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MartinGraf
05.01.2020, 17:18
Hallo ihr Lieben,

bitte reißt mir nicht gleich den Kopf ab für meine Fragen. Da ich aber keine Mediziner in meiner Familie habe und meine Freunde genauso wenig Erfahrung haben, bitte ich euch um Rat.
Ich werde im Juni diesen Jahres mein Studium mit dem Hammerexamen beenden. Ich habe aufgrund von einer länger andauernden Krankheit ein Freisemester und bisher ( ohne 3.Stex) einen Vierer Schnitt. Da ich wieder gesund bin, bin ich zwar zuversichtlich, dass das 3. Stex keine 4 wird. Aber gute wird mein Schnitt nicht mehr. Habe keine Diss. Das einzig eventuell noch vorzeigbare ist meine jahrelange Arbeit als Sonotutor.
Ich möchte gerne Gastroenterologie machen, bevorzugt im Süden Deutschlands.
Ich muss mich nach dem 3. Stex noch einer OP unterziehen, sodass ich erst im Winter anfangen kann zu arbeiten. Folglich werde ich mich auch erst nach dem 3. Stex anfangen zu bewerben.
Ich schäme mich für meine Noten und spiele mit dem Gedanken meine Zeugnisse nicht in die Bewegung zu legen. Geht das überhaupt oder ist das zu dreist? Ich habe dann ja bereits meine Approbation.
Was muss denn unbedingt rein?

Vielen Dank!

Relaxometrie
05.01.2020, 17:45
Warum eigentlich Hammerexamen? Ich dachte, daß es das schon längst nicht mehr gibt?
Sonotutor? Hast Du in Düsseldorf studiert?

escitalopram
05.01.2020, 17:48
In Gastro gibt es sehr viele Stellen, auch in beliebten Städten. Mach dir keine Sorgen!

Feuerblick
05.01.2020, 19:57
Zeugnisse nicht beizulegen wird Fragen aufwerfen. Das würde ich nicht tun an deiner Stelle...

Relaxometrie
05.01.2020, 20:03
Wenn es für Dich denkbar ist, in der Abteilung anzufangen, in der Du im PJ warst, kannst Du dort einfach mal unverbindlich nachfragen, ob eine Stelle frei ist. Vielleicht bekommst Du über diesen Weg direkt eine Stellenzusage und die schriftliche Bewerbung ist dann nur noch eine Formsache.
Aber vermutlich bekommst Du auch in anderen Klinikan, als in Deinem PJ-Haus, trotz der nicht überragenden Noten eine Stelle. Zeugnisse würde ich allerdings auch empfehlen, anzugeben.

ekw77
05.01.2020, 20:11
Du musst keine Zeugnisse in der Bewerbung beifügen, es könnte jedoch passieren, dass sie nachgefordert werden - und dann fände ich es persönlich unangenehmer diese nachzurreichen. Wenn du aber auch Zusatzqualifikationen wie Sonotutor aufweisen kannst, eine Approbation hast und fließend Deutsch sprichst, sollte es in der Inneren/Gastro kein allzugroßes Problem sein.

Pflaume
05.01.2020, 21:34
Zeugnisse beim Bewerben beilegen. Schämen brauchst du dich nicht.

MartinGraf
06.01.2020, 16:56
Herzlichen Dank für Eure Antworten. Eure Antworten machen mir im Moment wirklich Mut, denn ich mache mir da tatsächlich schon etwas Sorgen aktuell. Meine Noten fallen eben schon sehr negativ auf. Dürfte rein von den Noten her ja kaum Bewerber geben, die schlechter sind als ich. Ich weiß, dass der durchschnittliche Student eher so im Dreier Bereich liegt also auch nicht extrem viel besser. Aber ich bin schon ein merklicher Ausreißer.
Ich sehe mich jetzt schon beim Bewerbungsgespräch vor strengen leitenden Ärzten sitzen, die mich mit Abneigung mustern und mir fachlich nichts zutrauen. Falls ich darauf angesprochen werde, würde ich natürlich ehrlich sagen warum es so ist. Aber ich denke viele würden das als billige Ausrede einstufen oder mich nicht einstellen (meine Erkrankung ist zwar weg, aber kann -wenn auch unwahrscheinlich- wieder kommen). Deshalb möchte ich das Thema am liebsten beim Bewerbungsgespräch gar nicht anschneiden. Ausserdem ist es für mich auch ein sehr emotionales Thema, was mich noch sehr belastet und ich ungern mit Fremden darüber reden möchte bzw mich rechtfertigen möchte.

