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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schutzmaskenmangel?



Derbaumeister
28.03.2020, 05:56
Hallo,

ich habe gestern die Tagesschau gesehen und bin seit dem etwas schockiert was die Schutzmasken angeht. Stimmt es, dass es so einen enormen Mangel gibt?

Ich selbst habe ca. 250 FFP2 Masken mit Luftfilter im Keller, weil es bei der Arbeit mal eine Fehlbestellung gab. Schon vor ca. 2 Wochen habe ich die Masken meiner Hausärztin angeboten aber die hatte keinen Bedarf und kannte auch keine Klinik die Bedarf hätte.

Habe jetzt vor zu Montag die Kliniken in meiner Umgebung ab zu klingeln und nach Bedarf fragen. Nur wundert es mich so enorm, dass in den Medien so stark über Mangel geklagt wird aber trotzdem noch nicht entsprechende Sammelstellen oä eingerichtet wurden?!
Ich persönlich kenne jede Menge Handwerksbetriebe die sicher Unmengen an Schutzmasken und auch Anzügen haben. Warum werden diese Ressourcen nicht verteilt/koordiniert?

Oder hab ich irgendwas total verpasst?

Bin allerdings auch nicht in der Gesundheitsbranche tätig sondern Handwerker.



Anschließend hätte ich noch eine evtl. dumme offtopic Frage. Wäre es theoretisch nicht möglich Menschen einfach mit so einem Beutel zu beatmen, also per Hand? Weil dann bräuchte es ja nur einen Menschen pro Patient, der im Schichtwechsel den Beatmungsbeutel drückt und keine limitierten Maschinen? Was übersehen ich bei diesem Gedankengang?

tara84
28.03.2020, 06:51
Also wir hätten dringend Bedarf!
Tragen aktuell handgenähte MNS Masken!
Wie komme ich an deine Masken ?

FirebirdUSA
28.03.2020, 06:55
Das Problem sind die mangelnden Menschen für so eine Tätigkeit rund um die Uhr.
Die Fieberambulanzen nehmen die Masken sicher gerne. Hier wurden die Kliniken tatsächlich auch von den großen Industriebetrieben mit Masken unterstützt

tara84
28.03.2020, 07:05
Wir als Hausarztpraxis nicht. Haben nix! Wie gesagt - handgenäht mittlerweile! Und wir sind nciht die einzigen!

hebdo
28.03.2020, 07:31
Aber braucht eine HA Praxis denn so viele FFP2 Masken?
In Kliniken oder Testcentern werden die viel mehr benötigt.

arbeiter79
28.03.2020, 07:48
Fehler

tarumo
28.03.2020, 07:49
In manchen Regionen hat der Katastrophenschutz bzw. das LRA die zentrale Verteilung übernommen, am besten einfach dort melden.

Meine Empfehlung: als Geste kostenlos zur Verfügung stellen, denn wir wollen ja nicht noch Spekulationsgeschäften Vorschub leiten, gelle.

Unbegrenzt haltbar sind sie im übrigen nicht, der Gummi zerbröselt auch irgendwann nach ein paar Jahren, wenn der Weichmacher weg ist.

arbeiter79
28.03.2020, 07:51
Sind 51 Ärzte in Italien gestorben bereits. Auch wenn ich keine Risikogruppe bin habe ich keinen Bock, mich bei irgendeinem beatmungspflichtigem Senior anzustecken weil es keine Schutzausrüstung gibt. Ich habe deshalb die Arbeit eingestellt und bleibe vorerst weiter daheim. An meinem Arbeitsplatz wurde grade eine Lieferung von Gummihandschuhen von der Lokalpresse gefreiert. Von Masken ist da gar keine Rede.

tarumo
28.03.2020, 08:32
An meinem Arbeitsplatz wurde grade eine Lieferung von Gummihandschuhen von der Lokalpresse gefeiert. Von Masken ist da gar keine Rede.

Nordkoreanische Verhältnisse. Den meisten scheint es aber zu gefallen (z.B. wenn man die Umfragewerte anguckt)

tarumo
28.03.2020, 08:40
Wäre es theoretisch nicht möglich Menschen einfach mit so einem Beutel zu beatmen, also per Hand? Weil dann bräuchte es ja nur einen Menschen pro Patient, der im Schichtwechsel den Beatmungsbeutel drückt und keine limitierten Maschinen? Was übersehen ich bei diesem Gedankengang?

Eine maschinelle Beatmung bei geschädigter (!) Lunge ist noch ein bißchen komplizierter, als durch einen Beutel die rein mechanische Atembewegung mit Raumluft zu imitieren. Zweitens halten die meisten Menschen eine Beutelbeatmung eher Minuten als Stunden durch, ich denke, daß auch bei trainierten Profis nach (meine subjektive Einschätzung) 30-45 min Schluss ist. Drittens würde diese Methode unglaubliche Mengen an Personal am Patienten binden, weil eben keiner eine Schicht alleine durchhält, sondern eher 2-3x/h gewechselt werden müßte. Die Anästhesisten hier im Forum kennen sicherlich noch weitere Argumente.

abcd
28.03.2020, 10:06
Unsere KLinik hat die umliegenden Handwerksbetriebe abtelefoniert bzgl. der Masken und auch einige bekommen.

