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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Einmal Radio und zurück?



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drroybasch
02.02.2020, 12:44
Hallo,
möchte mal eure Meinungen hören, v.a. von klassischen Orthopäden:

Habe direkt nach dem Studium an nem maximalversorger in der ortho/unfall angefangen, wobei wir zu 90% unfall gemacht haben.
Das Ganze wurde mir nach nem knappen Jahr zu stressig. stressig heisst für mich 60 -70 wochenstunden, 2 dienste pro woche (24h) + we-dienst und chaotische einteilungen, bei denen man stellenweise erst 10 minuten vor OP-beginn zugeteilt wurde und dann wegen mangelnder vorbereitung runtergemacht wurde. teilweise war ich sogar in zwei OPs gleichzeitig eingeteilt und konnte mir aussuchen mit welchem OA ich es mir verscherze. Auch wurde ich manchmal mitten aus der OP abgezogen um ohne jegliche vorbereitung studentenunterricht zu halten. ich schreibe das nicht um hier rumzuheulen, sondern um zu erklären, warum ich dann schlussendlich in die radiologie gewechselt bin.
ich wollte einfach meine ruhe haben, keine unmotivierten schwestern mehr auf station (heisses thema, ich weiß, aber so hab ichs nunmal erlebt), keine überstunden mehr, kein mobbing durch op-schwestern.

Jetzt bin ich also ein jahr in der radio und naja. ich arbeite listen mit cts ab und bin das, was wir damals in der UCH als klassischen zuarbeiter bezeichnet haben. Ob sich meine befunde irgendwer durchliest, keine Ahnung. Obs nen unterschied macht, dass ich dem palliativem patient noch ne peritonealkarzinose diagnostiziert hab.. eher nich.
Ich komme pünkltich raus, weil ich mir nun das recht rausnehme pünkltich zu gehen. Es ist ja auch unerheblich ob das staging übers we liegenbleibt (anders als bei der SHF).
Lange rede kurzer sinn, richtig glücklich bin ich glaube ich nicht, und ich überlege, ob ich in nem kleinen orthopädischen haus nicht besser aufgehoben wäre.

Meine romantische Vorstellung davon ist ein planbares OP-Programm, planbare Eingriffe, keine Notaufnahme mit den dazugehörigen LWS beschwerden um 4 Uhr morgens und dementsprechend entspanntere Dienste. Wie ist es wirklich?

Ergänzend muss ich noch anmerken, dass mir das arbeiten mit händen und die arbeit am patienten an sich spass macht .. das sind ja quasi grundvorraussetzungen.

tragezwerg
02.02.2020, 13:09
Ich glaube du hattest mit deiner ersten Stelle einfach richtig Pech. Ich weiß ad hoc von mehreren Ortho/Unfall-Abteilungen, die sich ans Arbeitszeitgesetz halten und ne gute Ausbildung bieten. Allesamt kleine bis mittelgroße Kliniken. Notaufnahmedienste hast du gerade in kleineren Kliniken allerdings schon, da dort oft nur ein chirurgischer Dienstarzt im Haus ist und damit auch die Notfälle abarbeiten muss. Aber je nach Klinik und Dienstsystem sollte das trotzdem erträglich sein. Am besten du gehst mal hospitieren und schaust es dir an.

flopipop
02.02.2020, 13:11
Ergänzend muss ich noch anmerken, dass mir das arbeiten mit händen und die arbeit am patienten an sich spass macht .. das sind ja quasi grundvorraussetzungen.

wie wäre es mit interventioneller radiologie? in der neuroradiologie braucht man auch handwerkliches geschick, sogar deutlich mehr feinmotorik, als in der uch und da hast du auch "action", notfälle, darfst held sein usw...dort sind die attribute eines chirurgischen fachs vertreten - mit all den vor - und nachteilen. soll heißen, dass schlaganfall nicht wartet, bis es dir genehm ist sondern kommt wann er kommt...und du hast immer die möglichkeit, zurück zu den diagnostikern zu wechseln oder in die praxis zu gehen...

davo
02.02.2020, 13:12
Klingt IMHO echt so als hättest du einfach großes Pech gehabt.

