc.). Die Wahrscheinlichkeit zu dieser verschwindend kleinen elitären Kaste zu gehören, ist extrem gering. Man kann sich mit einem unterdurchschnittlichen BWL-Studium nicht gut bei Gesellschaften bewerben, die die Top Leute wollen. Bei Jura ist das übrigens noch extremer.