GelbeKlamotten
28.03.2020, 10:34
Bei uns sind selbst die herkömmlichen chirurgischen Masken so limitiert, dass es davon nur noch eine pro Person und Tag gibt, es sei denn sie wurde sichtbar von außen beschmutzt. Dann gibt es gegen Unterschrift eine neue. FFP2 Masken sind noch einige wenige vorhanden, um die es regelmäßig großen streit gibt.
Du wirst sicherlich viele sehr dankbare abnehmer für deine masken finden.

Mano
28.03.2020, 11:32
Aus meiner Sicht ist die Handbeatmung tatsächlich eine sinnvolle und realistische Möglichkeit. Und vermutlich wesentlich sinnvoller und schonender als die Beatmung von zwei Patienten mit einem Gerät :-wand
Expertise: Man muss nicht studiert haben um einen Beutel 10-20x pro Minute zusammen zu drücken. Das kann jeder mit zwei gesunden Händen. Man kann auch durchaus länger als wenige Minuten bebeuteln - wer mal in einer sparsamen Anästhesieabteilung gearbeitet hat oder eine Anästhesie-Famulatur in einem Entwicklungsland gemacht hat, weiß was ich meine.
Physiologie: Lungenprotektiv und mit PEEP ist was anderes - klar. Aber das können viele Transportbeatmungen oder die Doppelbeatmung von zwei Patienten mit einem GErät auch nicht - Alternativen die gerade sehr lebhaft diskutiert werden. Mit einigen Modifikationen (PEEP-Ventil, Verwendung von weichen/ reaktiven Beuteln, Sauerstoff-Luft-Mischer) kann man die Verträglichkeit aber durchaus steigern.
Personal: In Deutschland gibt es etwa 3 Millionen Studenten (ja, auch ein Nicht-Medizinstudent kann einen Beutel asudrücken). Größtenteils ohne wesentliche Vorerkrankungen und jung um ein minimales Eigenerkrankungsrisiko zu haben. Um einen Patienten rund-um-die Uhr zu beatmen benötige ich ca. 6 Personen (je zwei pro acht Stunden Schicht mit stdl. Wechsel; und das ist durchaus komfortabel-konservativ). Wenn sich 10% der Studenten freiwillig melden, reicht das um 50.000 Patienten zusätzlich dauerhaft zu beatmen. Ich denke bevor diese Resource ausgeschöpft ist, wird es an anderen Dingen knapp: Physikalischen Bettgestellen, Monitoren, Sauerstoff, Schutzausrüstung usw.

Markus-HEX
28.03.2020, 11:37
Hallo,
Wäre es theoretisch nicht möglich Menschen einfach mit so einem Beutel zu beatmen, also per Hand? Weil dann bräuchte es ja nur einen Menschen pro Patient, der im Schichtwechsel den Beatmungsbeutel drückt und keine limitierten Maschinen? Was übersehen ich bei diesem Gedankengang?

moderne, klinische Beatmungsgeräte machen viel mehr als "nur" beatmen - sie liefern erhöhte Drücke, erkennen und unterstützen die Eigenatmung des Patienten und bieten natürlich noch entsprechendes Monitoring und Messwerte.

Gerade die kranke Lunge braucht eben diese Aspekte

Der Beatmungsbeutel ist quasi nur eine Luftpumpe (so wie auch einfache Rettungsdienst-Beatmungsgeräte auch) - so etwas kann man in kurzen Notfallsituationen machen, wenn der Patient keine Eigenatmung hat (z.B. Reanimation, Narkose).
Eine so tiefe Narkose mit Muskelentspannung, damit ein Patient länger eine solche "luftpumpenbeatmung" toleriert, sorgt dafür, dass die Fähigkeit zur eigenatmung zunehmend verkümmert (Muskelatrophie), sprich das Abgewöhnen von der Beatmung nicht oder nur sehr, sehr schwer möglich wird. Zudem ist die kranke Lunge so geschädigt, dass es ein sehr schmaler Grat ist, zwischen dem Druck, der notwendig ist, um Luft in die Lunge zu bekommen, zum anderen so wenig druck, um beatmungsassoziierte Lungenschäden (durch zu viel Druck, zu viel Volumen, zu hohen Scherkräften) zu minimieren.
hierfür braucht es Beatmungsgeräte, die diese einstellungen bieten, schnell und genau auf Atembemühungen des Patienten reagieren, Eigenatmung unterstützen und so quasi ab Beginn der Beatmung auch schon auf die Beendigung der Beatmung hinarbeiten, indem man die Lunge nicht medikamentös lahmlegt.

Das sind nur einige Aspekte, was gegen die "Luftpumpe/beatmungsbeutel" spricht...

tarumo
28.03.2020, 12:50
Meine Anästhesiezeit ist schon ein wenig länger her, aber mehr als eine Stunde ohne Erschöpfungserscheinungen o.ä. zu bebeuteln hätte ich, glaube ich, nicht geschafft.

Potentielle Diskussionen um "Eiserne Lunge" dürften sich ja auch erledigt haben. Die gibt es zwar auch nicht mehr, aber das sind ja low-tech-Produkte, die jeder Schlosser oder Maschinenbauer in kurzer Zeit zusammendengeln kann. Aber mehr als Einspringen für eine schlaffe Muskulatur schafft sie halt nicht- bei den Poliopatienten dürfte die Lunge ja an sich völlig in Ordnung gewesen sein.