Heerestorte
02.02.2020, 13:57
Hier in der Uniklinik sind alle UCHler sehr zufrieden und das Arbeitsklima ist auch top. Wäre ich nicht anderweitig verplant gewesen, hätte ich dort angefangen.

Aus welcher Region kommst du denn?

drroybasch
02.02.2020, 15:16
wie wäre es mit interventioneller radiologie?

spannendes Thema, unsere abteilung (bzw unser chef) ist einer der führenden interventionalisten in D.
ich habe viel mit meinen OÄ darüber geredet; du bist zuweiserabhängig. Ports machen in unserem haus zunehmend die gynis und die bauchchirurgen am ende der OP.
TIPSS schnappt sich die gastro.
PTAs machen zunehmend die Gefäßchriurgen. usw usw. Wir sehen das an den Zahlen..
Und sind wir ehrlich, wenn die kacke am dampfen ist laufen wir am Ende doch wieder zu den Chr.
Das geht übrigens einher mit AI in der Bildauswertung sowie telerad... wie wirds da in 10 jahren aussehen?



Aus welcher Region kommst du denn?
Ich möchte wieder zurück in meine Heimat (München). Wenn du da was weisst, schick mir gerne ne PM!

freak1
02.02.2020, 17:42
Du musst dich halt spezialisieren. Neurointerventionen sind (aktuell) noch relativ sicher. Aber in den USA machen die die Neurochirurgen z.T. auch selbst.

drroybasch
02.02.2020, 19:02
Du musst dich halt spezialisieren. Neurointerventionen sind (aktuell) noch relativ sicher. Aber in den USA machen die die Neurochirurgen z.T. auch selbst.

noch... wird trotzdem weniger werden s.o.
mich würden noch erfahrung aus anderen (rein) orthopädischen häusern interessieren. Kann jemand von seinen arbeitsbedingungen berichten ?

alex1
02.02.2020, 22:13
Ob sich meine befunde irgendwer durchliest, keine Ahnung. Obs nen unterschied macht, dass ich dem palliativem patient noch ne peritonealkarzinose diagnostiziert hab.. eher nich.

Doch, deine Befunde werden gelesen. Und ja, diese neue Peritonealkarzinose war vielleicht der Progress, der nun endgültig den Patienten ins Hospiz geschickt und vor ein paar Zyklen wirkungsloser Chemotherapie bewahrt hat. Gut gemacht!



Ergänzend muss ich noch anmerken, dass mir das arbeiten mit händen und die arbeit am patienten an sich spass macht .. das sind ja quasi grundvorraussetzungen.
Und warum bist du nochmal in die Radiologie gegangen? War sonst nichts frei?

CYP21B
03.02.2020, 00:27
noch... wird trotzdem weniger werden s.o.
mich würden noch erfahrung aus anderen (rein) orthopädischen häusern interessieren. Kann jemand von seinen arbeitsbedingungen berichten ?
Man kann dir keine Nachrichten schicken.

tup74
03.02.2020, 01:52
Orthopädie dürfte das sein, was du suchst. Je nach Haus relativ wenige elektive Eingriffe, etwas weniger Stress, Arbeiten mit den Händen... In unserem Haus gibt es nur 2 Assistenten für 14 Betten, die langweilen sich teilweise und dürfen so gut wie nie in den OP (nichtmal Hakenhalten), trotz 3. WBJ. Wir haben aber auch täglich nur 1-5 Eingriffe, einen Tag in der Woche wird nicht operiert.

Das ist in der Uniklinik-UCH bei uns anders, da dürfen die Assistenten schon sehr früh in den OP und im 1./2. WBJ auch eigene Eingriffe durchführen. 2 OP-Säle, operiert wird rund um die Uhr, täglich mehrere nicht dokumentierbare Überstunden inklusive.

GelbeKlamotten
03.02.2020, 21:06
Offensichtlich ist Radiologie jedenfalls nicht das passende Fach für dich. Ich habe mich in mehr als 3 Jahren Radiologie soweit ich mich erinnere noch nie gelangweilt. Ich finde fast jede CT oder MRT Untersuchung spannend - von den großen offensichtlichen Befunden bis zu den anatomischen Normvarianten und den kleinen subtilen Befunden, die es vielleicht nicht mal in den schriftlichen Befund schaffen.

