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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Augenheilkunde - Start in Praxis?



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Franz.Schk
24.02.2020, 06:36
Hallo zusammen,

ich bin seit relativ kurzer Zeit fertig mit dem Studium, hatte danach aber noch eine Weile mit meiner Diss zu tun. Das ging dann jetzt am Ende doch wiederum schneller als gedacht, sodass ich ein wenig früher als geplant eine Stelle suche.

Das Drumherum ist aber eigentlich gar nicht so wichtig, meine Frage ist folgende: Ich würde gerne Auge beginnen, bin aber (für ca. 1 Jahr) örtlich hier in einer mittelgroßen Stadt gebunden, wo keine stationäre ophtalmologische Station / Uniklinik realistisch für den Arbeitsalltag erreichbar ist. Ich habe ein paar Hospitationen in Praxen gemacht und mir wurde jetzt von einer großen überregionalen Praxis mit einigen Niederlassungen, OPs und ziemlich breitem Spektrum eine Stelle angeboten. Man kann ja meines Wissens 36 Monate ambulant machen, aber ich hätte zumindest gerne stationär angefangen, auch, um nicht die ganze Stationsarbeit zu verlernen, und nach einem halbwegs entspannten Praxis-Arbeiten in den stressigen Klinikalltag zu wechseln ist vielleicht auch schlechter als umgekehrt... Gibt bestimmt noch viel mehr Pros und Contras, vielleicht auch was Pro Praxis am Anfang?

Andererseits habe ich auch keine große Wahl zurzeit, wenn ich nicht in einer anderen Fachrichtung anfangen möchte.

Würde mich über Einschätzungen freuen!

Feuerblick
24.02.2020, 07:16
Laut neuer WBO könnte man auch die komplette Zeit ambulant machen. Da müsstest du dich bei der für dich zuständigen Ärztekammer erkundigen.
Grundsätzlich halte ich es für wenig sinnvoll, in der Praxis zu beginnen. Denn
1. ist die Betreuung in der Praxis schon aus rein organisatorischen Gründen (mehr Patientendurchlauf, weniger Zeit für Erklärungen) gerade für einen Anfänger, bei dem man eigentlich jeden Befund nochmal nachschauen müsste, in aller Regel nicht ausreichend
2. ist deswegen in der Praxis die Gefahr, relevante Befunde zu übersehen sehr hoch
3. gerät ein Anfänger in der Praxis sehr schnell in die Fehleinschätzung, total viel zu können und die Dinge perfekt im Griff zu haben.
4. ist häufig auch der Wechsel zwischen verschiedenen Niederlassungspraxen vorgesehen. Und plötzlich sitzt der Anfänger ganz alleine in der Praxis...
5. ist der Übergang von Praxis nach Klinik auch bei großem Spektrum in der Praxis in aller Regel ein Kulturschock. Und damit meine ich weniger den Stress im Klinikalltag sondern vielmehr das oft komplett andere Arbeiten. Häufig wird in Praxen sehr eindimensional (löbliche Ausnahmen gibt es, keine Frage) gearbeitet. Alles, was von „haben wir schon immer so gemacht“ oder „machen wir so, weil das Gerät bezahlt werden muss“ bzw. „schreibt uns die KV so vor“ abweicht, führt besonders bei den älteren Fachärzten zu Unverständnis. Oft erlebt man auch, dass die Fachärzte deutlich weniger up to date sind im Vergleich zu Fach- und Oberärzten an einer Klinik. Sprich: Man lernt einfach deutlich weniger und in der Klinik wird man irre angeschaut, weil man die wichtigen Dinge nicht weiß.
Ja, es mag Praxisverbünde geben, die das zumindest auf dem Papier besser machen. Aber es bleiben Zweifel...

Wenn es nach mir ginge, müsste jeder Weiterbildungsassistent mindestens ein Jahr Station und ein Jahr Ambulanz an einer größeren Klinik hinter sich bringen, BEVOR er auf eine Praxis losgelassen wird. Die komplette Praxisweiterbildung halte ich für völligen Unsinn. Aber gut, ist ja politisch so gewollt.

Ich habe Kollegen erlebt, die aus großen Praxen in die Klinik kamen. Untersuchen (rein technisch) konnten die meist einigermaßen. Aber sich selbst organisieren, über den Tellerrand schauen, schwierigere Krankheitsbilder erkennen und therapieren - alles ein Problem. Sieh zu, dass du eine Klinikstelle findest. Oder sei dir bewusst, dass du in der Klinik unter Umständen bei knapp über Null anfangen wirst.