In meinem PJ Haus werde ich auf jeden Fall nochmal fragen. Dort ist die Stellensituation aber aktuell recht mau. Die Personalabteilung streicht Stellen, obwohl hinten und vorne Personal fehlt. Es gibt Altassistenten, die fürchten, dass ihr Vertrag kurz vor dem Facharzt nicht verlängert wird. Aber fragen werde ich trotzdem.

davo
06.01.2020, 17:32
Ich sehe mich jetzt schon beim Bewerbungsgespräch vor strengen leitenden Ärzten sitzen, die mich mit Abneigung mustern und mir fachlich nichts zutrauen. (...) Ausserdem ist es für mich auch ein sehr emotionales Thema, was mich noch sehr belastet und ich ungern mit Fremden darüber reden möchte bzw mich rechtfertigen möchte.

Das klingt echt nicht sehr gesund. An dieser Einstellung solltest du IMHO dringend arbeiten. Falls du das alleine nicht schaffst, dann mit Hilfe eines Therapeuten.

Die Noten sind in der Inneren echt SOWAS von egal. Ja, du wirst manchmal irgendeinem Oberarzt oder Chefarzt begegnen, der so tut, als wären sie wahnsinnig selektiv, und die Noten total wichtig. Meist ist das völliger Unfug, den man leicht entlarven kann, indem man sich anschaut, wen sie zuletzt so eingestellt haben. Aber das wollen sie natürlich nicht zugeben, da sonst das übergroße Ego leidet.

Aus meinem Semester hat jeder, mit dem ich gesprochen habe, der in der Inneren anfangen will und sich schon beworben hat, sehr schnell eine Stelle gefunden. Auch die mit schlechten Noten. Auch die, die an eine Uniklinik wollten. Auch die, die in eine Großstadt wollten. Manche haben nach jedem einzelnen Bewerbungsgespräch ein Angebot bekommen. Der Markt ist wie leergefegt. Du wirst also eine Stelle finden, völlig egal welche Noten du hast. (Außer natürlich wenn du sagst, es muss eine Münchner Uniklinik sein... dann vielleicht nicht.)

Pflaume
06.01.2020, 17:46
Du machst dir wirklich viel zu viele negative Gedanken. davo hat die richtigen Worte gefunden. Deine Angst ist größer als die Realität.

Probleme werden auf anderen Seiten liegen als denen, die du dir mit deinen emotionalen Horrorszenarien im Moment ausmalst. Es wird eher so sein, dass du dich bei deiner ersten Stelle maximal überfordert fühlst (tut fast jeder), dir bestimmt auch irgendwann mal Gedanken darum machst, dass du nicht einfach schlechte Noten hast, sondern daß die schlechten Noten nur das sichtbare Zeichen dafür sind, dass du auch tatsächlich nix weißt. Möglicherweise wirst du dich zu perfektionistisch um Dinge kümmern wollen, um die andere sich nicht kümmern.... irgendwo in solchen Bereichen werden möglicherweise Probleme liegen.

