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Cucumber
30.05.2020, 20:05
Ich habe eine vielleicht ungewöhnliche Frage, aber mich würden Eure Erfahrungen als auch Meinungen hierzu sehr interessieren.
Ich bin fertig mit dem Studium und möchte mich demnächst bewerben. Hierfür manche ich mir einige Sorgen. Ich habe einen "sehr" türkischen Namen und ich habe während des Studiums häufiger einen mit der Alltagsrassismuskeule über bekommen. Oft sind es nur kleine Äußerungen, die ich immer runtergeschluckt habe (" Ach, sie studieren hier, sie sind keine Erasmus Studentin?", "Woher kommen Sie denn wirklich her?"). Nicht schön, aber habe ich immer recht gut weggeschoben und mir nicht viel dabei gedacht. Auch wenn ich als Kind immer wieder in meiner Grundschule mit Rassismus konfrontiert war, habe ich das nie verallgemeinert und habe ja durchaus auch viele positive Erfahrungen gemacht. Aber nach meiner M3 haben wir uns noch kurz mit den Prüfern unterhalten und der eine Prüfer meinte zu mir, dass er sich vorstellen kann, dass es schwer wird für mich als Berufsanfängerin, da viele vermutlich nur meinen Namen lesen werden und sich gkleich denken, dass ich keine deutsche Approbation habe. Und da ich "eine ganz durchschnittliche Studentin" war, sieht er auch nichts womit ich das ausgleichen könnte. Und ich hatte tatsächlich ,während des Studiums, als ich mich für Nebenjobs beworben hatte, manchmal zeitgleich mit deutschen Komilitonnen gleicher Qualifikation, auch die Erfahrung gemacht, dass diese mir bevorzugt worden. Obwohl ich mich zeitgleich beworben hatte.

Ich weiß nicht, ob ihr das nachvollziehen könnt. Es ist eine Art der Demotivation, die mein innerliches Kind sehr hart trifft. Eine scheinbare Konstante in meinem Leben, die mich immer begleiten wird und die mich immer etwas mehr von meinem Gegenüber abhängig machen wird als andere. Inzwischen bin ich bei diesem Thema derart sensibel, dass ich es in Erwägung ziehen ins Ausland zu gehen. Ich habe ein PJ Tertial in Schweden gemacht und hatte das Gefühl, dass es dort wirklich nochmal anders ist. Auch wenn die Grundproblematik irgendwo immer aufkommen kann. Aber Deutschland ist meine Heimat, auch wenn das viele andere nicht so sehen. Ich möchte nicht nur deswegen weg.

Ich habe gerade wirklich Angst vor der Bewerbungsphase , denn die wird mich emotional sicher viel aufwühlen. Vor allem wird immer die Frage mitschwingen, ob ich deshalb abgelehnt wurde oder wegen etwas anderes. Das werde ich ja seltens wissen. Es stinkt mir inzwischen extrem und ich bin momentan ratlos wie ich damit kognitiv umgehen soll. Ich möchte nicht in diese passive "Mimimi" Haltung verfallen, aber es verletzt mich wirklich sehr und am Ende lässt mein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn kaum etwas anderes zu als zu resignieren und mich aufzuregen.

davo
30.05.2020, 20:18
Das ist IMHO völliger Quatsch. In meinem Semester gabs genug Leute mit türkischem Namen, manche, die in Deutschland aufgewachsen sind, manche, die im Ausland aufgewachsen sind, und die haben alle sehr schnell gute Stellen gefunden. Hat weder länger gedauert als bei den anderen, noch haben sie weniger gute Stellen bekommen.

Gibt also gar keinen Grund, sich da Sorgen zu machen. An deinem Lebenslauf sieht ja ohnehin jeder, wo du Abi gemacht hast, wo du studiert hast.

Wie du damit umgehen solltest: dich einfach bewerben und keine weitere Zeit mit solchen eher sinnlosen Gedanken verschwenden.

Kackbratze
30.05.2020, 20:18
Ich verstehe das Posting nicht. Willst Du moralische Unterstützung? Mitleid? Oder nur drüber reden?

