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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie "bewirbt" man sich für Allgemeinmedizin?



Leni_89
04.04.2020, 14:07
Hallo ihr Lieben,

diesen Herbst werde ich das Abenteuer wagen und nach Deutschland gehen. Genauer gesagt nach Hessen. Nun habe ich schon einige Klinikseiten durchforstet, nirgends findet man ein Stellenangebot für Allgemeinmedizin-Weiterbildung. Manche Krankenhäuser bieten dann wiederum 24 Monate Weiterbildung an. Irgendwie durchblicke ich das System nicht. Kann mir jemand Auskunft geben? Muss ich mich somit um jedes Weiterbildungs-Tertial selber kümmern?

Danke und liebe Grüße!

nitas
04.04.2020, 14:26
Gesetzt den Fall, dass deine Approbation (?) hier anerkannt ist:
du bewirbst dich wo du willst, sagst, dass du im Prinzip nur Klinikmonate sammeln willst für die Allgemeinmedizin, und die Klinik wird sich freuen, dein Gehalt zum großen Teil nicht selbst zahlen zu müssen und dich sowieso einstellen (Antrag auf Förderung der Weiterbildung stellen lassen).

Oder es ist dir wichtiger, frei von diesem Antrag die Sache auf dich zukommen zu lassen und bewirbst dich einfach irgendwo und gehst dann, wenn es dir reicht, woanders hin. Klappt alles völlig problemlos, solange du die anrechenbaren Zeitabschnitte berücksichtigst und von allen Unterschriften genug gesammelt hast.

ergänzung:
hast du denn schon irgendwelche Erfahrung? Dann natürlich auch rechtzeitig einreichen und prüfen lassen, ob es irgendwie anrechenbar ist.

Es ist völlig Wurst, ob eine Klinik die Weiterbildung „Allgemeinmedizin“ nennt. Innere für 24-36 Monate schickt auch, oder 24 Monate Innere plus 12 Monate was anderes mit Patientenversorgung (mindestens 3-Monatsabschnitte). Weiterbildung in der Praxis dann noch mal 24 Monate. Achtung: Mutterschutz und Elternzeit werden zum Teil angerechnet. Kann man gut finden, weil man damit schneller fertig ist. Muss man aber nicht gut finden, wenn man (wie ich) nicht damit gerechnet hat und so sich viel früher zur Prüfung anmelden ‚musste‘, als geplant.
Die Weiterbildungsordnung oder die sehr hilfsbereiten Leute bei LÄKH und KV sagen dir, was geht und was nicht. Die Klinik hat im Zweifel eh keine Ahnung und es ist ihr wahrscheinlich auch egal.

sonnenblume42
04.04.2020, 14:27
Hallo, genau.
Du organisiert das selbst.
Wenn du zb mit Innere anfangen willst, dann such dir bspw. ein Haus wo du meinst eine breite Ausbildung/was du wichtig findest zu bekommen.
Ob man gleich erzählen sollte, dass man dann nach einer Weile weg ist, keine Ahnung.
Ich habe selbst ein Fremdjahr gemacht und es nicht erzählt vorher. Sonst hätte mich da keiner ausgebildet. Traurig,aber wahr.
Vielleicht kann dir hier jemand aus der Allgemeinmedizin noch weiter helfen.

Edit: sorry, habe Unrecht. Das gilt bei der Allgemeinmedizin nicht unbedingt, wegen des Gehalts. Mea culpa.

Leni_89
04.04.2020, 14:35
Ok, danke. Das klingt eigentlich schon mal ganz gut. Nur blöd, dass man somit nie ein richtiger Teil eines Teams wird, weil man sowieso bald wieder weg ist.
Also ich gehe jetzt mal schwer davon aus, dass mein Studienabschluss aus Österreich anerkannt wird :-)

@sonnenblume42: kann mir gut vorstellen dass dich sonst keiner ausgebildet hätte. Ist dann vielleicht doch ähnlich wie in Österreich. Hier wird man als reine Stationskraft missbraucht. Wenn man nicht selbst jeden Tag 110% gibt und auf Leute zugeht und die Ausbildung einfordert, bleibt man auf der Strecke...

nitas
04.04.2020, 14:42
Ich hab erst mit der Kündigung in der Inneren bekannt gegeben, dass ich eigentlich von vorn herein Allgemeinmedizin machen wollte.
Es stimmt leider, dass ich sonst nie auf der Intensiv gelandet wäre und wahrscheinlich Echokardiographie auch nicht hätte lernen dürfen.

Fürs Gehalt war mir das ehrlich gesagt egal. Bevor ich mich da verpflichte, eine Facharztausbildung abzuschließen und am Ende will ich doch Hämatologin werden und dann darf ich mein Gehalt für die letzten drei Jahre selbst zahlen - ähm nein :-))

bei den Verhandlungen mit der weiterbildenden Hausarztpraxis muss man dann schon gut aufpassen. Für den Praxisinhaber ist es je nach Berufserfahrung des Weiterzubildenden eine enorme Arbeitserleichterung bei eher geringem finanziellen Aufwand (wenn die Förderung gewählt wird). Da muss man sehr gut verhandeln und auch pokern, sonst verkauft man sich einfach zu billig. Andererseits wird ein niedergelassener Hausarzt mittlerweile kaum noch Assistenten einstellen, die die Fördermaßnahme ablehnen. Verständlich.