Deine Noten und dass du keine Promotion hast sind relativ egal. Eingestellt wirst du trotzdem, und, wichtig: Du kanst auch trotzdem was! "on the job" lernen wirst du wie jeder andere auch. Hart wirds werden, aber erst dann, wenn du eingestellt *bist*. Und der Anfang wäre auch dann hart, wenn du bessere Noten hättest. Man wächst in ganz viele Sachen mit der Zeit rein, sowohl emotional als auch fachlich. Wo deine Probleme liegen werden, weißt du noch gar nicht. Und du weißt auch nicht, was du alles kannst. Und was du vielleicht nicht kannst. Schallen kannst du anscheinend immerhin schon mal ein bißchen ;)

Ich habe Assistenten erlebt, die schlechte Noten hatten, aber viele Famulaturen gemacht hatten und sich im PJ engagiert hatten oder halt auf andere Weise "gut" waren. Die hatten den praktischen Ablauf auf Station schneller drauf als Leute mit guten Noten, die sich ums Praktische im ganzen Studium gedrückt hatten. Die Noten haben damit, wie man am Anfang zurecht kommt, relativ wenig zu tun. Ich habe gute (ehemalige) Studenten erlebt, die überhaupt nicht in der Lage waren, zu erkennen, wenn jemand, der in die Notaufnahme kam, wirklich krank war. Leute, die einem alle möglichen Spitzfindigkeiten im EKG vorbeten konnten, die ich teilweise selbst bei Bedarf im Buch nachschlagen würde, die aber Leute mit Thoraxschmerz auch durchaus mal 2 h in der Notaufnahme sitzen hatten, bevor sie überhaupt auf deren EKG draufgeschaut haben, weil sie es nicht auf die Reihe gekriegt haben, ihre Prioritäten richtig zu setzen. Es ist letztlich auch ziemlich egal für dein Standing, was du z.B. am Anfang (neu eingestellt) kannst oder nicht. Wesentlich ist eher, dass man im Lauf der Zeit Fortschritte sieht.

So etwas weiß auch (fast) jeder Chefarzt. Und schon deshalb wirst du im Vorstellungsgespräch nicht auseinandergenommen werden. Gibt Typen, die das tun. Aber die Mehrzahl tuts nicht, sondern ist froh, dass sich überhaupt jemand bewirbt. Und nicht vergessen: Jeder, der dich zum Vorstellungsgespräch einlädt, hat dich immerhin schon mal *eingeladen*. Also soll er wegen deiner Noten ruhig die Fresse halten. Ich weiß, dass es auch Menschen gibt, die Leute nur zum Vorstellungsgespräch einladen, um ihnen blöde Sprüche zu drücken (davon habe ich zweimal an der Uniklinik gehört), aber das ist selten und im Grunde ziemlich lächerlich.

Wenn du dich für labil hältst, wäre eine Möglichkeit, dass du dir einen Coach oder Therapeuten besorgst, zu dem du 1mal im Monat gehst und besprichst, was anliegt. Es werden Situationen kommen, in denen du dich massiv überfordert fühlst und denkst, du bist der letzte Depp. Ich habe auch Leute im Stationszimmer heulen sehen, die ihr Studium mit 1 abgeschlossen haben. Kannst auch Bewerbungen mit einem Coach besprechen, gibt jede Menge Bewerbungs-Coaches. Ich habe Bewerbungs-Coaching 2x in Anspruch genommen und fand es lohnend. Ist allerdings *nicht* nötig, um einen Job als Assistenzarzt in der Inneren zu bekommen. Coaching-Termine kosten 100 bis 150 Euro pro Termin. Laß es dir als berufliches Coaching auf die Rechnung schreiben und setz es von der Steuer ab.

Sonnenschein89x
06.01.2020, 18:59
Du machst dir wirklich viel zu viele negative Gedanken. davo hat die richtigen Worte gefunden. Deine Angst ist größer als die Realität.

Probleme werden auf anderen Seiten liegen als denen, die du dir mit deinen emotionalen Horrorszenarien im Moment ausmalst. Es wird eher so sein, dass du dich bei deiner ersten Stelle maximal überfordert fühlst (tut fast jeder), dir bestimmt auch irgendwann mal Gedanken darum machst, dass du nicht einfach schlechte Noten hast, sondern daß die schlechten Noten nur das sichtbare Zeichen dafür sind, dass du auch tatsächlich nix weißt. Möglicherweise wirst du dich zu perfektionistisch um Dinge kümmern wollen, um die andere sich nicht kümmern.... irgendwo in solchen Bereichen werden möglicherweise Probleme liegen.

