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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neuro mit erträglichen Arbeitsbedingungen?



Brodmann1
12.04.2020, 10:39
Hallo zusammen und frohe Ostern!

Ich bin im ersten Jahr Weiterbildungsassistent. Während des Studiums fand ich Neuro und damit assoziierte Sachen (Nch, Psych) immer ziemlich spannend und hatte die Absicht, mit Neuro zu beginnen. Habe in Neuro promoviert und PJ gemacht und ein paar Hospitationen gemacht.

Nun kommt die Krux: Auch bezüglich der Praxis finde ich es nach wie vor sehr interessant ABER an allen Arbeitsstätten, die ich gesehen habe, war die Arbeitsbelastung immens hoch und tägliche Überstunden waren die Regel:
- PJ an Uni-assoziiertem Haus. Ich fands inhaltlich toll, habe viel gemacht, auch LPiert, aber: Assistenten bleiben idR > 10-11 Stunden, Überstunden aufschreiben wird gar nicht gerne gesehen usw....
- Mir wurde an der Uni auch eine Stelle angeboten, Zitat Chef: "Wer work-life balance sucht, wird kein guter Arzt. Wenn Sie guter Neurologe werden wollen, dann wohnen Sie halt in den ersten 2 Jahren quasi im Krankenhaus, dann lernen Sie auch was!"

Wenn ich eins im PJ gelernt habe, dann, dass man zu einem gewissen Teil selbst für seine Arbeitsbedingungen verantwortlich ist und Ausbeutung nicht ertragen muss (genauso die Floskel, als Anfänger sei man eben so langsam und dann selbst Schuld, wenn die Station erst um 20 Uhr fertig ist). Ich war leider ziemlich abgeschreckt von diesem Bild. Ich habe nun in der Psych angefangen. Das ist von den Bedingungen her gut. Viel Arbeit, aber nicht zuviel und keine regelmäßigen aufgezwungenen Überstunden. ABER: das Somatische-Neurologische fehlt mir doch etwas. Mir wurde gesagt, die Arbeitsbelastung ist zwar in Akut-Neurologien auch an Uni-fernen Krankenhäusern sehr hoch, aber in Fachkliniken ist das besser (z.B. Parkinson, MS, Epilepsie) und trotzdem kann man gut lernen, sofern man nicht zuviel in eine Richtung macht.

Meine Frage ist: was haltet ihr davon? Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht oder gehört? Ich fühle mich momentan wohl in der Psych, allerdings schon mit dem Gedanken, in die Neuro zu gehen, wenn die Bedingungen stimmen (aber nur dann!)

LG

Juvia
12.04.2020, 16:46
Nein, ist definitiv nicht in allen Neuro-Abteilungen so! Ich bin aktuell im 3. WBJ in einer eher kleinen Abteilung (gut 40 Betten, 8 Assis) und ja, wir haben alle Überstunden, aber die werden elektronisch ohne Diskussion erfasst und mehr als eine am Tag ist es selten, meist so 30 Min. Teamzusammenhalt ist top, man rotiert 6 Monate in die Elektrophysiologie. Ein Manko sind für manche vermutlich 24-Stunden-Dienste, mich stört es nicht so sehr. Falls für dich Nord-BaWü in Frage kommt, schreib mir PN, wir haben aktuell eine offene Stelle.

Tendran
12.04.2020, 19:20
Nein, ist definitiv nicht in allen Neuro-Abteilungen so! Ich bin aktuell im 3. WBJ in einer eher kleinen Abteilung (gut 40 Betten, 8 Assis) und ja, wir haben alle Überstunden, aber die werden elektronisch ohne Diskussion erfasst und mehr als eine am Tag ist es selten, meist so 30 Min. Teamzusammenhalt ist top, man rotiert 6 Monate in die Elektrophysiologie. Ein Manko sind für manche vermutlich 24-Stunden-Dienste, mich stört es nicht so sehr. Falls für dich Nord-BaWü in Frage kommt, schreib mir PN, wir haben aktuell eine offene Stelle.