Muriel
24.02.2020, 08:59
Hier auch Veto. Habe da auch nur negative Beispiele erlebt. Und je größer der Praxis Verbund, desto gewinnorientierter und medizinferner läuft es da häufig leider. Keine Ahnung ob das in anderen Fachrichtungen auch so ist, bei Auge ist es teilweise echt widerlich. Was wir da alles an Fehlbehandlung aus monetären Gründen so auffangen müssen, ist wirklich erschreckend.

Feuerblick
24.02.2020, 09:41
Jaja, ich erinnere mich da an mein erstes FA-Vorstellungsgespräch, bei dem mir eine Art Kopfprämie basierend auf der Menge der indizierten Operationen angeboten wurde. Je teurer die OP, desto mehr Kohle für mich oder so... is klar.

Espressa
24.02.2020, 14:29
Ich würde aus allen oben genannten Gründen auch eher abraten.
Du könntest das Jahr ja ein anderes Fach in der Klinik machen, es gibt viel interessantes, wofür du später nie wieder Zeit haben wirst.

Andererseits: aus mir ist auch was geworden, obwohl ich mein erstes Jahr in der Praxis gemacht hab. Damals gab es aber keine klinikstellen wie Sand am Meer, so wie heute, da war mir lieber „den Fuß in der Tür zu haben“.

Franz.Schk
24.02.2020, 14:47
Danke für die Einschätzungen bisher. Einen Fuß in der Tür zu haben war für mich auch ein Gedanke. Ich habe weder PJ noch Diss. in der Augenheilkunde gemacht, weshalb aus dem Stand es wahrscheinlich auch nicht ganz so einfach wäre, eine Klinikstelle zu bekommen, auch daher der Gedanke.

Die Einwände hören sich sinnvoll an, auch wenn ich mittlerweile irgendwie schon froh war, weil ich auch nicht damit gerechnet habe, eine Stelle angeboten zu bekommen. Und nur im Klinikerfahrung zu sammeln, ein anderes Fach kann ich zum Teil, aber nur zum Teil nachvollziehen, wenn ich mich in der Zeit auch mit etwas augenheilkundlichem (halt in der Praxis) auseinandersetzen könnte. Perspektivisch würde ich auch sehr gerne in einer Praxis später arbeiten, KH kommt da eigentlich nicht in Frage.

Espressa
24.02.2020, 15:03
Ich bin schlussendlich auch in der Praxis gelandet.
Und bei jeder größeren Fortbildung hätte ich wieder ein bisschen Lust, mal wieder in einer großen Klinikabteilung zu arbeiten und zu lernen. Und manchmal hab ich auch verrückte Ideen, und hätte durchaus Lust in andere Fächer reinzuschnuppern. Lässt sich halt schwer realisieren, früher wäre das besser gegangen.

Früher war es tatsächlich schwer, in begehrten Fächern eine Stelle zu kriegen, da nahm man eher was man kriegen konnte. Jetzt ist das nicht mehr so, da kriegst du sicherlich was gutes - auch in einem Jahr noch, auch als Anfänger, und sicherlich auch mit Erfahrung in einem anderen Fach.
Überlege es dir gut.

davo
24.02.2020, 15:06
Ich hab im Gegensatz zu den anderen, die dir geantwortet haben, keine Erfahrung in der Augenheilkunde. Dennoch möchte ich gerne meinen Senf dazugeben.

Ich persönlich würd es ganz eindeutig nicht machen - v.a. wegen der ersten drei von Feuerblick genannten Gründe. In einer Praxis geht es um Geschwindigkeit und um Effizienz - das kann ein Anfänger nicht. Entweder wirst du zu langsam sein, zu oft nachfragen, und dich so schnell unbeliebt machen, oder du wirst anfangen, ungenau zu arbeiten und Fehler machen. Beides halte ich für sehr gefährlich. Selbst in der Klinik ist es oft schwer, Dinge erklärt zu bekommen, ordentlich eingearbeitet zu werden. In einer Praxis stell ich mir das noch VIEL schwerer vor. Gerade in einem Fließbandfach wie der konservativen Augenheilkunde. Und das hat IMHO nichts damit zu tun, wo du nachher arbeiten willst - für Anfänger ist eine Praxis IMHO dennoch nicht geeignet, selbst wenn du später mal zu 100% in einer Praxis arbeiten willst. Ganz egal was die WBO dazu in Zukunft sagen mag.

Feuerblick
24.02.2020, 16:14
Ich glaube nicht, dass es angesichts der Vielzahl an Klinikstellen (zu meiner Zeit waren es nur die Unis und vereinzelte städtische Häuser mit eher kleinerem Spektrum) ohne Diss und PJ allzu schwer werden dürfte, eine Klinikstelle zu bekommen. Allein das örtliche Gebundensein ist da ein Hindernis.
Praxen suchen (gerade im Praxisverbund) Arbeitsvieh, keine Leute, die Weiterbildung haben wollen. Also kein Wunder, dass man dir eine Stelle „anbietet“.
Btw: Ich habe auch in einer Art Praxis mit angeschlossener Belegklinik angefangen und das nach zwei Monaten gecancelt. Kaum Lehre (der Chef schon, der war nur selten da. Den Rest hab ich von Assistentenkollegen gelernt, die schon nach wenigen Wochen Cyclophotokoagulationen durchführten. Gru-se-lig!), viele Patienten, im Nachtdienst alleine und viel zu viel „Jugend forscht“. Auch daher keine Empfehlung.

