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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gehalt bei "Fachrichtungswechsel" innerhalb der Weiterbildung



Thunderstorm
16.12.2019, 20:37
Aloha :-)

Ich habe auf dem Weg zur Allgemeinmedizinerin gerade 2 Jahre Allgemeinmedizin (MVZ) und 1 Jahr Innere (stationär) hinter mir. Nun möchte ich gerne 1-1,5 Jahre Anästhesie machen, um erstens die stationäre Versorgungszeit voll zu bekommen (sind derzeit 1,5 Jahre) und gleichzeitig eine fundierte Basis für die Zusatzqualifikation Notfallmedizin zu erwerben. Bei meinem ersten Vorstellungsgespräch offenbarte mir der Chef, dass er mich nicht im 4. WBJ sondern maximal im 2. WBJ gehaltstechnisch einsortieren würde, da ich ja noch keine Erfahrungen in der Anästhesie habe (abgesehen vom PJ). Ich habe leider über die Forensuche und Google nichts passendes gefunden. Wie sind da Eure Erfahrungen? Habt Ihr Tipps, wie man da im Vorstellungsgespräch argumentieren kann?

juke5489
16.12.2019, 20:56
Aloha :-)

Ich habe auf dem Weg zur Allgemeinmedizinerin gerade 2 Jahre Allgemeinmedizin (MVZ) und 1 Jahr Innere (stationär) hinter mir. Nun möchte ich gerne 1-1,5 Jahre Anästhesie machen, um erstens die stationäre Versorgungszeit voll zu bekommen (sind derzeit 1,5 Jahre) und gleichzeitig eine fundierte Basis für die Zusatzqualifikation Notfallmedizin zu erwerben. Bei meinem ersten Vorstellungsgespräch offenbarte mir der Chef, dass er mich nicht im 4. WBJ sondern maximal im 2. WBJ gehaltstechnisch einsortieren würde, da ich ja noch keine Erfahrungen in der Anästhesie habe (abgesehen vom PJ). Ich habe leider über die Forensuche und Google nichts passendes gefunden. Wie sind da Eure Erfahrungen? Habt Ihr Tipps, wie man da im Vorstellungsgespräch argumentieren kann?

du hast 3 volle jahre erfahrung, solltest also bezahlt werden wie im 4. jahr.
ob die jahre zuvor in der anästhesie absolviert wurden oder nicht ist egal. erfahrung als arzt zählt da in der regel.

rafiki
16.12.2019, 21:41
Was hat denn der Chef mit dem Gehalt zu tun? Sowas wird mit der Personalabteilung geklärt.

Ist durchaus üblich, wenn man in ein fachfremdes Gebiet wechselt. Sollte man sich heutzutage bei der aktuellen Marktlage aber nicht gefallen lassen, das heißt also: Hochstufung ins vierte Jahr.

Thunderstorm
16.12.2019, 21:55
Lieben Dank schon mal für Eure Antworten!

@ rafiki: ich hatte das Gespräch nur mit dem Chef... beim Thema Gehalt kam eben diese Aussage...

anignu
16.12.2019, 22:25
wie man da im Vorstellungsgespräch argumentieren kann?
Wenn du in Zukunft nach TVÄ VKA bezahlt wirst: gar nicht. Ich hab das als Assistenzarzt nie auch nur angesprochen. Warum auch. Der hat meinen Lebenslauf und jeder einzelne Monat auch nur annähernd ärztliche Tätigkeit (und seien es 0,1% von Vollzeit) wird in die Berechnung für den Stufenaufstieg miteinbezogen. Und wenn das nicht klappt diskutiert man das mit den Leuten der Personalabteilung.

Thunderstorm
16.12.2019, 23:32
@ anignu
Ich habe 2 Vorstellungsgespräche bei privaten Kliniken - von einer dieser Kliniken kam diese Gehaltsaussage, weil sie nicht an den TV gebunden sind...
Aber lieben Dank für Eure Einschätzungen.

Pflaume
17.12.2019, 02:16
Meine Erfahrung ist, dass selbst bei Neueinstellungen innerhalb der gleichen Fachrichtung (also Klinikwechsel) und selbst bei Kliniken mit Tarifverträgen immer wieder versucht wird, weniger zu zahlen als das im Tarifvertrag vorgesehene Stufenentgelt. Dass so eine Aussage vom Chef kommt, ist etwas ungewöhnlich, meistens ist es die Personalabteilung, die mit den Tricks ankommt. Aber ich habe es selbst und im Bekanntenkreis auch schon erlebt, dass der Chef versucht, das Gehalt zu drücken. Beliebt ist auch in manchen Kreisen, in dem Vertrag und dem Anschreiben überhaupt keine Aussage zum Gehalt bzw. den Erfahrungsstufen zu machen und das mit dem zu niedrigen Gehalt erst dann zu sagen, wenn derjenige schon angefangen hat zu arbeiten, bzw. merkt er es dann mit der ersten Lohnabrechnung.

