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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : PSA bei Behandlung von Patienten mit SARS-Co 2



koelnerchen
04.04.2020, 09:05
Hallo zusammen, ein weiteres Corona-Thema, diesmal zur Diskussion über Mund-Nase-/Atemschutz (FFP2) und weitere PSA

In der Empfehlung der Charité, was auch die DIVI auf ihren Seiten postet heißt es, ein einfacher MNS ist auch bei Annäherung <2m ausreichend, so auch die Anordnung in unserer Klinik. https://divi.de/component/finder/search?q=mns&Itemid=596
- Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schreibt ähnliches: https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/760

Hingegen:

- Selbst das RKI schreibt weiterhin, dass bei Behandlung von bestätigen Fällen bevorzugt FFP2 Masken getragen werden sollen, und nur wenn diese nicht zur Verfügung stehen auf MNS zurückgegriffen werden kann: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Hygiene.html

- Auch in der neuen Empfehlung zum ressourcenschonenden Einsatz von MNS und FFP2 des RKI ist mit keinem Wort erwähnt, dass von o.g. Auswahl an Schutzmaßnahmen abgewichen werden soll, hier geht es einzig um die Wiederverwendung dieser Masken, was wir ohnehin schon lange tun: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Ressourcen_schonen_Masken.html

- Das Bundesministerium für Arbeitssicherheit hat SARS-CoV 2 als biologischen Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 eingestuft: https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/corona-virus-arbeitsrechtliche-auswirkungen.html

- Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin weist in der Technischen Regel für biologische Arbeitsstoffe (TRBA250) darauf hin, dass bei Stoffen der Risikogruppe 3 (wo SARS-CoV 2 eingeordnet ist, s.o.) ein einfacher Mund-Nasenschutz nicht ausreicht: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRBA/TRBA-250.html (Absatz 4.2.10, (3))

- die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des RKI (KRINKO) schreibt das ebenso, bezugnehmend auf TRBA250 : "Werden Tätigkeiten an Patienten, die an luftübertragbaren Krankheiten erkrankt sind, ausgeführt, und trägt der Patient einen MNS, reicht nach der TRBA 250 für den Behandler das gleichzeitige Tragen eines MNS als geeignete Präventionsmaßnahme in der Regel aus. Dies gilt nicht, wenn der Erreger der Risikogruppe 3 oder gar 4 zugeordnet ist.": https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Infektionspraev_Pflege_Diagnostik_Therapie.html

- der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe erwähnt Mund-Nasenschutz gar nicht im Zusammenhang mit der Patientenversorgung, sondern empfiehlt sogar Gebläse unterstützten Atemschutz: https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Biostoffe/FAQ/pdf/Empfehlungen-organisatorische-Massnahmen.pdf?__blob=publicationFile&v=3

- Die Bundesagentur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat übrigens folgende Übersicht erstellt zu den verschiedenen Masken und ihren möglichen Einsatzbereichen (hier MNS nur möglich, wenn auch der Patient einen trägt): https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Biostoffe/FAQ-PSA/pdf/Schutzmasken.pdf?__blob=publicationFile&v=5


Es muss seitens des Arbeitgebers nachgewiesen immer wieder alles versucht werden, geeignete Schutzkleidung zu besorgen, lt Gesetzlicher Unfallversicherung: (Unter: "Werden Unternehmen bei fehlender Schutzausrüstung in Regress genommen?") https://www.dguv.de/landesverbaende/de/medien/faq/aktuelles_corona_dav/index.jsp

Nun ist es ja auch so, dass eigene, mitgebrachte FFP2-Masken die Versicherung des Trägers bei der Arbeit aushebeln, es sind einem somit die Hände gebunden und man muss mit dem ausschließlich bereitgestellten MNS arbeiten.

Wie wird das bei euch gehandhabt? Wie werdet ihr geschützt?

Kandra
04.04.2020, 09:27
FFP2-Masken in der Notaufnahme und bei fraglich bzw. gesichert infektiösen Patienten (bei Aerosolbildung FFP3), ansonsten tragen alle (mittlerweile auch die Mütter unserer Frühchen) im Haus einen MNS, der nur zum trinken und essen abgenommen wird.

freak1
04.04.2020, 09:41
Vermeidungsverhalten: Wenn es keine FFP2/3 Masken mehr gibt und du schreibst die müssen aber getragen werden, könnten die Mitarbeiter bei Infektion ja den Arbeitgeber verklagen oder sich weigern.

