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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Päd: Dienste, Intensiv ... großes oder kleines Haus?



AryaStark
22.12.2019, 15:55
Hallo ihr Lieben :-)

Ich hab das letzte Jahr Teilzeit in einer Päd-Praxis gearbeitet und es war echt ein Träumchen. So sehe ich eigentlich auch meine spätere berufliche Zukunft: Vorsorge, Impfungen, Chroniker-Betreuung, Allergietests, Lungenfunktion, akute Infekte, abwägen ob was in die Klinik oder zum Spezialist muss oder nicht ... etc.

Leider kann es so ja erstmal nicht weitergehen, sondern ich muss in die Klinik, um Facharzt werden zu können. Insbesondere vor der Intensiv-Zeit graut es mich sehr, das ist halt so überhaupt nicht meins, zumindest so wie ich es mir vorstelle bzw. im PJ kennen gelernt hab (Stress, Lebensgefahr, komplexe praktische Fähigkeiten unter Zeitdruck ...). Darum hab ich mich ja bislang davor gedrückt. Verstehe auch ehrlich gesagt nicht so ganz, weshalb das jeder Kinderarzt gemacht haben muss, auch wenn man später in der Praxis arbeiten möchte, aber das ist ja nochmal ein anderes Thema :-nix


Jedenfalls, meine Frage:

Würdest ihr jemandem wie mir, der Angst vor Diensten und insbesondere Intensiv-Diensten hat, eher ein kleines oder großes Haus empfehlen?

Prinzipiell sagen mir kleine Häuser eigentlich eher zu, wegen familiärerer Stimmung, und weil z.B. auf Perinatal 2 sicherlich nicht so viele heikle Fälle vorhanden sind wie in einem Maximalversorger mit Perinatalzentrum Level 1. Ich kann mir z.B. momentan wirklich überhaupt nicht vorstellen, dass ich in einem Päd-Schockraum nicht kollabieren würde.

Andererseits wurden mir von meinem Chef und von Freunden jetzt auch schon eher große Häuser empfohlen, weil man da zwar teilweise sehr schwierige Fälle hat, aber dafür eher nicht so sehr allein die Verantwortung hat, meistens noch jemand anderes da ist, etc.

Und wie sieht es mit der "Mischung" aus: kleines Haus, aber für die 6 Monate Intensiv Pflicht-Rotation an die Uni? Wird man da dann richtig "rangenommen" oder eher auch noch angeleitet?

Hauptsächlich habe ich wirklich Angst davor, Fehler zu machen, also vor der Verantwortung. Ich bin für Stress-Situationen irgendwie nicht ausgelegt, ist mein Eindruck. Aber ich kann ja auch nicht 15 mal in der Nacht den Hintergrund anrufen :(

Ihr seht, ich bin momentan echt ein wenig ratlos. Freue mich über Tipps und Ratschläge. :-)

febee
22.12.2019, 16:34
Erstmal no panic. Man wächst (ob man will oder nicht) mit seinen Verantwortungen. Und du kannst/wirst sicherlich auch Notfälle in der Praxis haben (SVTs (vermutlich aber kreislaufstabil), allergische Reaktion, ausgeprägte Tachydyspnoe etc.)
Ich habe in einer kleinen Klinik gestartet mit Level 2. Das war ganz human was die Neo-Geschichte angeht. Aber man darf auch nicht vergessen, dass auch Reifgeborene richtig schwer krank sein können (Asphyxie, MAS etc..) und da schaut man nicht ob du ne Level 1 oder "nur" einen perinatalen Schwerpunkt 3 hast. Bei größeren Kindern, wenn es hart auf hart kommt, dann kommen unsere netten Kollegen der Anästhesie (wenn man eine kleine Klinik ohne viel päd.Intensiv hat).
Was ich tatsächlich machen würde ist, in einem kleinen Haus die Intensivzeit zu absolvieren. Vielleicht entdeckst du ja dann doch die Intensiv/Neo für dich :knuddel:

AryaStark
22.12.2019, 16:46
Vielen Dank schonmal für deine Antwort und die Aufmunterung :-)

Das mit den schwer kranken reifen Kindern hab ich mir auch schon gedacht. Wäre dann nicht vielleicht ein großes Zentrum besser, weil man da dann bessere "Strukturen" (Facharzt immer im Haus, Notfall-routinierte Pflege) hat? Denn was mach ich als einzige Ärztin im kleinen Haus mit nem nicht atmenden Kind, in das ich keinen Zugang reinbekomme? :-notify wenn ich mir solche Situationen vorstelle, möchte ich am liebsten doch noch umschulen auf Labormedizin oder so :-oopss

THawk
22.12.2019, 18:00
Dann schau dir aber genau das Dienstsystem der großen Klinik an. Es gibt auch Uni Neos in denen nachts der AA allein im Haus ist. Deine Überlegung ist dennoch richtig. Wir haben immer einen FA für die ITS im Haus, neben zwei Assistenten. Das ist schon ein recht beschütztes Arbeiten, allerdings immer noch mit viel Verantwortung

Schlussendlich geh dorthin wo du für die Allgemeinpädiatrie am meisten lernst. Notfälle versorgen kann man lernen u meistens wirst du nicht sofort auf die ITS gesteckt. Dienste in der Allgemeinpädiatrie Schulen auch bereits.