Kann ich so nur unterschreiben. Bin im 2. WBJ bei nem nicht-universitären Maximalversorger mit um die 100 Betten und ca. 20 Assistenten. Auch hier hat wahrscheinlich jeder Überstunden, die werden aber lückenlos erfasst und vergütet und halten sich in einem akzeptablem Rahmen. Feste Rotation in die Elektrophysiologie und auf die Intensivstation. Flache Hierarchien und keine 24h-Dienste.
Es geht also definitiv anders als in deinem PJ-Haus.

DrArzt
12.04.2020, 20:51
Hallo,

ich suche eine ähnlich gute Neuro-Abteilung, da ich beabsichtige aus der Inneren zu wechseln, und wäre auch an den genannten Häusern interessiert? Vielleicht könntet Ihr mir eine PN schicken und ein wenig berichten?
Würde mich sehr freuen. Vielen Dank!

Nessiemoo
12.04.2020, 22:38
Ich habe auch eine gute Neuro-Abteilung gefunden. Elektronische Zeiterfassung haben wir (noch) nicht, es wird mit Exceltabelle erfasst. Die Überstunde halten sich aber in Grenzen, habe nur ein Monat über 10 gemacht. Klar, Dienste sind Stressig aber das gehört zu dem Fach und einem Haus mit 24h Thrombektomie-Bereitschaft dazu. Weiterbildung gut, Arbeitsklima gut. Klar, besser kamn es immer sein, aber zur Uni ist es Tag und Nacht.

John Silver
12.04.2020, 23:15
Es ist Quark, dass Überstunden etwas mit der Weiterbildung zu tun hätten. Als Assistenzarzt verbringt man einen Großteil seiner Zeit in der Klinik mit Aufgaben, die sehr schnell zur Routine werden und einen überhaupt nicht weiterbringen. Das Gelaber von Überstunden und gutem Arzt wird, insbesondere an Unis, nur vorgeschoben, um das System am Laufen zu halten; und das System läuft nur, weil Ärzte massenhaft Überstunden schieben. Außerdem streicheln Uni-Profs so ihr Ego. Wo kämen wir denn hin, wenn ein großer Uniarzt zugeben müsste, auch nur mit Wasser zu kochen.

melba_
13.04.2020, 09:09
Ich bin grad ambulant in der neuropraxis und es ist super entspannt mit top Betreuungsverhältnis und viel Möglichkeit zur selbständigen Arbeit, aber auch zur ausführlichen fallbesprechung und das natürlich ohne Dienste. Gute Gelegenheit auch sich in aller Ruhe mit eeg und ephys auseinanderzusetzen. Kann ich nur empfehlen mal für ein Jahr oder so ;)

Relaxometrie
13.04.2020, 09:27
@melba_: Hast Du denn schon Klinikzeit hinter Dir? Oder bist Du als Neuroanfänger in die Praxis gegangen?

Brodmann1
13.04.2020, 16:31
Danke für die zahlreichen Einschätzungen! Ich bin positiv überrascht und meine Hoffnung, in der Neuro erträglich arbeiten zu können, ist auf jeden Fall gewachsen. Ich war wohl in einer Blase sehr negativer Beispiele (bzw. Unis...).

Neuropraxis hört sich ja perspektivisch auch nicht schlecht an. Apropos: ohne dass es mir primär um Geld gehen würde, aber ich habe die Info, dass ein niedergelassener FA Neuro im Vergleich relativ schlecht dasteht, was die Einkünfte angeht, ist das generell so?

Außerdem: Ist es schwer, an die geforderte Intensivzeit zu kommen? Ich las, das sei oft eine Art Nadelöhr und könne die Ausbildung verzögern. Ist das meistens eine richtige Neuro-Intensiv? Oder Intensiv, auf der die Neurologen einzelne Betten haben? Oder zählt womöglich auch schon eine Stroke Unit? Oder gar eine Reha Phase B?