Franz.Schk
26.02.2020, 06:14
Danke für das Meinungsbild! Dann werde ich mal schauen was ich mache...
Befinde mich in einem kleinen Tief, denn ich habe mir meinen Berufseinstieg ein bisschen besser vorgestellt. Bei mir hat sich herauskristallisiert, dass 2 Fächer (u.a. Auge) in Frage kommen. Das hat sich allerdings erst während des PJ gezeigt durch ein paar Berührungspunkte. Keins davon war mein Wahlfach (Wahlfach Neuro, nach wie vor interessant aber alles was ich im PJ und in Hospitationen gesehen habe, hat mich von der Arbeitsbelastung abgeschreckt), deshalb fällt es mir nun schwer, mich zu entscheiden (Ja, man hat ja 6 Jahre Zeit und so, aber man verändert sich ja auch).
Ich mache im Moment seit 2 Wochen nun das andere Fach. Das ist nicht schrecklich schlecht und ich komme gut zurecht, aber das Gefühl, das Richtige gefunden zu haben, hab ich noch nicht (vielleicht bin ich auch ein wenig ungeduldig). Was ich brauche, ist wohl eine Art Coach :-oopss

nochmal danke an alle!

Muriel
26.02.2020, 07:11
In welcher Ecke Deutschlands suchst Du denn?

Franz.Schk
27.02.2020, 07:04
ganz unten, kurz überm Bodensee. Ulm wäre meinen Recherchen nach das nächste, aber auch noch zu weit weg (ca 2h Fahrt)

Muriel
27.02.2020, 07:11
Es gibt in einem Umkreis von 2 Stunden Autofahrt nicht eine einzige Augenklinik? Das kann ich mir ja kaum vorstellen, auch wenn ich weiß, dass mein Wohnort sicherlich die Perspektive etwas verzerrt, da es hier ja alles in mehrfscer Ausführung gibt. Es muss ja nun beileibe keine Uni sein...

davo
27.02.2020, 15:28
Österreich: Feldkirch.

Schweiz: St.Gallen.

Ansonsten wirst du halt einen Umzug in Erwägung ziehen müssen.

Feuerblick
27.02.2020, 15:54
Und Feldkirch ist ne gute Adresse. Ich kenne den Chef :-)

Thomas24
29.02.2020, 23:19
Hallo zusammen,

ich bin seit relativ kurzer Zeit fertig mit dem Studium, hatte danach aber noch eine Weile mit meiner Diss zu tun. Das ging dann jetzt am Ende doch wiederum schneller als gedacht, sodass ich ein wenig früher als geplant eine Stelle suche.

Das Drumherum ist aber eigentlich gar nicht so wichtig, meine Frage ist folgende: Ich würde gerne Auge beginnen, bin aber (für ca. 1 Jahr) örtlich hier in einer mittelgroßen Stadt gebunden, wo keine stationäre ophtalmologische Station / Uniklinik realistisch für den Arbeitsalltag erreichbar ist. Ich habe ein paar Hospitationen in Praxen gemacht und mir wurde jetzt von einer großen überregionalen Praxis mit einigen Niederlassungen, OPs und ziemlich breitem Spektrum eine Stelle angeboten. Man kann ja meines Wissens 36 Monate ambulant machen, aber ich hätte zumindest gerne stationär angefangen, auch, um nicht die ganze Stationsarbeit zu verlernen, und nach einem halbwegs entspannten Praxis-Arbeiten in den stressigen Klinikalltag zu wechseln ist vielleicht auch schlechter als umgekehrt... Gibt bestimmt noch viel mehr Pros und Contras, vielleicht auch was Pro Praxis am Anfang?

Andererseits habe ich auch keine große Wahl zurzeit, wenn ich nicht in einer anderen Fachrichtung anfangen möchte.

Würde mich über Einschätzungen freuen!

Aus den bereits mehrfach genannten Erwägungen eher von abzuraten.
Du lernst und siehst einfach zu wenig. Zu viel Routine, dafür zu wenige komplexe Krankheitsbilder (bzw. du erkennst Sie erst gar nicht), zu viel Patientendurchsatz, zu wenig Zeit für strukturierte Supervision.

