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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bewerbung während der aktuellen Krise / Erfahrung Kardiologie Uniklink



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Neckel14
15.03.2020, 22:46
Hallo,

Ich bin seit einigen Monaten mit dem Studium fertig und wollte eigentlich nun so langsam anfangen mich zu bewerben. Jetzt frag ich mich ob das jetzt angesichts der momentanen Situation der richtige Zeitpunkt ist oder ob ich besser noch etwas warte bis sich das Ganze wieder ein wenig beruhigt? Ich bin mir nicht sicher ob die Kliniken im Moment nicht Besseres zu tun haben als sich mit meiner Bewerbung auseinanderzusetzen, und ob es überhaupt Sinn macht jetzt einen Anfänger einzustellen. Wisst ihr vielleicht ob derzeit überhaupt Assistenten (besonders welche ohne Erfahrung) eingestellt werden?

Ich würde gerne Kardiologie an einer Uniklinik machen. Näher in's Auge gefasst habe ich Freiburg, Tübingen und das UKE in Hamburg. Kann vielleicht jemand allgemein etwas zur Weiterbildung und zu den Arbeitsbedingungen in der Inneren/Kardio in den Häusern sagen?

Lg und alles Gute für die nächste Zeit!

coloneo
16.03.2020, 09:08
Bin in einer ähnlichen Situation wie du, auch frischer Uni-Absolvent.
Hatte ursprünglich eine Stellenzusage mit Start zum 01.04.2020 in der HNO.

Nach der Empfehlung zur Absetzung aller elektiven OPs bundesweit habe ich von meiner Klinik die Rückmeldung bekommen,
dass der Arbeitsanfang auf den 01.05.2020 verschoben wird. Und selbst das ist nicht sicher, keiner weiß
wie sich die Lage bzgl. Corona noch entwickelt.
Angesichts der allgemeinen Unsicherheit verstehe ich diesen Schritt absolut. Ist trotzdem natürlich eine beschissene Situation für uns.

Endoplasmatisches Reticulum
16.03.2020, 09:46
Willkommen im Club! Ich bin auch seit Dezember fertig und versuche seitdem vergeblich, eine Stelle im Großraum Hamburg zu finden. Ich habe aber den Eindruck, das die Lage schon vorm Coronavirus ziemlich angespannt war. Auf meine 10 Bewerbungen vom Dezember und Januar habe ich immerhin noch so ungefähr 1/4 Einladungen zu Gespräch und Hospitation bekommen, aber die Stellen sind dann nach durchweg positiven Gesprächen doch immer an "geeignetere Bewerber" gegangen. Meine nochmal knapp 10 Bewerbungen von Ende Februar und Anfang März sind jetzt allesamt komplett ohne jede Form von Rückmeldung im Limbo versackt, obwohl ich zunehmend auf die Peripherie ausweiche und da eigentlich mit einer eher höheren Resonanz gerechnet hätte. Ich habe jetzt fast alle nicht-kirchlichen Häuser durch und fühle mich langsam wirklich geknickt. 1er-Schnitt, nahezu fertige Diss, Studenten werden für 20 € die Stunde an den Corona-Beratungshotlines gesetzt und Spahn denkt daran, berentete Ärzte reaktivieren - und trotzdem seit 3 Monaten arbeitslos als Arzt. Man darf sich schon wundern.

roxolana
16.03.2020, 11:38
1er-Schnitt, nahezu fertige Diss, Studenten werden für 20 € die Stunde an den Corona-Beratungshotlines gesetzt und Spahn denkt daran, berentete Ärzte reaktivieren - und trotzdem seit 3 Monaten arbeitslos als Arzt. Man darf sich schon wundern.

Ja, irgendwas haut hier nicht hin. Leute aus dem Ruhestand oder der Elternzeit zurückholen wollen, aber arbeitswillige Frischärzte abweisen?

Pflaume
16.03.2020, 12:35
Willkommen im Club! Ich bin auch seit Dezember fertig und versuche seitdem vergeblich, eine Stelle im Großraum Hamburg zu finden.

Welches Fach denn? In der Inneren würden sie einem Bewerber wahrscheinlich beim Vorstellungsgespräch eher eine Metallkugel ans Bein ketten, damit der nicht mehr weglaufen kann, als einem Bewerber abzusagen.