Pflaume
22.12.2019, 18:17
Sehe das wie febee. Bin zwar Internist und kein Päd, also überleg dir, wie ernst du meine Meinung nimmst. Aber:

1) Du weißt noch gar nicht, ob du am Ende wirklich Angst vor der Verantwortung haben wirst, wenn du die Verantwortung dann hast. Viele sind überrascht davon, dass ihnen Klinik, Notfälle, Intensiv, oder allgemein kranke Menschen viel besser liegen als sie dachten. Ich habe ne Menge Leute erlebt, die sich vor einer großen Klinik oder vor der Intensivmedizin gedrückt haben und dann hinterher nur den Kopf darüber geschüttelt haben, dass das ja viel mehr Spaß macht als sie dachten. Muß bei dir nicht so sein, aber nimm es mal als Möglichkeit an.

2) Großes Haus bedeutet krankere Leute, aber (meistens) viel bessere Struktur und somit viel bessere Unterstützung von allen Seiten. Ich habe öfters von Leuten gehört, dass sie in kleine Häuser gehen wollen, weil sie da nicht so alleine gelassen sind, aber genau da sind sie wirklich alleine gelassen Mit Dingen, die sie unter Umständen gar nicht richtig beurteilen können. Auch in kleinen Häusern schlagen gelegentlich richtig kranke Kinder auf, nur halt *viel seltener*, und das heißt, es wird noch schlimmer, wenn mal was ich. Ich habe Leute erlebt, deren Arbeit im kleinen Haus von einer Angst geprägt war, dass was Schlimmes passieren KÖNNTE, obwohl ja nie was Schlimmes passiert ist, ganz einfach, weil sie nie erleben konnten, dass sie die Situationen, die sie fürchten, bewältigen können. In einem großen Haus erlebt man von Anfang an die krankeren Patienten, da bekommt man schneller eine gewisse Selbstsicherheit, mit Situationen umgehen zu können, statt einfach nur Angst davor zu haben.

Außerdem ist in einem großen Haus die gesamte Struktur besser ausgelegt: Das Pflegepersonal ist geübter / besser ausgebildet, auch mit schwerkranken Kindern / Notfällen umzugehen, die technische Ausstattung ist (unter Umständen) besser und umfangreicher, es gibt neben dem Hintergrund auch noch weitere Hilfsangebote, derer man sich bedienen kann. In größeren pädiatrischen Häusern machen ggf. ein erfahrener und ein weniger erfahrener Assistent gemeinsam Nachtdienst, so dass da immer noch jemand zusätzliches vor Ort ist, solange du selbst noch nicht so viel Erfahrung hast. Gegebenenfalls hat man auch noch Kollegen aus anderen Fachrichtungen (Radiologen, Internisten, Anäshtesisten, bis hin zu den Leuten, die nachts im Labor Dienst haben), die in größeren Häusern auch zahlreicher / besser ausgebildet und hilfreicher sein können als in einem kleinen Haus. Das geht so weit, dass du in einem mittelgroßen oder großen Haus auch am Wochenende oder nachts irgendwelche Werte bekommst, die an einem kleinen Haus einfach bis Montag rumliegen, so dass dir auch diese Voraussetzung teilweise die Möglichkeit gibt, Dinge zu erkennen (und somit dir eine größere Sicherheit zu geben) als in einem kleinen Haus.

Bei einem nicht atmenden Kind, in das du keinen Zugang rein bekommst, rufst du sowohl im kleinen als auch im großen Haus das Rea-Team oder mindestens den Anästhesisten, nur dass auch hier im großen Haus meistens mehr Resourcen kurzfristig zur Verfügung stehen.

annekii
22.12.2019, 22:10
Hallo,

ich war nur in kleinen Häusern (Level 3 und 2). In beiden Häusern hatten wir Kinder, die nicht levelgerecht halt dort rausgefallen sind und von uns Assistenten erstversorgt werden mussten. Soweit mir es bekannt ist, ist in dieser Zeit dabei kein Fehler gewesen, aber gut fühlt sich das nicht an, da alleine zu sein oder zu wissen, dass dein Hintergrund eher länger braucht, um reinzukommen.

