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lala
29.11.2003, 17:54
Hallo ihr,
falls ihr mögt hätte ich noch `nen interessanten neurologischen Fall:

37-jährige Patientin kommt wegen seit drei Tagen bestehender Schwäche im rechten Arm und Bein.....

mehr erstmal nicht.

Gruß,

doclala
(die von ihrem Dopplerkurs an ihrem EINZIGEN freien Wochenende total angenervt ist -was durch die Tatsache dass meine blöde Funkmaus auch nicht funzt noch verstärkt wird...)

EinKleinerEngel
30.11.2003, 09:41
Wann trat die Schwäche auf?
Plötzlich (gibts nen Ereignis dazu?) oder eher schleichend?

Pascal
30.11.2003, 09:47
Irgendwelche neurologischen Vorerkrankungen?
Irgentwelche Erkrankungen (Infekte oder ähnliches) in letzter Zeit?

Blümchen
30.11.2003, 10:06
Diabetes? KHK? Adipositas? Hypertonie? Gerinnung?

Pünktchen
30.11.2003, 10:13
Hatte sie einen Unfall in den letzten Tagen bevor die Schwäche auftrat?

Hat sie Herzrhythmusstörungen?

Welchen Beruf übt sie aus?

hiddl
30.11.2003, 10:24
Ob plötzlich aufgetreten und dann wieder eher besser werdend oder langsam zunehmend, würde mich auch als erstes interessieren. Für einen Schlaganfall ist die Dame ja allerdings noch ein bißchen jung, wenn sie nicht gerade vor Risikofaktoren strotzt (Pille? Rauchen?). Wobei, wenn ich es mir recht überlege: Hat sie ein Trauma gehabt? Schmerzen am Hals? Horner-Syndrom? Carotis-Dissektion? Dann vielleicht auch mit stotternder Symptomatik.
Oder vielleicht erstmal systematisch: Wo ist die Läsion? Hat sie denn sonst gar nichts? Aphasie zum Beispiel? Sensibilitätsstörungen? Wenn ja, wo? Mundastschwäche? Das ganze, um zu differenzieren, ob eher hemisphäriell oder Hirnstamm oder Halsmark.
Ansonsten natürlich die übliche Sozial- und Familienanamnese.
Dann frage ich mich, warum kommt sie erst nach drei Tagen? Was hat sie vorher gemacht? Oder ist das ganze so wenig beeinträchtigend oder sie eher von der indolenten Sorte? Schon komisch.
So, mehr fällt mir gerade nicht ein.

parthenope
30.11.2003, 10:25
Schmerzen, Benommenheit, Schwindel? Wenn ja, wann, wie lange, wie oft, bei welchen Bewegungen
Pupillenreflexe? Befunde bei den üblichen verdächtigen Hirnnerven? Muskelreflexe (im Seitenvergleich)?

lala
30.11.2003, 13:42
Also mal ganz langsam - erstmal die Anamnese dann die Untersuchung....

Also, sie erzählt dass sie vor ungefähr einer Woche eine Magendarmgrippe gehabt hätte - viel erbrochen, wenig Durchfall, seitdem fühle sie sich insgesamt sehr schlapp - vor drei Tagen sei erstmals das rechte Bein weggeknickt, dann einen Tag später habe sie bemerkt, dass der rechte Arm kraftlos sei, Erst habe sie gedacht, dass sei von der Infektion - da sie heute auch Fieber hatte war sie dann zur Hausärztin gegangen, die hat sie schließlich zu uns geschickt.
Insgesamt sei die Schwäche langsam zunehmend gekommen, jetzt kann sie den Arm noch kurz hochhalten habe aber auch keine Kraft in den Fingern, außerdem zieht sie das Bein nach.
Auch fühlen sich Arm und Bein irgendwie "taub" an...

Die Patientin kommt aus dem Kosovo, lebt seit 1997 in Deutschland, hat hier nie gearbeitet, früher im Kosovo leichte Bürotätigkeit. Verheiratet, eine 7-jährige Tochter.

Keine KHK, keine Pille, kein Nikotin, keine Medikamente. 1997 Diagnose eines Hodgkin-Lymphoms mit Radiochemotherapie, z.Z. in Vollremission.

Die Patientin wirkt ansonsten im Erstkontakt sehr freundlich, insgesamt sehr schlapp, keine Aphasie bei leichtem Akzent zu bemerken.

lala
30.11.2003, 13:44
Achja: Familienanamnese ist leer bzgl. neurologischer, kardiovaskulärer oder maligner Erkrankungen.

Kein Unfall.

Keine Schmerzen, kein Schwindel, immer noch Übelkeit...

hiddl
30.11.2003, 13:55
O.k., damit scheidet der Schlaganfall bei dieser Anamnese ja wohl aus.
Erst die sich ausbreitende Schwäche, dazu dann auch Sensibilitätsstörung - das klingt wohl am ehesten nach Entzündung. Ich denke nach wie vor, daß das ganze ein zentraler Prozeß ist - gegen Guillain-Barré-Syndrom spricht ja wohl eindeutig die Einseitigkeit. Da sie also offensichtlich isoliert Parese und Sensibilitätsstörung ohne Gesichtsbeteiligung oder sonstige Hirnnervenbeteiligung, würde ich an einen Herd im (oberen) Zervikalmark denken - irgendeine Myelitis also. Wie es weitergeht, bin ich allerdings noch ein bißchen planlos. Reaktiv entzündlich nach gastrointestinalem Infekt? Also sozusagen parainfektiös? Oder alles durch einen Erreger (welcher??)? Außerdem ist da ja noch dieses Hodgkin-Lymphom - in wieweit ist denn gesichert, daß es sich in Vollremission befindet, wann war die letzte Kontrolle? Gibt es irgendeinen Hinweis auf ein Rezidiv? Dann könnte sie natürlich auch einen Lymphomherd irgendwo haben oder eine Meningeosis.
Ich würde sie inzwischen gerne mal untersuchen, aber vielleicht hat ja noch jemand andere Ideen.
Gruß, Ute

Pünktchen
30.11.2003, 14:16
Ist die Schwäche in den Beinen "stärker" als im Arm?
Ist die Taubheit über den kompletten Arm/Bein oder eher distal betont?