Melina93
30.05.2020, 20:26
Ich bin selber auch nicht deutsch und ja, manchmal kommen da einem Leute etwas "blöd". Ohne das zu verharmlosen, aber oft eher weil sie nicht weit genug denken, dass es einen trifft. Sprich nicht negativ gemeint. Ich habe eigentlich den Eindruck, dass es vor allem in der Medizin egaler ist woher man kommt bzw wo die Wurzeln liegen. Da hab ich selten was Negatives erlebt und wenn waren es eher Patienten.
Was dein Prüfer gesagt hat, finde ich auch nicht ok. Da hast du gerade bestanden und bist Ärztin und das ist alles was ihm einfällt? Finde ich menschlich ziemlich schwach.
Aber ich muss jetzt auch mal kurz eine Lanze für dich brechen. Vermutlich sind weder davo noch Kackbratze in der gleichen Situation und da ist das oft nicht nachvollziehbar wie einen so etwas trifft. Vielleicht wird auch mal ein rassistischer Vollpfosten unter den Chefärzten sein. Aber das wird die Ausnahme bleiben.

ArakiAraki
30.05.2020, 21:19
Lass dich nicht unterkriegen! Werde eine gute Ärztin und zeig es Ihnen :-dafür
Ich habe selbst eine türkischen Migrationshintergrund, bin aber so gut wie 100% assimiliert :-D
Habe leider auch viele negative Erfahrungen machen müssen in meinem Leben, sowohl beruflich als auch im privaten Umfeld mit Rassismus. Man merkt leider auch, dass andere die mit diesem Alltagsrassismus nicht konfrontiert sind, diesen auch häufig nicht nach vollziehen können. Da wird dann oft gesagt, ja das bildest du dir ein... Wie gesagt, das beste was du machen kannst ist, "proof them wrong". Außerdem wirst du merken, mit der Zeit, wird deine professionelle Stellung beeinflussen wie dich die Leute warnehmen.
Ich bin jetzt Oberarzt; jeden Tag kriege ich positives Feedback von Patienten denen ich helfen konnte. Ich bin jetzt einfach der nette Oberarzt der jemanden gut operiert hat, das definiert mich. Ich glaube in dieser Position nehmen die Leute gar nicht mehr unbedingt wahr, welchen Migrationshintergrund ich habe. Als Kind wurde ich halt nur über, das anders sein definiert...
Naja, also du schaffst das :-)

tup74
30.05.2020, 21:23
Meine (deutschen) Freunde sind immer ganz fasziniert und können es kaum glauben, wenn ich ihnen erzähle, wie oft ich in meiner Großstadt von der Polizei kontrolliert werde, einfach weil ich das Aussehen habe, das in ihr Raster fällt. Einige regen sich darüber auf; ich zucke mit den Schultern und finde es vollkommen normal. Auch wenn manchmal kleine rassistische Bemerkungen seitens der Polizei fallen, habe ich mich damit längst abgefunden, denn daran ändern kann man nicht viel.

Ich denke, das solltest Du auch tun. Dich damit abfinden, wie es ist und wie Du es schon Dein ganzes Leben getan hast. Natürlich ist ein deutscher Name meistens von Vorteil, allerdings gibt es sogar in Universitätskliniken in Großstädten fast ganze Abteilungen mit "Ausländern" und auch ausländische Chefärzte und Professoren.

John Silver
30.05.2020, 22:42
In diesem Land haben die Nazis von der AfD ein Wählerpotential von 30%. Heißt aber auch, dass 70% die Nazis nicht wählen, zumindest keine offensichtlichen.

Lass Dir nichts erzählen. „Durchschnittliche Studentin“, so ein Blödsinn. Nur verklemmte Ordinarien denken in solchen Kategorien. Im deutschen System sagen Noten wenig aus, und alle wissen es. Gut, wenn einer nur 4er hat, macht das stutzig, aber sonst werden Noten kaum beachtet. Heutzutage muss man sich in den meisten Häusern (und da können sich auch so manche Uniklinika nicht herausnehmen) mit wenig zufrieden geben, wenn es um Bewerber geht. In D studiert, nett und scheint gut ins Team zu passen? Whoa, super! Und wenn der Anfänger sich als fleißig und nicht dumm herausstellt - whoa, celebration!! 🥳 Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung. Es spielt keine Rolle, ob Du Müller oder Aksoy heißt. Hauptsache, in D studiert und Approbation. Klar, Uniklinika verbreiten gerne die Aura der Elite, aber die meisten sind Möchtegern-Elite, viel Getue, wenig dahinter.