Ich hatte bei der ersten (und einzigen) notfallmäßigen Intubation eines Neugeborenen vorher 3x intubiert. 2x im HNO-OP unter Aufsicht der Anästhesisten, 1x vor Verlegung mit Hubschrauber ins Herzzentrum, weil das Kind unter Minprog zuviele und zu lange Apnoen hatte, unter Aufsicht von CA und Stationsärztin. Es hat im Notfall super geklappt, aber ich halte es für Zufall. Übung dafür hast du in einem höheren Level vorher bestimmt mehr.

Für die Allgemeinpädiatrie und Niederlassung habe ich allerdings vermutlich mehr gelernt, weil wir nicht für jedes Fachgebiet einen Experten hatten, sondern zusammen mit der Visite und den Stationskollegen auch manches erarbeiten mussten. Das bleibt irgendwie doch mehr hängen, als wenn der subspezialisierte Facharzt nur die Anordnung schreibt und dann wieder in seine Sprechstunde verschwindet. Aber auch das ist ja von Haus zu Haus verschieden, kommt auch darauf an, wie sehr sie ihren Lehrauftrag annehmen und ausleben.

Hast du die Möglichkeit zu hospitieren oder Kollegen der in Frage kommenden Häuser zu fragen?

Viele Grüße
Annekii

mkw44
28.12.2019, 07:56
Ich finde auch, es hat (natürlich) zwei Seiten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man im kleinen Haus zwar erstmal, in der Einarbeitung bzw. im Tagdienst, deutlich enger betreut wird. Im großen Haus kommt hin und wieder der Oberarzt vorbei, im kleinen habe ich die ersten Wochen nur mit OA Visite gemacht und stand eben nicht am ersten Tag da und sollte "einfach mal machen". Je nach Personalsituation kann es aber natürlich überall auch mal genau so aussehen, das ist klar..
Dafür macht man aber nach einigen Wochen (du mit bereits Praxiserfahrung wahrscheinlich noch schneller) erste Nachtdienste, bei denen man dann auch gerne (je nach Intensiv) komplett alleine ist für Kreißsaal/Intensiv/Station/Ambulanz. So war es zumindest in meinem alten Haus. Das sorgt schon für Adrenalin in den ersten Diensten, auch wenn nix "wildes" passiert. Im Maximalversorger hier machen die Neu-Assistenten erst nach ca. 1 Jahr Nachtdienste.

Man kriegt halt alle Kinder (ohne offensichtlich chirugische Probleme), wenn man keine Haut/Augen/HNO/Kinderchirurgie/etc im Haus hat. Im Maximalversorger gehen alle Commotios direkt zu den Chirurgen, neurologische Erstbegutachtung von Kindern, die auf den Kopf gefallen sind, lernt man als pädiatrischer Assistent hier nicht. Für alle möglichen Sachen füllt man Konsile aus - auf der einen Seite ist's natürlich toll, auch kompliziertere Sachen im Haus behandeln zu können und im Zweifel eben einfach die andere Fachdisziplin fragen zu können, aber im kleinen Haus überlegt man halt erstmal viel genauer und recherchiert im Zweifel, ob man das noch selbst behandeln kann oder was man genau braucht.
Ein Punkt ist - meiner Meinung nach - auch, dass der Durchsatz im großen Haus viel größer ist. Sprich, mehr Patienten, mehr rein/raus, mehr Chaos. Es gibt zwar für mehr Tätigkeiten jemand anderen, der das übernimmt (Beispiel Sozialarbeiter, die sich um Jugendamt/Behörden/etc Kontakte kümmern, Sonoärzte für Routine-Sonos, etc), dafür hast du im Zweifel mehr Papierkram wie Briefe schreiben. Sonos habe ich im kleinen Haus alle selbst gemacht ab den ersten Wochen bzw. nach einem Kurs, jetzt gerade mache ich kaum welche, weil dafür jemand kommt. Hat Vor- und Nachteile.

Insgesamt würde ich aus meiner Erfahrung (knapp 2 Jahre kleines Level 2 Haus, jetzt seit einigen Wochen Maximalversorger) sagen, für einen Anfang ist ein kleines Haus sehr gut. Auch um zu wissen, dass ein (meistens) schönes bzw. halbwegs ruhiges Arbeiten geht. Immer natürlich abhängig davon, wo du dich siehst.. Willst du mal Chef irgendwo werden, ist Uni sicher der bessere Weg. Aber das willst du ja eher nicht.
Intensivzeit habe ich übrigens vom Chef des kleinen Hauses nach den knapp 2 Jahren komplett bescheinigt bekommen. Geht auch mit Level 2. Muss man natürlich klar haben, dass Uni/Maximalversorger-Intensivzeit was anderes ist als Level2-Intensivzeit.
Ich sehe mich z.B. eher an einem kleinen Haus, auch in Zukunft. Aber etwas Groß-Intensiv-Erfahrung wollte ich ganz gerne haben..