Ich kann dir auch sagen, warum es versucht wird: Weil sich erstaunlich viele Leute das gefallen lassen. Ich habe Leute erlebt, die nach zwei bis drei Jahren Berufserfahrung bei Klinikwechsel (innerhalb der gleichen Fachrichtung) akzeptiert haben, eine Entgeltstufe herabgestuft zu werden, weil sie ja erst neu "eingearbeitet" werden müßten. Der Höhepunkt meiner persönlichen Erfahrung war ein Facharzt Allgemeinmedizin, der sich entschieden hat, doch noch den FA Innere und Gastroenterologie machen zu wollen, und akzeptiert hat, trotz seiner 2 Jahre internistischen Vorerfahrung, trotz seiner nachgewiesenen besonderen Sonografie-Kenntnisse und trotz seines Facharztes Allgemeinmedizin beim Wiedereinstieg in der Inneren in Erfahrungsstufe 1 (Berufsanfänger frisch von der Uni!) eingruppiert zu werden. Und das bei einem Arbeitgeber, der gleichzeitig andere Assistenzärzte übertariflich bezahlte, um sie zu halten, und Honorarärzte beschäftigte, um überhaupt alle Dienste besetzen zu können. Der Arzt, der so schlecht verhandelt hatte, hat sich auch danach nie getraut, doch noch mehr Geld zu fordern, bis er nach 3 Jahren die Klinik wechselte.

Also: Dass der Chef dir so wenig bietet, hat nichts mit dir zu tun, sondern er macht das, weil es ganz einfach (sehr oft) funktioniert. Du mußt entscheiden, ob es auch bei dir funktioniert oder ob du es für so wenig Geld nicht machst.

Anästhesisten werden im Moment überall gesucht. Die paar hundert Euro Unterschied zwischen Jahr 2 und Jahr 4 machen den Kohl für die Klinik nicht fett. Gerade in der Anästhesie würde ich mich niemals darauf einlassen, mich runterhandeln zu lassen. Die sind doch fast alle froh, wenn sie jemanden haben, der überhaupt zum Preis eines angestellten Weiterbildungs-Assistenten OPs betreut. Fachärzte für Anästhesie nehmen in Arbeitnehmer-Überlassung zur Zeit 120 Euro /h. Natürlich bist du nicht mit einem Facharzt Anästhesie zu vergleichen, aber ein ordentliches Gehalt sollte drin sein. Wundere dich nicht: Es wird teilweise hoch gepokert. Es kann durchaus sein, dass man sehr ernsthaft versucht, dir das Gefühl zu vermitteln, dir nicht mehr zahlen zu "können", selbst wenn in der Realität der Chef oder die ganze Geschäftsführung vor Freude hinter dem Schreibtisch tanzt, weil sie plant, durch deine Festanstellung einen externen Arzt einzusparen.

Bleib einfach durchgehend freundlich, aber mach gleichzeitig klar, welches Gehalt du erwartest. Natürlich riskierst du durch zu hohes Pokern, die Situation doch falsch eingeschätzt zu haben, und die Stelle am Ende tatsächlich nicht zu bekommen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber normalerweise sehr gering. Du bewirbst dich nicht in der Derma, sondern in der Anästhesie. Meiner Erfahrung nach bröckelt die Fassade gegenüber üblicherweise recht schnell ab, wenn man einfach sagt, was man haben will. Die meisten anderen Bewerber lassen sich halt schon durch das allererste (zu niedrige) Angebot verunsichern / akzeptieren die vorgeschobenen Gründe. Wenn man sich dadurch nicht beeindrucken läßt, sondern - wie anignu schreibt - einfach mit der entsprechenden Selbstverständlichkeit sagt, was man will, reicht das in Fächern wie Innere und Anästhesie meistens aus. Selten ist es so, dass sie wirklich so lange pokern, bis man die Stelle per mail freundlich und bedauernd absagt, da man zwar gerne dort gearbeitet hätte, aber sich leider finanziell nicht einigen konnte.

Thunderstorm
17.12.2019, 07:08
@ Pflaume: lieben Dank für Deine ausführliche Antwort!
Ich werde berichten, wie es weiter geht.
Geld ist nicht alles, aber wir Ärzte verkaufen uns viel zu oft unter Wert und machen jeden Dienstplanirrsinn mit. Das muss einfach aufhören.

milz
18.12.2019, 18:29
Man kann das auch direkt ins Anschreiben packen als Gehaltsvorstellung.

dmtec
19.12.2019, 01:07
Also wer sich sowas gefallen lässt, zieht alle anderen mit runter. Bitte niemals herunterstufen lassen. Der Tarifvertrag ist da eindeutig. jedes Jahr ärztlicher Tätigkeit zählt, egal ob Teilzeit oder ob Honorarbasis, etc.