sascha88
31.05.2020, 09:38
Ich selber habe einen "sehr ausländischen" Nachnahem:

- ein wenig Alltagsrassismus: ja, meistens eher von Pflege oder Patienten - am ehesten eher so "typisch deutsch" und gar nicht persönlich angreifend gemeint. Beispiel: Ich hätte gar nicht gedacht, dass du da herkommst, bisher hab ich mit solchen nur negative Erfahrung gemacht. Sicher unschön, aber da kann ich ohne Probleme drüber stehen und, so traurig wie es auch ist, ist es ja auch fast normal in Deutschland.

- systematische Nachteile: nein. Ich wurde bei allen freien Stellen eingeladen und habe meine "Traumstellen" (:D) im Prinzip durchgehend bekommen. Auch wurde ich fair gefördert und hatte Konflikte wie jeder andere Assistent - da bin ich mir ziemlich sicher, dass Name oder Herkunft überhaupt keine Rolle gespielt haben.

Von daher: Mit Pech bleibst du vielleicht bei einer deiner Bewerbungen an einem ausländerfeindlichen Chef hängen, aber System hat das nach meiner Erfahrung absolut nicht! Also, toi toi toi und viel Erfolg!

freak1
31.05.2020, 09:57
In diesem Land haben die Nazis von der AfD ein Wählerpotential von 30%. Heißt aber auch, dass 70% die Nazis nicht wählen, zumindest keine offensichtlichen.

AfD mit Nazis gleichzusetzen ist wie zu sagen alle Abgeordneten der Linken/Grünen sind Antifa und fackeln in ihrer Freizeit gerne Autos ab oder wollen töten Polizisten. Das Wahlprogramm der AfD ist in großen Teilen 1:1 wie das Wahlprogramm der CDU vor Merkel (abgesehen von der Anti-Euro/Anti-EU Schiene). Schau dir mal die alten Videos von Merkel zum Thema Flüchtlingspolitik an bevor sie Kanzlerin wurde; das formuliert auch ein Höcke heute nicht anders. ;-)

So inflationär wie der Begriff Nazi mittlerweile eingesetzt wird ist es langsam auch eine Verhöhnung des Holocaust.

Hier (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_ehemaliger_NSDAP-Mitglieder,_die_nach_Mai_1945_politisch_t%C3%A4tig _waren) eine Liste der echten Nazis, die nach Untergang des 3. Reichs weiter politisch tätig waren (überwiegend CDU/SPD).

GelbeKlamotten
31.05.2020, 10:09
1. Was ist denn bitte an „Wo kommst du denn eigentlich wirklich her?“ rassistisch? In den USA werden Dunkelhäutige mitunter von Polizisten totgeschlagen. In China darf man als Ausländer derzeit nicht mal mehr in den McDonalds, weil die Regierung behauptet, nur noch Ausländer hätten jetzt Covid19. DAS ist Rassismus. Bei der Frage wo man herkommt ist halt einfach jemand an deiner (ethnischen) Herkunft interessiert.

2. Bei uns in der Abteilung und in vielen anderen auch sind weit über 50% des ärztlichen Personals Ausländer. Rumänen, Bulgaren, Türken, Araber, alles bunt gemischt. Wenn es mal zu Konflikten oder unangebrachten Sprüchen aufgrund der Herkunft kommt, dann sind nur in den seltensten Fällen Deutsche beteiligt.

Feuerblick
31.05.2020, 10:17
Die reine Frage nach der Herkunft eines Menschen finde ich persönlich auch nicht rassistisch. Wenn mich jemand ansächselt oder einen klar süddeutschen Akzent hat, frage ich ja auch nach. Ähnliches gilt für Menschen, deren Akzent auf Schweiz oder Österreich schließen lässt. Einfach aus Interesse. Dazu muss man also nicht mal „ausländisch“ aussehen. :-nix

Ansonsten schließe ich mich den Vorrednern an: Approbation, in Deutschland studiert, der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig -> Job kein Problem (von sehr umkämpften Fächern mal abgesehen, aber das gilt dann für deutsche Bewerber genauso).
Oder anders formuliert: Sollte ein Chefarzt dich nicht haben wollen, weil du „anders“ aussiehst, dann sei froh und mach dir klar, dass du in dieser Abteilung sowieso nicht arbeiten möchtest. Das dürften aber Ausnahmen sein.