Bombenbauer
15.04.2020, 19:24
Ich bin zwar kein Arzt aber ich würde mir ein Haus nur nach der Einrichtung suchen. Eine triste Einrichtung ohne Fenster würde mic zum Suzid treiben.

Feuerblick
15.04.2020, 19:32
Troll dich, Bombenbauer!

Bombenbauer
15.04.2020, 19:51
Ich bin kein TRoll, das ist mein vollkommener Ernst !
Bin ich der einzige hier dem ein ästhetischer Abeitsplatz wichtig ist ?

Muriel
15.04.2020, 20:31
Nein mitnichten. Bei jedem meiner Bewerbungsgespräche habe ich mich von Anfang klar positioniert und meine hohe Arbeitsbereitschaft unter der Voraussetzung eines nach Feng Shui ausgerichteten Selbstverwirklichungsbereichs (das ziehe ich dem Begriff Arbeitsplatz deuich vor) signalisiert. Nur so sehe ich mich in der Lage, meine volle Konzentration und Hingabe den mir anvertrauten Aufgaben bereitstellen zu können.

freak1
15.04.2020, 20:33
@Feuerblick
Ab wann bannt ihr Trolle eigentlich hier im Forum?

Tendran
15.04.2020, 21:11
Danke für die zahlreichen Einschätzungen! Ich bin positiv überrascht und meine Hoffnung, in der Neuro erträglich arbeiten zu können, ist auf jeden Fall gewachsen. Ich war wohl in einer Blase sehr negativer Beispiele (bzw. Unis...).

Neuropraxis hört sich ja perspektivisch auch nicht schlecht an. Apropos: ohne dass es mir primär um Geld gehen würde, aber ich habe die Info, dass ein niedergelassener FA Neuro im Vergleich relativ schlecht dasteht, was die Einkünfte angeht, ist das generell so?

Außerdem: Ist es schwer, an die geforderte Intensivzeit zu kommen? Ich las, das sei oft eine Art Nadelöhr und könne die Ausbildung verzögern. Ist das meistens eine richtige Neuro-Intensiv? Oder Intensiv, auf der die Neurologen einzelne Betten haben? Oder zählt womöglich auch schon eine Stroke Unit? Oder gar eine Reha Phase B?

Kann da nur für meine Klinik sprechen: Hier ist die Intensiv nicht das Nadelöhr, eher die Elektrophysiologie. Haben eine gemeinsame ITS mit den Internisten zusammen. Ca 1/3 neurologische Betten und 2/3 internistisch. Während der Rotation behandelt man alle Patienten dort.
Hab aber auch schon gehört, dass in einigen Häusern die Stroke anerkannt wird. Letztendlich hängts ja davon ab was der Chef dir unterschreibt.

Shade
19.04.2020, 21:09
Bin auch in der Neuro-Weiterbildung :)

Ich habe aktuell sehr gute Arbeitsbedingungen in einer Neuro-Reha. Man lernt hier meiner Meinung nach auch sehr viel, auch wenn man natürlich nicht alle neurologischen Krankheitsbilder sieht (die, die eben nicht rehabilitationsbedürftig sind) und wenig Diagnostik hat. Phase B gilt aber leider nicht als Intensiv, auch wenn wir Beatmungs-Patienten betreuen.
Positiv an Reha ist es, dass die Patienten Wochen bis Monate in der Klinik sind, so dass man jeden gut geht und nicht so häufige Wechsel und Zeitdruck hat wie im Akutbereich. EEGs, Sonos und Ephys zu sammeln ist hier aber eher schwer.

Da die Reha aber meiner Meinung für viele neurologische Erkrankungen von sehr hoher Bedeutung ist, würde ich es jedem empfehlen!