Also wird dem unterstellten RKI befohlen die entsprechenden Regelungen anzupassen.

koelnerchen
04.04.2020, 10:48
Vermeidungsverhalten: Wenn es keine FFP2/3 Masken mehr gibt und du schreibst die müssen aber getragen werden, könnten die Mitarbeiter bei Infektion ja den Arbeitgeber verklagen oder sich weigern.

Also wird dem unterstellten RKI befohlen die entsprechenden Regelungen anzupassen.

Das ist eben die Frage - auf welche Instanz kann man sich berufen, wenn dem Personal auf der CoViD-Station FFP2 verweigert werden (obwohl vorhanden, zwar nicht in großer Stückzahl, aber dennoch) und gesagt wird ein einfacher MNS ist ausreichend, auch bei Aufnahme, körperlicher Untersuchung und Abstrichen?
Bei den ganzen Quellen oben sehe ich persönlich ja nicht unbedingt die Empfehlungen der DIVI, der DKG und Charité als primär maßgeblich...

nitas
04.04.2020, 12:14
Wenn das Zeug noch vorhanden ist, aber VERWEIGERT wird, würde ich wahlweise die Zeitung anrufen (jemand anderes interessiert sich wahrscheinlich nicht dafür)

oder der Arbeit fernbleiben. das ist ja zum kotzen.

Kandra
04.04.2020, 12:23
Das ist eben die Frage - auf welche Instanz kann man sich berufen, wenn dem Personal auf der CoViD-Station FFP2 verweigert werden (obwohl vorhanden, zwar nicht in großer Stückzahl, aber dennoch) und gesagt wird ein einfacher MNS ist ausreichend, auch bei Aufnahme, körperlicher Untersuchung und Abstrichen?
Bei den ganzen Quellen oben sehe ich persönlich ja nicht unbedingt die Empfehlungen der DIVI, der DKG und Charité als primär maßgeblich...

Dann darf derjenige, der die Ausgabe der FFP2-Masken verhindert, gerne selbst die Patienten versorgen. Ich würde mich dann mal vornehm zurückziehen.

koelnerchen
04.04.2020, 12:36
Vielleicht ergänzend, es geht um die CoViD-Normalstation (mit teils Verdachtsfällen, großteils nachgewiesener Infektion und wachen, möglicherweise hustenden und niesenden Patienten).
Von Face-Shields ganz zu schweigen, die gibt es bei uns überhaupt nicht.
Besonders stört mich, dass es in der Ansage bei uns nicht primär darum geht, dass FFP2 nicht ausreichend zur Verfügung stehen und deshalb diese Maßnahmen ergriffen werden müssen (was ja durchaus sein kann, aber das ist nicht das Hauptargument), sondern dass uns gesagt wird, ein einfacher Mund-Nasenschutz wäre auch bei Annäherung auf <2m vollkommen ausreichend. Alles bezugnehmend auf die Empfehlung aus Charité/DIVI/DKG.
Der Patient sollte bei Betreten des Zimmers auch einen MNS anlegen, was wie man sich vorstellen kann nicht immer klappt/nicht toleriert wird vom Patienten.

Sicher ist die Versorgung der Intensivstation nochmal wichtiger, da das Infektionsrisiko hier nochmal höher ist. Wenn es wirklich so knapp ist, dass nur noch die ITS versorgt werden kann sieht das ja nochmal anders aus... Wir kennen die vorhandenen Stückzahlen und Lieferungen natürlich nicht.

freak1
04.04.2020, 12:37
Ich würde auf jeden Fall zusehen, dass die entsprechende Anweisung schriftlich vorliegt. Falls du dich infizierst und Folgeschäden davon trägst kannst du dann wenigstens (ggf. über die BG) den Arbeitgeber an den Folgekosten beteiligen.

kartoffelbrei
04.04.2020, 12:38
Laut ESICM-Guideline (https://www.esicm.org/wp-content/uploads/2020/03/SSC-COVID19-GUIDELINES.pdf) (Seite 8) ist FFP2/3 nur bei aerosol-generierenden Maßnahmen nötig. Für alles andere sei auch in chirurgischer Mundschutz ausreichend. Wobei ich persönlich einen Abstrich schon als potentiell aerosol-generierend einstufen würde...
(https://www.esicm.org/wp-content/uploads/2020/03/SSC-COVID19-GUIDELINES.pdf)