Lass dich nicht kirre machen von einzelnen... verhaltensoriginellen Chefs.

coloneo
31.05.2020, 10:38
Wollte mich eigentlich nicht äußern, aber GelbeKlamotten mit Ihren typischen Beiträgen zweifelhafter Qualität zwingen mich.
Bin auch hier geboren, spreche absolut akzentfrei, man sieht mir meine ausländischen Wurzeln aber an.


1. Was ist denn bitte an „Wo kommst du denn eigentlich wirklich her?“ rassistisch? In den USA werden Dunkelhäutige mitunter von Polizisten totgeschlagen. In China darf man als Ausländer derzeit nicht mal mehr in den McDonalds, weil die Regierung behauptet, nur noch Ausländer hätten jetzt Covid19. DAS ist Rassismus. Bei der Frage wo man herkommt ist halt einfach jemand an deiner (ethnischen) Herkunft interessiert.

2. Bei uns in der Abteilung und in vielen anderen auch sind weit über 50% des ärztlichen Personals Ausländer. Rumänen, Bulgaren, Türken, Araber, alles bunt gemischt. Wenn es mal zu Konflikten oder unangebrachten Sprüchen aufgrund der Herkunft kommt, dann sind nur in den seltensten Fällen Deutsche beteiligt.

Bestätigt im Prinzip die vorherigen Beiträge. Wenn man es nicht selbst erlebt, störts einen nicht. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

Hier mal ein Dialog mit Patient XY im PJ und jetzt als Assi 100-mal durchgespielt:

Patient: "Ähem, wo kommen Sie her?
Ich: Deutschland.
Patient: "Jaja (zweifelnd) ich weiß, jetzt mal wirklich, wo kommen Sie her?
Ich: NRW
:-D
Patient: "Haha, ne mal im Ernst, wo kommen `se her?

Entweder ich treib das Spiel weiter oder ich kläre den Pat. über meine Wurzeln auf, je nach Lust und Laune. Das nervt schon
irgendwann. Das ich hier aufgewachsen bin und 08/15 bin können sich die Leute nicht vorstellen.

Auch schön ist das Argument, dass es anderswo schlimmer ist. Ein Info an dich: Meine Freundin macht ihr PJ gerade in Shanghai East hospital und meiner bester Freund in Saigon am Cho Ray hospital. Beide loben die Behandlung durch die Menschen vorort trotz Corona-Quarantäne und das bei westlichen Aussehen. Hat im Prinzip die gleiche Aussagekraft wie die anekdotischen rassistischen Vorfälle gegen Europäer dort.

Endoplasmatisches Reticulum
31.05.2020, 11:01
Ich werde seit ich denken kann auf Grund meines Nachnamens darauf angesprochen, ob ich aus (Billiglohn)Land XYZ im Osten komme oder Sprache ABC spreche. Von Freunden, von Bekannten, von Chefärzten, von Sekretärinnen, von Patienten. Niemals bin ich auf die Idee gekommen, deshalb die Rassismus- oder Opferkeule zu schwenken oder das auch nur als irgendetwas anderes als Interesse zu interpretieren. Aber ich bin doch froh, diesen Thread hier gefunden zu haben. Denn letzten Monat habe ich eine Absage für meine Traumstelle an der Uniklinik bekommen. Erst jetzt verstehe ich: Das lag offensichtlich am Rrrrassissssmus!

Mukopolysaccharid
31.05.2020, 11:12
Um es in Zukunft besser zu machen: Fühlst du dich angegriffen, wenn man nach deiner Herkunft frägt? Ich frag das nämlich auch immer, aber einfach um meinen Gegenüber kennenzulernen/ Smalltalk/ etc. . Und oft wäre ich falsch gelegen mit meiner Zuordnung und sage das dann auch. Oder ich frage wie lange jemand schon hier ist/ hier nur für die Ausbildung ist etc.