Endoplasmatisches Reticulum
16.03.2020, 13:57
Welches Fach denn? In der Inneren würden sie einem Bewerber wahrscheinlich beim Vorstellungsgespräch eher eine Metallkugel ans Bein ketten, damit der nicht mehr weglaufen kann, als einem Bewerber abzusagen.

Kleines chirurgisches Fach mit langfristiger Möglichkeit der Niederlassung, also v.a. Uro oder HNO. Aber zur Absicherung hatte ich mich auch in einigen Allgemein- und Unfallchirurgien beworben. Mir ist schon klar, dass man da den Corona vermutlich nicht so sehr merkt wie in der Inneren und das nur begrenzt übertragbar ist. Aber trotzdem wurmt es einen in der aktuellen Situation, die täglichen Schlagzeilen zu lesen, wenn man sich selbst seit Monaten frustran bewirbt ...

Naja, eine chirurgische Uniklinik hatte mich eingeladen. Kette ans Bein wie in der Inneren (:P) gab es da nicht. Da lief das Gespräch lief vielmehr so: "Also wir erwarten extremen Einsatz zu jeder Tageszeit und natürlich und Interesse an Habilitation. Wir sind ja eine aufstrebende Klinik! Frei für die Forschung gibt es nicht, das läuft außerhalb der Arbeitszeit und Nachts. Muss ja eine besondere Leistung bleiben. Intensivrotation frühestens im dritten Jahr, eher später. Der Common Trunk ist ja überhaupt nicht umsetzbar. Überstunden machen sie natürlich keine, denn wenn Sie in 8 Stunden die Station nicht fertig kriegen - da muss man sich schon fragen, bei wem der Fehler liegt! Geld für Fortbildungen bezahlen wir auch nicht, was wollen Sie denn mit einem Sono-Kurs? Achja, die Dienste sind im Gehalt mit abgegolten. Das heißt, sie verdienen hier schon deutlich weniger als in anderen Häusern, das muss ihnen bewusst sein. Aber erzählen Sie mal, warum sollten wir Sie nehmen und keinen der anderen herausragenden Bewerber, die wir nächste Woche noch eingeladen haben? Und erklären Sie uns mal, wie es kommt, dass Sie zwischen Abitur und Studium 3 Jahre etwas anderes Medizinisches gemacht haben - das ist ja schon ein übler Bruch im Lebenslauf!" Ich habe es dann gewagt, zu fragen, was denn seine Abteilung mir als Bewerber zu bieten hat und warum ich mich für sie entscheiden sollte. Erst Staunen, dann Rumgedruckse, dann "Wir sind die Uniklinik?". Eine Woche später hatte ich meine Bewerbungsunterlagen kommentarlos in der Post. :o)

][truba][
16.03.2020, 15:34
Sei froh.

davo
16.03.2020, 16:05
Wer dort freiwillig arbeitet, muss irgendwie doof sein. Sei froh, dass dir dieser Wahnsinn erspart bleibt.

Ich hoffe ja echt auf eine Welt, in der jeder Bewerber in so einer Situation einfach aufsteht und geht. Denn erst dann werden die Unikliniken umdenken.

Matzexc1
16.03.2020, 16:39
Ich habe es dann gewagt, zu fragen, was denn seine Abteilung mir als Bewerber zu bieten hat und warum ich mich für sie entscheiden sollte. Erst Staunen, dann Rumgedruckse, dann "Wir sind die Uniklinik?". Eine Woche später hatte ich meine Bewerbungsunterlagen kommentarlos in der Post. :o)

Die beste Reaktion überhaupt. Respekt.

John Silver
16.03.2020, 21:06
Jep, das ist halt nach wie vor die vorherrschende Denkweise an Uniklinika. Dabei können sie die meisten Stellen nur noch mit jungen Naivlingen besetzen, die zuviel „Grey‘s Anatomy“ geschaut haben und ernsthaft glauben, nur an einem Uniklinikum lerne man noch richtige Chirurgie, woanders sei nur niederer Blödsinn. Von diesen Naivlingen bleiben halt ein Paar karrieregeile Opportunisten übrig, und die werden dann OÄ und Ordinarien. So dreht sich das Rad weiter. Es war doch Izbicki, der behauptet hat, ein guter Chirurg und ein guter Vater bzw. eine gute Mutter zu sein, sei unmöglich. Wer unter so einem Popoloch arbeitet und zufrieden ist, muss selbst gestört sein (Workaholik etc.)