DoctorNew
04.04.2020, 12:44
Also ich kenne die Empfehlungen auch so, wie von der DIVI beschrieben, in ähnlicher Art von anderen Infektiologen mehrerer Universitätsklinika. Bezogen wird sich dabei regelhaft auf Studien über die Verbreitung der Influenza (und soweit ich mich erinnere) teilweise auch SARS-CoV-1, in denen ein chirurgischer (kein selbst genähter!) MNS vergleichbar schützend war wie eine FFP-Maske. Da der SARS-CoV-2 wohl sogar ein wenig größerer ist als Influenza-Virus ist, wird in Analogie (auch wenn es wohl noch keine richtigen Daten zum SARS-CoV-2 diesbezüglich gibt) von einer ähnlichen Situation auch beim SARS-CoV-2 ausgegangen. Man muss ja auch festhalten, dass sich die (unterschiedlichen) Empfehlungen auf jeden Fall bei sehr Aerosol-lastigen Tätigkeiten (HFNC, NIV, Intubation, Absprich!, provoziertes Sputum! o.ä.) einig sind bezüglich notwendiger FFP2-Maske und sich nur beim einfachen Kontakt (<2m) mit einem Infizierten unterscheiden, der spontan atmet und nicht stärker hustet bzw. der invasiv beatmet ist und an dem nicht manipuliert (Absaugung o.ä.) wird. Eine (evtl. bestehende) geringe residuelle Virusexposition trotz MNS bei einfachem Kontakt könnte beim Immunkompetenten ja sogar eher zur Induktion einer Antikörperbildung führen. Persönlich fühle ich mich mit Vorgehen, MNS in der einfachen Kontaktsituation und FFP2 bei gefährlichen Tätigkeiten (und dadurch dann ein noch bewussteteres Vorgehen bei An- und Ablegen der PSA) eigentlich (auch subjektiv) ganz gut geschützt, auch wenn dem eigenen Bauchgefühl natürlich andauerndes Tragen einer FFP2- bzw. FFP3-Maske lieber wäre.

Sebastian1
04.04.2020, 13:34
Das ist eben die Frage - auf welche Instanz kann man sich berufen, wenn dem Personal auf der CoViD-Station FFP2 verweigert werden (obwohl vorhanden, zwar nicht in großer Stückzahl, aber dennoch) und gesagt wird ein einfacher MNS ist ausreichend, auch bei Aufnahme, körperlicher Untersuchung und Abstrichen?
Bei den ganzen Quellen oben sehe ich persönlich ja nicht unbedingt die Empfehlungen der DIVI, der DKG und Charité als primär maßgeblich...


Kein Schutz, keine Arbeit.
Das Problem ist nicht weiterdelegierbar an den Arbeitnehmer. Die schlechte Marktlage ist nicht von uns zu lösen.
Den Schutzanspruch haben wir dennoch, gefragt sind hier die Arbeitgeber. Die entsprechende Leitlinie ist von 1989 und damit nun wahrlich nicht überraschend.

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=LEGISSUM:c11117&from=DE

Und nein, auf ein Totschlagargument "ja, willst du die Patienten denn sterben lassen" lasse ich mich nicht ein. PSA ist eine conditio sine qua non.