Auch Peritonealkarzinose ist nicht gleich Peritonealkarzinose - mal kann man nur einen wagen verdacht äußern, mal infiltriert sie schon den Darm und hat zu einer lokalen Perforation geführt, mal wölbt sie sich gegen die Leber vor und ist kaum von intrahepatischen Herden zu unterscheiden, etc. Jede Untersuchung ist wie ein neues Puzzle, auch wenn man die gleiche Untersuchungsart schon 1000 mal befundet hat.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass auch die klinischen Kollegen durchaus dankbar sind, wenn sie einen Befund mit einer kompetenten und interessierten Radiologin besprechen können.

Ich finde die diagnostische Radiologie weitaus spannender, als als Orthopädin den 50. Patienten mit Rücken- oder Knieschmerzen in der Ambulanz zu sehen oder stundenlang im Op zu stehen und an irgendwelchen Hüftgelenken rumzuhämmern.

So muss jeder seine Vorlieben finden, in der Radio scheinst du mir offensichtlich falsch zu sein.

freak1
03.02.2020, 21:26
Den Radiologen, der das 10. Plasmozytom CT an dem Tag noch spannend findet musst du mir aber zeigen GK. ;)

schnix25
03.02.2020, 21:40
Oder das 10. tvt sono. ;)

freak1
03.02.2020, 21:52
Das machen wir hier nicht. ;-)

daCapo
04.02.2020, 12:13
Offensichtlich ist Radiologie jedenfalls nicht das passende Fach für dich. Ich habe mich in mehr als 3 Jahren Radiologie soweit ich mich erinnere noch nie gelangweilt. Ich finde fast jede CT oder MRT Untersuchung spannend - von den großen offensichtlichen Befunden bis zu den anatomischen Normvarianten und den kleinen subtilen Befunden, die es vielleicht nicht mal in den schriftlichen Befund schaffen.

Auch Peritonealkarzinose ist nicht gleich Peritonealkarzinose - mal kann man nur einen wagen verdacht äußern, mal infiltriert sie schon den Darm und hat zu einer lokalen Perforation geführt, mal wölbt sie sich gegen die Leber vor und ist kaum von intrahepatischen Herden zu unterscheiden, etc. Jede Untersuchung ist wie ein neues Puzzle, auch wenn man die gleiche Untersuchungsart schon 1000 mal befundet hat.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass auch die klinischen Kollegen durchaus dankbar sind, wenn sie einen Befund mit einer kompetenten und interessierten Radiologin besprechen können.

Ich finde die diagnostische Radiologie weitaus spannender, als als Orthopädin den 50. Patienten mit Rücken- oder Knieschmerzen in der Ambulanz zu sehen oder stundenlang im Op zu stehen und an irgendwelchen Hüftgelenken rumzuhämmern.

So muss jeder seine Vorlieben finden, in der Radio scheinst du mir offensichtlich falsch zu sein.

Ich fand meine Arbeit in der Neuroradiologie (CT- und MRT Befunde, CT Perfusion) auch spannend. Gelesen haben die Befunde die Neurologen/Internisten; Neurochirurgen hatten meist ihre eigene Sichtweise. Nachteilig war, dass das MRT nicht besonders isoliert war und ich Tinnitus hatte während der Zeit. Die Befunde konnte man erst abends in Ruhe fertig machen.
In der Radiologie hatte ich dann 100 Thoraces am Tag in einer dunklen Kammer. Der zuständige Oberarzt wollte die natürlich nicht alle besprechen, und kam ab und zu in der Woche für Fragestellungen vorbei. Die Kliniker konnten die vorläufigen Befunde lesen, so dass auch wenig Anrufe kamen.

