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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Einstieg in die Derma ohne Derma-Vorerfahrung



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fortunecookie
17.12.2019, 19:24
Hallo zusammen,

ich bin mir nicht ganz sicher, in welcher Rubrik dieser Thread am besten einzuordnen ist, ich hoffe, dass es hier am besten passt.

Wie der Name schon verrät: Es geht es um die Derma, die Fachrichtung, die in Punkto Stellensituation ja (angeblich?) zu den heiß umkämpftesten Fachbereichen gehört.:-?

Ich bin aktuell noch am Ende des 2. Tertial des PJs und lange Zeit hatte ich das Ziel vor Augen Chirurgie zu machen. Dementsprechend habe ich auch meine Famulaturen, Doktorarbeit etc. gewählt. Im Wahlfach habe ich mich somit für Anästhesie entschieden, weil ich mir eingebildet habe, dass es irgendwie sinnvoll sei; letztlich habe ich aber nicht den Eindruck aus diesem Tertial sonderlich viel mitgenommen zu haben. Im Nachhinein bereue ich die Wahl. Durch den PJ-Unterricht in den Krankenhäusern merke ich jetzt allerdings immer mehr, dass die Dermatologie ein ziemlich interessantes Fachgebiet ist, welchem ich die ganzen Jahre über kaum Beachtung geschenkt habe, und dementsprechend auch keinerlei Famulaturen, geschweige denn das PJ dort gemacht habe. Jetzt finde ich jedoch insbesondere die Kombination aus OPs, konservativer Medizin, Work-Life Balance und die Möglichkeit, irgendwann aus dem KH in eine Praxis zu gehen extrem attraktiv.
Ich weiß natürlich nicht wie das M3 laufen wird, aber an sich bin ich auf dem Papier ein ganz guter Student, beide Staatsexamina mit 1,0 gemacht, auch sonst fast nur 1en und 2en bei den Fächern, experimentelle Doktorarbeit, eine gute Publikation als Erstautor + mehrere Co-Autorschaften, 3 Vorträge auf Kongressen gehalten, einen davon mit Auszeichnung.

Deswegen stellen sich mir jetzt folgende Fragen und es wäre wirklich super, wenn hier jemand Rat wüsste:


1. Habe ich mir die Möglichkeit jetzt wirklich verbaut, in der Derma anzufangen eben durch das fehlende PJ und die fehlenden Famulaturen, und letztlich auch durch fehlendes Ausgangswissen? Für eine letzte Famulatur vor dem M3 wird aufgrund letzten Tertials ja keine Zeit mehr sein.

2. Was sind jetzt die besten Schritte, die ich unternehmen sollte? Ich weiß, man liest hier manchmal, dass man etwas einfacher in der Praxis als einer Klinik beginnen könnte, allerdings auch, dass davon eher abzuraten ist.

3. Was ich mich jetzt schon mal gefragt habe: Ist es möglich (realistisch, versicherungsrechtlich-machbar,… etc.), das nicht-gemachte PJ in der Derma durch ein PJ-ähnliches Praktikum zu ersetzen, nachdem man bereits seine Approbation hat? Sprich: sich bei minimalen oder vielleicht sogar ohne Gehalt auf diese Weise die nötige dermatologische Erfahrung zu holen und ohne von einer Abteilung direkt als Assistenzarzt eingestellt zu sein? Bei einer klassischen Hospitation ist man meines Wissens stark eingeschränkt, was die Mitarbeit angeht und dieser Hinsicht einem PJler deutlich untergeordnet. Wisst ihr da etwas drüber?


Es wäre super, wenn ihr mir helfen könntet, ich zermartere mir jetzt schon seit Wochen den Kopf darüber.

Vielen, vielen Dank schon mal:-)
Paul

juke5489
17.12.2019, 19:53
in ganz deutschland gibt es hunderte kliniken.
einige dieser kliniken stehen in wahnsinnig angesagten städten und haben wahnsinnig angesehene und zum teil gehypte abteilungen, in denen man nur unterkommt, wenn man bereits zig famulaturen/pj-tertiale absolviert hat, erfolgreich im entsprechenden fachbereich promoviert oder gar habilitiert ist ODER wenn man mit irgendwem, der was zu sagen hat geschlafen hat.