Wie ist der Impfstatus der Patientin?
Auslandsreisen in letzter Zeit? Besuche in der Heimat?
Wo wohnt sie? In welcher Wohnsituation?

lala
30.11.2003, 14:29
Also bevor wir beurteilen können wo der Schwerpunkt der Parese ist und ob das Gesicht wirklich ausgespart ist (dazu müsste man die Patientin ja untersuchen - Patienten geben einem NIE klare Antworten auf solche Fragen - noch dazu ist die Patientin der deutschen Sprache nicht sooo sicher mächtig und hängt ziemlich daneben im Moment...) noch weitere Fragen zur Anamnese?

Auslandsaufenthalte: ja, vor 3 Monaten in der Heimat.

Impfstatus: Patientin besitzt keinen Impfpass--irgendwann als Kind sei sie mal geimpft worden - keine Ahnung gegen was...

Wohnsituation: 2-Zimmer-Wohnung mit Mann und Kind (wirken beide auch normal gepflegt).

Übrigens: Kostenträger = Sozialamt....aber das nur am Rande...

Achja, zu dem Lymphom:
Dazu gibt es sogar Unterlagen da die Patientin glücklicherweise in unserer Klinik vorher war....1997 ED eines hochmalignen HL Hilus-LK, ebenfalls befallener supraclaviculärer LK, anschließend Radiochemotherapie, 2001 Rezidiv und erneute Radiochemotherapie, letzte Kontrolle 03/2003 war alles gut.

alex1
01.12.2003, 15:16
Wollt ihr alle jetzt klinische Untersuchung haben, oder habt ihr noch mehr anamnestische Fragen? Ich würde mir mal gerne die befunde der klinischen Untersuchung anhören...

Pünktchen
01.12.2003, 15:45
Ich bin auch für Untersuchen :-)

Kann die Patientin stehen? wenn ja Gangbild...Hacken- und Zehenspitzengang prüfen.
Kraftprobe an Armen und Beinen im Vergleich zueinander?

alex1
01.12.2003, 15:50
Machen wir einfach doch eine komplette neurologische Untersuchung, mit all den schönen Test, deren Namen man sich nie merken kann.
Und dann machen wir noch eine "normale" klinische Untersuchung, plus eine grob orientierende orthopädische Untersuchung.
Einverstanden?
;-)

Pünktchen
02.12.2003, 11:56
ok Alex1 :-)
....dann fang mal an...

lala
02.12.2003, 14:05
Also gut fangen wir mal an mit dem was ich an Untersuchungsmöglichkeiten klinisch habe (sorry alex- orthopädische Untersuchung gehört einfach nicht zu meinem Repertoire ;-) ....)

- Kein Meningismus, kein Kalottenklopfschmerz, Hirnnerven soweit o.B., kein sensibles Defizit im Gesicht!

- armbetonte Hemiparese rechts, der Arm kann proximal gehoben werden und kurz gehalten werden, Faustschluß nicht möglich - alles in allem ohne die Muskeln einzeln zu prüfen KG 2-3 distal.
Bein wird im BHV etwa 5-10 sec. gehalten.
Laufen ist möglich wobei das Bein "hinkt", Zehen-und Hackenstand rechts mit Hilfe links ohne Probleme möglich.

- Muskeleigenreflexe rechts betont, alle erhalten, kein Babinski. Kein Tremor, keine Myoklonien, Tonus oB.

- Romberg, Seiltänzergang o.B., Finger-Nase- und Knie-Hacke-Versuch links oB, rechts bei Parese erschwert aber nicht ataktisch.

- Hypästhesie und -algesie der rechten Körperhälfte, Pallästhesie und Lagesinn oB., Lhermitte negativ.

- insgesamt schlanker EZ, reduzierter AZ, Patientin ist blass, sonst orientierend internistisch oB.

- Temperatur 39.3 °C, BZ 89, RR 110/70 mmHg, HF 89/min.

So, und nun???

EinKleinerEngel
02.12.2003, 16:57
kleines BB
Gerinnung
CRP
BSG

lala
02.12.2003, 17:15
OK, hier mal unser Routine-Labor (so ungefähr aus dem Gedächtnis..):

Leukos 8.1/nl
Hb 11.7/nl
Thrombos 321/nl
MCV, Erys etc. alles normal (soweit ich mich erinnere -Akte hab ich gerade nicht parat)
CRP 12.1 mg/dl
BSG 31mm/1h
E`lyte, Crea, Harnstoff, Bili oB
GOT, GPT, LDH, y-GT, CK oB
Gerinnung (PTT, Quick, INR, ATIII, Fibrinogen) oB

Was an Diagnostik?
DD?
Soll ich mal was therapeutisch tun? (immerhin hat Patientin Fieber und es geht ihr schlecht...)

EinKleinerEngel
02.12.2003, 17:32
Fieberkurve ansetzen - wie war der Fieberverlauf vor der Aufnahme ins Krankenhaus?

Fiebersenkung mit Paracetamol
Blutkultur (?)
cCT

DD
- Endokarditis mit Thromboembolie/Mediainfarkt
- Guillian Barre Syndrom (das ist aber symmetrisch)