Deine Noten und dass du keine Promotion hast sind relativ egal. Eingestellt wirst du trotzdem, und, wichtig: Du kanst auch trotzdem was! "on the job" lernen wirst du wie jeder andere auch. Hart wirds werden, aber erst dann, wenn du eingestellt *bist*. Und der Anfang wäre auch dann hart, wenn du bessere Noten hättest. Man wächst in ganz viele Sachen mit der Zeit rein, sowohl emotional als auch fachlich. Wo deine Probleme liegen werden, weißt du noch gar nicht. Und du weißt auch nicht, was du alles kannst. Und was du vielleicht nicht kannst. Schallen kannst du anscheinend immerhin schon mal ein bißchen ;)

Ich habe Assistenten erlebt, die schlechte Noten hatten, aber viele Famulaturen gemacht hatten und sich im PJ engagiert hatten oder halt auf andere Weise "gut" waren. Die hatten den praktischen Ablauf auf Station schneller drauf als Leute mit guten Noten, die sich ums Praktische im ganzen Studium gedrückt hatten. Die Noten haben damit, wie man am Anfang zurecht kommt, relativ wenig zu tun. Ich habe gute (ehemalige) Studenten erlebt, die überhaupt nicht in der Lage waren, zu erkennen, wenn jemand, der in die Notaufnahme kam, wirklich krank war. Leute, die einem alle möglichen Spitzfindigkeiten im EKG vorbeten konnten, die ich teilweise selbst bei Bedarf im Buch nachschlagen würde, die aber Leute mit Thoraxschmerz auch durchaus mal 2 h in der Notaufnahme sitzen hatten, bevor sie überhaupt auf deren EKG draufgeschaut haben, weil sie es nicht auf die Reihe gekriegt haben, ihre Prioritäten richtig zu setzen. Es ist letztlich auch ziemlich egal für dein Standing, was du z.B. am Anfang (neu eingestellt) kannst oder nicht. Wesentlich ist eher, dass man im Lauf der Zeit Fortschritte sieht.

So etwas weiß auch (fast) jeder Chefarzt. Und schon deshalb wirst du im Vorstellungsgespräch nicht auseinandergenommen werden. Gibt Typen, die das tun. Aber die Mehrzahl tuts nicht, sondern ist froh, dass sich überhaupt jemand bewirbt. Und nicht vergessen: Jeder, der dich zum Vorstellungsgespräch einlädt, hat dich immerhin schon mal *eingeladen*. Also soll er wegen deiner Noten ruhig die Fresse halten. Ich weiß, dass es auch Menschen gibt, die Leute nur zum Vorstellungsgespräch einladen, um ihnen blöde Sprüche zu drücken (davon habe ich zweimal an der Uniklinik gehört), aber das ist selten und im Grunde ziemlich lächerlich.

Wenn du dich für labil hältst, wäre eine Möglichkeit, dass du dir einen Coach oder Therapeuten besorgst, zu dem du 1mal im Monat gehst und besprichst, was anliegt. Es werden Situationen kommen, in denen du dich massiv überfordert fühlst und denkst, du bist der letzte Depp. Ich habe auch Leute im Stationszimmer heulen sehen, die ihr Studium mit 1 abgeschlossen haben. Kannst auch Bewerbungen mit einem Coach besprechen, gibt jede Menge Bewerbungs-Coaches. Ich habe Bewerbungs-Coaching 2x in Anspruch genommen und fand es lohnend. Ist allerdings *nicht* nötig, um einen Job als Assistenzarzt in der Inneren zu bekommen. Coaching-Termine kosten 100 bis 150 Euro pro Termin. Laß es dir als berufliches Coaching auf die Rechnung schreiben und setz es von der Steuer ab.


Du machst so viel Mut, danke !!
Arbeitest du an einer Uniklinik ?

HalloPeter
06.01.2020, 21:03
In der Inneren abseits von Großstädten oder Unikliniken hat man heutzutage doch allein schon mit ner deutschen Approbation und Deutsch als Muttersprache nen riesigen Vorteil.