überspitzt, aber solche orte gibt es.

dann wiederum gibt es kleinere krankenhäuser, die vielleicht nicht am nabel der welt liegen, sondern etwas außerhalb. auch hier mag es entsprechende fachabteilungen geben, aber weil die chefs und oberärzte keine meterlange titelliste haben und nicht an der spitze der fachgesellschaften, sind sie häufig deutlich weniger beachtet. daher ist die bewerbungssituation hier oft weniger angespannt und man freut sich auch über bewerber, die vielleicht nicht schon jahre an vorerfahrung haben.

was ich dir damit sagen möchte: wenn du dich ausschließlich auf städte wie münchen, stuttgart, hamburg, berlin fixierst wird es mit deinem werdegang vermutlich schwieriger, muss aber auch nicht unmöglich sein.
je weiter du bereit bist dein netz zu werfen, desto mehr spielen auch andere faktoren als vorerfahrung eine rolle. gute dermatologien gibt es mit sicherheit auch in kleinstädten und in kreiskrankenhäusern und nicht nur an der uni.

Markian
17.12.2019, 20:00
Ich mache grade in einer großen Hautklinik PJ und hier gibt es einige Ärzte ohne Derma-PJ und ohne Doktortitel. Ich denke also alles ist möglich. An der Uniklinik kommen viele über den Umweg Innere Medizin in die Derma. Soweit ich weiß wird doch sowieso die Weiterbildungsordnung geändert und du könntest theoretisch direkt in einer Praxis anfangen und dann wechseln, ohne Zeit zu verlieren.

fortunecookie
18.12.2019, 15:49
Danke schon mal für die Antworten, das macht mir ein wenig Mut. Nochmal zurück zu meiner 3. Frage: Ich hatte mal gehört, dass man bei einer Hospitation nach der Approbation rechtlich und de facto kaum etwas selber machen darf. Oder gibt es andere Möglichkeiten so ein Praktikum aufzuziehen. Ich hätte ja kein Problem damit, ein paar Monate gering bezahlt irgendwo Praktikum zu machen, einfach nur um überhaupt Erfahrung zu sammeln und sich für eine richtige Stelle zu empfehlen.

Weiß da jemand was zu, ist es noch nach dem Examen möglich ein PJ-ähnliches Praktikum zu machen?

Rahmspinat
18.12.2019, 15:59
Danke schon mal für die Antworten, das macht mir ein wenig Mut. Nochmal zurück zu meiner 3. Frage: Ich hatte mal gehört, dass man bei einer Hospitation nach der Approbation rechtlich und de facto kaum etwas selber machen darf. Oder gibt es andere Möglichkeiten so ein Praktikum aufzuziehen. Ich hätte ja kein Problem damit, ein paar Monate gering bezahlt irgendwo Praktikum zu machen, einfach nur um überhaupt Erfahrung zu sammeln und sich für eine richtige Stelle zu empfehlen.

Weiß da jemand was zu, ist es noch nach dem Examen möglich ein PJ-ähnliches Praktikum zu machen?

Mir stellt sich die Frage aus mehreren Gründen nicht. Ich würde erstens nach der Approbation garantiert nicht unterbezahlt irgendwo Praktikas machen. Unabhängig davon sehe ich den Nutzen eines solchen Praktikums auch nicht.

escitalopram
18.12.2019, 18:03
Na ja, aber wenn er/sie Derma machen möchte, wird er sicherlich nicht der/die erste sein, die unter-/unbezahlt irgendwo arbeitet.

Zu deiner Frage (Verwandter ist Personal-OA in einer der großen Dermatologien): Die Stellensituation in Derma ist sehr schwierig. Eine Praxis findet man immer, aber 1) da lernt man wenig bis nichts und 2) ist es einfach besser, in einer Klinik anzufangen. Ich würde mich breit bewerben und das durchaus in ungeliebten Gebieten, wie oben geschrieben. Man darf einfach am Anfang nicht wählerisch sein.

mathematicus
18.12.2019, 18:09
Dass man in einer Praxis nichts lernt, würde ich so nicht sagen, kommt immer auf die Praxis an. Klar, wenn die schwerpunktmäßig Ästhetik machen, lernt man fachlich nicht wirklich groß dazu, aber es gibt ja auch noch Derma-Praxen, die Derma machen. ;) Und bei den Kliniken muss man eben Kompromisse eingehen, was den Ort angeht oder sehr sehr viel Glück haben... einfach mal überall bewerben, die meisten Stellen sind sowieso nicht ausgeschrieben.