Zwei, besser drei Jahre in der stationären Patientenversorgung mit breitem Spektrum machen definitiv Sinn.

Franz.Schk
01.03.2020, 20:49
Bin in einer Phase der Evaluation. St. Gallen weniger (zu weit), aber Feldkirch wäre eventuell perspektivisch möglich (etwas über eine Stunde Fahrzeit aktuell).

Aber nur aus Interesse, ich habe jetzt beim kurzen Recherchieren keine Infos gefunden, dass die ganze Weiterbildung überhaupt ambulant möglich wäre. Ist das in einem bestimmten Bundesland so oder wie? Habe immer nur das von den 36 Monate

Feuerblick
01.03.2020, 20:56
Es gibt Bundesländer, in denen gilt schon die neue WBO. Andere haben die neue WBO ab Juli 2020. Musst einfach bei den verschiedenen Ärztekammern schauen, was bei denen gilt.

Lalalabe
03.03.2020, 23:38
Hallo alle zusammen, ich gebe auch mal meinen Senf dazu. Bei mir hat es so ähnlich angefangen, ich hatte auch wieder PJ noch irgendwelche anderen Erfahrung in der Augenheilkunde, ich habe eine zweiwöchige Hospitation nach meiner mündlichen Prüfung gemacht und das war’s auch schon. Ich war gebunden ich will an den Ort und die Kliniken hier hatten in dem Moment keinen Platz. Ich hab mich auch in einer großen Praxis beworben, mit breitem Spektrum und zusätzlichen Niederlassungen OP und Beleg Klinik. Ich hab am Anfang des Jahres angefangen und muss sagen dass ich das was hier vorher geschrieben wurde schon bestätigen kann. Eine richtige Betreuung gibt es nicht, es fühlt sich niemand für einen verantwortlich, Man muss Glück haben, jemanden zu finden der einem ein bisschen hilft, aber auch da hat man immer wieder das Gefühl dass man diese Person dann eher auffällt weil das Pensum doch recht hoch ist und wie schon beschrieben teilweise wirklich immer das gleiche kommt und man den Blick für das ganze verliert weil man sich halt aufgrund der hohen Patientenzahl immer nur auf das übliche konzentriert. Insgesamt würde ich sagen dass egal wo man arbeitet es hauptsächlich darauf ankommt, wie sehr man selber lernt und lernen möchte, ich kann mir trotzdem sehr gut vorstellen dass in der Klinik die Betreuung und das Arbeiten einfach anders ist und man vor allen in den ersten Jahren nicht selbstständig arbeitet, was zwar in der Praxis immer als Vorteil beschrieben wird, ich persönlich finde aber vor allem am Anfang und vor allem wenn man noch keine Erfahrung hat, Macht es schon Sinn alles abzusprechen und noch nicht selbstständig zu arbeiten weil man den Blick für das ganze einfach noch nicht hat. Ich suche mich auch schon um und versuche so schnell wie möglich in die Klinik zu kommen auch einfach weil ich denke das ich aus dem PJ noch so ein bisschen die Ahnung habe wie man in der Klinik arbeitet und Der Einstieg dann auf jeden Fall leichter ist. Ich denke aber trotzdem dass für den Einstieg wenn Es wirklich nur für kurze Dauer ist in der Praxis anzufangen schon sinnvoller als ein anderes Fach zu machen, weil man sich die Untersuchungstechniken auf jeden Fall aneignen kann
So dass man so Standard Untersuchungen einigermaßen gut beherrscht und man darauf dann weiter in der Klinik aufbauen kann.

Lalalabe
04.03.2020, 08:09
ich würde gerne mal diesbezüglich Frust ablassen, ich fühle mich seitdem ich in der Praxis angefangen komplett überfordert und habe das Gefühl ich kann rein gar nichts, mit wurde am Anfang gesagt, nach 6 Wochen könnte ich meine eigene Sprechstunde bekommen, ich hatte nicht mal PJ in der ahk, und fühle mich selbst jetzt nach 2 Monaten immer noch nicht bereit für eine eigene Sprechstunde!! Bin ich vielleicht wirklich untalentiert, so kommt es mir nämlich. Ich muss sehr früh Angios alleine machen und bekomme regelmäßig zu hören, dass ich das noch nicht kann, dass die Qualität nicht gut ist und dass es besser sitzen muss. Und das nach 2 Monaten, und ich krieg es immer noch nicht richtig gut hin. mich macht das ziemlich fertig, liegt es an mir?
Plus: falls ich tatsächlich zum Sommer eine klinikstelle bekomme wären es etwa 6 Monate in der Praxis, habe ziemlich Bammel, die Kündigung persönlich zu überreichen und mich zu erklären weil ich das Gefühl habe, dass ich am Anfang halt noch was koste und nichts selber einbringe. Wie seht ihr das?