Zum Beispiel oben: Ich hätte dann womöglich gefragt, ob deine Vorfahren hierher ausgewandert sind oder du Verwandte im Ausland hast. Aber alles ohne böse Absicht sondern aus Interesse am anderen. Nichts ist spannender als die Lebensgeschichte des anderen.



Wollte mich eigentlich nicht äußern, aber GelbeKlamotten mit Ihren typischen Beiträgen zweifelhafter Qualität zwingen mich.
Bin auch hier geboren, spreche absolut akzentfrei, man sieht mir meine ausländischen Wurzeln aber an.



Bestätigt im Prinzip die vorherigen Beiträge. Wenn man es nicht selbst erlebt, störts einen nicht. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

Hier mal ein Dialog mit Patient XY im PJ und jetzt als Assi 100-mal durchgespielt:

Patient: "Ähem, wo kommen Sie her?
Ich: Deutschland.
Patient: "Jaja (zweifelnd) ich weiß, jetzt mal wirklich, wo kommen Sie her?
Ich: NRW
:-D
Patient: "Haha, ne mal im Ernst, wo kommen `se her?

Entweder ich treib das Spiel weiter oder ich kläre den Pat. über meine Wurzeln auf, je nach Lust und Laune. Das nervt schon
irgendwann. Das ich hier aufgewachsen bin und 08/15 bin können sich die Leute nicht vorstellen.

Auch schön ist das Argument, dass es anderswo schlimmer ist. Ein Info an dich: Meine Freundin macht ihr PJ gerade in Shanghai East hospital und meiner bester Freund in Saigon am Cho Ray hospital. Beide loben die Behandlung durch die Menschen vorort trotz Corona-Quarantäne und das bei westlichen Aussehen. Hat im Prinzip die gleiche Aussagekraft wie die anekdotischen rassistischen Vorfälle gegen Europäer dort.

cartablanca
31.05.2020, 11:31
Die Leute fragen nach der Herkunft, damit sie einen Ansatzpunkt für Smalltalk haben nicht aus Rassismus. Find ich nicht schlimm. Frag ich auch. Ich frag auch Deutsche wo sie her kommen, wenn sie einen Dialekt sprechen. Und frage nach den Eigenheiten des Dialekts. Inzwischen kann ich schon einige imitieren.

Aber man wird als Ausländer von Mitarbeitern schon anders behandelt als ein Deutscher. Keiner ist so doof und gibt heutzutage offen zu, dass er ein Problem mit Ausländern hat. Das läuft unterschwellig. Man wird häufiger hinterfragt, kontrolliert und sanktioniert sowohl im Betrieb als auch auf der Strasse. Keiner wird einem sagen dass man die Wohnung nicht kriegt weil man Ausländer ist...
Dann kenne ich einen dem hat man die CA Position verwehrt, weil es mit dem christlichen Leitbild des Hauses nicht vereinbar gewesen wäre, wenn ein Nicht Christ CA dort geworden wäre. Man hatte ihn zuvor viele Jahre mit der Aussicht auf die Position bei der Stange gehalten. Das hat aber wieder nix mit Rasse per se zu tun.
Und ich kenne paar kopftuchtragende Frauen, die offen von Patienten beschimpft wurden. Das war sogar verhältnismäßug häufig, weil so viele Kopftuchtragende Frauen kannte ich nicht.
Insgesamt hab ich selbst offenen Rassismus eher selten erlebt. Unterschwelligen aber häufiger. Ehrlicherweise muss ich an der Stelle auch erwähnen, dass einige Ausländer sich immer wieder rassistisch über Deutsche äußern und dann Rassismus beklagen.
Die AfD hat die gleichen Wahlplakate, die die NPD in den 90ern hatte. Eins mit einer lachenden Frauke Petry sagt "Ab nach Hause! Ramadan ist im Orient kürzer" (also der Tag). Von der CDU gabs sowas nicht. Mal abgesehen davon, dass die AfD in fast allen Bereichen destruktive Politik (EU, Umweltschutz) voran treibt, aber das is OT.
Summa summarum: In D wird man nicht wirklich nennenswert aufgrund seiner Herkunft diskriminiert. Manche nutzen aber auch "Diskriminierung gegenüber Ausländern und Frauen", damit sie eine Ausrede haben warum sie gescheitert sind.