Ein unbezahltes Praktikum würde ich auch nicht machen, dann lieber 2-3 Tage hospitieren und da dann die Bewerbung abgeben.

fortunecookie
18.12.2019, 19:06
Schon klar, ich bin natürlich auch der letzte, der irgendwo einfach un-/minderbezahlt arbeiten will. Dennoch denke ich ohne Vorerfahrungen in dem Bereich bin ich trotz sehr guter Noten, Doktorarbeit, Vorträge etc. für eine Abteilung, die sich vor Bewerber nicht retten kann, kaum etwas wert; warum auch wenn es andere gibt die PJ + Famulaturen dort gemacht haben? Deshalb denke ich mir, dass es vielleicht sinniger wäre für einige Wochen bis ein paar Monate eben in den sauren Apfel zu beißen und mich letztlich so viel besser im Kampf um die Stellen zu positionieren, vielleicht auch mit dem Hintergedanken, dass man dann nicht unbedingt im unbeliebtesten Haus irgendwo im tiefsten Osten anfangen muss.
Liege ich denn mit der Sichtweise so falsch oder kennt ihr jemanden, der es auf ähnliche Weise geschafft hat?

juke5489
18.12.2019, 19:27
Schon klar, ich bin natürlich auch der letzte, der irgendwo einfach un-/minderbezahlt arbeiten will. Dennoch denke ich ohne Vorerfahrungen in dem Bereich bin ich trotz sehr guter Noten, Doktorarbeit, Vorträge etc. für eine Abteilung, die sich vor Bewerber nicht retten kann, kaum etwas wert; warum auch wenn es andere gibt die PJ + Famulaturen dort gemacht haben? Deshalb denke ich mir, dass es vielleicht sinniger wäre für einige Wochen bis ein paar Monate eben in den sauren Apfel zu beißen und mich letztlich so viel besser im Kampf um die Stellen zu positionieren, vielleicht auch mit dem Hintergedanken, dass man dann nicht unbedingt im unbeliebtesten Haus irgendwo im tiefsten Osten anfangen muss.
Liege ich denn mit der Sichtweise so falsch oder kennt ihr jemanden, der es auf ähnliche Weise geschafft hat?

inwiefern macht es dich attraktiver, wenn du als arzt nicht ärztlich arbeitest, sondern als reiner zuschauer durch diverse abteilungen tingelst?
weder verschafft dir das praxis oder erfahrungen, sondern allenfalls kontakte. aber was soll dir das bringen, wenn du wie gesagt keine 'ärztliche' erfahrung sammelst?
bewirb dich einfach und schau, was daraus wird.
als ärztlicher praktikant erhöhst du deine chancen nicht im mindesten.

mathematicus
18.12.2019, 19:33
Ich kenne Leute, die nichts dermatologisches (auch kein PJ) im Studium gemacht haben und relativ zeitnah nach dem Studium irgendwo (stationär!) in der Derma untergekommen sind, teilweise sogar auch in den Großstädten. Wie gesagt, ein bisschen Glück muss man auch haben und ansonsten gilt: einfach überall bewerben und auf Rückmeldungen warten.

][truba][
18.12.2019, 20:29
Deshalb denke ich mir, dass es vielleicht sinniger wäre für einige Wochen bis ein paar Monate eben in den sauren Apfel zu beißen und mich letztlich so viel besser im Kampf um die Stellen zu positionieren, vielleicht auch mit dem Hintergedanken, dass man dann nicht unbedingt im unbeliebtesten Haus irgendwo im tiefsten Osten anfangen muss.
Liege ich denn mit der Sichtweise so falsch oder kennt ihr jemanden, der es auf ähnliche Weise geschafft hat?

Junge, geht es dir noch gut? Du bist ein junger, deutsch sprechender Akademiker und willst unbezahlt irgendwo den HiWi für ne Stelle machen? Das sich unser Arbeitsbedingungen Richtung Sklavenhaltung entwickeln wundert mich echt gar nicht mehr. Bewirb dich dann gefälligst für ne internistische Stelle und sammle Arbeitserfahrung. Denn die ist was wert und nicht irgendwelche unbezahlten Praktika als approbierter Arzt. Ich muss mir echt manchmal an den Kopf fassen, sorry.

Und glaub mir, ein oder zwei Jahre Arbeitserfahrung "im tiefsten Osten" wird man auch überleben. Ist nicht so als arbeitet man dort auf dem medizinischen Stand von 1830.

Arrhythmie
18.12.2019, 21:07
:-))
Letzter Beitrag ist geil.

...würde auch Arbeitserfahrung und Gehalt vorziehen...

][truba][
18.12.2019, 21:13
Ich möchte noch dazu sagen, dass ich die internistische Stelle nicht erwähnt habe, weil ich glaube das "jeder in der Inneren unterkommt", sondern weil es für Dermatologie einfach am meisten bringt. Viele internistische Erkrankungen haben ja dermatologische Manifestationen und umgekehrt. Der Rest bleibt unangetastet.