Auf die Dauer war das für mich nix.

drroybasch
08.06.2020, 07:58
Beide Fächer haben denke ich Vor- und Nachteile. In der Radiologie sind die Arbeitszeiten durchaus planbar, das CT oder MRT kann auch mal bis zum nächsten Tag liegen bleiben, wenn’s kein Notfall ist. Außerdem ist auch Teilzeit gut möglich, bei weiterhin gutem Auskommen. Die Nachteile sind IMO die Perspektive und die patientenferne Arbeit „in der Dunkelkammer“.
In der Uch/Ortho ist mehr los, was natürlich auch stressiger ist. Zudem der oft kontraproduktive Umgangston und die Überstunden die quasi verlangt werden. Ich bin auch langsam zu alt um mich ständig anbrüllen zu lassen haha. Teilzeit ist meiner Erfahrung nach eher unüblich in der Ortho. Dafür macht man halt was mit den Händen.
Dazu kommt noch dass jede Klinik, jedes Team, und auch jedes Schichtmodell das Fach extrem beeinflussen kann, wie ihr/ich schon geschrieben habt.
Schwierig wird es zudem, im Großraum München (wo ich gerne hin möchte) eine vernünftige Hospitation oder gar Stelle zu finden, wo sich ohnehin schon alle die Köpfe einschlagen um was zu bekommen. So jedenfalls meine Erfahrungen bis jetzt.
Man kann mir übrigens wieder PM schicken :)

drroybasch
25.08.2020, 08:59
Eine Frage an die Radiologen hier: Wie seht ihr denn die Entwicklung der Radiologie?
Ich empfinde das so, dass einerseits die diagnostische Schiene durch Telerad und AI angegriffen wird. Wir werden nicht ersetzt werden, aber es wird meiner Meinung nach zu Stellenabbau führen, bspw. wenn die KI vorbefundet und der FA nur noch signieren muss.
Und die interventionelle Schiene wird zunehmend von den zuweisenden Abteilungen angegriffen, die festgestellt haben, dass sich mit PTAs (Gefäßchirurgen), Thrombektomien (Neurologie, NCH) und TIPSS (innere) auch geld verdienen lässt. Hier offenbart sich auch das Problem der Radio, keine eigenen Patienten zu haben "Wer die Pat. hat hat die Macht" . Wie seht ihr das ?

daCapo
25.08.2020, 13:55
Eine Frage an die Radiologen hier: Wie seht ihr denn die Entwicklung der Radiologie?
Ich empfinde das so, dass einerseits die diagnostische Schiene durch Telerad und AI angegriffen wird. Wir werden nicht ersetzt werden, aber es wird meiner Meinung nach zu Stellenabbau führen, bspw. wenn die KI vorbefundet und der FA nur noch signieren muss.
Und die interventionelle Schiene wird zunehmend von den zuweisenden Abteilungen angegriffen, die festgestellt haben, dass sich mit PTAs (Gefäßchirurgen), Thrombektomien (Neurologie, NCH) und TIPSS (innere) auch geld verdienen lässt. Hier offenbart sich auch das Problem der Radio, keine eigenen Patienten zu haben "Wer die Pat. hat hat die Macht" . Wie seht ihr das ?

Da gab es bereits Diskussionen hier.
Übertriebene Sorgen und Bedenken beschreiben den Begriff german angst oder?
Es wird genug Arbeit in der Radio geben. In der Telerad hat der Arzt nur schwer Möglichkeit Kontakt zum zuweisenden Kliniker oder gar zum Patient (manche Radiologen reden mit denen). Vielleicht möchte man auch noch eine Rekon aus den Rohdaten haben, stelle mir das dann schwieriger vor, als wenn man vor Ort ist. Nebenbei muss für jedes Röntgenverfahren die Rechtfertigende Indikation gestellt werden von einer fachkundigen Person vor Ort (!). Daher fraglich, ob sich das so durchsetzt. AI wird nur einen Vorbefund geben und man muss dann eh noch alle Bilder schauen. Möglicherweise wird es am Anfang eher hinderlich sein als "ergänzend".
Soweit mir bekannt, haben nur die Kardiologen den Katheter den Radiologen "weggenommen". Neuroradiologie (Thrombektomie&Coiling/Stent) wird von spezialisierten Radiologen betrieben. TIPSS und PTA soweit mir bekannt ebenso ein Feld der Radiologen.

freak1
25.08.2020, 14:06
Welche Neurologie/NCH macht selbst Thrombektomien bzw. Coilings in Deutschland?

PTA machen bei uns die Angiologen, TIPSS die Radiologen.