Du kannst ja ne Stelle in nem kleinen Haus im ländlichen Raum annehmen erstmal und dann nach 2-3 Jahren an ein größeres Haus oder Uni wechseln.

Sonnenschein89x
06.01.2020, 21:25
In der Inneren abseits von Großstädten oder Unikliniken hat man heutzutage doch allein schon mit ner deutschen Approbation und Deutsch als Muttersprache nen riesigen Vorteil.

Du kannst ja ne Stelle in nem kleinen Haus im ländlichen Raum annehmen erstmal und dann nach 2-3 Jahren an ein größeres Haus oder Uni wechseln.

Aber dann noch mal an der Uni genommen zu werden wird bestimmt nicht einfach

davo
06.01.2020, 21:36
Warum denn das? Bei Altassistenten/Fachärzten in der Chirurgie mag das vielleicht noch stimmen, aber in der Inneren ist jemand mit Erfahrung doch VIEL interessanter als ein frischer Absolvent. Ist sofort einsetzbar, kann die Stationsarbeit, hat ein Gespür für die Klinik und Notfälle - was will man mehr. An meiner Studiums-Uni hat dieses Jahr jemand angefangen, der vorher in einem vorklinischen Fach tätig war. Ist zwar weder eine Großstadt noch eine Uniklinik mit großem Ruf - aber trotzdem immerhin Uni. Wie schon gesagt: Der Arbeitsmarkt in der Inneren ist völlig leergefegt, und es gibt genug Absolventen, die Unikliniken meiden. Immer weniger Leute wollen sich die dortigen Arbeitsbedingungen antun - und das völlig zu Recht.

Pflaume
06.01.2020, 22:07
Aber dann noch mal an der Uni genommen zu werden wird bestimmt nicht einfach
Das ist heute alles kein Problem mehr. Ich kenne eine Menge Leute, die an kleineren Häusern angefangen haben und kurz vor dem Facharzt oder danach an die Uniklinik sind. Ich bin auch erst als Facharzt an die Uni gewechselt (ohne Promotion). Meine Uniklinik hat sogar Leute eingestellt, die vorher an einer Rehaklinik waren. Und auch eine Kollegin mit abstrus schlechten Arbeitszeugnissen. Letztere hat in der Uni allerdings auch nicht wirklich einen Fuß auf den Boden gekriegt, sondern wurde eben dafür verwendet, ungeliebte Deppenaufgaben zu erledigen, bis sie irgendwann wieder gegangen ist. Man kann an der Uni ja immer jemanden brauchen, der damit zufrieden ist, den ganzen Tag Blutkonserven anzuhängen und interne Verlegungsbriefe zu schreiben und dafür universitäre Weiterbildung bescheinigt zu bekommen.

Aber abgesehen davon: Muß man denn überhaupt an die Uni? Selbst wenn man von einem kleinen Haus nicht mehr an die Uni wechseln könnte, wäre das doch kein Argument dafür, an der Uni anzufangen, wenn einen das nicht grundsätzlich interessiert bzw. man entsprechende Karriere machen will. Ich würde davon abraten, in der Inneren an ganz kleinen Krankenhäusern zu arbeiten (Häuser mit 150 Betten, davon 40-60 internistisch oder so was), weil da - abgesehen von vielleicht einzelnen gut organisierten und spezialisierten Abteilungen - die gesamte Struktur meistens schlecht ist und weil der Rettungsdienst die meisten kranken Leute an solchen Häusern vorbeifährt, aber in einem 200- bis 600-Betten-Haus mit entsprechender Notaufnahme und internistischen Abteilungen oder gar einem außeruniversitären Maximalversorger kann man doch alles machen und lernen, was man braucht, wenn man nicht unbedingt Chefarzt werden will.