koelnerchen
04.04.2020, 14:04
Also ich kenne die Empfehlungen auch so, wie von der DIVI beschrieben, in ähnlicher Art von anderen Infektiologen mehrerer Universitätsklinika. Bezogen wird sich dabei regelhaft auf Studien über die Verbreitung der Influenza (und soweit ich mich erinnere) teilweise auch SARS-CoV-1, in denen ein chirurgischer (kein selbst genähter!) MNS vergleichbar schützend war wie eine FFP-Maske. Da der SARS-CoV-2 wohl sogar ein wenig größerer ist als Influenza-Virus ist, wird in Analogie (auch wenn es wohl noch keine richtigen Daten zum SARS-CoV-2 diesbezüglich gibt) von einer ähnlichen Situation auch beim SARS-CoV-2 ausgegangen. Man muss ja auch festhalten, dass sich die (unterschiedlichen) Empfehlungen auf jeden Fall bei sehr Aerosol-lastigen Tätigkeiten (HFNC, NIV, Intubation, Absprich!, provoziertes Sputum! o.ä.) einig sind bezüglich notwendiger FFP2-Maske und sich nur beim einfachen Kontakt (<2m) mit einem Infizierten unterscheiden, der spontan atmet und nicht stärker hustet bzw. der invasiv beatmet ist und an dem nicht manipuliert (Absaugung o.ä.) wird. Eine (evtl. bestehende) geringe residuelle Virusexposition trotz MNS bei einfachem Kontakt könnte beim Immunkompetenten ja sogar eher zur Induktion einer Antikörperbildung führen. Persönlich fühle ich mich mit Vorgehen, MNS in der einfachen Kontaktsituation und FFP2 bei gefährlichen Tätigkeiten (und dadurch dann ein noch bewussteteres Vorgehen bei An- und Ablegen der PSA) eigentlich (auch subjektiv) ganz gut geschützt, auch wenn dem eigenen Bauchgefühl natürlich andauerndes Tragen einer FFP2- bzw. FFP3-Maske lieber wäre.

Ja, so wird das bei uns auch gehandhabt und argumentiert. Aber so wirklich sicher fühlt man sich damit nicht. Und wirklich ausprobieren und gucken was passiert fühlt sich tatsächlich auch nicht richtig an.
Es sind natürlich alles Behelfslösungen, klar. Aber mit welcher Vehemenz die teilweise verteidigt werden und dass alles darüber hinaus übertrieben sei und Unruhe stiftet (zB wenn man sich selbst welche besorgt, und dass das dann nicht mehr versichert ist)... Also ich finde das echt schwierig.
Und einfach sagen man arbeitet dann da nicht ist auch schwierig, dann müssten ja alle mitziehen.

nitas
04.04.2020, 15:09
Die ziehen schon von selbst mit, wenn sie merken, dass das Team kleiner wird. Es ist dasselbe mit unbezahlten Überstunden und schlechter Weiterbildung und unfairer Dienstbelastung und-und-und.
solange man nix macht, passiert auch nix. Und wenn man da steht wie das Reh im Scheinwerferlicht, weil man Angst vor der eigenen Courage hat, dann ändert sich auch nix.
Was hast du denn zu befürchten? Ganz im Ernst?

FirebirdUSA
04.04.2020, 17:54
Ja, so wird das bei uns auch gehandhabt und argumentiert. Aber so wirklich sicher fühlt man sich damit nicht. Und wirklich ausprobieren und gucken was passiert fühlt sich tatsächlich auch nicht richtig an.
Es sind natürlich alles Behelfslösungen, klar. Aber mit welcher Vehemenz die teilweise verteidigt werden und dass alles darüber hinaus übertrieben sei und Unruhe stiftet (zB wenn man sich selbst welche besorgt, und dass das dann nicht mehr versichert ist)... Also ich finde das echt schwierig.
Und einfach sagen man arbeitet dann da nicht ist auch schwierig, dann müssten ja alle mitziehen.

Wir haben im Moment noch FFP2 Masken und nutzen die auch bei klarem Verdacht. Ich habe aber mit MNS für Patient + Versorger kein Problem. Ich finde die wenigen Studien dazu gut. Außerdem musst du doch sowieso bei jedem Patienten davon ausgehen er könnte aktuell positiv sein, insofern stören mich persönlich Patienten ohne MNS mehr.

roxolana
04.04.2020, 21:07
Nun ist es ja auch so, dass eigene, mitgebrachte FFP2-Masken die Versicherung des Trägers bei der Arbeit aushebeln, es sind einem somit die Hände gebunden und man muss mit dem ausschließlich bereitgestellten MNS arbeiten.

Das verstehe ich nicht. Warum darf man sich keinen eigene (höherwertigere) Schutzausrüstung mitbringen?

WackenDoc
04.04.2020, 21:14
DAS halte ich für ein Gerücht. Wenn das ordentliche FFP2 sind und eh nichts besseres zur Verfügung steht, wird da rein gar nichts ausgehebelt.
Diese Regelung gibt es bei der Berufsgenossenschaft nicht.