Gesocks
16.03.2020, 22:56
[...] Wer unter so einem Popoloch arbeitet und zufrieden ist, muss selbst gestört sein (Workaholik etc.)
Nein, die Basis ist schwer in Ordnung.

John Silver
17.03.2020, 08:07
Wenn man so einen Chef hat und zufrieden ist, ist man schwer in Ordnung? Ok.

tarumo
17.03.2020, 08:56
Wenn man so einen Chef hat und zufrieden ist, ist man schwer in Ordnung? Ok.

Wenn man als Gegenleistung für die spartanischen Konditionen wenigstens eine TOP-Ausbildung bekommen würde...
Wie es geschildert wird, scheint das aber eher nicht der Fall zu sein. Und auch Fortbildungen sind ja keine Spaßveranstaltungen.

In meinem Fachgebiet sehe ich immer wieder Uni-"Gewächse" , die zwar alle möglichen Papers vorweisen, aber das übliche Untersuchungsspektrum einer Feld- Wald- und Wiesenpraxis nicht oder nur schlecht bewältigen können, die fehlenden Fortbildungen schlagen sich auch in fehlenden Kenntnissen in durchaus relevanten Bereichen nieder. Es werden ja durchaus notwendige Fortbildungen in rechtlichen Fragen, Hygiene, Mitarbeiterführung usw. angeboten...Umgekehrt ist dann wieder irrelevantes Spezialwissen reichlich vorhanden.

Bei etwas entspannterem Arbeitsmarkt würde sich eine solche Uni-"Karriere" dann auch schnell als Sackgasse entpuppen.

Gesocks
17.03.2020, 09:01
Wenn man so einen Chef hat und zufrieden ist, ist man schwer in Ordnung? Ok.Ist gar nichts zu diskutieren, nur richtigzustellen. Klassisches Beispiel einer eingeschnappten Schwachsinnsantwort.

Endoplasmatisches Reticulum
17.03.2020, 09:56
Ja, das war wirklich absurd. Ich dachte zuerst noch, das soll einfach ein Stresstest sein und eigentlich interessieren die meine Antworten inhaltlich gar nicht so sehr. Zum Ende hin habe ich dann zunehmend realisiert, dass die diesen Zirkus tatsächlich ernst meinten. Dazu noch so eine Guter-Cop-Böser-Cop-Nummer zwischen Chef und einem der anwesenden Oberärzte. Wie aus einem schlechten Film.

Wobei ich der Korrektheit halber anmerken möchte, dass das von mir geschilderte Gespräch nicht in der Abteilung des hier genannten Chefarztes stattgefunden hat.

Lightyagami
17.03.2020, 13:39
Kleines chirurgisches Fach mit langfristiger Möglichkeit der Niederlassung, also v.a. Uro oder HNO. Aber zur Absicherung hatte ich mich auch in einigen Allgemein- und Unfallchirurgien beworben. Mir ist schon klar, dass man da den Corona vermutlich nicht so sehr merkt wie in der Inneren und das nur begrenzt übertragbar ist. Aber trotzdem wurmt es einen in der aktuellen Situation, die täglichen Schlagzeilen zu lesen, wenn man sich selbst seit Monaten frustran bewirbt ...

Naja, eine chirurgische Uniklinik hatte mich eingeladen. Kette ans Bein wie in der Inneren (:P) gab es da nicht. Da lief das Gespräch lief vielmehr so: "Also wir erwarten extremen Einsatz zu jeder Tageszeit und natürlich und Interesse an Habilitation. Wir sind ja eine aufstrebende Klinik! Frei für die Forschung gibt es nicht, das läuft außerhalb der Arbeitszeit und Nachts. Muss ja eine besondere Leistung bleiben. Intensivrotation frühestens im dritten Jahr, eher später. Der Common Trunk ist ja überhaupt nicht umsetzbar. Überstunden machen sie natürlich keine, denn wenn Sie in 8 Stunden die Station nicht fertig kriegen - da muss man sich schon fragen, bei wem der Fehler liegt! Geld für Fortbildungen bezahlen wir auch nicht, was wollen Sie denn mit einem Sono-Kurs? Achja, die Dienste sind im Gehalt mit abgegolten. Das heißt, sie verdienen hier schon deutlich weniger als in anderen Häusern, das muss ihnen bewusst sein. Aber erzählen Sie mal, warum sollten wir Sie nehmen und keinen der anderen herausragenden Bewerber, die wir nächste Woche noch eingeladen haben? Und erklären Sie uns mal, wie es kommt, dass Sie zwischen Abitur und Studium 3 Jahre etwas anderes Medizinisches gemacht haben - das ist ja schon ein übler Bruch im Lebenslauf!" Ich habe es dann gewagt, zu fragen, was denn seine Abteilung mir als Bewerber zu bieten hat und warum ich mich für sie entscheiden sollte. Erst Staunen, dann Rumgedruckse, dann "Wir sind die Uniklinik?". Eine Woche später hatte ich meine Bewerbungsunterlagen kommentarlos in der Post. :o)