denkstdu
04.04.2020, 14:46
Ich glaube das ist vom Haus abhängig. Ich würde mir an deiner Stelle ein kleines Haus suchen, da kann man auch viel über den Tellerrand schauen.Ich war selbst in einem kleinen Haus und mir wurde nicht verwehrt, klar Interesse muss man zeigen aber das ist immer so.Zugeworfen bekommt man nichts. Intensivzeit auch mitgenommen (man kann es ja fürn Notarztschein irgendwann noch brauchen), Fortbildungen die für die Prüfung gefordert waren wurden alle bezahlt.

daCapo
11.04.2020, 23:12
Um es kurz zusammenzufassen: Man organisiert seine Weiterbildung selber (!), hierbei ist eine gewisse Zeit in der Inneren Medizin im Krankenhaus notwendig; genaues steht hier:
https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/MLogbuch-1-FA_Allgemeinmedizin1.pdf

bzw. die Weiterbildungsordnung des Bundeslandes, wo man arbeitet, legt das genau fest.

Wichtig: man sollte eine Stelle am besten mindestens 6 Monate behalten, bei Allgemeinmedizin gibt es wohl die Ausnahme 3 Monate teilweise, sonst wird es nicht anerkannt.

Stellen finden ist sehr einfach in Deutschland in einem Krankenhaus.

Leni_89
12.04.2020, 08:44
...

Stellen finden ist nicht sehr einfach in Deutschland in einem Krankenhaus.

Danke für deinen Beitrag.
Du sagst es sei nicht leicht eine Stelle zu finden in Deutschland? :-(
Ich habe kein Interesse an großen Häusern in großen Städten. Ich würde die Ausbildung gerne im ländlichen Bereich machen. Meinst du, da ist es auch so schwierig?
Hast du dich initiativ beworben? Oder einfach nach Assistentenstellen gesucht?

Ich habe eine ziemlich gute Stelle in Österreich :-/ Aber ich möchte nicht auf ewig eine Fernbeziehung führen

WackenDoc
12.04.2020, 10:33
Man muss das System verstanden haben und das kann für jemanden, der aus einem andern Land mit einem anderen System kommt, sehr verwirrend sein.

Also ganz wichtig ist, dass du dir auf der Homepage der Landesärztekammer die aktuelle Weiterbildungsordnung anschaust. Da steht drin, was du "sammeln" musst für den Facharzt. Die Allgemeinmedizin hat die Besonderheit, dass man nicht die komplette Weiterbildung im Fach "Allgemeinmedizin" machen kann. Sondern man braucht mindestens 2 Jahre Innere- eben auf einer Weiterbildungsstelle "Innere Medizin". Kleineres, ländliches Haus ist sogar sinnvoll, weil du da genau das lernst, was du für die Allgemeinmedizin brauchst.
Also einfach auf eine entsprechende Stelle bewerben (vorher unbedingt auf der Homepage in der Liste der Weiterbildungsermächtigten schauen, ob die Klinik wirklich eine Weiterbildungsermächtigung hat). Dann macht man halt seine Zeit, kündigt irgendwann und nimmt das Zeugnis für 2 Jahre Innere mit (oder wenn die Stelle Mist ist, dann sieht man zu, dass man gleicht geht oder hält 6 Monate durch, damit die Zeit anerkannt wird).

Dann muss man sich irgendwann eine Praxis suchen für den Allgemeinmedizinteil. Da die meisten Praxen ihrem Weiterbildungsassistenten nicht so viel bezahlen können wie eine Klinik und wir eh zu wenig Hausärzte haben, gibt es die Möglichkeit der Förderung.

Ausländische Weiterbildungszeiten und Facharztitel können übrigens anerkannt werden.

daCapo
12.04.2020, 10:33
Danke für deinen Beitrag.
Du sagst es sei nicht leicht eine Stelle zu finden in Deutschland? :-(
Ich habe kein Interesse an großen Häusern in großen Städten. Ich würde die Ausbildung gerne im ländlichen Bereich machen. Meinst du, da ist es auch so schwierig?
Hast du dich initiativ beworben? Oder einfach nach Assistentenstellen gesucht?

Ich habe eine ziemlich gute Stelle in Österreich :-/ Aber ich möchte nicht auf ewig eine Fernbeziehung führen

oh das war ein Tippfehler abends, mein Fehler, es ist sehr einfach eine Stelle in der Inneren Medizin in einem deutschen Krankenhaus zu finden.

Im ländlichen Raum ist es noch einfacher eine Stelle zu finden, als in der Stadt.

Du kannst ja einen Tag es dir mal anschauen in Deutschland, wenn dir eine Stelle zusagt und dann entscheiden.

DA1994
12.04.2020, 12:45
Es gibt auch Programme, die eine strukturierte und bezahlte Ausbildung zum FA Allgemeinmedizin anbieten. Dabei handelt es sich um regionale Zusammenschlüsse aus Kliniken und Praxen. Das ganze nennt sich Verbundweiterbildung, über Google findet man einige ganz attraktive Angebote.

Ist vielleicht eine gute Alternative, wenn man sich nicht alle paar Monate mit der Stellensuche beschäftigen will und teilweise auch noch bezüglich der beruflichen Zukunft lügen muss.

Leni_89
14.04.2020, 17:23
Danke!! Ihr habt mir mit euren Antworten sehr weitergeholfen!

Leni_89
14.04.2020, 17:29
Eins noch: Kann ich als fertiger Allgemeinmediziner in Deutschland auch Arbeitsmedizin machen?
In Ö kann man als fertiger Allgemeinmediziner in die Arbeitsmedizin ohne spezielle Schulungen eintreten..