Rahmspinat
06.01.2020, 22:33
Das ist heute alles kein Problem mehr. Ich kenne eine Menge Leute, die an kleineren Häusern angefangen haben und kurz vor dem Facharzt oder danach an die Uniklinik sind. Ich bin auch erst als Facharzt an die Uni gewechselt (ohne Promotion). Meine Uniklinik hat sogar Leute eingestellt, die vorher an einer Rehaklinik waren. Und auch eine Kollegin mit abstrus schlechten Arbeitszeugnissen. Letztere hat in der Uni allerdings auch nicht wirklich einen Fuß auf den Boden gekriegt, sondern wurde eben dafür verwendet, ungeliebte Deppenaufgaben zu erledigen, bis sie irgendwann wieder gegangen ist. Man kann an der Uni ja immer jemanden brauchen, der damit zufrieden ist, den ganzen Tag Blutkonserven anzuhängen und interne Verlegungsbriefe zu schreiben und dafür universitäre Weiterbildung bescheinigt zu bekommen.

Aber abgesehen davon: Muß man denn überhaupt an die Uni? Selbst wenn man von einem kleinen Haus nicht mehr an die Uni wechseln könnte, wäre das doch kein Argument dafür, an der Uni anzufangen, wenn einen das nicht grundsätzlich interessiert bzw. man entsprechende Karriere machen will. Ich würde davon abraten, in der Inneren an ganz kleinen Krankenhäusern zu arbeiten (Häuser mit 150 Betten, davon 40-60 internistisch oder so was), weil da - abgesehen von vielleicht einzelnen gut organisierten und spezialisierten Abteilungen - die gesamte Struktur meistens schlecht ist und weil der Rettungsdienst die meisten kranken Leute an solchen Häusern vorbeifährt, aber in einem 200- bis 600-Betten-Haus mit entsprechender Notaufnahme und internistischen Abteilungen oder gar einem außeruniversitären Maximalversorger kann man doch alles machen und lernen, was man braucht, wenn man nicht unbedingt Chefarzt werden will.

Je nach Abteilung kann Uni schon Sinn machen, entweder weil es die gewünschte Abteilung nur dort gibt oder diese ein größeres Spektrum hat. Nephro z.B würde ich mit entsprechendem Facharztwunsch lieber an ner Uni machen, alleine weil du da viel besser die Akutbetreuung von Transplantpatienten mitbekommst. Für den Allgemeininternisten aber jetzt nicht wirklich notwendig.

Ansonsten spricht eigentlich nur der Wunsch nach Lehrtätigkeit (was man aber auch peripher machen kann) oder der Forschungswille für die Uni. Zumindest sollte man sich von dem Gedanken, dass an einer Uniklinik ausschließlich die besten Kliniker sind, schnell verabschieden.

Pflaume
06.01.2020, 22:35
Nephro ist ein super Thema, vielen Dank! Gerade in die Nephro an der Uni kommt man aber zum Beispiel tatsächlich *leichter*, wenn man vorher zwei bis drei Jahre an einem kleineren Haus war, als wenn man sich als Berufsanfänger dort bewirbt.

Natürlich kann es besser sein, bei bestimmten Spezial-Interessen eine Zeit an die Uni zu gehen. Aber selbst als Nephrologe wird man auch in einem Dialyse-MVZ angestellt, wenn man nie an der Uni war. Oder anderes Beispiel Onkologie oder Pulmologie... natürlich sieht man an der Uni Dinge, die man woanders nicht sieht. Ich habe auch an der Uniklinik Erfahrungen gemacht, die ich woanders nicht hätte machen können. Aber man kommt auch ohne zurecht, wenn man eben nicht die höchsten Ansprüche an sich selbst oder die eigene Karriere hat. Für ne Oberarzt-Stelle an einer mittelgroßen Klinik oder die Niederlassung reicht es auch ohne Uni. Gibt auch genug Leute, die jahrelang an der Uni arbeiten und am Ende trotzdem nicht viel von den Dingen gesehen haben, die für die Weiterbildung wichtig wären.

Ich habe manchmal den Eindruck, das einzige, was bei Ärzten an der Uniklinik wirklich zuverlässig größer und besser ist, ist das Ego.

Rahmspinat
06.01.2020, 23:18
Gerade in die Nephro an der Uni kommt man aber zum Beispiel tatsächlich *leichter*, wenn man vorher zwei bis drei Jahre an einem kleineren Haus war, als wenn man sich als Berufsanfänger dort bewirbt.