Ähm......Ist das deren Ernst? :O
Ich weiß ja, dass Unikliniken bekannt sind für ihre harten Umgangsformen gegenüber den Assis, v. a. in chirurgischen Disziplinen. Aber solche Forderungen seitens des Arbeitgebers? Keine bezahlten Dienste & Überstunden, Forschung in der Freizeit, unbezahlte Fortbildungen...
Da für mich in etwas über einem Jahr eigentlich eine universitäre Klinik in einem chirurgischen Fach in Frage kommen könnte, muss ich zugeben, dass mich dein Post ein klein bisschen schockiert...
Ich höre (zumindest an unserer Uniklinik) immer nur, wie schwer es für Chefs sei noch geeignete deutsche Bewerber zu finden, da sich niemand diese Arbeitsbelastung antun möchte...Deswegen wundert mich diese Einstellung deines Gegenübers im Bewerbungsgespräch:-((

][truba][
17.03.2020, 15:09
Und was meinst du bedeutet die Aussage deiner Uni-Chefs "Arbeitsbelastung" wohl übersetzt?

Matzexc1
17.03.2020, 16:58
Ähm......Ist das deren Ernst? :O
Ich weiß ja, dass Unikliniken bekannt sind für ihre harten Umgangsformen gegenüber den Assis, v. a. in chirurgischen Disziplinen. Aber solche Forderungen seitens des Arbeitgebers? Keine bezahlten Dienste & Überstunden, Forschung in der Freizeit, unbezahlte Fortbildungen...
Da für mich in etwas über einem Jahr eigentlich eine universitäre Klinik in einem chirurgischen Fach in Frage kommen könnte, muss ich zugeben, dass mich dein Post ein klein bisschen schockiert...
Ich höre (zumindest an unserer Uniklinik) immer nur, wie schwer es für Chefs sei noch geeignete deutsche Bewerber zu finden, da sich niemand diese Arbeitsbelastung antun möchte...Deswegen wundert mich diese Einstellung deines Gegenübers im Bewerbungsgespräch:-((

Das schaffen auch Nicht-Uniklinika. Ich kenne da 2 BGU-Kliniken bei denen solche Sachen vorkommen und einen Fchgebiets-Maximalversorger, es kommt nur darauf an wie groß das Ego ist.

Ich weiss von einer Uniklinik das es dort einen Chrirurgen gibt der nur noch Forschung macht, über eine selbst organisierte Drittmittelstelle

Lightyagami
17.03.2020, 22:22
Das schaffen auch Nicht-Uniklinika. Ich kenne da 2 BGU-Kliniken bei denen solche Sachen vorkommen und einen Fchgebiets-Maximalversorger, es kommt nur darauf an wie groß das Ego ist.

Ich weiss von einer Uniklinik das es dort einen Chrirurgen gibt der nur noch Forschung macht, über eine selbst organisierte Drittmittelstelle


Gelöscht.

Lifestyle
20.03.2020, 21:16
Bei mir sieht es fast gleich aus. Ich habe meinen ARBEITSVERTRAG zum 01.04 vor paar Tagen per post zugeschickt bekommen und überlege mir die ganze Zeit, ob es nicht besser wäre das Einstellungsdatum zu änderen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich Angst habe und es ist meine erste Stelle, außerdem liegt das Krankenhaus nicht in meinem Wohnort. Täglich muss ich mit dem Zug fahren.
Wie sieht ihr das ?
Auf der andere Seite mag ich auch nicht zu Hause hocken und sinnlos als Arzt nichts tun in diesen weltumspannenden Gesundheitsentwicklungen