coloneo
31.05.2020, 11:31
Um es in Zukunft besser zu machen: Fühlst du dich angegriffen, wenn man nach deiner Herkunft frägt? Ich frag das nämlich auch immer, aber einfach um meinen Gegenüber kennenzulernen/ Smalltalk/ etc. . Und oft wäre ich falsch gelegen mit meiner Zuordnung und sage das dann auch. Oder ich frage wie lange jemand schon hier ist/ hier nur für die Ausbildung ist etc.

Zum Beispiel oben: Ich hätte dann womöglich gefragt, ob deine Vorfahren hierher ausgewandert sind oder du Verwandte im Ausland hast. Aber alles ohne böse Absicht sondern aus Interesse am anderen. Nichts ist spannender als die Lebensgeschichte des anderen.

Angegriffen fühle ich micht nicht (mehr). Ich bin mit meiner Herkunft im Reinen und das bietet, wie du bereits geschildert einen guten Faden für Small-Talk. Zumal viele gerade ältere Pat. auch einfach neugierig sind. Hatte auch einen Selbstfindungsprozess
hinter mir, den wahrscheinlich viele mit ähnlichen Hintergrund wie ich haben.

Der Gedanke ist man möchte dazugehören, wo man aufgewachsen ist, wird aber immer wieder daran erinnert, das man aufgrund oberflächlicher Merkmale doch anders ist.
Mittlerweile bin ich aber auf meine Herkunft sogar stolz (habe Wurzeln in 3 Kontinenten). Das macht doch besonders und nicht 08/15, was ich immer vorher sein wollte. Die meisten älteren Patientinnen sind immer ganz verblüfft aus welchen Ecken meine Vorfahren kommen.
Meinen Job in der HNO habe ich übrigens durch meine Arbeit im PJ bekommen und weil mich die Pat. und. Kollegen ganz witzig fanden.

Amy83
31.05.2020, 11:31
Einen Ausländer nach der Herkunft und dem Heimatland i.S. von Smalltalk/ehrlichem Interesse zu befragen, ist ja meiner Meinung nach auch ok. Hier geht es ja aber um Deutsche, denen abgesprochen wird aus Hamburg/Berlin/NRW - you name it - kommen zu können, weil sie nicht ins Schema des Fragenden passen. Und ja, wenn jemand durch diese Frage impliziert, dass der schwarzhaarige Ahmed kein Deutscher ist sondern Ausländer, weil seine Großeltern ja nicht hier geboren sind, dann empfinde ich das als Rassismus. Klar, schlimmer geht immer, aber das sollte ja nun wirklich nicht der Maßstab sein.

GelbeKlamotten
31.05.2020, 11:51
Wollte mich eigentlich nicht äußern, aber GelbeKlamotten mit Ihren typischen Beiträgen zweifelhafter Qualität zwingen mich.
Bin auch hier geboren, spreche absolut akzentfrei, man sieht mir meine ausländischen Wurzeln aber an.



Bestätigt im Prinzip die vorherigen Beiträge. Wenn man es nicht selbst erlebt, störts einen nicht. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

Hier mal ein Dialog mit Patient XY im PJ und jetzt als Assi 100-mal durchgespielt:

Patient: "Ähem, wo kommen Sie her?
Ich: Deutschland.
Patient: "Jaja (zweifelnd) ich weiß, jetzt mal wirklich, wo kommen Sie her?
Ich: NRW
:-D
Patient: "Haha, ne mal im Ernst, wo kommen `se her?

Entweder ich treib das Spiel weiter oder ich kläre den Pat. über meine Wurzeln auf, je nach Lust und Laune. Das nervt schon
irgendwann. Das ich hier aufgewachsen bin und 08/15 bin können sich die Leute nicht vorstellen.

Auch schön ist das Argument, dass es anderswo schlimmer ist. Ein Info an dich: Meine Freundin macht ihr PJ gerade in Shanghai East hospital und meiner bester Freund in Saigon am Cho Ray hospital. Beide loben die Behandlung durch die Menschen vorort trotz Corona-Quarantäne und das bei westlichen Aussehen. Hat im Prinzip die gleiche Aussagekraft wie die anekdotischen rassistischen Vorfälle gegen Europäer dort.