Stimmt, einige der Assis in der Nephro meiner Uni hatten schon vorherige Berufserfahrung.


Aber selbst als Nephrologe wird man auch in einem Dialyse-MVZ angestellt, wenn man nie an der Uni war.

Stimmt auch, bin da eher von meiner persönlichen Präferenz ausgegangen.


Gibt auch genug Leute, die jahrelang an der Uni arbeiten und am Ende trotzdem nicht viel von den Dingen gesehen haben, die für die Weiterbildung wichtig wären.

Auch das stimmt, man munkelt dass an gewissen Unikliniken die für den Facharzt relevanten Interventionen erst mit der Venia legendi gewährt werden..mal ganz davon abgesehen dass der Allgemeininternist an einer Uniklinik (sofern er denn gemacht wird) mMn nicht für die Niederlassung so geeignet ist.


Man liest ja häufig hier, dass die Leute immer an die Uniklinik wollen und sich aber garnicht bewusst sind, was das für Vor- und Nachteile hat

nie
07.01.2020, 06:55
In meiner Uniklinikabteilung haben im letzten Jahr Berufsanfänger, fortgeschrittene Assistenzärzte und Fachärzte angefangen. :-nix

Und gerade Uni-Innere ist halt auf hochspezialisiert und beschränkt sich auf ein bestimmtes Patientenklientel. Alles, was da nicht wirklich reinpasst, wird in die umliegenden Krankenhäuser verteilt. Teilweise sogar dann wenn es hier in der ZNA aufschlägt. Das schränkt das Patientenklientel halt ziemlich ein.

Will man spezielle Sachen lernen, wie die schon erwähnt Versorgung von Transplantpatienten, ist man hier sicher richtig. Eine breite allgemeininternistische Ausbildung wird man eher nicht bekommen. Und mit Interventionen wird’s je nach Abteilung auch erst nach dem Facharzt was. Und es gibt halt für jeden Mist eine eigene Abteilung. Die Chancen hier eine umfassende Sonoausbildung zu bekommen, gehen gegen Null, jede Abteilung schallt halt „ihr“ Organ und schickt für den Rest in die anderen Abteilungen...

Man muss halt schon genau wissen, was man will. Facharzt an der Uni machen um dann niedergelassener Allgemeininternist zu werden ist halt nicht besonders zielführend.

MartinGraf
08.01.2020, 18:35
Danke für Eure Ratschläge. Das hilft mir tatsächlich schon etwas weiter meine Gedanken zu sortieren.
Ich bin aktuell noch in Therapie, hab da sicher auch noch einiges aufzuarbeiten. Meine Einstellung zu vielem, auch zum Studium hat sich durch meine Erkrankung verändert. Ich dachte zwei Mal ich werde relativ sicher sterben, das haut einen erstmal aus den Socken.
Generell ist es mir schon wichtig früher oder später zu promovieren. Aber ich sehe mich persönlich nicht (dauerhaft) an der Uni. Dafür harmoniere ich zu wenig mit dem Klima dort.
Mir wurde auch schon mal geraten eventuell in einer Geriatrie oder Rehaklinik anzufangen, um besser on die Arbeit reinzukommen. Da könnte ich auch meine körperliche Belastbarkeit noch etwas besser testen nach der OP.
Ich bin halt eher ein ruhiger Mensch. Nicht schüchtern, aber auch kein Typ, der sich groß in den Vordergrund drängt oder sein Wissen jedem unter die Nase reibt. Das führt in mir drin schon manchmal zu einem.Zwiespalt. Denn ich möchte meine Chancen nicht vertun bei den Oberärzten oder bei meinem Chefarzt hier einen guten Eindruck zu hinterlassen. Aber das ist manchmal gar nicht so leicht wie gesagt und sie stellen demnächst eh keine neuen Leute ein.
Mein Wunsch wäre er so Ober-/oder Mittelfranken. München möchte ich sowieso nicht. Hab da auch fast nur schlechte Erfahrungen mitbekommen.