Atana
18.12.2019, 21:54
Wieso ist Derma eigentlich so beliebt? Lese ich hier ständig, dass die ein oder andere Weiterbildungsstelle doch ziemlich umkämpft ist.

Rahmspinat
19.12.2019, 08:40
Wieso ist Derma eigentlich so beliebt? Lese ich hier ständig, dass die ein oder andere Weiterbildungsstelle doch ziemlich umkämpft ist.

"Lifestyle-Fach", d.h Arbeitsbelastung hält sich im Rahmen und die Möglichkeit der frühen und auch angenehmen/profitablen Niederlassung. Hinzu kommt eine begrenzte Anzahl an Weiterbildungsstellen.

Absolute Arrhythmie
19.12.2019, 09:58
Wieso ist Derma eigentlich so beliebt? Lese ich hier ständig, dass die ein oder andere Weiterbildungsstelle doch ziemlich umkämpft ist.

Es ist ein spannendes kleines Fach, das einem viele Möglichkeiten bietet (konservativ, operativ, Immuntherapien, Niederlassung, etc, pp). Hinzu kommt dass es wenige Weiterbildungsstellen gibt, daher die Verknappung und der Eindruck, dass so viele Derma machen wollen.

davo
19.12.2019, 11:25
...vielleicht auch mit dem Hintergedanken, dass man dann nicht unbedingt im unbeliebtesten Haus irgendwo im tiefsten Osten anfangen muss.

Vielleicht bietet einem ja gerade das "unbeliebteste Haus irgendwo im tiefsten Osten" eine gute Weiterbildung und vernünftige Arbeitsbedingungen.

Ich würde keinen einzigen Tag irgendwo unbezahlt arbeiten - abgesehen von einem Hospitationstag. Du bewirbst dich einfach überall, dann siehst du ja ob du eine Derma-Stelle bekommst oder nicht. (Ich finde es völlig unsinnig, zu glauben, dass sich deine Chancen allein nach objektiv mess- und optimierbaren CV-Kriterien richten. Da geht es doch viel öfter darum, ob du dich mit jemandem gut verstehst, ob du den Eindruck machst, dass du dich über das Fach informiert hast und ein echtes Interesse daran hast, etc.) Und wenn nicht, dann fängst du halt irgendwo in der Inneren an und bewirbst dich weiter für Derma, solange bis es klappt. Innere ist für Derma sinnvoll und sieht am Lebenslauf viel besser aus als eine Lücke oder gar unbezahlte Praktika. Da fragt sich ja jeder Chefarzt sofort, was mit so einem Bewerber los ist.

Evil
19.12.2019, 13:02
"Lifestyle-Fach", d.h Arbeitsbelastung hält sich im Rahmen und die Möglichkeit der frühen und auch angenehmen/profitablen Niederlassung. Hinzu kommt eine begrenzte Anzahl an Weiterbildungsstellen.
Vielleicht würde die Beliebtheit sinken, wenn der venerologische Aspekt stärkere Betonung erfahren würde :-))

Markian
19.12.2019, 14:23
Die STD sind sicherlich auch nicht nur als vorteilhaft zu sehen. Ich denke es ist halt eine gute Möglichkeit einen menschenwürdigen Arbeitsplatz mit wenig Diensten und großem medizinischen Spektrum zu erhalten. Ansonsten lohnt es sich bestimmt auch mal auf einem Kongress einen Chefarzt persönlich anzusprechen.

nie
19.12.2019, 17:34
Die STD sind sicherlich auch nicht nur als vorteilhaft zu sehen. Ich denke es ist halt eine gute Möglichkeit einen menschenwürdigen Arbeitsplatz mit wenig Diensten und großem medizinischen Spektrum zu erhalten. Ansonsten lohnt es sich bestimmt auch mal auf einem Kongress einen Chefarzt persönlich anzusprechen.

:D Keine Abteilung ist von menschenwürdigen Arbeitsplatz so weit entfernt wie die Derma. Und wenn ich so die Erfahrungen meiner besten Freundin mit Derma-Vorstellungsgesprächen/Hospitationen/PJ anhört, sieht’s in vielen Häusern auch nicht menschenwürdiger aus.

Und Innereeerfahrung ist für die klinische Dermatätigkeit deutlich wichtiger als viele denken. Viele
Patienten sind multimorbid und schwer krank. Mir stellen sich die Nackenhaare auf wenn ich sehe, wie schlecht internistisch versorgt viele Dermapatienten hier sind und für welche Kleinigkeiten der der Internist angerufen werden muss.