Interessant, dass die Frage nach der Herkunft so konsequent als rassistisch empfunden wird. Wenn sich der Patient für deine Ethnische Herkunft interessiert, zeugt das doch in erster Linie davon, dass er sich für deine Person interessiert.
Ich frage zB bei potentiellen Partnern auch gerne nach der Herkunft, auch wenn jemand akzentfrei deutsch spricht, aber nicht deutsch aussieht. Ich bin dann eher froh, wenn er nicht ausschließlich deutscher Herkunft ist, da ich mit deutschen Männern eher schlechte Erfahrungen gemacht habe.

Interessant auch, dass du das Shanghai East Hospital ansprichst. Ich hab selber für fast 2 jahre in china, u.a. Shanghai gelebt. Und ja, nach außen hin wird man erstmal gut und höflich behandelt. Aber die Bedingungen für Ausländer sind bei genauerem Hinsehen dort in fast jeder Hinsicht eklatant schlechter als hier.

Eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, um als deutsche in einer chinesischen firma/krankenhaus zu arbeiten ist extrem schwer, und wenn dann ist sie nie dauerhaft. Nicht mal eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis kannst du bekommen, auch nicht mit chinesischem Ehepartner. Wenn du es wagst als Ausländer auch nur die geringste Kritik an China zu äußern (so wie du es hier zB tust), wirst du SEHR eindrücklich zu spüren bekommen, was Rassismus ist. Wenn du in rechtliche Schwierigkeiten kommst, dann ziehst du als Ausländer ausnahmslos immer den Kürzeren.

Als Chinese eine ausländische Partnerin zu haben, wird in chinesischen Familien regelrecht geächtet. Da hast du absolut 0 chance, akzeptiert zu werden. Auch das dauert eine Weile, bis man es bemerkt, da reicht ein PJ Tertial oft nicht aus. Ich habe selbst auch eine Weile gebraucht bis ich das begriffen hatte.

Für einen chinesischen Mann ist man als Ausländerin nur eine Trophäe in der Sammlung. Undzwar so gut wie immer mit vielleicht ganz wenigen Ausnahmen. Man trifft dort als blonde Frau sehr schnell auf interessierte chinesische Männer, die auch nach außen hin erst mal sehr nett und sehr spendabel sind. Ich hatte dort Kontakt mit vielen Männern, teils aus wirklich gehobenen Kreisen. Man wird dann als ausländische Frau aber nur ausgenutzt. Wenn sie ihren Spaß mit dir hatten, dich ein bisschen im Bekanntenkreis rumgezeigt haben („schaut mal, ich hatte ne blonde Frau im Bett“), dann lassen sie dich eiskalt fallen. Für eine ersthafte Beziehung oder gar zum Heiraten kommt man als Ausländerin keinesfalls in Frage. Das gleiche gilt für ausländische Männer.

facialis
31.05.2020, 12:05
Ich finde es immer wieder ekelhaft, wie alte Patienten anfangen, Ihre Geschichten von Ihrer Ostfront - Zeit zu erzählen, ohne Schuldbewusstsein, ohne Bewusstsein, ein Mörder gewesen zu sein, als wäre das ein Ausflug gewesen.....ich sage dazu einfach nichts, unterdrücke aber den Zwang, ihm ins Gesicht zu spucken. Unter uns leben Nazis, Mörder, Asoziale und Rassisten und damit müssen wir klarkommen.

Mukopolysaccharid
31.05.2020, 12:30
Was hat das bitte noch mit dem Thread zu tun?
Meine Großeltern waren im Krieg, mein Opa in der Gefangenschaft. Niemand von denen hat das jemals verherrlicht. Meine Großmutter hatte zu Lebzeiten immer sehr Angst, das gleiches nochmal geschehen könnte, und hatte aufgrund entsprechender Wahlergebnisse sogar schlaflose Nächte. Das war eine ganz andere Zeit, die Leute sind nicht freiwillig in den Krieg. Sie wurden eines Tages als junger Knabe einfach abgeholt, von da an war ihr Leben gelaufen.